Nach 48 Jahren - Bezirksamt bestätigt das Aus für Eisspeedway im Horst-Dohm-Eisstadion

Di 07.11.23 | 20:04 Uhr
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Martin Haarahiltunen und Niclas Kallin Svensson beim Eisspeedway in Berlin (Bild: IMAGO/SPEEDDDPIX)
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Video: Philipp Höppner | rbb24 | 07.11.2023 | Bild: IMAGO/SPEEDDDPIX

Im kommenden Jahr wird es keine Eisspeedway-Rennen mehr in Wilmersdorf geben. Das dortige Bezirksamt erteilte den Veranstaltern jüngst eine finale Absage für die Zukunft. Der Hauptgrund: ein zu hoher und zu teurer Energieverbrauch.

Einmal im Jahr wurde es wild auf dem runden Weiß des Horst-Dohm-Eisstadions in Wilmersdorf. Dort, wo sonst im Winter Schlittschuhläufer ihre Runden drehen, übernahmen in den vergangenen Jahrzehnten im Frühling regelmäßig Motorradfahrer mit knapp drei Zentimeter langen Spikes an ihren Reifen für ein paar Tage das Kommando. Ganze 48-mal drehten sie seit 1975 beim Eisspeedway ihre Runden auf dem Wilmersdorfer Eis – eine 49. Auflage wird es allerdings nicht geben. Am Dienstag bestätigte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf rbb|24 das Aus der Veranstaltung im Horst-Dohm-Eisstadion.

Endgültiges Aus aus unterschiedlichen Gründen

Noch Anfang März dieses Jahres hatte die 48. Auflage der Veranstaltung dort eine dreijährige, Corona-bedingte Berliner Eisspeedway-Pause beendet. Zwei Tage lang hatten zahlreiche europäische Fahrer, ihre speziell angefertigten und laut röhrenden Motorräder sowie ihre Fans das Bild auf der Eisbahn geprägt. In den kommenden Monaten hatte sich das Aus der Veranstaltung anschließend erst angedeutet, wurde dann konkreter und nun final. "Eisspeedway wird im März in Wilmersdorf nicht stattfinden, wofür es ganz unterschiedliche Gründe gibt", sagte die Bezirksstadträtin für Schule, Sport, Weiterbildung und Kultur in Charlottenburg-Wilmersdorf, Heike Schmitt-Schmelz im Gespräch mit rbb|24.

Die Gründe für die Entscheidung des Bezirks, der das Horst-Dohm-Eisstadion betreibt, seien vielfältig, sagt Schmitt-Schmelz und ergänzt: "Allen voran ist da der Umweltaspekt zu nennen." Das große Problem seien dabei weder die Motorräder selbst noch die zwei Renntage an sich, sondern nicht zuletzt die Vorbereitungen für diese. So musste die Stärke des Eises auf der Bahn vor der Veranstaltung stets von vier Millimeter auf 18 Millimeter erhöht werden, um die Eisbahn für die mit Spikes versehenen und mit Methanol betriebenen Motorräder befahrbar zu machen. "Dafür brauchen wir ungefähr eine Million Liter Wasser und müssen anschließend deutlich mehr kühlen, wodurch wir einen extrem hohen Stromverbrauch haben", sagte Heike Schmitt-Schmelz und ergänzte: "Grob gerechnet braucht die Veranstaltung so viel Wasser und Strom wie drei Monate normale Eislaufzeit."

Es ist ein Energieverbrauch, der laut dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf in den vergangenen Jahren stets auch große finanzielle Belastungen mit sich gebracht hätte. "Die Veranstaltung ist für das Bezirksamt Wilmersdorf-Charlottenburg in keiner Weise wirtschaftlich", sagt Schmitt-Schmelz. So würde der Veranstalter der Veranstaltung, die Eisspeedwayunion Berlin, zwar einen Teil der Kosten mit einer Mitzahlung für das Horst-Dohm-Eisstadion decken, "aber durch den Wasser- und Stromverbrauch und auch das Benzin, was wir in unsere Maschinen geben, haben wir dennoch sehr hohe Kosten."

Bedingtes Verständnis bei den Veranstaltern

Es sind Argumente, die die besagte Eisspeedwayunion Berlin nur bedingt nachvollziehen kann. So erklärt Olaf Ehrke, seines Zeichens erster Vorsitzender des Vereins, bereits in diesem Jahr in puncto Kosten und Energiesparmaßnahmen auf den Bezirk zugegangen zu sein. "Wir haben unsere Veranstaltung von vier Tagen auf zwei komprimiert. Damit haben wir 50 Prozent eingespart und sind dem Senat einen großen Schritt entgegengekommen", sagt Ehrke, "warum das immer noch nicht reicht, erschließt sich uns gerade nicht."

