Bernd Schröder wird 80 - Der noch immer umtriebige Urvater von Turbine Potsdam

Do 21.07.22 | 10:00 Uhr
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Bernd Schröder (Bild: IMAGO/Matthias Koch)
Bild: IMAGO/Matthias Koch

45 Jahre lang war Bernd Schröder die prägende Figur bei den Fußballerinnen von Turbine Potsdam. Am Freitag wird er 80 Jahre alt. Ein Blick auf seinen zufälligen Einstieg in den Trainer-Job, große Erfolge und die Schwierigkeit des Aufhörens.

Exakt 18.646 Tage ist es her, dass die 40 Mädchen und Frauen im Klubhaus von Turbine Potsdam zusammenkamen. Eingeladen worden waren sie von einem Flyer, empfangen wurden sie an diesem 3. März 1971 von einem damals 28 Jahre jungen Bernd Schröder. Wenig später war die Frauenfußball-Abteilung von Turbine Potsdam gegründet und so auch der Grundstein für eine außergewöhnliche Trainerkarriere gelegt.

37 Titel hat Bernd Schröder in den folgenden 45 Jahren bei Turbine Potsdam gewonnen. Der gebürtige Lübecker hat den Frauenfußball in Deutschland dabei geprägt wie nur wenige andere. An diesem Freitag wird Schröder 80 Jahre alt. Auch gut 50 Jahrzehnte nach seinem Start bei der Turbine prägt der heutige Ehrenpräsident seinen Verein weiterhin.

Bernd Schröder selbst ist dabei durchaus bewusst, wie wichtig er für den sportlichen Aufstieg der Turbine und deren einstige Vormachtstellung im Frauenfußball war: "Ich bin derjenige, der dem Ganzen Leben eingehaucht hat, der Urvater des Vereins und der Mannschaft", sagt Schröder.

Dabei war es zunächst mit einigem Zufall verbunden, dass Schröder überhaupt Turbines Trainer wurde. Als Ingenieur arbeitete er im VEB Energiekombinat Potsdam. Ein Freund, der gleichzeitig einer der Leiter der Betriebssport-Gemeinschaft war, fragte, ob Schröder nicht als Trainer einspringen könnte. Schröder konnte und ging so in sein erstes Jahr als Trainer in Potsdam.

Erfolge vor und nach der Wende

1981 gewann Schröders Turbine schließlich die erste von insgesamt sechs DDR-Meisterschaften. Auch nach der Wiedervereinigung nahmen die Potsdamerinnen, angeführt von ihrem als "harter Hund" bekannten Trainer, eine Schlüsselrolle im europäischen Frauenfußball ein. Auf die Frage nach seinem größten Titel antwortet Schröder heute: "Da gibt es eigentlich drei." Unter anderem "die erste gesamtdeutsche Meisterschaft 2004 in Frankfurt. Da haben wir unserem Erzfeind sieben Dinger eingeschenkt", erinnert sich Schröder mit einem Lachen.

Der Gewinn der Uefa Women's League 2005 und der Champions-League-Titel 2010 komplettieren das Trio der größten Titel. "7,5 Millionen Menschen haben uns zugeguckt, als wir nachts das Elfmeterschießen gewonnen haben", blickt Schröder auf das Finale 2010 in Madrid zurück. "Das war Wahnsinn, das kann man nicht toppen."

Begleitet haben Schröder auf dessen langem Weg als Trainer und zwischenzeitlich auch als Manager der Turbine zahlreiche Spitzenspielerinnen des deutschen Frauenfußballs. "Ich habe 60 Nationalspielerinnen hier gehabt, ganze Generationen." Ariane Hingst, Nadine Angerer, Svenja Huth und viele andere wurden unter Schröder zu Top-Spielerinnen und verhalfen, wie zum Dank, ihrem Trainer zu dessen Ruf eines exzellenten Spielerentwicklers. "Meine Spielerinnen sind Weltmeisterinnen, Europameisterinnen und Olympiasiegerinnen geworden", sagt Schröder.

Die Schwierigkeit ist, das richtige Maß des Einbringens zu finden.

Bernd Schröder

Gradlinig und streitbar

In seiner Arbeit war Schröder dabei stets durchaus streitbar. Mit seiner klaren Meinung, einem sehr geradlinigen Führungsstil und nicht zuletzt auch seiner Vorliebe für intensives Training war Schröder eine Person, die polarisierte. Die Überzeugung von den eigenen Methoden ist bis heute geblieben: Rückblickend würde er an seiner Arbeit seit 1971 "heute zwar Nuancen ändern", sagt Schröder, aber mehr eben auch nicht. Seine Erfolge, die ihm unter anderem das Bundesverdienstkreuz beschert haben, geben ihm recht.

2016 stand Schröder schließlich zum letzten Mal als Turbine-Trainer an der Seitenlinie der Potsdamerinnen. Sich danach komplett aus dem Verein, den er so maßgeblich geprägt hat, zurückzuziehen, wollte und will Schröder nicht. "Wenn ich jetzt einfach sagen würde, 'das war's', würde ich mein eigenes Lebenswerk kaputt machen", sagt Schröder. "Die Schwierigkeit ist, das richtige Maß des Einbringens zu finden."

