Seit Jahren Streitthema - Cottbuser Stadtverordnete stimmen für Kauf der Innenstadtbrache

Mi 08.02.23 | 17:33 Uhr
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Blick auf die Brache - Erweiterung Belchen Carré Cottbus (Foto: rbb/Schneider)
Bild: rbb/Martin Schneider

Seit mehr als zehn Jahren ist eine Brachfläche mitten in der Cottbuser Innenstadt ein Streitthema. Ein Investor hielt die Stadt lange hin, nun wird die Fläche verkauft. Am Mittwoch haben die Stadtverordneten für den Kauf der Fläche gestimmt.

Die Brachfläche in der Cottbuser Innenstadt soll verschwinden. Am Mittwoch haben die Cottbuser Stadtverordneten für den Kauf der Fläche durch die kommunale Wohnungsgesellschaft Gebäudewirtschaft Cottbus (GWC) gestimmt. Nach zwölf Jahren ohne Entwicklung soll die Fläche nun einer Nutzung zugeführt werden. Der Kaufpreis soll bei 5,1 Millionen Euro liegen.

Die Stadtverordneten stimmten namentlich ab. 29 stimmten der Vorlage zu, 12 dagegen. Es gab sechs Enthaltungen.

Bedeckung der Baustelle und temporäre Begrünung

Die GWC erwirbt das Grundstück nicht direkt, sondern kauft stattdessen die "EKZ Stadtpromenade Cottbus GmbH" vom derzeitigen Eigentümer, der Gepro Bau. Zum Gesellschaftsvermögen der EKZ gehöre insbesondere die Brachfläche, heißt es in der Beschlussvorlage. Zudem soll der Unternehmensgegenstand der EKZ geändert werden. Neues Ziel der GmbH solle die "Entwicklung, Erschließung, Bebauung und Vermarktung des Grundstücks Stadtpromenade Cottbus im öffentlichen Interesse" sein.

Zunächst müsse nun der Kaufvertrag ausgestaltet werden, sagte der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Reinhard Drogla, dem rbb. Die GWC werde die Fläche anschließend bereinigen. "Dann brauchen wir ein Planungsverfahren, an dem die Bevölkerung mitwirken soll", erklärte Drogla weiter. Einen Zeitrahmen für dieses Vorhaben gibt es noch nicht. "Zunächst ist der Plan, die Baustelle zu bedecken und eine temporäre Begrünung zu machen, die aber wirklich nur ein Provisorium sein soll", so der Vorsitzende.

5,1 Millionen plus eine weitere Million

Zusätzlich zum Kaufpreis rechnet die Stadt mit weiteren Kosten, etwa für Notare, aber auch für den Abriss und die Begrünung. Diese "Nebenkosten im Grundstücksverkehr", so Drogla, könnten sich zusätzlich auf rund eine Million Euro belaufen.

Drogla erklärte zudem, dass die GWC den Kauf übernehme, weil die Wohnungsgesellschaft die einzige kommunale Gesellschaft sei, die den Kauf gegenwärtig wirtschaftlich darstellen könne. Die GWC werde die Fläche aber nicht selbst vermarkten, das widerspreche dem Auftrag des Unternehmens. Außerdem könne die Wohnungsgesellschaft die Fläche derzeit nicht wirtschaftlich bebauen und betreiben. Den Mietern solle durch den Kauf allerdings kein Nachteil entstehen. Die GWC habe eine hohe Bonität und Liquidität und sei gut in der Lage, den Kauf durch Fremdkapital zu stemmen, erklärte ein GWC-Vertreter am Mittwoch.

Deshalb soll die Stadt zukünftig die Fläche selbst übernehmen. Laut Beschlussvorlage könnte das in fünf Jahren der Fall sein. Dann wäre der Kauf laut Finandezernent Markus Niggemann grunderwerbssteuerfrei. Allerdings handelt es sich dabei nur um einen sogenannten Prüfauftrag. Eine Verpflichtung für die Stadt, das Grundstück 2028 zu kaufen, gibt es nicht.

Keine Debatte, aber dennoch Kritik

Der Entscheidung ging keine Debatte voraus, lediglich Statements der Fraktionen waren zugelassen. Dabei war beispielsweise von der CDU-Fraktion kritisiert worden, dass es zuvor keine schriftliche Stellungnahme der GWC-Führung gegeben habe und auch, dass die Vorlage zuvor nicht in den Ausschüssen, etwa dem Haushaltsausschuss oder dem Rechtsausschuss besprochen worden wäre. Auch der Kaufpreis, für den es keine Grundlage gebe, wurde kritisiert.

