"Naturschutz nicht aushöhlen" - Berliner Bausenator weist Kritik von Umweltverbänden zurück

Di 19.03.24 | 17:40 Uhr
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Christian Gaebler (SPD), Berliner Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, steht vor einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in einem Treppenhaus der Senatsverwaltung in Wilmersdorf.
Video: rbb24 Abendschau | 19.03.2024 | Thomas Rostek, Viktoria Kleber | Bild: dpa

Der Berliner Bausenator Christian Gaebler (SPD) weist Vorwürfe von Naturschutzverbänden zurück, er wolle mit dem geplanten, vom Berliner Senat so genannten "Schneller-Bauen"-Gesetz den Naturschutz in der Stadt aushöhlen. Nach der Senatssitzung am Dienstag sagte Gaebler, er halte Natur- und Artenschutz für "sehr wichtig", es gebe bisher auch keine konkreten Vorschläge, was im neuen Gesetz geändert werden solle.

Gleichzeitig machte der Senator deutlich, dass Bauvorhaben seiner Ansicht nach bisher oft viel zu langsam vorangehen. "Wir haben zunehmend die Erfahrung, dass der Artenschutz missbraucht wird, um zu verzögern oder zu verhindern," kritisierte Gaebler und forderte zügigere Verfahren. Aktuell wird laut Bausenator geprüft, was "rechtlich möglich wäre". Gaebler sprach von "Maximal-Spielräumen", die aber vermutlich nicht in "Maximal-Ergebnissen" münden würden.

BUND und Nabu: Biotope sollen zugunsten von mehr Wohnungsbau gestrichen werden

Die Umweltorganisationen BUND und Nabu hatten unter Berufung auf ein internes Papier aus der Bauverwaltung gewarnt, Gaebler plane einen "Anschlag auf die Berliner Stadtnatur". Mitbestimmungsrechte sollten eingeschränkt werden und der Schutz für Biotope wie Feuchtwiesen oder Eichenmischwälder wie in der Wuhlheide gestrichen werden, um mehr Wohnungsbau zu ermöglichen.

Doch nicht die Naturschutzregeln an sich, sondern deren teils äußerst fahrlässige Anwendung seien die Ursachen für Verzögerungen beim Bau. "Dazu kommen hausgemachte Probleme wie eklatanter Personalmangel und massives Zuständigkeits-Pingpong innerhalb der Verwaltung", sagte der BUND-Geschäftsführer Tilmann Heuser. Angesichts von Klimakrise und massivem Artensterben könne es sich Berlin nicht leisten, den massiven Natur- und Flächenverbrauch weiterzuführen.

Gaebler entgegnete am Dienstag, das entsprechende, von den Umweltorganisationen kritisierte Papier komme gar nicht von der Bauverwaltung. Noch habe sein Haus gar keinen Gesetzentwurf erarbeitet. Die Kritik beziehe sich auf einzelne externe Vorschläge, von denen viele die Bauverwaltung erreicht hätten: Diese würden nun dahingehend geprüft, ob sie Eingang in den Gesetzentwurf finden oder nicht.

Der fertige Gesetzentwurf werde dann wie üblich auch allen beteiligten Verbänden zur Stellungnahme vorgelegt und anschließend gegebenenfalls nochmals verändert. "Es ist also viel Lärm um nichts", sagte Gaebler. Zur Wahrheit gehöre auch, dass bei manchen Vorhaben der Artenschutz missbraucht werde, um Bauprojekte zu verhindern oder stark zu verzögern.

Sendung: rbb24 Inforadio, 19.03.2024, 6:00 Uhr

15 Kommentare

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  1. 15.

    Ja wenn sie ernsthaft der Meinung sind, man kann als menschliche Spezies in einem ansonsten leblosen Habitat leben, dann könnte man so argumentieren. Nur funktioniert so Biologie nicht.
    Leider hat die Zerstörung der weltweiten (auch deutschen) Habitate schon solche Ausmaße angenommen, dass wir uns ein Weiter so nicht mehr leisten können. Gefragt sind zukünftig zusammenhängende komplexe ausgewogene Lösungen und keine einfachen politischen Wahlblasen.

  2. 14.

    Wie sagte doch Dame bei der Abendschau, ein Kautz hätte die gleiche wichtige Bedeutung wie den benötigen Wohnungsbau. Kannste Dir nicht ausdenken, dieser Bericht hat Eindrucksvoll gezeigt, wie völlig grotesk diese Umweltschutz Debatte mittlerweile geführt wird. Des weiteren ist es eine totale Katastrophe, das private Umweltverbände augenscheinlich mehr Bedeutung bekommen, als das Wohl einer ganzen Gesellschaft.

  3. 13.

    Ich vermute, dass Sie in jüngster Zeit kein Bebauungsplanverfahren mehr begleitet haben, sonst würden Sie vielleicht zu einer gegenteiligen Ansicht gelangen. Wenn beispielsweise auf einem 100% versiegelten, innerstädtischen Standort nicht nur das faktisch unmögliche Vorhandensein zahlreicher Arten, sondern sogar das Vorkommen von Bibern untersucht werden muss, dürfte deutlich werden, was hier inzwischen alles der Realität entwachsen ist.

  4. 12.

