Brandenburger Motocross-Fahrer - Vom Dreck auf den Rasen und wieder zurück

Fr 30.09.22 | 06:02 Uhr | Von Uri Zahavi
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Stephan Lischka in Aktion auf der Motocross-Strecke. (Quelle: Stephan Lischka)
Bild: Stephan Lischka

Stephan Lischka galt als eines der großen Fußball-Talente in Brandenburg - der Durchbruch gelang jedoch nie. Stattdessen geht er nun wieder seiner sportlichen Erfüllung nach - er rast auf einem Motorrad mit 80 km/h über halsbrecherische Strecken. Von Uri Zahavi

"Eigentlich wurde ich in den Sport hineingeboren", erzählt Stephan Lischka und lacht. "Mein Vater selbst ist, seitdem er ein kleiner Junge war, Motocross gefahren - ich hatte also nie wirklich eine Wahl." Wieder muss Lischka schmunzeln. Es ist das Heulen der Motoren, der Dreck, der beim Start vom Hinterrad gen Himmel geschleudert wird und der Rausch der Geschwindigkeit - all das macht nicht nur bei Stephan Lischka die Faszination dieses Sports aus. "Es ist ein Sport am Limit. Man kann es kaum mit etwas anderem vergleichen. Es ist körperlich extrem anstrengend. Mein Durchschnittspuls bei Motocross-Rennen liegt bei 185."

Motocross, der Kampf von Mensch und Maschine gegen die Natur. Durch Sand und Schlamm, über Steine und Wurzeln, bei Wind und Regen. Egal. "Die Strecke verändert sich ständig. Sie ist am Anfang nicht mehr so, wie am Ende", erzählt Stephan Lischka. Der 33-Jährige aus dem brandenburgischen Sonnenwalde im Elbe-Elster-Kreis, das wird klar, wenn man sich mit ihm unterhält, hat ein besonderes Verhältnis zu diesem Sport. Er ist seine "Erfüllung", sagt er selbst. Und der Lebensweg von Stephan Lischka ähnelt einer Motocross-Strecke - er veränderte sich drastisch.

Stephan Lischka in Aktion auf der Motocross-Strecke. (Quelle: Stephan Lischka)
"In den Sekunden vor dem Start muss man versuchen, die Ruhe zu bewahren."Bild: Stephan Lischka

Vom Fußball-Talent bei Energie Cottbus zurück "zum sportlichen Hafen"

Als er fünf Jahre alt ist, sitzt Lischka erstmals auf einem Motorrad. Doch die geweckte Leidenschaft muss im Anschluss einer anderen weichen: Es geht vom Dreck der Motocross-Strecken auf den Rasen. Im kleinen Sonnenwalde, einem knapp 4.000-Seelen-Dorf, wächst eines der großen Fußball-Talente Brandenburgs heran. Im Heimatverein macht Mittelfeldspieler Stephan Lischka auf sich aufmerksam, spielt schnell in der Brandenburger Landesauswahl. Sein Weg führt ihn auf die Sportschule nach Dresden, in der Jugend spielt er bei Dynamo. Von dort geht es nach Cottbus. "Mit Energie habe ich dann in der A-Jugend-Bundesliga gespielt", erzählt Lischka. "Ich habe da unter anderem gegen Superstars wie Toni Kroos, Jerome Boateng oder Marko Marin gespielt."

Mit dem Sprung in den Männerbereich reift aber langsam die Erkenntnis: Zum Profi wird es nicht reichen. "Ich habe dann selbst entschieden, dass ich eine Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker mache. Natürlich war das nicht einfach, weil ein Kindheitstraum zerplatzt." Ein Motorrad hat Stephan Lischka immer - nur die Zeit zum Fahren fehlt während der aktiven Fußballkarriere. Als der 33-Jährige im Jahr 2019 seine Laufbahn als Kicker beendet, sagt er sich: "Jetzt will ich wieder ein bisschen Motocross fahren. Aus ein Bisschen wurde dann mehr. Dann kamen ein paar Erfolge dazu. Jetzt ist Motocross wieder mein sportlicher Hafen."

