Berlin - Hikel und Böcker-Giannini zur Landesspitze der Berliner SPD gewählt

Sa 25.05.24 | 18:16 Uhr
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Martin Hikel (SPD), Neuköllns Bezirksbürgermeister, und Nicola Böcker-Giannini (SPD), Ex-Staatssekretärin, bewerben sich beim Landesparteitag der SPD Berlin um den Landesvorsitz. (Quelle: dpa/Carstensen)
Video: rbb24 Abendschau | 25.05.2024 | Dorit Knieling | Studiogast: Jan Menzel | Bild: dpa/Carstensen

Aus dem Mitgliedervotum waren Nicola Böcker-Giannini und Martin Hikel als Sieger hervorgegangen, am Samstag folgte die Kür durch den Landesparteitag - mit ausbaufähigen Ergebnissen. Die eher maue Zustimmung deutet auf viel Arbeit für sie hin.

  • SPD-Landesparteitag wählt Böcker-Giannini / Hikel zum neuen Führungstandem
  • Schlappe für neue Parteichefs bei der Wahl der erweiterten Spitze
  • Forderung nach einem Neuanfang - und nach weniger innerparteilichem Streit
  • Auch die alte Führungsspitze Giffey / Saleh ruft zu Geschlossenheit auf

Martin Hikel und Nicola Böcker-Giannini sind nun auch offiziell Vorsitzende der Berliner SPD. Die beiden wurden am Samstagnachmittag auf dem SPD-Landesparteitag in getrennten Einzelwahlen gewählt. Böcker-Giannini erhielt ein Ergebnis von 67,56 Prozent. Martin Hikel bekam 65,5 Prozent der Stimmen. Der Parteitag folgte damit zwar dem rechtlich nicht bindenden Votum der Mitglieder, das Wahlergebnis für die neuen Vorsitzenden auf diesem Landestreffen ist aber eher durchwachsen. Böcker-Giannini nannte es "ein ehrliches Ergebnis".

Parteitag setzt Zeichen bei der Wahl der erweiterten Landesspitze

Bei der Wahl der erweiterten Führungsspitze mussten die frisch gewählten Landesvorsitzenden dann eine klare Schlappe hinnehmen. Beide hatten sich für die bisherige stellvertretende Landesvorsitzende Rona Tietje aus Pankow und den Marzahner Stadtrat Gordon Lemm als Vize-Landesvorsitzende ausgesprochen. Lemm bekam aber auf dem Parteitag keine Mehrheit.

Neben Tietje wurden Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe, die ehemalige Juso-Landesvorsitzende Sinem Tasan-Funke und der Abgeordnete Matthias Schulz aus Mitte als stellvertretende SPD-Landeschefs gewählt. Neuer Landeskassierer ist Fabian Fischer aus Neukölln.

Für Hikel und Böcker-Giannini bedeutet das Ergebnis, dass sie im geschäftsführenden Landesvorstand der SPD, der erweiterten Führungsspitze, keine klare Mehrheit haben und insbesondere auf den linken Parteiflügel Rücksicht nehmen müssen.

Hikel sieht "Übermaß an Selbstgefälligkeit"

Hikel und Böcker-Giannini hatten zuvor auf dem Parteitag die Berliner SPD zu mehr Geschlossenheit und Solidarität aufgerufen. "Lasst uns in den kommenden Jahren solidarisch sein und zusammenhalten. Schaffen wir das nicht, droht die Berliner SPD für lange Zeit ins Abseits zu geraten", sagte die frühere Sport-Staatssekretärin Böcker-Giannini vor den Delegierten. Sie forderte einen "kulturellen Neuanfang": "Nur wenn wir in unserer Partei wertschätzen, respektvoll und achtsam miteinander umgehen, nur wenn wir das uns Verbindende betonen, nur wenn wir uns selbst wieder Vertrauen, dann werden uns auch die Berlinerinnen und Berliner wieder vertrauen."

Neuköllns Bezirksbürgermeister Hikel sagte, es müsse Schluss sein mit "innerparteilichen Beschimpfungen, Lästereien und einem Übermaß an Selbstgefälligkeit". Die SPD müsse sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren. "Denn es geht bei all dem, was wir hier machen, nicht nur um unsere SPD, es geht um diese Stadt, um unser Land, um die Menschen, für die wir Verantwortung tragen."

Das Duo hatte sich in der zweiten Runde einer Mitgliederbefragung mit gut 58 Prozent gegen ein zweites Team durchgesetzt, das der bisherige SPD-Landesvize Kian Niroomand und die frühere Co-Vorsitzende der Berliner SPD-Frauen, Jana Bertels, bildeten.