    Ich bin aber schon der Meinung, dass man gegen die befürchtete "wilde" Flächenversiegelungswut mit Art 20a GG schon vor dem BVerfG nicht ganz nackend da stehen würde.
    Aber es ist schon richtig, man sollte genug Druck im Vorfeld aufbauen, damit sich nicht gleich der "einfachste" politische Weg einstellt.

  5. 11.

    Nur gar zu gerne werden solche „externen Vorschläge“ übernommen und in Gesetzesform gebracht. Leider rangiert der Naturschutz unter den verschiedenen Belangen des öffentlichen Interesses zumeist ganz hinten.

  6. 10.

    So wird das nichts. Problem bei beiden Seiten nicht erkannt?!
    Das Problem ist doch, dass jeder immer Arbeit haben soll! Also müssen die Menschen produzierenbhz, bauen usw . Das funktioniert aber nicht mit dem Naturschutz auf Dauer. Da durch das Wachstum im Kapitalismus, der Menschen auf der Welt, immer mehr Raum der Mensch beansprucht!
    Was wir brauchen, ist ein Umbau des Finanzkapitalismus zu weniger Wachstum von Geld und Menschen. Ein anderes Wirtschafts- und Geldsystem! Da die Menschen immer mehr ihr Denken dank Smartphone aufgegeben haben, sehe ich den Untergang der Menschheit. Immer mehr Zerstörungen der eigenen Lebensgrundlage mit Ausrottung von Arten, wird das befeuern. Dadurch werden andere Krankheiten entstehen und riesige Probleme mit Migration bis hin zum Weltkrieg wegen Rohstoffe, Wasser gehört in Zukunft mit dazu.
    Man kann ein Problem nicht mit der selben Denke lösen. Oder es gibt nur noch Arme und Reiche, die abgeschottet auf Kosten der Armen leben.

  7. 9.

    Gut gesagt. Das geht aber nicht, wenn die Häuslebauer auf ihrem privat erworbenem Grundstück kein Hochhaus wollen. Und bei sogenannter Blockrandschließung oder städtebaulicher Nachverdichtung kommt dann von den Nimbys "Wohnraum für alle, aber nicht in meinem Blickfeld!" oder "Wohnraum für alle, aber nicht in meinem Hinterhof!"

  8. 8.

    Nur gar zu gerne werden solche „externen Vorschläge“ übernommen und in Gesetzesform gebracht. Leider rangiert der Naturschutz unter den verschiedenen Belangen des öffentlichen Interesses zumeist ganz hinten.

  9. 7.

    Wirkt nicht nur ist faktisch ein Widerspruch.
    Das Volumen besitzt glücklicherweise Fläche und Höhe. Wenn’s also mit der Fläche problematisch wird kann man sich auch mehr auf die Höhe konzentrieren.

  10. 6.

    Bestimmte Biotope sollen zu Gunsten von mehr Wohnungsbau gestrichen werden?
    Vor einigen Jahren sprach die Politik von schützen. Beim Klimawandel, Klimaschutz noch mehr zu betonieren? Es gibt bestimmt noch andere Böden, wo darauf Wohnungen gebaut werden können.
    Jede Kommune, jeder Landkreis und Gemeinde besitzt Grundstücke die sie günstig freigeben könnten, dass Menschen mehr Wohnungen zur Verfügung hätten. Leider wird damit spekuliert, mit Gewinn sie an den Mann/Frau zu bringen. Zur Zeit bekommen eher die Wiesen, die Felder die mit Gemüse bepflanzt werden könnten Dächer auf das Haupt um Sonnenenergie aufzunehmen.
    Besser große Biotope in Ruhe lassen, sie speichern uns Grundwasser und hält das Ökosystem in Balance.
    Der Streit darüber wirkt auf mich sehr widersprüchlich.

  11. 5.

    Auf eine Weise wird von Umweltschutz gesprochen auf der anderen Weise soll gebaut werden auf Teufel komm raus. Was für ein Widerspruch.

  12. 4.

    Glückwunsch, Herr Gaebler. Wenn jetzt erste Teile der professionellen Schützer- und Verhindererfraktionen auf die Barrikaden steigen, geht es schon mal in die richtige Richtung. Das kann allerdings erst der Anfang sein, wenn es darum geht, die seit 2012 völllig aus dem Ruder gelaufene Verordneritis zurück zu drehen.

  13. 3.

    "Es ist also viel Lärm um nichts" ist immer noch besser als die Ruhe vor dem Sturm.

  14. 2.

    Ich als Ossi seh darin ein ewiges Spielchen imZusammenhang mit dem Bausenators Absicht sich gegen die notwendigen Maßnahmen der Klimaveränderungen zu stellen, wohlwissend, daß bei Nichterbrinhun dieser Maßnahmen (z.B. Biotope) die von Ihm anvisierten neuen Häuser dem totalen Verfall bzw. der Zerstörung durch Unwetter gigantischen Ausmaßes ausgeliefert sein werden. So isses!

  15. 1.

    Verdichtung bringt Ärger. Wer ist der „Schiedsrichter“? Eigentümer und Bauamt haben Interessen. Nachbarn auch. Bisher ist die Verwaltung mit „Ich finde“ eines Sachbearbeiters die „ordnende Hand“. Ob das für Frieden sorgt?

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