Hertha stellt Investor 777 vor - Die Generation Y will alles besser machen

Mo 13.03.23 | 21:11 Uhr
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Eine Pressekonferenz des 1. Hertha BSC im Berliner Olympiastadion (Bild: imago images/Engler)
Video: rbb24 | 13.03.2023 | Dennis Wiese | Bild: imago images/Engler

Hertha BSC und sein neuer Investor 777 Partners haben sich den Fragen zum 100-Millionen-Euro-Deal gestellt. Details sparen sie aus, aber das Handelsregister verrät: Der Investor übernimmt mehr Anteile als vorab vermutet. Von Simon Wenzel

Ein "sehr guter Tag für Hertha BSC" sei dieser Montag. Das sagt zumindest Vereinspräsident Kay Bernstein. "Mal wieder", möchte man hinzufügen. Immerhin war auch der Einstieg von nun Ex-Investor Lars Windhorst vor dreieinhalb Jahren schon ein "guter Tag für Hertha BSC" gewesen - das hatte damals noch Bernsteins Vorgänger Werner Gegenbauer verkünden dürfen. Und auch sonst kam einiges aus der Wiedervorlage zum Einsatz bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des neuen Investors 777 Partners.

Basecap und Trainingsjacke symbolisieren den Wandel

Vereinspräsident, Investor, Geschäftsführer - eine Pressekonferenz mit einem Trio wie dem heutigen gab es schon einmal im gleichen Raum. Damals, im Februar 2020, wurde der groteske Facebook-Rücktritt von "Hahohe euer Jürgen"-Klinsmann erklärt. Es war gleichzeitig so etwas wie die verspätete Antritts-Pressekonferenz von Windhorst - sein erster Auftritt gemeinsam mit der Hertha-Klubführung. Neben dem manchmal sonderbar anmutenden Investor Windhorst saß damals noch ein Präsident der alten Schule, Werner Gegenbauer und Sport-Geschäftsführer Michael Preetz. Eine Gruppe, die nie zusammen fand. Es war der erste und einzige gemeinsame Auftritt dieser Herren - ein warnendes Beispiel für die aktuelle Bühnenbesetzung.

Zumindest eines kann man über die schon sagen: Optisch ist das Trio aus Sport-Geschäftsführer Thomas Herrich, Hertha-Präsident Kay Bernstein und Neu-Investor Josh Wander (Managing Partner von 777) deutlich homogener. Vor allem Wander, der im Anzug und mit dunkler Basecap aussieht wie der Hauptcharakter eines Hollywood-Films über einen smarten Sportmanager, dem es gelingt, einen sympathischen Versager-Klub zu sensationellen Erfolgen zu führen, passt gut zum smarten Präsidenten Bernstein in einer seiner vielen Trainingsjacken.

Aus dieser Besetzung speist sich auch die Hoffnung, dass diesmal alles besser wird. "Andere handelnde Personen", sagt Kay Bernstein kurz und knapp zu den Gründen seines Optimismus. Er und "Josh" seien schließlich in einem Alter (Bernstein ist 42 Jahre alt, Wander 41) und in einer Generation aufgewachsen. Das mache die Zusammenarbeit eben leichter. Ex-Investor Windhorst (mit dem Bernstein ja nun auch schon zusammenarbeiten durfte) ist auch nur vier Jahre älter. Wie es der Zufall so will, verläuft aber tatsächlich genau zwischen ihm und Bernstein die Generationsgrenze von X zu Y.

777 besitzt 78,8 Prozent der Anteile, will's aber nicht sagen

Wichtiger als die Generationsgrenze dürfte sein: Während sich Windhorst mit beeindruckender Naivität in eine ihm fremde Branche gestürzt hatte, kann Josh Wander glaubhaft versichern, dass er weiß, worauf er sich in Berlin einlässt. 777 besitzt immerhin schon Anteile an sechs weiteren Fußballvereinen. Aber die deutschen Regeln sind besonders und deswegen sagt Wander, er wolle hier "nicht autoritär, sondern beratend" auftreten. Faktisch darf der Investor keine Geschäftsentscheidungen an sich reißen, das verbietet die 50+1-Regel im deutschen Profifußball.

777 hält künftig 78,8 Prozent der Anteile an der Hertha BSC GmbH und Co. KGaA, das geht aus dem entsprechenden Eintrag im Handelsregister hervor. Etwa 14 Prozentpunkte mehr also als Lars Windhorst besessen hatte. Für diese Aufstockung zahlen Wander und Co. rund 100 Millionen Euro. Was sich dadurch nicht ändert: Die Entscheidungen werden immer noch von der Geschäftsführung und in Gremien getroffen, die ausschließlich oder mehrheitlich von Hertha besetzt sind.

Erstaunlich ist allerdings, dass solche Details auf der gemeinsamen Pressekonferenz zum Einstieg fast gar nicht thematisiert werden. Es gehe jetzt erstmal nur um die zukünftige Ausrichtung, sagen Wander und Thomas Herrich quasi unisono und reichlich vage auf Fragen nach der genauen Ausgestaltung des Deals. Wie hoch die Anteile von 777 sind, wollen sie nicht verraten, obwohl es doch nachzuprüfen ist.