Stephan Lischka in Aktion auf der Motocross-Strecke. (Quelle: Stephan Lischka)
Stephan Lischka kennt die Strecken in Fürstlich Drehna - dort trainiert er seit vielen Jahren. Bild: Stephan Lischka

Die besten Motocross-Fahrer Europas treffen sich in Fürstlich Drehna

Vom Dreck ging es für Stephan Lischka auf den Rasen und nun also wieder zurück. Am Wochenende treffen sich in Fürstlich Drehna, einem der Motocross-Epizentren Brandenburgs, Hunderte Gleichgesinnte. Sie frönen beim MX Masters ihrem Sport. Dann wird wieder hochkonzentriert an Motorrädern geschraubt, um die entscheidenden Sekunden auf der Strecke herauszuholen. Rund um den Parcours wird dann wieder den Klängen der Motoren gelauscht. Für den "normalen" Zuschauer mögen diese ohrenbetäubenden Geräusche einfach nur Lärm sein, für die Motocross-Community ist genau das Musik in den Ohren.

Während sich am Samstag und Sonntag die europäische Elite, wovon 80 Prozent Profi-Fahrer sind, auf der Strecke mit dem Namen "Rund um den Mühlenberg" duelliert, startet Stephan Lischka erst am Montag bei den Brandenburger Landesmeisterschaften für Amateure. Bis zu 80 km/h erreichen die Bikes in der Spitze. "Auf der Strecke vergisst man alles um sich herum, den Stress bei der Arbeit zum Beispiel. Der Sport lässt einen so richtig abschalten." Trotzdem sind die Ziele ambitioniert - "Top Ten oder mehr" soll es dann schon sein.

Stephan Lischka in Aktion auf der Motocross-Strecke. (Quelle: Stephan Lischka)
Stephan Lischka geht zwei Mal in der Woche auf die Strecke und trainiert. | Bild: Stephan Lischka

Die Familientradition lebt weiter

Stephan Lischka ist mittlerweile selbst Vater. Sein Sohn ist acht Jahre alt. Bei der Frage, ob der Filius denn bereits die Familientradition fortführt, muss er wieder lachen. "Eigentlich wollte ich das ja nicht", erzählt Lischka und kichert, "aber dann bettelte er 'Papa, Papa, ich will auch fahren'. Naja, und jetzt fährt er auch immer, wenn ich trainiere." Der Dreck, im besten aller Sinne, ist eben die Erfüllung der Lischkas.

 

Sendung: rbb24, 01.10.2022, 18 Uhr

Beitrag von Uri Zahavi

4 Kommentare

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  1. 4.

    @ RBB: Danke fürs Video. Hab's mir zusammen mit meiner alten Maico 440GS angesehen ;-).
    War schon schön - früher :-).

    @Cora: Oh ja - es ist Sport und ab und an merkt man wie Erde schmeckt. Übrigens ist Zeesen rd. vier Km entfernt und zwischen der Strecke (MSC Bestensee?) und der Minimalbebauung liegt eine Bahnstrecke, eine Straße und ein breiter Waldstreifen.

  2. 3.

    Unglaublich, dass man in einem Satz 2 Fehler unterbringen kann!

  3. 2.

    Unglaublich das der Öffentlich - Rechtliche dafür auch noch Webung macht, geht's noch?

    Im Nachbarort gibt's ne Strecke mitten im Wald, Luftlinie keine 100 Meter von bewohnten Gebiet entfernt.
    Vielleicht sollte der RBB da mal recherchieren in Bezug auf Nachhaltigkeit, Umweltverträglichleit und berechtigter
    Interessen der Anwohner.

    Vorschlag:

    Ne Halle über die gesamte Strecke damit die Emissionen zu 100% den "SPORTLERN" zu Gute kommen und der "Rest" davon unbehelligt bleibt.

  4. 1.

    "der Kampf von Mensch und Maschine gegen die Natur. " Und gegen die Umwelt, oder?

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