Interview | Albas Frauen-Koordinatorin Ireti Amojo - "Wir haben gute Chancen, die Nummer eins in Deutschland zu werden"

Di 27.12.22 | 16:21 Uhr
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Die Spielerinnen von Alba Berlin jubeln (imago images/camera4+)
Bild: imago images/camera4+

Der Frauen-Basketball hat sich bei Alba Berlin in den vergangenen Jahren stark entwickelt. Nach dem Aufstieg spielt das Team in der 1. Liga gleich oben mit und die Stars von morgen stehen schon bereit. Im Interview verrät Koordinatorin Ireti Amojo das Erfolgsrezept.

rbb|24: Frau Amojo, die ersten Monate von Albas Frauen-Team in der 1. Bundesliga sind vorbei. Wie haben Sie als Strategische Koordinatorin die Zeit erlebt?

Ireti Amojo: Es war ein super Start in unsere erste Erstligasaison. Besonders schön ist es, weil wir eigentlich niedrige Erwartungen hatten. Es war von Anfang an klar, dass wir mit Personal ohne Erstligaerfahrung und einem relativ neuen Kader erst einmal gucken müssten, wie wir uns in der Bundesliga akklimatisieren. Jetzt stehen wir in der Tabelle total gut da, haben gute Chancen auf die Playoffs und sind alle sehr froh, dass sich das Team so toll entwickelt.

Zur Person

Ex-Alba-Spielerin Ireti Amojo (imago images/Camera 4)
imago images/Camera 4

Ireti Amojo

Amojo wurde 1990 in Berlin geboren.

Von 2009 bis 2013 studierte und spielte sie an der Washington State University in den USA. Durch zwei Kreuzbandrisse musste sie allerdings eine lange Verletzungspause einlegen.

Im Jahr 2013 kam sie zurück nach Deutschland, wo sie in der Bundesliga erst für Chemnitz und später für Herne auf dem Parkett stand.

2017 zog es sie zurück nach Berlin. In der 2. Bundesliga spielte sie für TuS Lichterfelde und Alba.

Seit ihrem Karriereende als aktive Spielerin 2020 ist sie bei Alba als Strategische Koordinatorin im Mädchen- und Frauenbereich tätig.

Woher kommt dieser sportliche Erfolg in nur so kurzer Zeit?

Es funktioniert zum einen so gut, weil wir immer sehr gut vorbereitet in die Spiele gehen und viel trainieren. Zum anderen war es zu Beginn der Saison wichtig, dass wir unser System spielen. Die Hälfte des aktuellen Kaders waren Neuzugänge. Denen mussten wir erst einmal die Art und Weise vermitteln, wie wir bei Alba Berlin spielen wollen. Das war am Anfang noch sehr holprig. Jetzt sieht man so langsam, dass mittlerweile auch die Neuen das System verstehen und sich total gut eingefunden haben. Diese Kombination aus unserem eigenen Spielstil und der guten Vorbereitung ist für uns sehr erfolgversprechend.

Tatsächlich scheint das derzeit richtig gut zu funktionieren. Alba spielt mitten in der Spitzengruppe um die Playoffs mit. Wurde die Erwartungshaltung wegen des sportlichen Erfolges mittlerweile ein wenig angepasst?

Nein, wir genießen das erst einmal. Im letzten Spiel haben wir gegen Hannover gespielt und hätten mit einem Sieg sogar auf den ersten Platz vorrücken können. Am Ende haben wir leider mit zehn Punkten verloren, obwohl es die ganze Zeit sehr knapp war. Da haben wir uns alle angeguckt und gesagt, dass das trotzdem super aussah und Spaß gemacht hat. Wir haben das Gefühl, dass wir in dieser Saison schon so viel dazu gewonnen haben, dass wir jetzt eigentlich immer ziemlich entspannt und ohne Druck aufspielen können. Und so macht Basketball doch am meisten Spaß.

Viel Freude bereiten der Mannschaft sicherlich auch die zahlreichen Fans, die zu den Heimspielen in die Sömmeringhalle strömen, oder?

Das war für uns in dieser Saison eigentlich die schönste Überraschung. Wir wussten ja nicht so genau, was zu erwarten war. Der Zulauf von Zuschauern war dann aber konstant gut und sogar zum letzten Spiel - einen Tag vor Weihnachten - sind wieder knapp 1.000 Leute gekommen. Noch schöner als die Anzahl ist aber, dass wir ein Publikum haben, das auch Stimmung macht. Wir haben unsere Trommler und viele Leute, die mitfiebern und anfeuern. Das ist einfach eine schöne Atmosphäre in der Halle. Wahrscheinlich würden wir es bei dem tollen Publikum also auch mit der Hälfte der Leute schaffen, für ordentlich Stimmung zu sorgen. Aber wenn man sich umschaut und da sitzen rechts und links überall Menschen, dann freut einen das natürlich noch mehr. Auch für die Spielerinnen auf dem Feld ist das ein wahnsinnig schönes Gefühl.