Erneut verspricht ein Investor das "langfristige Engagement" bei Hertha

Bedingungen wie sportliche Erfolge - immerhin das verrät Wander - seien allerdings nicht an die Finanzspritze geknüpft. Dass ein mehrheitlicher Anteilseigner sich nicht immer still in sein Schicksal fügt, bei einem Bundesligisten rechtlich machtlos zu sein, weiß Hertha spätestens seit Lars Windhorst. Der hatte sich genau wie Wander zu Beginn seines Engagements noch gefreut, wie vertrauensvoll die Zusammenarbeit mit Herthas Verantwortlichen doch sei. Windhorst war sich damals sicher, auch ohne formelles Mitbestimmungsrecht in Berlin viel bewegen zu können. Ein Trugschluss, wie sich herausstellte (wer auch immer daran Schuld trug).

Nicht die einzige Aussage, die die Medienvertreter heute zum zweiten Mal hörten. Auch das "langfristige Engagement" (Wander, 2023, frei zitiert nach: Windhorst, 2020) dürften viele auf ihrem Bingo-Zettel gehabt haben. Immerhin lässt sich Wander nicht dazu hinreißen, Hertha eine künftig führende Rolle im deutschen Fußball anzudichten. Das wäre angesichts der aktuellen Lage freilich noch absurder als es damals bei Lars Windhorst war.

Die 100 Millionen Euro von 777 sind wohl bereits komplett verplant. Hertha braucht sie, um seinen riesigen Schuldenberg abzutragen (rund 90 Millionen Euro). Ohne das Investment hätte sogar die Lizenz für die kommende Bundesliga-Saison in Gefahr geraten können.

777 war in Bobic-Entlassung involviert

Der Weg der Zukunft heißt: Konsolidierung. Hertha soll ein sich selbst tragendes Geschäftsmodell entwickeln und dabei vom Klub-Netzwerk des Investors lernen. Wie zum Beweis ist Wander mit einer ganzen Delegation zur Pressekonferenz gekommen. Viele jüngere Business-Typen in schicken Outfits stehen hinten in der Ecke, die meisten gehören ebenfalls der Generation Y an. Auch der Sport-Chef des Unternehmens, Johannes Spors. Er ist ebenfalls teil der Reisegruppe, sozusagen als personifiziertes Beratungsangebot an Hertha und den derzeitigen Sportdirektor Benjamin Weber.

Dessen neuen Chef, den Nachfolger von Fredi Bobic als Geschäftsführer Sport, will 777 nicht aussuchen, das zumindest sagt Josh Wander. In Italien beim CFC Genua hatte die Investorengruppe genau das getan (wohlgemerkt unter anderen rechtlichen Voraussetzungen). Der neue Partner war in die Entlassung Fredi Bobics allerdings eingebunden. Das sagt Präsident Bernstein etwas überraschend und ungefragt. Die Schlagzeile des Tages hatte er da schon vorweggenommen: Der Big City Club werde nun beerdigt, erklärte er in seinem Eingangsstatement. An seine Stelle tritt der von Bernstein vielzitierte Berliner Weg. Auch der, so ist spätestens jetzt klar, wird von einem Investor abhängig sein.

Sendung: rbb24, 13.03.2023, 18 Uhr

18 Kommentare

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  1. 18.

    Nanu, Zitate aus dem oberen Beitrag "Die Generation Y will alles besser machen" nach Stunden moderiert?
    "Vor allem Wander, der im Anzug und mit dunkler Basecap aussieht wie der Hauptcharakter eines Hollywood-Films über einen smarten Sportmanager, dem es gelingt, einen sympathischen Versager-Klub zu sensationellen Erfolgen zu führen, passt gut zum smarten Präsidenten Bernstein in einer seiner vielen Trainingsjacken." Gut "sympathisch" hätte der Kommentator lassen können. Oder muss man nur HaHoHe schreiben, um Meinungen Anderer zu z...äh....moderieren?
    Und: vielleicht trägt Herr Bernstein all die Trainingsjacken aus seiner Zeit als Ultra auf.
    Ein Beispiel von Nachhaltigkeit.

  2. 17.
    Antwort auf [Torsten Neumann] vom 14.03.2023 um 16:07

    Glückwunsch Herr Neumann - Endlich einmal den Beitrag auch gelesen unter dem Sie ihren üblichen "Anti-Hertha-Kommentar setzen
    Allerdings haben Sie sich mit
    "Der BCC ist eine gute 2.Liga Mannschaft, die sich wegen meiner jährlich die verdiente Goldene Radkappe, die es für die beste Mannschaft gibt, in ihre Clubräume hängen. Mehr aber nicht."
    etwas vergaloppiert - 2 jährlich wäre theoretisch möglich, da der Zweitligameister (so auch Hertha BSC)wieder in die erste Liga aufsteigt.
    HaHoHe

  3. 16.

