Podiumsdiskussion über Herthas Stadionpläne - Politik zeigt sich offen für neues Hertha-Stadion

Am Freitag lud die Faninitiative "Blau-Weißes-Stadion" Vertreter der Politik zu einer Podiumsdiskussion. Sie diskutierten über ein neues Hertha-Stadion und mögliche Standorte. Alle signalisierten ihre Bereitschaft zu helfen. Von Till Oppermann
Dennis Buchner, der sportpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus, formuliert es drastisch: "Ich saß in Wohnzimmern von Leuten, die sagten 'nur über meine Leiche'." Er spricht von den Mitgliedern der Wohnungsgenossenschaft 1892 an der Westender Sportforumstraße. Ihre Wohnhäuser sollten dem geplanten Stadionneubau vom Hertha BSC weichen – zumindest nach Meinung des Vereins. Bis 25. Juli 2025 wollte Hertha BSC hier ein vereinseigenes Stadion errichten und gestaltete vor Jahren sogar schon Einladungskarten, wie Thomas Härtel, der Präsident des Berliner Landessportbundes, am Freitag schmunzelnd auf einer Podiumsdiskussion der Initiative "Blau-Weißes-Stadion" erzählt.
Alle sind sich einig: Hertha braucht ein Stadion
Härtel schmunzelt, weil eine Eröffnung im Sommer 2025 schon jetzt utopisch ist. Seit vier Jahren ringen Hertha BSC und die Berliner Landespolitik mittlerweile erfolglos um einen passenden Standort für ein neues Hertha-Stadion. So erbittert, dass viele Herthaner mittlerweile den Eindruck haben, der Senat wolle Hertha gar nicht dabei helfen, das passende Grundstück für eine eigene Spielstätte zu finden. Der Olympiapark, das Tempelhofer Feld, der ehemalige Flughafen Tegel, die Nordschleife der AVUS, der zentrale Festplatz und sogar ein Umzug vor die Tore der Stadt wurden in den vergangenen Jahren diskutiert – ohne Ergebnis. Knut Beyer, der Initiator der Faninitiative "Blau-Weißes-Stadion", eröffnet die Podiumsdiskussion mit Härtel, Buchner und anderen Sportpolitikern deshalb mit einem Appell: "Wir sind dringend auf das Wohlwollen der Politik angewiesen."
Um dem eigenen Stadion für Hertha näher zu kommen, sei breite parteiübergreifende Zustimmung nötig, glaubt Beyer. Die Krux ist, dass es in Berlin keine Privatgrundstücke in der nötigen Größe gibt, an denen sich Anforderungen wie Lärmschutz und Sicherheit realisieren lassen. Hertha ist deswegen auf eine Einigung mit der Politik angewiesen – ohne öffentlichen Baugrund kein Stadion.
Die Fans fragten deshalb die Abgeordnetenhaus-Fraktionen der SPD, CDU, der Grünen, der Linken und der FDP nach ihrer Position zum Neubau. Der Einladung zur Podiumsdiskussion in das "Haus der Fußballkulturen" im Prenzlauer Berg folgten dann neben Thomas Härtel und Dennis Buchner auch Stephan Standfuß (CDU), Werner Graf (Grüne) und Philipp Bertram (Linke). Die gute Nachricht für alle Hertha-Fans: Alle Anwesenden sind einig darüber, dass ein vereinseigenes Hertha-Stadion nicht nur ein Gewinn für die Sportmetropole Berlin wäre, sondern auch für die wirtschaftliche und sportliche Entwicklung des Vereins unabdingbar ist.

Über den Standort herrscht weiter Uneinigkeit
In den folgenden gut zweieinhalb Stunden zeigt sich dann, warum das Projekt trotzdem so schleppend vorangeht. Dennis Buchner von der SPD beispielsweise betont zwar, ein neues Stadion dürfe den Steuerzahler möglichst nicht belasten, bringt dann aber immer wieder den zentralen Festplatz in Tegel als möglichen Baugrund ins Spiel. Dort aber würde der Anschluss an das U-Bahn-Netz hunderte Millionen kosten, wie Werner Graf vorrechnet. Er und Stephan Standfuß favorisieren den Olympiapark, wo neben genug Platz auch die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel bereits optimal sei. Über einen adäquaten Platz sind sich jedoch auch sie nicht einig. Während Standfuß darauf pocht, der Verein solle nochmal mit den Genossenschaftlern ins Gespräch kommen, um an der Rominter Allee nahe der U-Bahn-Station Olympiastadion zu bauen, hat Graf das denkmalgeschützte Maifeld ins Auge gefasst, um das Stadion zu bauen.
Bertram hingegen springt Buchner zur Seite. Auch die Linkspartei favorisiere einen Bau in Tegel, entweder auf dem stillgelegten Flughafengelände oder dem zentralen Festplatz. Denn als Eigentümerin des Olympiastadions müsse die Stadt eigene Interessen im Blick behalten. Aktuell spiele das Gelände mit dem Stadion, der Waldbühne und dem Maifeld jährlich Gewinne ein, die in dem Erhalt des Olympiastadions und der Sportförderung in der ganzen Stadt fließen. Würde Hertha als Ankermieter wegbrechen, müsste die Landesregierung das Geld an anderer Stelle einnehmen. Laut Bertram wären die Möglichkeiten dafür eingeschränkt, falls Hertha das Gelände ebenfalls regelmäßig für Spiele nutzen. Damit nennt er den Grund, warum das Vorhaben bei vielen Politikern nicht gerade auf Gegenliebe stieß. Denn ohne Hertha BSC wäre das Olympiastadion die meiste Zeit des Jahres unbenutzt.
Schritt für Schritt ans Ziel
Es ist neu, dass mehrere Parteien öffentlich bekunden, Hertha bei der Suche nach einem Standort helfen zu wollen. Die Annäherung wurde auch durch insgesamt sechs runde Tische zwischen der Landespolitik und Hertha BSC ermöglicht, die ebenfalls die Faninitiative "Blau-Weißes-Stadion" organisierte. Längst festgelegte Meinungen hätten sich verändert, bemerkt der zufriedene Initiator Knut Beyer: "Endlich kommt die Sache in Bewegung."
Sendung: rbb24, 04.09.2021, 21:45 Uhr