Die Fraktion der Linken erklärte, dass man nun nach vorne schauen wolle. Die Variante gefalle der Fraktion nicht, Alternativen seien aber nicht vorhanden gewesen. Sowohl die Stadtspitze, als auch die Stadtverordneten hätten in der Vergangenheit Fehler gemacht. Nun gebe es ein breites Interesse der Öffentlichkeit, das Grundstück zu kaufen.

Die AfD-Fraktion kritisierte die schnelle Entscheidungsfindung, nachdem der ursprüngliche Investor selbst immer wieder hatte Fristen verstreichen zu lassen. Außerdem wurde angemerkt, dass der Kauf strafrechtliche Konsequenzen haben könne, weil der Vorgang als kreditähnliches Geschäft gewertet werden könne. Die Stadt hätte sich stattdessen selbst um einen Kauf bemühen sollen, beispielsweise mit einem Kredit durch das Land. Auch das Vorgreifen auf einen zukünftigen Haushalt sei nicht zulässig.

Finanzdezernent Markus Niggemann widersprach den Darstellungen. Es würden keine rechtlichen Gefahren bestehen. Die Bedingungen für einen Kredit durch das Land seien hingegen nicht gegeben gewesen.

Die Grünenfraktion erklärte, den Kauf zu befürworten. Erstmals seit 34 Jahren sei die Stadt selbst in der Lage, wenn zunächst nur indirekt, über die Fläche zu verfügen. Die Gepro Bau hatte das Grundstück nach der Wende von der Treuhand gekauft. Die SPD-Fraktion betonte ebenfalls das hohe öffentliche Interesse an dem Kauf und plädierte deshalb dafür. Unmittelbar vor der Entscheidung warb auch Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD) für die Zustimmung zu der Vorlage.

Langer Streit um Brachfläche

Ursprünglich sollte auf der Fläche der zweite Bauabschnitt des bereits bestehenden Einkaufszentrums "Blechen Carré" entstehen. Es sollte bereits 2012 eröffnet werden - der Termin wurde insgesamt acht Mal verschoben. Vor einem Jahr erklärte der bisherige Investor schließlich nach mehreren Änderungen seiner Pläne und nachdem er mehrfach Fristen zur Vorstellung neuer Konzepte verstreichen ließ, das Gelände nicht mehr entwickeln und es stattdessen verkaufen zu wollen.

In der Stadt sorgt die ungenutzte Fläche seit mehr als zehn Jahren für Streit. Sogar eine Bürgerinitiative gegen den "Schandfleck" hatte sich gegründet. Ein Kollektiv hatte Ideen zur Gestaltung der Fläche gesammelt, ein Verein wollte sich gar für die Errichtung eines Innenstadthafens stark machen. Allerdings hatte die Stadt aufgrund der Besitzverhältnisse bislang keinen Einfluss auf eine schnelle Bebauung der Fläche.

Sendung: Antenne Brandenburg, 08.02.2023, 18:30 Uhr

5 Kommentare

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  1. 5.

    Ich kenne die Fläche von früher. Sehr schöne Bauten, die vermutlich heute unter Denkmalschutz stehen würden.

  2. 4.

    rbb24: Warum hat die Stadt nicht von der Treuhand das Gelände gekauft?
    Nun ist es, Jahre später kein Geschäft mehr, für uns alle geworden? Oder liegt es an der Einstellung, ohne Erwerb Vorschriften, mitunter teure, zu machen? In Potsdam gibt es da jede Menge gescheiterte Beispiele, nicht nur am Griebnitzsee. Die Idee, andere sollen Geld mitbringen und denen sagen, was sie dürfen und was nicht hat seine Grenzen....dafür braucht es keinen Prozess sondern den logischen kaufmännischen Menschenverstand. Der der zahlt bestimmt.

  3. 3.

    Kennen Sie das Areal. Alles ist besser als eine über 10 J. derart , verrottende, potthässliche Brache in bester Innenstadtlage. Jetzt hat es die Stadt wenigstens selbst in der Hand, zu gestalten. Dank des segensreichen Wirkens der Treuhand ist es ja erst dazu gekommen, dass die vorherige Bebauung durch den Investor abgerissen werden durfte. Etwa das kongeniale Eiscafe, eine Architekturikone, von der es meines Wissens nur noch die in Warnemünde gibt. Noch so einen fiesen Betonklotz a la Blechen-Carre, der sich städtebaulich dort überhaupt nicht einordnet, wird es nun wohl hoffentlich nicht mehr geben.

  4. 2.

    Die Flächen waren vermutlich früher im Staatsbesitz. Die jetzige Situation ist das Erhebnis sinnloser Privatisierungspolitik um jeden Preis.

  5. 1.

    Lehnen wir uns also bequem zurück: Ein paar Millionen sind weg und in den nächsten zehn, zwanzig Jahren wird dort eine Wiese entstehen...

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