Amtszeit von Brandenburger Wissenschaftsministerin - Manja Schüle ist durchsetzungsstark, nur nicht in der eigenen Partei

Fr 24.05.24 | 08:29 Uhr | Von Markus Woller
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Archivbild: Manja Schüle (SPD), Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg. (Quelle: dpa/Kalaene)
Bild: dpa/Kalaene

Trotz Pandemie und großer Baustellen: Die Brandenburger Kultur- und Wissenschaftsministerin Manja Schüle hat eine gute Amtszeit-Bilanz, finden auch politische Konkurrenten. Die eigene Partei fremdelt aber mit ihr und ihren Ambitionen. Von Markus Woller

Manja Schüle (SPD) hatte sich bereits ein schönes Framing für ihre Amtszeit zurechtgelegt. "Ermöglichungsministerin", so hätte sie sich gern gesehen, als sie das Amt im November 2019 übernommen hatte. Kulturförderung, vor allem in der Breite, das hatte sie sich vorgenommen.

Es kam zunächst ganz anders. Mit Beginn der Corona-Pandemie mutierte sie zur "Schließungsministerin", wie sie sich am Donnerstag auf ihrer Bilanz-Pressekonferenz selbst erinnert. "Unsere Kultur war plötzlich nicht mehr sichtbar im öffentlichen Raum", so Schüle. Viele Künstler kamen schnell in existenzielle Nöte.

Kritik: Festivals und Clubs kamen zu kurz

Was folgte, war viel Krisenmanagement. Während sie auf der einen Seite im Wochenrhythmus Eindämmungsverordnungen mitunterzeichnete, versuchte sie auf der anderen zu erhalten, was zu erhalten war. Mit sogenannten Mikrostipendien hat das Ministerium Künstler direkt unterstützt, Einnahmeausfälle von Theaterensembles oder Kulturvereinen ausgeglichen, Hunderte Projekte finanziert.

Mit Millionenbeträgen wurde der Kultur-Sektor in den Jahren 2020 bis 2023 vor dem Zusammenbruch bewahrt. Das rechnet ihr auch die kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Brandenburger Landtag, Sahra Damus, hoch an. "Wo ich mir aber mehr gewünscht hätte, ist bei der Unterstützung der Festivals und Clubs", so die Abgeordnete. Diese Branche würde noch heute stark unter Coronafolgen leiden.

Hier sei ein Problem, dass dafür zum Teil auch das Wirtschaftsministerium zuständig sei. Außerdem hätte noch mehr für die Tarifbindung bei Clubs oder auch in Kunst- und Musikschulen getan werden müssen, findet Damus. "Hin zu echten Arbeitsverträgen, nicht nur zu freien Tätigkeiten, damit diese Einrichtungen langrfristig in den Regionen gehalten werden können", so die Grüne.

Noch während der Pandemie begann das Ministerium, eine neue kulturpolitische Strategie zu erarbeiten, die Schüle nun, kurz vor Ende der Legislatur, vorgelegt hat. Eine Lehre dabei war die längerfristige institutionelle Förderung von Projekten. Allen voran gilt das in Brandenburg für die freien Theater in den ländlichen Regionen. Außerdem unterstützt das Ministerium seit 2021 auch acht "Kulturelle Ankerpunkte" in der Fläche. "Wir haben eine unglaubliche Vielfalt an Kulturangeboten im Land. Das zu bewahren und zu beschützen, darum wird es gehen in Zukunft", so Schüle.

Synagogenbau als Meisterstück

Neben der Bewahrung der Kulturszene hatte Schüle gleich mehrere weitere Großprojekte anzugehen. Und hier wird sie dem Label der "Ermöglichungsministerin" dann vielleicht doch noch gerecht. Erstmals für Aufsehen sorgte ihr rigoroses Vorgehen bei dem Thema Synagogenbau in Potsdam. Jahrzehnte hatte der Streit darum das Projekt blockiert. Mal klemmte es zwischen den jüdischen Gemeinden, mal gab's Streit mit dem Ministerium um Trägerschaft oder um den Architektenentwurf.

Schüle setzte durch, was andere vor ihr nicht schafften. Statt mit den zerstrittenen Gemeinden baute Brandenburg die Synagoge am Ende einfach selbst, die Zentralwohlfahrtstelle der Juden übernahm die Planungs- und Baubegleitung und wird den Betrieb der ersten drei Jahre sicherstellen.

Kaum weniger herausfordernd waren die Aufgaben im Wissenschaftsbereich: Dabei gelang es dem Schüle-Ministerium - angesichts der großen Herausforderung rund um den Lehrermangel im Land - einen neuen, praxisorientierten Studiengang Grundschullehrer an der BTU in Senftenberg an den Start zu bringen. Nur ein knappes Jahr brauchte man dafür, was sich auch deutschlandweit sehen lassen kann.

So wie auch das Projekt rund um die staatliche Medizinerausbildung in Cottbus. Hier gelang Schüle und ihrem Haus, was wenige für möglich gehalten hatten. Die neue Medizin-Uni soll am 1. Juli gegründet werden: 80 Professuren, 1.300 neue Arbeitsplätze, rund 200 Studierende pro Jahrgang – ein Leuchtturmprojekt für die Forschung und Ausbildung von Medizinern in ländlichen Gebieten soll entstehen. Erste konkrete Ideen dafür gab es erst 2019. Schüle verfolgte das Projekt mit enormem Engagement.