Giffey: Neue Parteiführung muss SPD zusammenführen

Zum Auftakt des Delegiertentreffens hatte Franziska Giffey als scheidende Berliner SPD-Landesvorsitzende ebenfalls zu Geschlossenheit und Einigkeit aufgerufen. Nicht die innerparteilichen Strömungen und das Trennende zu betonen, sei "eine Aufgabe für uns alle", sagte Giffey in ihrer Abschiedsrede am Samstag.

Die Wirtschaftssenatorin würdigte auch Hikel und Böcker-Giannini. Sie hätten sich im "demokratischen Verfahren" des Mitgliederentscheids durchgesetzt. Beide stünden jetzt vor der großen Aufgabe, die Partei wieder zusammenzuführen und der SPD eine Richtung zu geben. Auch der bisherige Co-Vorsitzende Raed Saleh forderte Geschlossenheit. "Die Sozialdemokratie muss zusammenfinden. Wir sind am Ende alle in ein und demselben Boot. "

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.05.2024, 11:47 Uhr

31 Kommentare

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  1. 31.

    Die Agenda 2010 war der gigantischste Raub seit Bestehen der Bundesrepublik und hat u.a. dafür gesorgt dass wir den größten Billiglohnmarkt in der EU haben. Mit Folgen die heute schon absehbar sind.

    Altersarmut, explodierende Mieten und ein Staat der seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann. Die FDP und cDU/cSU haben mit der Hilfe der Seeheimer der sPD ganze Arbeit geleistet.

  2. 30.

    Menschen staatlich Armut zu verordnen - und nichts anderes war Hartz 4 - ist nie zeitgemäß. Aber es war ja noch so viel mehr. Öffnung des Wohnungsmarktes für Ausländische Investoren ("Heuschrecken"), Privatisierungswahn(Rente, ÖPNV....) und und und.

  3. 29.

    Ihre Fragen sind rhetorisch. Schon klar. Aber mit anderen Ansichten sollten Sie klar kommen. Sonst klappts nicht mit den Mitmenschen. Zum damaligen Zeitpunkt war Schröder mE einfach der richtige an der richtigen Stelle und die agenda 2010 war zeitgemäß. Was die damaligen Politiker heute machen würden wissen wir nicht, erst wenn man eine Position hat und entscheiden muss, dann weiß man, wie schwer es ist Verantwortung zu übernehmen. Daher hat es hab die Opposition immer leichter

  4. 27.

    Nur am Thema vorbei. Hier ist nicht der Platz für Wahlkampf. Es geht um die interne Abstimmung der SPD. Nicht um die Grünen.

  5. 25.

    Meine Güte, gibt es hier viele schlechte Verlierer. Akzeptiert doch mal die Wahl. Es gibt verschiedene politische Richtungen, auch innerhalb einer Partei. Toleranz und Akzeptanz bitte. Und es wird niemand gezwungen, in einer Partei zu sein oder zu bleiben. Demokratie erfordert Kompromisse. Mal geht die SPD Richtung Linke und Grüne, mal zur CDU. Die Mehrheit entscheidet. Nach Außen sind diese Streitereien echt nicht zu tragen. Das ergibt ein mieses Gesamtbild

  6. 24.

    Schröder? Gerhard? Meinen Sie den? Der zusammen mit den Grünen mit der Agenda 2010 Millionen Menschen in die Armut geschickt hat, und bis heute darauf stolz ist, daß er den größten Niedriglohnmarkt in Europa geschaffen hat. Den möchten Sie zurück?

  7. 22.

    Und was erwarten Sie von den Life-Style-Sozialdemokraten, die zwar gerne von Primärtugenden sprechen aber...

    - wo ist der bezahlbare Wohnraum in Berlin? Was tut die SPD, während ihr pragmatisch-vernünftiger Koalitionspartner CDU die Verkehrsplanung in Berlin rottet? Wo ist der Widerstand der SPD. regiert ein Bürgermeister in Universitäten hinein? Was legt die SPD vor bei der Rekommunalisierung von Wohnungsbestand? Was tut die SPD gegen Budgetkürzung bei Polizei, Feuerwehr, Rettung - die RRG nach langen Jahren beendet hatte? Wird die SPD diesmal darüber sprechen WAS auf dem Tempelhofer Feld gebaut werden soll, oder geht es wieder nur darum Flächen der Stadt "auf den Markt" zu werfen und dabei einen Volksentscheid zu ignorieren? Was schlägt die SPD vor im Wohnungsbestand entschlossen gegen Zweckentfremdung vorzugehen?

