Bundesliga dank Trainerin Susann Müller greifbar nah - Handball-Frauen Spreefüxxe Berlin haben Aufstieg im Blick

Fr 05.03.21 | 15:10 Uhr | Von Dennis Wiese
Spreefüxxe-Trainerin Susann Müller schreit an der Seitenlinie (Quelle: imago/Eibner)
Video: rbb UM6 | 02.03.2021 | Torsten Michels | Bild: www.imago-images.de

Susann Müller war Weltklasse: 2013 wurde sie WM-Torschützenkönigin und Deutschlands Handballerin des Jahres, dazu mehrmals Deutsche Meisterin. Beinahe zufällig wurde sie Trainerin. Und macht die Spreefüxxe in dieser Rolle nun immer besser. Von Dennis Wiese

Nur kurz gelingt es Susann Müller, die Ruhe zu bewahren. Mit verschränkten Armen steht sie an der Seitenlinie in der Charlottenburger Sömmeringhalle. Sie verfolgt das Spiel ihrer jungen Spreefüxxe-Mannschaft gegen Rödertal. Als Tabellenführer der 2. Frauen-Handball Bundesliga empfangen die Berlinerinnen den Vorletzten. Doch es läuft nicht.

Und die Trainerin wird zum HB-Männchen. Rennt am Spielfeldrand auf und ab, rudert mit den langen Armen. Pfeift, ruft, korrigiert. Am Ende gewinnt ihr Team mit einem Tor Vorsprung. "Den Mädels fehlt einfach die Erfahrung. Da oben zu stehen, ist ein besonderer Druck. Das kennen viele nicht. Wir haben gleich am Anfang unnötige Tore kassiert. Da bin ich dann das ganze Spiel über sehr erregt", so die 32-Jährige.

"Ich wollte eigentlich nie Trainerin sein"

Vor anderthalb Jahren kamen die damalige Rückraumspielerin und die Spreefüxxe Berlin, also die Frauenhandballabteilung der Füchse Berlin, zusammen. Da war Müller selbst noch in Dänemark aktiv: "Ich wollte eigentlich nie Trainerin sein. Als der Anruf kam, wusste ich aber auch nicht, ob ich noch spielen möchte. Dann kam das so, ich habe mich da reingestürzt. Das war der Funke, dieses Kribbeln, das mir beim Spielen gefehlt hat."

Also beendete die 97-malige Nationalspielerin ihre Karriere und wurde im Sommer 2019 sofort Trainerin. Die Spreefüxxe standen da im unteren Tabellenmittelfeld der 2. Bundesliga. Managerin Britta Lorenz ist von der Entwicklung ihrer Mannschaft angetan: "Susann hat ein Leistungssport-Gen in sich. Das kann man auf Menschen übertragen. Das versucht sie. Sie ist sehr akribisch. Unsere Entwicklung ist nur positiv."

Susann (li.) und Nina Müller (re.), Trainerin und Spielerin der Spreefüxxe (Quelle: imago/Beautiful Sports)
Trainerin und Spielerin Müller | Bild: imago/Beautiful Sports

Müller auf der Trainerbank, Müller auf dem Spielfeld

Dass die Spreefüxxe aktuell um den Aufstieg spielen, haben sie Susann, aber auch Nina Müller zu verdanken. Die 40-Jährige, selbst lange Nationalspielerin, ist mit der Trainerin verheiratet. Nina Müller sorgt auf dem Spielfeld für viel Ruhe, weiß Susann Müller: "Die Mädels sagen mir, dass sie etwas entspannter sind, wenn Nina mitspielt. Das hat sicher auch mit ihrer Erfahrung zu tun."

Spielt Nina nicht, sitzt sie neben ihrer Frau auf der Trainerbank. Beide tauschen sich dann viel aus. Zusammen kommen die Müllers auf fast 300 Länderspiele für Deutschland. Nun sorgen sie bei den Spreefüxxen für professionelles Arbeiten: Trainingszeiten, Ernährungspläne. Alles haben sie in den vergangenen anderthalb Jahren angepackt. Der aktuelle Erfolg gibt ihnen dabei recht.

Spreefüxxe würden auch in der Bundesliga antreten

Sportlich ist der Aufstieg in die Bundesliga möglich. Seit 2013 trägt die Mannschaft den Namen Füchse Berlin. 2014 gelang erstmals der Aufstieg ins Oberhaus. 2016 gab der Verein bekannt, dass er keine Lizenz mehr für die Bundesliga beantragen würde. Stattdessen ging es in die 3. Liga.

Profisport ist teuer. Die Spreefüxxe sind dabei auf Sponsoreneinnahmen angewiesen. Anders als bei den Männern verdienen die Mannschaften kein Geld durch Übertragungsrechte. Auch die Zuschauereinnahmen, wenn Corona es denn ermöglicht, machen nur fünf Prozent des Jahresetats aus. Und doch ist es Geld, das aktuell fehlt. Damit die Mannschaft in der ebenfalls professionellen 2. Liga spielen kann, müssen zahlreiche Coronatests gekauft werden. Wieder ein Kostenpunkt. Für eine mögliche Saison in der Bundesliga haben die Spreefüxxe das Geld aber zusammen. Managerin Britta Lorenz spricht von einem "schmalen Erstligaetat".

Spreefüxxe-Managerin Britta Lorenz sieht die Rote Karte (Quelle: imago/Eibner)
Manchmal zu viel Einsatz: Spreefüxxe-Managerin Britta Lorenz sieht Rot | Bild: imago/Eibner

Weiterentwicklung wichtiger als Aufstieg

"Hinausposaunen" wolle Managerin Lorenz das Wort "Aufstieg" nicht. Auch Trainerin Susann Müller bleibt beim Thema noch "defensiv". Acht Spiele stehen noch aus. Als Tabellenführer würden die Spreefüxxe direkt aufsteigen, als Zweiter ginge es in die Relegation. Es könne noch viel passieren. Wichtiger als der Aufstieg sei ohnehin die Weiterentwicklung der jungen Mannschaft: "Wir haben einen Altersschnitt von 22 und ein bisschen, wir haben auch eine Fünfzehnjährige dabei. Die Mädels brauchen Zeit", so die Trainerin.

Dazu passt die Zusammenarbeit mit dem Berliner TSC. Gemeinsam wolle man ein starkes Team für die Jugendbundesliga zusammenstellen. Und daraus dann den Nachwuchs für das Spreefüxxe-Team entwickeln. Dort erwartet die Spielerinnen eine emotionale, ehrgeizige, erfahrene Handballerin: Susann Müller auf der Trainerbank.

Sendung: rbb UM6, 02.03.2021, 18 Uhr

Beitrag von Dennis Wiese

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