Start in die Champions League - Die Sternstunden der Unioner Vereinsgeschichte

Mi 20.09.23 | 07:53 Uhr
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Unions Christopher Trimmel streckt umringt von seinen Teamkollegen eine Attrappe des Champions-League-Pokals in die Luft (imago images/Contrast)
Audio: rbb24 Inforadio | 20.09.2023 | Jakob Rüger | Bild: imago images/Contrast

Der Auftakt in der Fußball-Champions-League gegen Real Madrid ist ein historischer Moment für den 1. FC Union Berlin - aber bei weitem nicht der einzige. Eine Übersicht über die Höhepunkte der Vereinsgeschichte.

Ein sensationeller Pokalsieg

Nach der Vereinsgründung am 20. Januar 1966 musste der 1. FC Union nicht lange auf seinen ersten Erfolg warten. Nach nur zwei Jahren gelang den Köpenickern der überraschende Einzug ins Endspiel des FDGB-Pokals. Und das, obwohl sie sich in der Saison 1967/68 nur gerade so vor dem Abstieg aus der Oberliga gerettet hatten. Dementsprechend gingen sie als klarer Außenseiter ins Finale gegen den scheinbar unschlagbaren DDR-Meister FC Carl Zeiss Jena.

Der schien seiner Favoritenrolle vorerst gerecht zu werden und ging nach nur 30 Sekunden in Führung. Doch die Berliner ließen sich von diesem frühen Rückstand nicht beeindrucken und bewiesen Kampfgeist. Dafür wurden sie in der 29. Minute durch eine kuriose Szene belohnt, als Jenas Mittelfeldspieler Gerd Brunner sich bei einem kurzen Gedankenaussetzer für den Torwart hielt und reflexartig eine hohe Flanke im eigenen Strafraum mit der Hand stoppte. Unions Meinhard Uentz verwandelte den folgenden Elfmeter zum Ausgleich und läutete so die Wende ein.

In der zweiten Hälfte schoss Ralph Quest die Köpenicker dann zum sensationellen Pokalerfolg gegen den völlig verunsicherten DDR-Meister. Heute erinnert vor dem Stadion An der Alten Försterei eine Statue von Quest und seinem Teamkollegen Ulrich Prüfke an diese erste Sternstunde der Vereinsgeschichte.

Die Statue von Ulrich Prüfke und Ralph Quest vor dem Stadion An der Alten Försterei (imago images/Matthias Koch)
Die Statue von Ulrich Prüfke und Ralph Quest vor dem Stadion An der Alten Försterei. | Bild: imago images/Matthias Koch

Klassenerhalt in letzter Sekunde

Eigentlich war der Abstieg des 1. FC Union vor dem letzten Oberliga-Spieltag der Saison 1987/88 bereits besiegelt. Mit nur sechs Siegen stand man zu diesem Zeitpunkt auf dem vorletzten Platz und hatte vor allem auswärts in dieser Spielzeit kaum etwas zustande gebracht. Es sprach also wenig für die Köpenicker, als es zum Saisonfinale in die Ferne zum FC Karl-Marx-Stadt ging.

Doch die Partie sollte als Wunder in die Vereinsgeschichte eingehen. Denn die Berliner konnten sich nach zweimaligem Rückstand kurz vor der Schlussphase zurück ins Spiel kämpfen. Auf den Rängen zitterten die unzähligen mitgereisten Fans, schließlich würde nur ein Sieg den ersehnten Klassenerhalt bringen. Doch eine letzte Chance sollte Union bekommen. Sekunden vor dem Abpfiff drückte Abwehrmann Mario Maek den Ball über die Linie und sorgte so für die Rettung.

Neuen Aufschwung für die nächste Spielzeit brachte dieses Wunder dem 1. FC Union jedoch nicht. Bereits im kommenden Jahr folgte der sang- und klanglose Abstieg aus der DDR-Oberliga.

(v.li.) Die Unioner Olaf Hirsch, Mario Maek, Trainer Karsten Heine und Busfahrer Uwe Müller feiern den Klassenerhalt im Jahr 1988 (imago images/Contrast)
(v.li.) Die Unioner Olaf Hirsch, Mario Maek, Trainer Karsten Heine und Busfahrer Uwe Müller feiern den Klassenerhalt im Jahr 1988. | Bild: imago images/Contrast

Als Drittligist nach Europa

Mehr als 20 Jahre vor dem aktuellen Höhenflug konnte der 1. FC Union schon einmal Europapokalluft schnuppern. Denn in der Saison 2000/01 gelang dem damaligen Regionalligisten unter Trainer Georgi Wassilew nicht nur der erste Aufstieg in die 2. Bundesliga, sondern durch einen spektakulären 6:4-Sieg nach Elfmeterschießen gegen Borussia Mönchengladbach auch der Einzug in das DFB-Pokalfinale.