  8. 21.

    Danke für den Kommentar!. Es nervt wirklich, dass auch hier einige nur Hass und Destruktivität verbreiten.

  9. 20.
    Antwort auf [Hildegard] vom 25.05.2024 um 21:10

    Da schließe ich mich gerne an. Und ich denke, es ist mehr als Hoffnung. Mit den neuen Vorsitzenden, insbesondere mit Hikel, ist nun der Pragmatismus im Vordergrund. Politik sollte sich immer am Alltag der Menschen orientieren. Hikel hat das schon als Bezirksbürgermeister gut hinbekommen.

  10. 19.

    Es bleibet das Bild einer zerrissenen Partei. Interessant ist ja auch, dass nur rund die Hälfte der Mitglieder beim Mitgliederentscheid mitmgemacht haben. Das ist letztlich nicht mal eine Mehrheit der Mitglieder für das neue Führungsduo.

  11. 18.

    Für diejenigen die nicht wissen was Helmut Krüger mit "Kanalarbeitern" meint:

    "Als Kanalarbeiter wurde eine einflussreiche Gruppierung von Abgeordneten der SPD-Bundestagsfraktion in den Jahren 1957 bis 1982 bezeichnet. Ihre Einstellung galt als eher konservativ und gewerkschaftsnah. Im Jahr 1982 vereinigten sich die „Kanalarbeiter“ mit dem Seeheimer Kreis, nachdem schon seit den 1970er Jahren Mitglieder des „Fritz-Erler-Kreises“ wie Helmut Schmidt oder Georg Leber häufig zu Gast bei ihren Zusammenkünften gewesen waren."

    Genau wie Giffey zu den Seeheimern gehört, stehen HIkel und Böcker-Giannini diesem Kreis nahe. Hikel wird den katastrophalen Kurs von Giffey weiterführen.

    Die Berliner sPD als Appendix, als Steigbügelhalter und Mehrheisbeschaffer der cDU.

  12. 17.

    Statt die Grünen schlechtzureden, würde ich gern Ihre Vorschläge hören, wie wir als Gesellschaft die Klimakrise und das Artensterben in den Griff bekommen wollen, bevor uns der Planet unterm Hintern wegstirbt. Das Maß an psychologischer Ausblendung und Ignoranz der nötigen Veränderungen (Kopenhagen, Paris etc. haben hochambitiöse Ziele wie 50% Fahrradverkehr, Erreichbarkeit mit Öffis überall in der Stadt um Emissionen zu senken). Dank den Grünen gibt es in Berlin tolle Solarförderprogramme, Schwammstadtkonzept gegen Extremwetter, grüne Arbeitsplätze... Also, wenn Sie das nicht wollen, her mit Ihren Zukunftsvorschlägen zum Lösen der existenziellen Probleme. Aber dieses beleglose Genörgel und Schlechtreden nervt.

  13. 15.

    Ich wünsche mir Schröder zurück.

  14. 14.

    Es dürfte "die sPD" nur nicht das Geringste interessieren was die rechtsextremen Wähler der AfD von ihr erwarten.

  15. 13.

    Man kann nur hoffen, dass die SPD nicht wieder den wirren Vorstellungen der Grünen hinterherläuft. Denn die Wähler aus der Ecke Lifestyle-Linken ist begrenzt und nicht überall in Berlin.

  16. 12.

    Gleich ob Wowereit, Giffey, HIkel und Böcker-Giannini: Der SPD insgesamt wird der Spagat bleiben. Es ist der Spagat zwischen den früher so bezeichneten Kanalarbeitern, denen der Rock näher ist als das Hemd und jenem vglw. intellektuelleren Teil, der viel über Theorien debattiert, die aber ggf. nicht recht "geerdet" sind.

    Ein Beispiel aus der Bundespolitik, was allerdings auch Einfluss auf Berlin als Stadt hat: Es soll den großkalibrigen Fahrzeugen mit ihrem immensen Energiebedarf nicht an den Kragen gehen, für sie müssen die Fahrbahnen nach wie vor zurechtgeschnitten werden. Da wird ggf. ein Tempolimitchen verhalten gefordert, aber bitte doch nicht, folglich wird es eher dem Wissing aus der anderen Partei überlassen.

    So auch in Berlin: Zwischen Baum und Borke.

    Die Konservativen halten das offenbar besser aus: Wo eine Führungsfigur in Amt und Würden gebracht ist, geht es intern eher mucksmäuschenstill zu, ggf. mit in der Tasche geballter Faust.

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