DSV handelt nach Missbrauchsvorwürfen - Wassersprung-Bundestrainer Lutz Buschkow freigestellt

Fr 19.08.22 | 13:29 Uhr
  19
Wasserspringen-Bundestrainer Lutz Buschkow wurde vom Verband suspendiert (picture alliance/dpa/Rainer Jensen)
Audio: rbb24 Inforadio | 18.08.2022 | Lars Becker | Bild: picture alliance/dpa/Rainer Jensen)

Der frühere Wasserspringer Jan Hempel hat schwere Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen seinen Ex-Trainer erhoben. Bundestrainer Lutz Buschkow soll davon gewusst haben. Der Verband stellte ihn nun frei. Patrick Hausding kritisiert diesen Umgang.

In Folge der Missbrauchs-Affäre um den ehemaligen Wasserspringer Jan Hempel hat der deutsche Schwimm-Verband (DSV) Bundestrainer Lutz Buschkow suspendiert. "Der DSV-Vorstand hat sich aufgrund seiner hohen moralischen Ansprüche dazu entschieden, Herrn Buschkow bis zur finalen Klärung des Sachverhaltes mit sofortiger Wirkung von seiner Tätigkeit als Bundestrainer Wasserspringen im DSV freizustellen", teilte der Verband am Donnerstagabend mit. Buschkow war seit 2002 Chefbundestrainer am Stützpunkt in Berlin.

Buschkow soll vom sexuellen Missbrauch gewusst haben

In der ARD-Dokumentation "Missbraucht - Sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmsport" hatte der ehemalige Weltklasse-Wasserspringer Jan Hempel schwere Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen seinen ehemaligen Trainer Werner Langer erhoben, der inzwischen verstorben ist. "Ich bin von meinem Trainer missbraucht worden. Er hat keinen Zeitpunkt ausgelassen, um nicht seinen Wünschen und Bedürfnissen freien Lauf zu lassen", erzählte Hempel.

Außerdem berichtete der Olympia-Zweite von Atlanta 1996, dass Buschkow Kenntnis über die Taten gehabt hätte und kritisierte dessen Umgang damit. "Ich habe am eigenen Leib viele Jahre spüren müssen, dass dem DSV nur der sportliche Erfolg wichtig ist und alles andere, ob Gesundheit oder irgendwelche Probleme, eigentlich völlig hinten runter gehen. (...) Alle haben geschwiegen, bis heute", sagte der Sachse.

DSV will Vorwürfe prüfen

Am Rande der Schwimm-EM in Rom nahm auch DSV-Präsident Marco Troll Stellung zur Suspendierung des Bundestrainers. "Wir sagen nicht: Er ist schuld, weil für uns sind diese Vorwürfe neu, heute zum ersten Mal. Und solange diese Vorwürfe nicht geprüft sind, hat er im DSV keine Aufgaben mehr wahrzunehmen", sagte Troll am ARD-Mikro.

Der Verband wolle sich nun um eine schnelle Aufklärung bemühen und habe erst durch eine Medienanfrage am 11. August von den Vorwürfen erfahren. Auch der damalige DSV-Präsident Rüdiger Tretow habe versichert, dass weder er noch das Präsidium Kenntnis über die Missbrauchsvorwürfe gegen Langer gehabt hätten, wie der DSV mitteilte. "Im Namen des gesamten Verbands möchten wir uns bei den Opfern dafür entschuldigen, dass sie solch traumatische Erlebnisse erleiden mussten", heißt im Verbandsstatement.

Patrick Hausding kritisiert Umgang mit Busckow

Rekordeuropameister Patrick Hausding hat sich im Gespräch mit dem rbb kritisch zum Umgang mit dem freigestellten Bundestrainer Lutz Buschkow geäußert. "Es ist nicht fair, Buschkow die Verantwortung zuzuschieben. Hempels Trainer und die verantwortliche Bundestrainerin sind tot. Buschkow war zu dem Zeitpunkt nur ein einfacher Trainer in Berlin, ohne Entscheidungsgewalt", sagte der Ex-Weltmeister und dreimalige Olympia-Medaillengewinner.

"Er war genauso untergeordnet wie viele andere Trainer auch", sagte Hausding. "Ich habe Lutz nie so eingeschätzt, dass ihn so etwas kalt lassen würde". Er wolle "keine Partei beziehen", betonte der 33-Jährige, der im Mai seine Karriere beendet hatte.

