Kommentar | Kai Wegner in Tokio - Big in Japan?

Fr 17.05.24 | 22:00 Uhr | Von Sabine Müller
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Audio: rbb24 Inforadio | 18.05.2024 | Sabine Müller

Die erste lange Auslandsreise von Berlins Regierendem Bürgermeister in Japan hat gezeigt, wo Kai Wegners Stärken liegen – und wo seine Schwächen. Bei der Performance auf der internationalen Bühne ist noch Luft nach oben. Von Sabine Müller

Manchmal ist Kai Wegner (CDU) in Tokio voll in seinem Element. Wenn er zum Beispiel nach der Vorführung einer Frauentrommelgruppe selbst enthusiastisch zu den Stöcken greift. Oder wenn er beim Abendessen mit japanischen Reiseveranstaltern in einem ur-japanischen Restaurant frei von der Leber weg redet, ganz locker und authentisch, mit genau den richtigen Botschaften. Eher informelle Termine und Begegnungen nah dran an Menschen – das kann der Regierende.

Formelles liegt ihm weniger. Auf dem Podium einer High-Tech-Konferenz wirkt er nervös und hölzern, liefert eine uninspirierte Rede ab. Den Japan-Knigge hat er erkennbar nicht verinnerlicht, tritt ins eine oder andere Fettnäpfchen. Mehrere Teilnehmer merken unter der Hand an, Wegner – und die Reise an sich – seien ihrer Wahrnehmung nach nicht gut genug vorbereitet gewesen.

Stärken ausspielen

Bei diesen vier Punkten gilt es für Wegner und sein Team, vor der nächsten Auslandsreise nachzusteuern.

Wenn der Regierende Bürgermeister in Tokio schon ständig davon spricht, wie wichtig innovative Start-Ups sind: Warum trifft er sich dann nicht in kleiner Runde direkt mit Gründerinnen und Gründern, um ihnen Berlin schmackhaft zu machen? Damit täte er vermutlich mehr für die Wirtschaft als mit einem steifem Redeauftritt. Das gleiche würde wohl für ein Treffen mit japanischen Studentinnen und Studenten gelten, von denen immer weniger nach Deutschland kommen. Für die nächsten Reisen wäre Wegner mit diesem Konzept gut beraten: Weniger Konferenz, weniger Podium, mehr direkte Kontakte zu Menschen im Gastland ohne zu formellen Rahmen.

Kenne Dein Gastland

Höflichkeit wird in Japan bekanntermaßen großgeschrieben und kleine Gesten des Respekts sind wichtig. Für Tokios Gouverneurin Yuriko Koike war es vermutlich keine Frage, dass sie in ihrem Videogrußwort für eine deutsch-japanische Wirtschaftskonferenz natürlich auf Deutsch "Guten Tag" sagt. Kai Wegner absolviert mehrere öffentliche Auftritte, ohne das kleinste Wort Japanisch einzustreuen. Erst nachdem sein Team einen Hinweis von außen bekommen hat, heißt es statt "Guten Abend" dann "Konbanwa".

Auch Pünktlichkeit ist in Japan eine Tugend. An einem Abend kommt der Regierende Bürgermeister zwar gerade noch rechtzeitig kurz vor Beginn eines Empfangs, bei dem er Gastgeber ist, an. Dann steht er aber erstmal noch eine Viertelstunde unten vor der Tür, während oben die Gäste warteten. Das kam vor Ort nicht gut an.

Unentspannte Mienen auch bei anderer Gelegenheit. Im Gespräch mit Tokios Gouverneurin reicht Koike Wegner ein Solarpanel, fast so dünn wie ein Blatt Papier. Er dreht es erst in der Hand und legt es sich dann breit grinsend kurz wie einen Hut auf den Kopf. Mit solchen Aktionen erntet man vielleicht beim Kleingartenfest in Spandau laute Lacher, aber nicht im Tokioter Rathaus.