Zumal Turbine Potsdam sich nach dem jüngsten Trainerwechsel, dem Rücktritt des Präsidenten und vielen Abgängen aktuell in einer zweifelsfrei schwierigen Phase befindet. Einer Phase, in der Schröder die Potsdamerinnen sowohl als Ratgeber als auch als Initiator einer Trainings-Gruppe für jugendliche Talente unterstützt.

Verdünnisieren per Geburtstagsreise

Daran ändert auch der runde Geburtstag am Freitag nichts. Allzu großen Trubel im Hause Schröder lässt sich zu diesem übrigens nicht erwarten. "Ich habe meinen Geburtstag nie so richtig gefeiert", erzählt der Jubilar. "Meine Frau und ich werden uns drei, vier Tage lang verdünnisieren." Das genaue Ziel der Geburtstagsreise: der Burgenlandkreis in Sachsen-Anhalt. "Da kann man schön Wein trinken und hat seine Ruhe", sagt Schröder mit einem Schmunzeln.

Besonderes Programm gibt es für Bernd Schröder dabei schon am Donnerstagabend in Form des EM-Viertelfinals der deutschen Nationalmannschaft gegen Österreich. "Bei Deutschland spielen ja drei Spielerinnen, die zu meiner Zeit schon gespielt haben: Sara Doorsoun, Svenja Huth und Felicitas Rauch. Da ist natürlich selbstverständlich, dass ich zuschaue."

Sendung: rbb24 Brandenburg Aktuell, 21.07.2022, 19:30 Uhr

6 Kommentare

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  1. 6.

    Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag und noch viele glückliche und vor allem gesunden Jahre mögen ihm vergönnt sein. Er hat sehr viel für die Turbinen getan. Ich hoffe, dass diese den anderen Frauenclubs bald wieder auf Augenhöhe begegnen können... Ansonsten schließe ich mich gerne dem Kommentar von "Bernd Henke" an.
    Also, alles Gute und danke für die tolle Arbeit bei den Turbinen...

  2. 5.

    Mir ist dieser Artikel wie auch jener in der MAZ zu einseitig verfasst. Wer Schröders Art einfach nur jovial als „streitbar“ bezeichnet, hat ihn wohl noch nicht in echt erlebt. Dann fallen Sätze wie „Wenn alle junge Spielerinnen nach ihrer Karierre Managerinnen werden, haben wir ja bald keine Männer mehr.“ oder „Demokratie hat im Leistungssport nichts zu suchen.“, die deutlich über das hinausgehen, was tolerabel wäre. Bernd Schröder mag für die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland prägend gewesen sein, aber nur seine Sonnenseiten darzustellen, führt leider dazu, dass er nicht erkennt, dass seine aktive Zeit als „Kardinal Richelieu“ (MAZ) bei Turbine vorbei sein muss. Seine antiquierte Einstellung bemerkt man auch schnell, wenn er fast die ganze Zeit nur von „Spielern“ statt „Spielerinnen“ spricht.

  3. 4.

    Liebe rbb-Redaktion,

    Der Burgenlandkreis liegt NICHT in Sachsen, sondern in Sachsen-Anhalt.
    Nehme aber 'mal an, Herr Schröder weiß, wohin die Reise geht?!
    Prost und Alles Gute !!!!

  4. 3.

    Erfolg kommt nicht von alleine. Seine Art, aus einer anderen Zeit, Leistung einzufordern, wirkt heute bei machen mindestens unhöflich. Wir werden sehen, ob andere seine „Messlatte“ je erreichen können.

  5. 2.

    Ich bin großer Fan von Turbine Potsdam und hoffe das Sie wieder an die Spitze kommen und gute Spielerin auch wieder bleiben um hier was zu reißen aber auch der DFB sollte endlich mehr Geld für die Frauen ausgeben

  6. 1.

    Mit seinen Prämissen ("Pflichtbewusstsein, Seriosität, Disziplin, Zuverlässigkeit") stieg Potsdam zu einer der erfolgreichsten Marken auf. Es fällt auf, dass Schröder als Ehrenpräsident ohne Stimmrecht im Vorstand von Turbine Potsdam sitzt und mittlerweile drei Frauen mit Stimmrecht im Vorstand die Geschicke der Vereins lenken.

    Konsequent wäre es, eine Frau als Präsidentin zu küren, die über ein politisches Netzwerk verfügt. Denn die Benachteiligung als unabhängiger Frauenfußball Klub bei der jährlichen DFB Lizenzvergabe gegenüber Frauenabteilungen von Männerklubs ist skandalös. Potsdam liefert schwarze Zahlen, die sogenannten Topteams können ihre Verluste als Investitionen für neues Personal in der Bilanz der Männervereine ausweisen und als Fortschritt hypen.

    Herzlichen Glückwunsch Bernd Schröder zum 80. Geburtstag.

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