    Gab es schon mal eine größere Kapitalvernichtung in der Bundesliga mit so wenig Erfolg ? Das man Mißerfolg, den keiner haben möchte, auch gezielt kaufen kann, ist eigentlich ein Stück für ein kaufmännisches Lehrbuch.

  4. 15.

    So , nun gutes Gelingen , Berlin stehen 2 Bundesligisten gut zu Gesicht , sollte Hertha absteigen , würde das Salz in der Suppe fehlen .

  5. 14.

    Es wurde bereits im Vorfeld ins Geschäft eingegriffen. Man betrachte sich den Transfer von Florin Liederlechner von Augsburg zur Hertha . Da hatte 777 bereits die Finger im Spiel.

  6. 12.

    Schade das es nicht möglich ist in einer Millionenstadt einen Verbund von verschiedenen regionalen Investoren zu finden
    Klappt woanders auch
    Sorry, ich habe kein so gutes Gefühl, aber mal sehen was die Zukunft bringt

  7. 11.

    1. Das mit der 50+ Regel stimmt soo nicht, ist gibt da schon Ausnahmen, das war ja gerade Thema bei einem anderen Club
    2. Bank können die Amis nicht, Fußball können sie nicht, aber, wie Windhorst eine Investition zwecks Abschreibungsgewinnen, sonst wärs keine Gemeartion y oder 0 sondern 00
    3. Wann kommt die Nachricht, das das alles nur klappt wenn
    a) Berlin bürgt b) Berlin das 2 Stadion (und drumherum) auf Landeskosten baut c) ......;-)

  8. 10.

    Das ist schon alles eigenartig was da bei Hertha passiert. Ein Kleinstunternehmer sitzt neben einem Milliarden Investor aus den USA und das ist dann Augenhöhe. Wie suggeriert wird soll nun alles besser werden da es nun handelden Personen sind im gleichen Alter !? Von Demut ist die Rede und von Beerdigung des Großstadt Verein (Big City Club) Von Demut für das Amt war bei Hertha nicht viel zu merken. Hertha sollte einen Insolvenz Verwalter einen gut vernetzten Sportmanager dazuholen.

  9. 8.

    Das Bild spricht Bände. Wenn ich das Bild so oben anschaue, sieht es aus, daß die Beiden, die recht und links sitzen, in Zukunft nicht viel mehr zu sagen haben. Oder täusche ich mir da?

  10. 7.

    Lasst jetzt endlich das Gesülze vom "Traditionsverein". Die tripple7 GmbH & Co.KGaA ist nichts weiter als ein Investitionsobjekt. Es ist mehr als blauäuigig zu glauben, der Investor wird nicht maßgeblich in die Geschäftsprozesse eingreifen. Die olle Schabracke hat längst ihr letztes Höschen verkauft. Und wie viele Taler haben die Herren gestern eigentlich ins Frasenschwein geworfen? "sympathischer Versager-Klub" - finde den Fehler! ;-)

  11. 6.

    Ich hab da ein ganz mieses Gefühl...

  12. 5.

    Hertha ist also nach neuester Rechnung knapp 600 Mio Euro wert? Und das ohne eigenes Stadion?


    Man kann ihnen nur sportlich alles Gute wünschen, wenn es aber schief geht ist es selbstverschuldet und völlig verdient.

  13. 4.

    Also, ICH hoffe dieser Investor hält sich nicht zurück, sondern bringt sein ganzes know how und sein internationales Netzwerk mit zu unserer alten Dame … Das PLUS die immer noch gute Hertha-DNA aus (geradezu sprichwörtlicher) Hertha-Jugendarbeit, Tradition, Fan-Kultur und Wissen um die BuLi müsste doch (mittelfristig) guten Erfolg bringen.

  14. 3.

    Dieses Generationsgedöns kann aber auch ganz schön nerven. Ich weiß, ist OT, aber vll. kann mir mal jemand weiterhelfen.


    Baby Boomer (1946 – 1964), Generation X (1965 – 1979), Generation Y / Millennials (1980 – 1994), Generation Z (1995 – 2010), Generation Alpha (ab 2010)
    Wo soll ich jetzt die letzte Generation einordnen - die sind schon da, passen aber in keine Lücke.

  15. 2.

    Nicht Anteile am Verein, sondern "nur" an der KGaA. Das sollte der rbb schleunigst klarstellen. Am Verein selbst würde wegen 50+ auch gar nicht gehen. Ob der neue Investor aber nur Däumchen drehend zuschaut, daran habe ich meine Zweifel. Sollte aber nicht verwundern, auf dem Präsidenten-Sessel sitzt ein Amateur, wie er im Buche steht. Sollte die Hertha absteigen, wird es möglicherweise sehr übel enden.

  16. 1.

    Auch wenn ich sicherlich kein Fan von Hertha bin
    Der Investor hat 78,8 Prozent Anteile am Verein ??
    Ganz ehrlich, hoffentlich hat sich der Verein da nicht selbst verkauft, hoffentlich irre ich mich da
    Der Investor verspricht nichts zu sagen ??
    Wie lange hält er sein Versprechen

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