Zeit fürs Nikotin-Pflaster

Es ist kein Geheimnis, dass Kai Wegner Raucher ist. Aber diese Reise hat gezeigt, wie sehr ihn der Glimmstängel oft im Griff hat. Da toppt die Zigarette auch mal die Höflichkeit. Bei der deutsch-japanischen Wirtschaftskonferenz geht er 20 Minuten früher als geplant, um in Ruhe eine zu rauchen. Dabei waren auf der Bühne gerade die jungen Start-Up-Gründer im Fokus, die ihm angeblich so wichtig sind. Ein andermal redet Wegner noch von einer Rauchpause, während neben ihm der deutschen Botschafter im Regen steht.

Let’s speak English

Nicht gut Englisch zu sprechen, wie beim Regierenden Bürgermeister offenkundig der Fall, ist keine Schande. Aber warum sind dann im Reiseprogramm mehrfach Grußworte und Reden auf Englisch angekündigt, wenn es letztlich doch fast immer auf Deutsch mit japanischer Übersetzung hinausläuft? Falsche Erwartungen helfen keinem weiter.

Wird es beim nächsten Mal besser?

Die gute Nachricht: An all diesen Mankos lässt sich arbeiten. Außerdem sind nicht alle Länder gleich. Wenn Kai Wegner im Herbst in die USA fliegt, kommt er dort mit seiner jovialen Art garantiert besser zurecht als in Japan. Nur mit dem Englischen wird es da nicht leichter.

Sendung: rbb24 Abendschau, 17.05.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Sabine Müller

5 Kommentare

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  1. 5.

    Sehr pointierter Beitrag von Redakteurin Sabine Müller.
    Kai Wegner ist leider kein guter Botschafter für Berlin, für Deutschland. Das mit dem Vergleich zum "Kleingartenfest in Spandau" ist treffend, schließlich ist er eher unerwartet Bürgermeister einer Weltstadt geworden und er hat seitdem kein Benimm gelernt, ist in seiner Rolle als Repräsentant nie angekommen. Wer nicht ein paar Grundregeln der Konversation beherrscht, wird gar nicht ernst genommen. Hier ist es Ausdruck, dass was schief läuft, wenn die Presse über einen herzieht, in Japan, wenn sie einen ignoriert. Und das ist aktuell der Fall. Wegner kommt nicht vor. Seine Reise war rausgeschmissenes Geld und könnte mittelfristig der Städtepartnerschaft, die ohnehin gerade nicht gut läuft, sogar geschadet haben.

  2. 4.

    Ein wunderbarer Beitrag.
    Also, englisch gehört doch in dieser Position dazu. Das ist ja nun mehr als dürftig selbst ich beherrsche englisch sonst kommt man nicht weiter in dieser Welt.
    Herr Wegener ein Elefant im Porzellanladen.
    Im Herbst geht es in die USA Na hoffentlich hat er bis dahin was dazugelernt.

  3. 3.

    Da stimme ich Ihnen zu. Und wenn er schon international aktiv sein will, sollte er zwingend fließend Englisch sprechen. Es gibt sehr gute Englischkurse in Berlin, die er unbedingt sofort belegen sollte!

  4. 2.

    Das war ein sehr aufschlussreicher Kommentar. Mein Dank dafür geht an Sabine Müller.

  5. 1.

    Da ist Herr Wegner ja anscheinend von einem Fettnäpfchen ins nächste getreten. Wieso war er denn so schlecht vorbereitet? Hat er keine vernünftigen Berater für solch eine Reise? Die wichtigsten Höflichkeitsregeln des jeweiligen Landes sollte man doch wenigstens kennen. Wie unangenehm gerade bei so höflichen Menschen wie in Japan. Das mit den schlechten Englischkenntnissen wusste ich noch gar nicht. Na dann kann er ja bis zum Herbst noch etwas für die USA-Reise lernen. Ich an seiner Stelle würde es jedenfalls tun.

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