Es sei "geschockt" gewesen, als er von Hempels Aussagen gelesen habe, "die Vorfälle sind schrecklich, Jan Hempel sollte gehört werden, ich verstehe aber nicht, warum er es erst 25 Jahre später öffentlich macht". Hausding war damals noch ein Kind, hatte gerade erst mit dem Wasserspringen begonnen. Er selbst könne sich aus seiner aktiven Zeit "an keinerlei Vorfälle erinnern. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass jemand stark auffällig war und Sportler:innen sexuell beleidigt wurden", sagte Hausding: "Es ging manchmal ein bisschen barsch zu, aber das ist im Leistungssport völlig normal."

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.08.2022, 19.15 Uhr

19 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 19.

    @ Koppelew
    Ich habe in den 90 Jahren meines Lebens genügend Rundfunkanstalten kennengelernt. Ich bin der BBC dankbar, dass sie dem NWDR unter die Arme gegriffen hat.
    Leider ist vieles nicht so gekommen, wie wir es erhofft hatten, aber es gibt nichts, was man nicht reparieren kann. Das ist mir immer noch lieber als Herr Musk und seine Kumpane.
    Der ÖRR muss erhalten bleiben.

  2. 18.

    Da wird woanders genug drüber berichtet. Hoffen wir,dass da richtig aufgeräumt wird. Aber auf den ÖRR zu verzichten, wäre ein Unding.Eine andere Frage ist, ob man diese Vielzahl an Sendern benötigt. Mich würden Zuschauerzahlen manches Senders interessieren. Da sind bestimmt Einsparmöglichkeiten drin.Oder können Sie sich vorstellen, dass Herr Seppelt bei einem Privatsender freie Hand hätte?

  3. 17.

    "Marina" Ja, es war sicherlich für den Jan Hempel, eine sehr schwere Zeit. Nur wer selbst den sexuellen Missbrauch erlebt hat, kann es gut nachvollziehen.
    Den " Psycho-Terror " erleben die Opfer bei staatlichen Behörden, wenn man einen Antrag auf Hilfe stellt. Es ist für Opfer sehr schwer, einen Antrag zu stellen. Noch schlimmer wird es wenn man alle möglichen Unterlagen beibringen soll etc.
    Die dort entscheiden, scheinen zu mindestens, wo ich den Antrag auf Hilfe gestellt hatte, keinen blassen Schimmer von der Materie gehabt zu haben. Nach fast 4. Jahren, nach der ersten Mail an Frau Dr. Bergmann , wurde mein Antrag auf Hilfe abgelehnt. Wie man sich fühlt als Opfer, möchte ich hier lieber nicht schildern, es würde über meine Kraft gehen. So wird es vielen Opfer ergangen sein, trotz großartige Versprechungen, seitens der Politik, wenn die Kameras laufen...

  4. 16.

    Mir erschließt sich nicht, wie dieses Thema die Notwendigkeit des Öffentlich rechtlichen Rundfunk begründen soll. Der ist überflüssig wie ein Kropf. Für Nachrichten stehen auch weiterhin seriöse Medien zur Verfügung.

  5. 15.

    Notwendig ja, aber eben nicht so aufgebläht und teuer, da Missbrauch möglich, siehe ehemalige RBB chefin.
    Für unter 10 Euro im Quartal wäre so was auch möglich und es gäbe viel mehr Zustimmung zum ÖR.

  6. 14.

    Ihrer Meinung kann ich mich nur anschließen. Der Beitrag von Hajo Seppelt und Koll. beweist wieder einmal, wie notwendig der ÖRR ist. Der Verband reagiert halbherzig wie immer. Da könnte wohl nur ein Wink mit dem Geldbeutel aus dem Innenministerium helfen, dass dort mal aufgeräumt wird. Wenn man die Berichte aus Würzburg hört, fragt man sich, wer da noch seine Kinder hinschickt. Alles vom Verband gedeckt. Da freut es mich,wenn 2 Leichtathletinnen, die sich nichts gefallen lassen, EM werden.

  7. 13.

    Die ARD Doku ist sehr sehenswert. Höchste Achtung für die Topleistungen von Jan Hempel. Was für ein Psychoterror für ihn.

  8. 12.

    Liebe Userinnen und User, danke für Ihre Hinweise zu einem Kommentar, der das Opfer verhöhnt hat. Wir haben den entsprechenden Kommentar nun entfernt.

  9. 11.

    Warum bleibt alles so lange unbekannt ? Wenn die Opfer schweigen, verstehe ich es. Als großvater würde ich den Tätern aber bis zur Klärung der Sache auf der Spur bleiben. Man hat richtig Angst, dass Leute, welche Kinder betreuen, zu Tätern werden. Der meiste Missbrauch findet aber nach wie vor in den Familien statt !

  10. 10.