Im ausverkauften Olympiastadion hatte Union im Endspiel gegen den Bundesliga-Zweiten FC Schalke 04 dann allerdings nur wenig Chancen und unterlag mit 0:2. Und dennoch war die Freude nach dem Abpfiff riesig. Denn weil die Gelsenkirchener als Vize-Meister startberechtig für die Champions League waren, qualifizierte sich der 1. FC Union als erster und bisher einziger deutscher Drittligist für den UEFA-Pokal.

Dort schaffte es der Underdog durch einen 3:0-Sieg gegen den finnischen Verein Haka Valkeakoski sogar in die zweite Runde, in der die Berliner dann allerdings gegen Litex Lowetsch aus Bulgarien ausschieden.

Die Mannschaft des 1. FC Union im DFB-Pokalfinale im Jahr 2001 (imago images/Contrast)
Die Mannschaft des 1. FC Union im DFB-Pokalfinale im Jahr 2001. | Bild: imago images/Contrast

Der Derby-Rekordsieg

Auf erfolgreiche Jahre in der 2. Liga und den kurzen Ausflug nach Europa folgte ein tiefer Fall. Nach dem Abstieg in die Regionalliga wurden die Köpenicker durchgereicht und fanden sich 2005 plötzlich in der vierten Liga wieder. Zumindest ein Highlight ergab sich daraus jedoch: das Derby gegen den BFC Dynamo.

Und allein der Gedanke an das Hinspiel sorgt wohl noch heute bei vielen Köpenicker Fans für beste Laune. Mit einem Rekordergebnis von 8:0 demütigte Union den großen Stadtrivalen im Stadion An der Alten Försterei. Noch Monate und Jahre später strahlte der Endstand vom Anzeigeturm in der Stadionecke an der Waldseite und stand symbolisch für die endgültige Wachablösung des einst so überlegenen BFC im Osten Berlins.

Die Wut bei den Dynamo-Fans über die Niederlage war riesig und wurde durch die Häme der rivalisierenden Anhänger nur noch größer. Diese ließen sich das Endergebnis sogar auf T-Shirts drucken. Das Rückspiel im Sportforum Hohenschönhausen musste daraufhin beim Stand von 1:1 abgebrochen werden, nachdem wütende BFC-Fans versucht hatten, den Gästeblock der Unioner zu stürmen.

Pop-Art-Künstler Andora erinnert an seinen größten Triumph als 1. FC Union Berlin Fan, den 8:0-Sieg gegen den BFC Dynamo in der Saison 2005/06 (imago images/Matthias Koch)
Pop-Art-Künstler Andora erinnert an seinen größten Triumph als 1. FC Union Berlin Fan, den 8:0-Sieg gegen den BFC Dynamo in der Saison 2005/06. | Bild: imago images/Matthias Koch

Mit einer Nullnummer in die 1. Bundesliga

Nach neun Jahren in der 2. Bundesliga und vielen vergeblichen Aufstiegsbemühungen, wurde zur Saison 2018/19 Urs Fischer als neuer Cheftrainer vorgestellt. Und mit dem Schweizer sollte die erfolgreichste Phase der Vereinsgeschichte beginnen. Bereits in seiner ersten Spielzeit führte Fischer sein Team mit 17 ungeschlagenen Spielen in Folge in die Relegation.

Dort bekam man es mit dem VfB Stuttgart zu tun, der damals mit dem Franzosen Benjamin Pavard sogar einen Weltmeister in den eigenen Reihen hatte. Union überzeugte im Hinspiel bei den Schwaben und erkämpfte sich ein 2:2-Unentschieden - und einen entscheidenden Vorteil. Denn die Köpenicker hatten nun die Auswärtstore auf ihrer Seite.

Und so reichte im Rückspiel am 27. Mai im Stadion An der Alten Försterei tatsächlich ein torloses Remis, um für Köpenicker Ekstase zu sorgen und den erstmaligen Aufstieg in die 1. Bundesliga perfekt zu machen.