Sie kümmern sich bei Alba nicht nur um das Bundesliga-Team, sondern auch um den weiblichen Nachwuchs. Haben Sie dort zuletzt einen Zulauf bemerkt und wird die Sportart Basketball bei jungen Mädchen immer beliebter?

Ja, vielleicht. Wir haben in den Bereichen U14 und U16 relativ viele Mannschaften. Da merkt man schon, dass es bei Alba viele Mädchen gibt, die Basketball spielen. Das Tolle bei uns ist, dass man wirklich die Perspektive hat, auch oben mitzuspielen. Das sehen wir zum Beispiel an unseren Nachwuchs-Talenten Hilke Feldrappe und Leoni Kreyenfeld, die regelmäßig im Bundesliga-Team auf dem Spielfeld stehen. Das spornt junge Mädchen an, diesen Weg mit uns zu gehen. Der Nachwuchs war also über die letzten Jahre konstant gut.

Ich kann mir gut vorstellen, dass Berlin ein sehr interessanter und beliebter Standort für Frauen-Basketball werden wird.

Ireti Amojo über die Zukunft von Albas Frauenabteilung

Das heißt, dass es mit dem weiblichen Nachwuchs schon ähnlich gut funktioniert wie im Männerbereich? Dort gilt Alba ja als große Talentschmiede aus der immer wieder Topspieler hervorgehen, die es in die erste Mannschaft schaffen.

Ich würde sagen, dass wir auf dem Weg dahin sind. Vor allem mit den beiden Spielerinnen, die ich gerade genannt habe, zeigen wir einfach, dass wir das Konzept des Männerbasketballs von Alba Berlin nun auch eins-zu-eins in den Frauenbereich übertragen. Es ist wie gesagt ein super Ansporn für Nachwuchstalente, in Berlin zu bleiben und sich mit dem Verein weiterzuentwickeln. Und es wird auch für Talente aus ganz Deutschland interessant sein, zu Alba zu gehen und hier die Chance zu haben, in der Bundesliga zu spielen. Die nächsten Jahre werden zeigen, wie das ankommt, aber ich kann mir gut vorstellen, dass Berlin ein sehr interessanter und beliebter Standort für Frauen-Basketball werden wird.

War es für die Entwicklung des Frauenbereiches also ein großer Vorteil, dass bei Alba schon immer so großer Wert auf den Nachwuchs gelegt wurde und die Strukturen dementsprechend bereits da waren?

Auf jeden Fall. Vor allem die Entscheidung, dass Konzept aus dem Männer-Basketball nun auch auf die Frauen anzuwenden, war wichtig. Da ist Alba einfach gut drin und hat in den letzten Jahren viele Erfahrungen gesammelt. Die Strukturen waren also da und es ist sehr gut, dass wir diese nun auch für den Frauenbereich nutzen können.

Sportlicher Erfolg, eine gut gefüllte Halle und starke Nachwuchsarbeit – Ist Alba gerade auf dem Weg die Nummer eins im Frauen-Basketball zu werden?

Das kommt drauf an, was die Nummer eins ausmacht. Sportlicher Erfolg ist eine Komponente. Aber auch den Nachwuchs im Verein zu fördern, Strukturen aufzubauen und Rahmenbedingungen für den Erfolg junger Menschen und deren Entwicklung zu schaffen ist wichtig. Ich glaube, wir haben bei Alba verstanden, dass es ein ganzheitliches Konzept sein muss. Wenn man also nach diesen Kriterien bewerten würde, ob wir die Nummer eins in Deutschland werden könnten, dann haben wir gute Chancen.

Könnte das Bundesliga-Team aber bereits jetzt am Ende ihrer Premierensaison für einen großen Überraschungserfolg sorgen?

Wenn wir uns so weiterentwickeln, noch mehr zusammenwachsen, unsere Stärken ausspielen und noch ein bisschen mehr Coolness reinbringen können, dann würde ich mich freuen, wenn wir es unter die ersten vier schaffen und vielleicht sogar ins Finale einziehen. Aber das ist wie gesagt erst einmal nicht das Ziel.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Lukas Witte, rbb Sport.

Sendung: rbb24, 27.12.2022, 18 Uhr

1 Kommentar

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  1. 1.

    Die ALBAnerinnen werden so lange „Spitze“ sein, so lange sich der Frauenbasketball in Deutschland in der Entwicklung befindet.

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