    Sehr geehrter Herr Bernd,
    Es geht um Aufklärung von grausamen Taten an Sportlern die in einem Abhängigkeitsverhältnis leben und lebten.
    Ihren Kommentar kann ich weder nachvollziehen noch demokratisch akzeptieren .
    Schämen Sie sich bitte !

  11. 9.
    Antwort auf [Bernd] vom 18.08.2022 um 22:01

    Opfer und Täter gleichzusetzen ist für mich nicht in Ordnung und ich bin irritiert, dass der rbb einen Kommentar zulässt, in dem das Opfer angegriffen wird.

  12. 8.
    Antwort auf [Bernd] vom 18.08.2022 um 22:01

    " Bernd" Auf Tote kann man keine Rücksicht nehmen. Die schwere, grausame Verbrechen, müssen öffentlich bekannt gemacht werden. Es wurde viel zu oft geschwiegen. Hunderttausende, seelische Verkrüppelten Menschen ist das Resultat, von Jahrzehntelanges schweigen . Solche Taten denkt man sich nicht aus, sie sind geschehen. Wie viele Opfer, hätte man sich ersparen können, wenn man eher reagiert hätte ? Leider hat hier der Staat total versagt und versagt noch immer. Viele Opfer warten immer noch auf Hilfe. Trotz großartige Versprechungen, ist leider nicht viel geschehen. Alleine wie die kath. Kirche, von staatliche Seite noch hofiert wird, macht mich wütend und zutiefst traurig. Nicht die Täter schützen, sondern den Opfern endlich umfangreich helfen.

  13. 7.
    Antwort auf [Bernd] vom 18.08.2022 um 22:01

    So so Herr Bernd, Ihrer Logik nach hätte man beispielsweise den Herrn A. H. seinerzeit und bis heute auch nicht beschuldigen dürfen, weil er tot ist und sich nicht mehr wehren kann? Sie sind mir anscheinend ja ein drolliger Zeitgenosse, Herr Bernd.

  14. 6.
    Antwort auf [Bernd] vom 18.08.2022 um 22:01

    Mieser Kommentar, Herr Bernd!

  15. 5.
    Antwort auf [Bernd] vom 18.08.2022 um 22:01

    @Bernd: Noch ganz bei Trost? Weil ein Täter stirbt, darf das Opfer nicht mehr sprechen? Eine Ahnung davon, dass Missbrauch das ganze Leben zerstört? Und wie schwer es für Opfer ist, darüber zu sprechen? Wegen Idioten wie....

  16. 4.
    Antwort auf [Bernd] vom 18.08.2022 um 22:01

    @rbb bitte prüfen Sie den Kommentar Nr. 1

  17. 3.
    Antwort auf [Bernd] vom 18.08.2022 um 22:01

    Muss J. Hempel nun sein Leben lang schweigen, weil der Beschuldigte bereits verstorben ist? Ihre Art, ein mögliches Opfer einer Straftat verbal anzugreifen finde ich sehr daneben.

  18. 2.
    Antwort auf [Bernd] vom 18.08.2022 um 22:01

    Aber sonst geht es Ihnen noch gut, ja? Victim Blaming der untersten Schublade von Ihnen. Wenn man hier selbst Kommentare löschen könnte, würde ich Ihnen genau dazu raten, aber vielleicht würde es schon reichen, wenn Sie sich mal intensiv mit diesem Trainer beschäftigen. Und dann schämen Sie sich, dem Opfer den schwarzen Peter zuzuschieben. Pfui!

  19. 1.

    Ich kann die Verletzungen und Nachwirkungen der Opfer nachvollziehen. Diese Veröffentlichungen bzw. Outings kommen aber zur Unzeit jetzt. 4 Jahre früher hätte dies mehr Aufmerksamkeit gehabt, auch für die Betroffenen.
    Rein juristisch sind die Vorgänge wohl verjährt, wenn nicht seinerzeit schon Anzeige erstattet worden wäre.
    Der eigentlich Beschuldigte kann sich nicht mehr wehren. Der Verband steht dennoch ob der vorherigen Kenntniss wohl in der Erklärungspflicht, warum nicht schon vorher bei Kenntnis was unternommen wurde.
    Ich denke, dass durch die Sensibilität in den Sportorgansationen zu solchen Vorgängen in den letzten 10 Jahren schon einiges getan wurde. Dies entschuldigt aber nichts für Vorkommnisse der Vergangenheit. Ein mediales Breittreten hilft da wohl aber nicht. Außer die Betroffenen wollen dies.
    Meines Erachtens ist eine jeweils persönlich spazifizierte Aufarbeitung entweder mit Therapeuten oder auch mit dem Verband zusammen hilfreicher.

Nächster Artikel