Mit der eigenen Parteispitze nicht warm

Wer allerdings annimmt, dass Schüle sich mit einer solchen Bilanz auch innerhalb ihrer eigenen Partei für Höheres empfehlen kann, der sieht sich überrascht. Gleich bei mehreren Gelegenheiten kam es in letzter Zeit zu Vorfällen, die vermuten lassen, dass es zwischen Schüle und dem Führungszirkel um den Ministerpräsidenten nicht zum Besten steht.

So ließ Woidke Schüle in der jüngsten Landtagssitzung links liegen, als er für die Regierung den Gesetzesentwurf zur Uni-Medizin präsentierte. Weder gönnte er ihr Redezeit, noch hob er Schüles besondere Rolle beim Aufbau-Prozess hervor. Stattdessen reihte er seinen Dank an sie ans Ende einer langen Liste anderer Minister. Für Schüle muss das schwer erträglich gewesen sein.

Als Zeichen dafür, dass es intern knirscht, wird auch Schüles Entscheidung gewertet, sich nicht für einen der aussichtsreichen Listenplätze für die anstehende Landtagswahl beworben zu haben. Stattdessen setzt sie auf das Direktmandat in Potsdam. "Ich möchte mich ohne Netz und doppelten Boden um den Wahlkreis bewerben. Alles andere wird sich dann ergeben", sagt Schüle am Donnerstag. Hinter den Kulissen wird geraunt, Schüle würde sich so in Stellung bringen wollen, falls die SPD nach der Wahl einen Neuanfang nötig hat. Mit einiger Distanz zur alten Führung und einem Direktmandat stünde sie dann als frische Kraft und Alternative zu Dietmar Woidke da.

Parteifreunde sagen, sie drückt sich

Die Märkische Oderzeitung spekulierte kürzlich außerdem, dass die Parteiführung der Ministerin übelnimmt, vor etwa einem Jahr die Nachfolge von Britta Ernst als Bildungsministerin ausgeschlagen zu haben. Dass Schüle später außerdem öffentlichkeitswirksam verkündete, auch als Potsdamer Oberbürgermeisterin nicht zur Verfügung zu stehen, sollte der aktuelle Amtsinhaber schwächeln, habe sie ebenfalls in Misskredit gebracht, schreibt die Zeitung. Parteifreunde hätten ihr das als "Drücken" vor der Aufgabe ausgelegt.

Ambitionen auf den Posten an vorderster Front werden Manja Schüle schon länger nachgesagt. Nicht wenige würden ihr das wohl auch zutrauen. Mit 47 Jahren kann die Politikwissenschaftlerin aus Potsdam bereits auf Erfahrung als Bundestagsabgeordnete und in zwei brandenburgischen Ministerien zurückblicken. Bevor sie selbst Ministerin wurde, arbeitete sie lange als Büroleiterin von Günter Baaske im Bildungsministerium. Ob ihr Erfahrung und Erfolgsbilanz nach der Wahl politisch auch nützen, ist derzeit allerdings schwer abzusehen.

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Beitrag von Markus Woller

6 Kommentare

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  1. 6.

    Artikel haben ja meist eine Intention, wollen also beim Leser etwas bewirken. Nur bei dieses Text verstehe ich überhaupt nicht, was Sie mir mitteilen wollen.
    Die gute Frau scheint doch viele Dinge auf den Weg gebracht zu haben, nur ist sie nicht bereit, jeden Job zu machen, für den sie sich (noch) nicht geeignet sieht.
    Finde ich persönlich sehr angenehm, dass da mal jemand nicht immer "hier" ruft und dann versagt.
    Ganz ehrlich, kann es sein, dass da irgendwie ein verklausolierter Sexismus hintersteckt, was den Tenor des Artikels betrifft. Irgendwie hätte die Gutste gegen einen Mann antreten oder den Job eines Mannes übernehmen müssen, dann wäre sie wohl durchsetzungsstark.
    Selbst beim dritten Durchlesen verstehe ich die Absicht des Autors nicht.

  2. 5.

    Sie macht und ist deshalb anders als H. Woidke. Keine Forderungen, kein „wir haben bereits, jetzt ist mal der Bund dran“, kein „(Erfolglos)Gipfel“, kein „könnte-Vorreiter“... Das ist natürlich schon eine Alternative. Das „Ich werde nicht zulassen das...“ habe ich absichtlich nicht erwähnt.

  3. 4.

    Sie macht und ist deshalb anders als H. Woidke. Keine Forderungen, kein „wir haben bereits, jetzt ist mal der Bund dran“, kein „(Erfolglos)Gipfel“, kein „könnte-Vorreiter“... Das ist natürlich schon eine Alternative. Das „Ich werde nicht zulassen das...“ habe ich absichtlich nicht erwähnt.

  4. 3.

    Was erwarten sie? Von der Pike auf gelernt? Das hatte die BVG zuletzt mit Hr. Piefke, falls der ihnen noch was sagt.

  5. 2.

    Leider haben wir davon in Berlin auch kaum "Welche"......unsere "Neue" Frau Bonde wurde auch wieder nur durchgereicht. Hat zwar einen juristischen Abschluss war ein paar Jahre bei der BVG, aber die Erfahrung aus dem Tagesgeschäft fehlt ihr zu 100 Prozent.

  6. 1.

    Aus meiner Sicht eine fachlich versierte, nicht machgeile Politikerin.
    Davon haben wir in Brandenburg leider zu wenige.

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