Die Fans des 1. FC Union Berlin stürmen nach dem 0:0 gegen Stuttgart vor Freude über den Aufstieg den Platz (imago images/Camera 4)
Die Fans des 1. FC Union Berlin stürmen nach dem 0:0 gegen Stuttgart vor Freude über den Aufstieg den Platz. | Bild: imago images/Camera 4

Rani Khedira schießt Union in die Königsklasse

Es läuft die 81. Minute der Partie gegen Werder Bremen am letzten Spieltag der Saison, als Rani Khedira in Schussdistanz an den Ball kommt. Der Kapitän blickt auf, nimmt Maß und verwandelt Mithilfe des rechten Innenpfostens zum 1:0. Die Fans sind außer Rand und Band als Schiedsrichter Patrick Ittrich abpfeift und im Stadion An der Alten Försterei erklingt die Champions-League-Hymne. Draußen steht bereits alles für eine riesige Party bis in die Morgenstunden bereit.

Der Treffer von Khedira am 34. Spieltag der vergangenen Saison sorgte für die jüngste Sternstunde der Unioner Vereinsgeschichte und besiegelte die erstmalige Qualifikation für die europäische Königsklasse. Es ist der bisherige Höhepunkt einer unfassbaren Reise, die der 1. FC Union in den letzten Jahren hinter sich gebracht hat.

Und diese ist noch lange nicht vorbei. Am Mittwoch starten die Berliner gegen Real Madrid (Anstoß um 18:45 Uhr, live und in voller Länge im rbb24-Inforadio) in die Gruppenphase der Champions League - und könnten dort den Geschichtsbüchern ein weiteres großes Kapitel hinzufügen.

Die Spieler des 1. FC Union feiern mit einer Attrappe des Champions-League-Pokals (Quelle: IMAGO/Contrast)
Die Spieler der 1. FC Union feiern mit einer Attrappe des Champions-League-Pokals den Einzug in die Königsklasse. | Bild: IMAGO/Contrast

Sendung: rbb24 Inforadio, 20.09.2023, 10:15 Uhr

9 Kommentare

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  1. 9.

    Zitat" Doch sehr „ostig“. Union wird nie ein gesamtstädtischer Verein. Reaktionäre Denke der Fans verhindern eine Erweiterung."

    Huch herrjeh, der FCU hat seine Mitgliederzahlen in den letzten 30 Jahren in etwa versechsigfachen(!) können und ist nun der zehntstärkste Mitgliederverein im deutschen Profifußball. Ihre Behauptung ist also grundlegend falsch und auch reichlich d*mlich.

  2. 8.

    Naja, Union bekommt bestimmt was sie verdienen

  3. 7.

    Wat ein Schwachfug.
    Die Sternstunde unserer Fußballgötter war der Aufstieg in die Zweite Liga und dann der Aufstieg in dir Erste.
    Madrid ist das Stück Honig , was man erarbeitet hat.
    Naja RBB halt.

  4. 5.

    Hola,

    spätestens wenn heute Abend die Hymne im Bernabeu läuft wird es emotional.

    Historisch!

  5. 4.

    „ Union wird nie ein gesamtstädtischer Verein.“ das ist auch gut so.
    Wenn man sieht, dass eine unterklassige Zweitligamannschaft für sich „Ganz Berlin liebt Hertha BSC“ in Anspruch nimmt, ist in für noch mehr Selbstüberschätzung, Arroganz und Selbstverliebtheit kein Platz.
    Nach der Vielzahl der Klatschen für den BCC777 von Union ist der Titel ,Stadtmeister‘ genügend.
    Den Rest sei den BCC-Fans geschenkt.

  6. 3.

    Der 1. FC Union Berlin ist der mitgliederstärkste Verein der Stadt Berlin. Bedeutet sie sind schon längst in ganz Berlin angekommen - in ihrer limitierten Denke noch nicht, aber in der Realität hingegen definitiv. Das Olympiastadion wird 3x im Heimbereich ausverkauft sein !

  7. 2.

    dem Morgengrauen entgegen .................. für das heutige Spiel wünsche ich allen Fans unglaublich viele Momente entweder direkt im Stadion oder zu Hause, in der Eckkneipe oder oder oder.
    UnveU - man bin ich stolz und glücklich

  8. 1.

    Doch sehr „ostig“. Union wird nie ein gesamtstädtischer Verein. Reaktionäre Denke der Fans verhindern eine Erweiterung.

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