Olympia-Starter aus der Region - Der "tschetschenische Wolf" jagt Gold im Ring

Do 08.07.21 | 17:05 Uhr
Hamsat Shadalov im Boxring / IMAGO / Norbert Schmidt
Bild: IMAGO / Norbert Schmidt

Für Amateurboxer sind Olympische Spiele das größte Sprungbrett überhaupt. Auch der in Tschetschenien geborene Berliner Hamsat Shadalov hofft auf eine Profi-Karriere nach den Spielen in Tokio. Die Goldmedaille ist dafür fest eingeplant.

Unter strengen Sicherheitsvorkehrungen bereiten sich die drei qualifizierten Boxerinnen und Boxer des Deutschen Boxsport-Verbandes (DBV) auf die Olympischen Spiele in Tokio vor. Im Trainingslager im japanischen Miyazaki, anderthalb Flugstunden von Tokio entfernt, müssen sie sich täglich einem PCR-Test unterziehen, haben ihre eigenen Wege zu den Speise- und Trainingsräumen und eigene Sicherheitskräfte, die aufpassen, dass die Athleten die Corona-Blase nicht verlassen. Auch die Möglichkeiten, im Sparring gegen andere Boxer zu üben, sind begrenzt. Alles nicht so einfach, findet der Berliner Hamsat Shadalov. Doch es ist nur ein kleiner Preis, den er gerne zahlt, damit er seinem großen Ziel ein Stück näherkommt.

Berliner und Brandenburger im DBV-Team

Hamsat Shadalov ist der einzige Olympia-Boxer aus Berlin oder Brandenburg. Mit 57 Kilogramm Körpergewicht gehört der 22-Jährige zur Gewichtsklasse der Federgewichtler. Doch wenn er boxt, denkt keiner mehr an sanfte Federn. Mit flinken Schritten bewegt sich Shadalov durch den Ring und schlägt rasend schnell mal mit links und mal mit rechts zu. An Selbstvertrauen mangelt es dem Berliner keineswegs. Schließlich hat er auf dem Weg zu seiner Olympia-Qualifikation den Europameister aus Irland, Kurt Walker, aus dem Weg geräumt. Wenn er an diesen Moment denkt, bekommt Shadalov noch immer Gänsehaut. "Dieses Gefühl kann ich nicht beschreiben. Jetzt stelle ich mir vor, Olympiasieger zu werden, was das für ein emotionales Gefühl wird", sagt der in Grosny geborene Boxer.

Dabei war sein letzter Kampf beim Quali-Turnier im März 2020 in London eine knappe Angelegenheit. Nicht unbedingt sportlich, sondern weil die ganze Veranstaltung kurz danach abgebrochen wurde. Shadalov und sein Team mussten fluchtartig zurück nach Deutschland. Es war der Beginn der Corona-Pandemie.

Doch vorher gab es noch diesen einen Kampf. Es war noch nicht mal das Finale, sondern das Achtelfinale, aber der Sieg bedeutete die automatische Qualifikation für Olympia. Alles, was Shadalov vor diesem Kampf wusste, war, dass es möglicherweise seine einzige Chance ist, das olympische Ticket zu lösen. So sei er auch in den Ring reingegangen, erinnert er sich. "Ich habe mein Bestes gegeben. So eine Leistung habe ich bisher noch nie im Ring gebracht." In Tokio wird er diese Leistung noch einmal übertreffen, verspricht er. An Selbstvertrauen mangelt es ihm nicht.

Mehr zu Olympia

Conrad Scheibner, Annika Schleu, Ronald Rauhe, Laura Ludwig, Patrick Hausding, Emma Hinze und Lilly Stoephasius (Quelle:picture alliance /Axel Heimken; Frank May: Collage: rbb)
picture alliance /Axel Heimken; Frank May: Collage: rbb

Mehr zu den regionalen Olympiastartern und ihrer Vorbereitung auf die Spiele gibt es auf "Alles außer Fußball" (ALAF), dem Instagram-Kanal vom rbb Sport.

Medaillen-Chancen

Für Shadalov gibt es wenig überraschend nur eine Antwort auf die Frage, wie er seine eigenen Medaillen-Chancen in Tokio einschätzt: "Ich werde Olympiasieger", sagt er, ohne zu zögern. Dafür habe er 15 Jahre lang trainiert und er wisse, was auf ihn zukommt. Wer Olympiasieger werden will, müsse auch die stärksten schlagen, sagt Shadalov, "und als allererstes auch sich selbst." Denn der Kampf gegen sich selbst sei der schwerste Kampf.

Auch wenn der Olympiasieg Shadalovs großes Ziel ist, verfolgt er in Tokio zugleich noch einen anderen Plan. Mit einer Goldmedaille würde sich der Amateurboxer auch für das Profigeschäft empfehlen. "Mein Traum war es schon immer, irgendwann zu den Profis zu wechseln", erklärt er. Nach Olympia könnten ihm die Türen für diesen Traum offenstehen. In Berlin warte ein Team auf ihn, zu dem auch der Berliner Rapper Kontra K gehöre, berichtet Shadalov. Mit diesem Team möchte er im Anschluss an Tokio im Profibereich Fuß fassen.

Gut zu wissen

Shadalovs Spitzname lautet "Tschetschenischer Wolf" – eine Huldigung an seine Herkunft, wie er sagt. "Als ich drei Jahre alt war, kam ich mit meiner Familie als Kriegsflüchtling aus Tschetschenien nach Deutschland." Zwar sei Berlin, wo er groß geworden ist, seine Heimat, doch er wolle nicht vergessen, woher er eigentlich kommt, erzählt er. Der Wolf sei sein Lieblingstier und so sei der Spitzname entstanden: der tschetschenische Wolf aus Berlin.

Wann sind die Wettkämpfe?

Kurz vor Beginn der Spiele reisen Hamsat Shadalov und das Team des DBV aus Miyazaki nach Tokio. Nach einem langen und kräftezehrenden Trainingslager sollten sie dann jedoch bestens akklimatisiert und an die Zeitumstellung angepasst sein, denn die Kämpfe starten teils mitten in der europäischen Nacht.

Samstag, 24. Juli 4:00 bis 13:30 Uhr
Federgewicht Männer 1/16-Finals    
Mittwoch, 28. Juli 4:00 bis 13:45 Uhr
Federgewicht Männer Achtelfinals    
Sonntag, 1. August 4:00 bis 12:40 Uhr
Federgewicht Männer Viertelfinals    
Dienstag, 3. August 4:00 bis 12:40 Uhr
Federgewicht Männer Halbfinals    
Donnerstag, 5. August 7:00 bis 9:10 Uhr
Federgewicht Männer Finale    

Sendung: rbb Inforadio, 08.07.2021, 13:15 Uhr

Nächster Artikel