Insgesamt ist der Frust bei den Veranstaltern der Berliner Eisspeedway-Rennen groß. "Gerade, weil die Veranstaltung von den Zuschauern, von der Tradition und ihrer Vergangenheit lebt", wie Olaf Ehrke sagt. Auch deshalb hat die Eisspeedwayunion Berlin sich in den vergangenen Monaten Appelle an verschiedene Berliner Politiker geschickt, sich an die Medien gewandt und sogar eine Petition für den Erhalt der Veranstaltung gestartet.

Auch Bezirksstadträtin Heike Schmitt-Schmelz spricht von einem Austausch innerhalb der Politik Charlottenburg-Wilmersdorfs: "Ich habe die Entscheidung im Sportausschuss und auch im Bezirksamt besprochen. In allen Gremien war die Sicht, dass das eine Veranstaltung ist, die wir uns ökologisch und ökonomisch nicht mehr leisten können." Trotz großen Interesses der Eisspeedwayunion Berlin, für das Jahr 2025 mit einer veränderten Vereinbarung und Veranstaltung ins Horst-Dohm-Eisstadion zurückzukehren, dürfte sich aus Sicht von Schmitt-Schmelz hieran auch in den kommenden Jahren nichts ändern.

Sendung: rbb24, 07.11.2023, 18:15 Uhr

36 Kommentare

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  1. 36.

    Eine ökologisch unsinnige und zugleich sehr teure Veranstaltung abzusagen bedeutet eine ökologisch unsinnige und zugleich sehr teure Veranstaltung abzusagen.
    Nicht mehr und nicht weniger.

  2. 35.

    Ähm, ökologisch schädliche Farbe, umweltschädliche Sportveranstaltung, beides kostet Geld .... und ein Bezirksamt. Spielen sie mal bitte den Erklärbär.

  3. 34.

    "... Dort eine künstlerisch bunt gestaltete Fassade, die keinen Schaden anrichtet, deren angeordnete Übermalung aber Geld kostet und ökologisch schädlich ist. ..."

    Irgendwie widerspricht sich da etwas, oder falsch verstanden?

  4. 33.

    Im Untersagen sind wir immer ganz schnell. Wenn derartige Veranstaltungen untersagt werden, dann sollten die Verantwortlichen auch weitergehen und alle Veranstaltungen, die energieintensiv sind und Geld kosten künftig untersagen.
    Mein Gott ist diese Welt kleinkariert.

  5. 32.

    Wo liegt denn das Problem bei den vielen Kommentatoren mit der "Berlin schafft sich ab"-Polemik? Der Bezirk möchte aus ökologischen wie ökonomischen Gründen die Veranstaltung nicht mehr fördern. Das ist verständlich, und nicht alles was möglich ist, ist auch sinnvoll. Irgendwer muss damit anfangen, auf die bestehenden und drohenden Schäden durch zu hohen Energieverbrauch und sinkende Grundwasserpegel sowie zunehmende Trockenheit zu reagieren. Ein verantwortungsvoller Bezirk tut das. An Sarrazins Buch gibt es übrigens viel Kritik. Sich damit auseinanderzusetzen anstatt die hohle Titelphrase nachzuplappern lohnt allemal.

  6. 31.

    … wenn es denn dadurch in Schulen und ÖPNV spürbar besser werden würde, ja. Aber das ist nur Träumerei, denke ich!

  7. 30.

    Die Traditionsveranstaltung, die seit knapp 50 Jahren in Berlin ausgetragen wurde hat viel für die Stadt und Deutschland gebracht!
    Hier wurde nicht nur Sportpolitik geschrieben sondern politisch gaben sich die Menschen die Klinke in die Hand.
    Es war DER Sport, wo zum ersten Mal russische Sportler am Start waren, wo sich viel hinter dem eisernen Vorhang, wo sich viel für Berlin und den Sport generell tat.

    1.000.000 Liter Wasser sind 1.000 Kubikmeter, wo momentan in Berlin ein Preis von 1,813 aufgerufen wird.
    Ergo sprechen wir hier von Kosten von "nur" 1.813 €, die nach der Veranstaltung durch abschalten der Anlage im Grundwasser Berlins versickert und zurück gegeben wird!
    Durch die Verkürzung der Veranstaltung von vier auf zwei Tagen ist sehr wohl eine Halbierung der Kosten entstanden, da nicht der zweiwöchige, stetig steigende Aufbau in der Waagschale liegt, sondern die nächtliche Wiederaufbereitung der Bahn mit höheren Energiekosten. Und da ist die Einsparnis um 2/3.

  8. 29.

    Weshalb sagt man dem Veranstalter dann nicht: Wenn Du alle Kosten zur Präparierung und Erhaltung der Eisdecke für die Zeit der Renntage übernimmst, kannst Du deine Veranstaltung stattfinden lassen.

    So wie es hier im Artikel dargestellt wird, lamentiert das Bezirksamt um den heißen Brei herum und drückt sich um die klare Ansage: Aus Gründen des Klimaschutzes ist die Veranstaltung ungewünscht.

    Diese rumlavieren und nicht auf den Punkt kommen ist furchtbar.

  9. 28.

    Dieser Mensch muss sich nur politisch profilieren und einen Tätigkeitsnachweis abliefern. Da passt es doch super, eine Veranstaltung zu rasieren, die zum großen Teil Menschen aus ganz Europa begeistert, welche jedoch nicht in Berlin ihren Stimmzettel abgeben. Da kann der Stuhl nicht mal auch nur etwas wackeln. Unfassbar !

  10. 27.

    Endlich, längst überfällig!

  11. 26.

    Wer hier jetzt so laut jammert, kann den "Spaß" ja gerne selber finanzieren. Für mich ist unverständlich, wenn Steuergeld, das in den Schulen und Sportvereinen fehlt, für ökologischen Irrsinn verplempert wird.

  12. 24.

    Nein, Heidekind, das sind sicher nicht "die gleichen Spaßbremsen". Sie versuchen einen abenteuerlichen Bogen zu spannen, aber das funktioniert nicht. Hier eine massiv umweltschädliche und kostenintensive Sportveranstaltung, die wir uns nicht mehr leisten können und die deshalb abgesagt wird. Dort eine künstlerisch bunt gestaltete Fassade, die keinen Schaden anrichtet, deren angeordnete Übermalung aber Geld kostet und ökologisch schädlich ist. Merken Sie den Unterschied?

  13. 23.

    Lieber RBB,
    Es sollte eher von 4cm auf 18cm gehen. Wer dann mal die wirkliche Eisdicke aus der Nähe gesehen hat, der kann die Entscheidung in gewissem Maße nachvollziehen. Für die Vorbereitung und das Ausbauen der Eisschicht, gehen viele Tage drauf, wo niemand das Eis nutzen kann und wo die Maschinen letztlich unter Vollast fahren.

    Leider kommt das Eisstadion auch immer sehr spät mit Eis, es ist immer irgendwas kaputt und dann ist es meist Mitte Februar schon wieder um. Wenn man die Einsparungen dazu nutzt, das Eis länger zu halten, hätten vor allem die Kids auf dem Eis mehr davon.

  14. 22.

    ...und dann noch die Ku'damm Weihnachtsbeleuchtung, die Uhr an der Gedächtniskirche, die Positionsleuchten am Fernsehturm, die Klingelbeleuchtung am Rathaus
    .... Alles muss weg ... Berlin schafft sich SELBST ( oder die Politiker . ) ab. Es ist grauenhaft. Irgendwann nennt man Berlin nicht mehr in einem Atemzug mit Paris,London,Rom, Madrid... nur noch mit....Kodikenbibersbach

  15. 21.

    Ich denke würde es um Fußball gehen würde es egal sein was es kostet. Speedway ist nun mal eine Randsportart in Deutschland und die kann man ja kaputt machen und keiner merkt es. Macht weiter so.

  16. 19.

    …sind dabei immens wichtig zur Beschäftigung und Unterhaltung der Steuerzahler! Die müssen doch bei der Stange…

  17. 18.

    Nachvollziehbare Entscheidung. Ist ja nun nicht so, dass die Bezirke in Geld schwimmen. Dazu noch der Finanzdruck seitens des Senats. Das Geld ist in Schulen und ÖPNV aufgehoben.

  18. 17.

    Drei Eisspeedwaybahnen in ganz Deutschland ... und Berlin macht dicht. Suuuuuper :-(. Vermutlich die gleichen Spaßbremsen, die auch was gegen bunte Fassaden haben.

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