Neue Registrierungsstelle - Wo Geflüchtete und Schleuser in Spree-Neiße jetzt "bearbeitet" werden

Fr 03.11.23 | 12:54 Uhr | Von Anja Kabisch
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Ein mutmaßlicher Schleuser in der Überwachungszelle der Bundespolizei im ehemaligen Zollgebäude bei Klein Bademeusel (Foto: rbb)
Audio: Antenne Brandenburg | 02.11.2023 | Anja Kabisch | Bild: rbb

In Kofferräumen, eingeengt in Transportern oder zu Fuß: Allein im September wurden 2.500 unerlaubte Einreisen bei Forst gezählt. Nun hat die Bundespolizei die erste Registrierungsstelle in Südbrandenburg eingerichtet. Anja Kabisch war dort.

Innerhalb von drei Wochen ist das seit Jahren leerstehende Gebäude an der Autobahn 15 bei Klein Bademeusel (Spree-Neiße) fit gemacht worden, in dem früher einmal Zoll und Bundesgrenzschutz saßen. Eine Hau-Ruck-Aktion - und ein bisschen sieht es auch noch so aus.

Doch es sollte schnell gehen. Die meisten Migranten kommen seit einiger Zeit in der Lausitz nach Brandenburg, die Grenzkontrollen wurden erst verstärkt, seit Mitte Oktober gibt es feste Grenzkontrollen. Zur Registrierung der Migranten wurde nun Ende Oktober die erste Registrierungsstelle Südbrandenburgs für die Bundespolizei eingerichtet.

Der Weg durch die "Bearbeitungsstraße"

"Ist eine Person aufgegriffen, erfolgt vor Ort eine Durchsuchung beziehungsweise eine Registrierung und dann werden die Personen hergebracht", sagt Frank Malack. Er ist der 1. Polizeihauptkommissar der Bundespolizeiinspektion Forst und zuständig für die Registrierungsstelle. Kommen die Geflüchteten auf dem Gelände an, werden sie als erstes in eine Garage gebracht. "Damit wir erstmal einen Sammelbereich haben, der witterungsgeschützt ist, haben wir diese Garagen mit Sitzplätzen, Heizung und Toilette."

Der nächste Schritt ist die sogenannte Bearbeitungsstraße. Vorgesehen sind eine kurze medizinische Begutachtung und eine Durchsuchung. Es werden Fotos gemacht und Fingerabdrücke genommen. Außerdem gibt es Befragungsräume und Dolmetscher.

Zollgebäude an der A15 bei Klein Bademeusel (Foto: rbb/Screenshot)
Das ehemalige Zollhaus | Bild: rbb/Screenshot

Am Donnerstag war einer der Räume gerade besetzt, nachdem im Raum Cottbus drei junge Migranten aus der Türkei aufgegriffen wurden. "Hier sehen wir gerade noch, dass einer der Geschleusten als Zeuge vernommen wird", so Malack. Im Anschluss wird bei strafmündigen Personen eine Strafanzeige wegen des Verdachts der unerlaubten Einreise gestellt und entschieden, wie es mit der Person weitergeht - "je nachdem, ob er 'Asyl' oder nicht 'Asyl' gesagt hat."

Pro Person dauert das Prozedere rund vier Stunden. Im Anschluss können sich die Geflüchteten kurz auf Feldbetten ausruhen.

Diejenigen, die um Asyl bitten, kommen in die Brandenburger Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree). Je nach Kapazitäten werden sie direkt dorthin gebracht oder per Bus oder Bahn geschickt, sagt eine Sprecherin der Bundespolizei dem rbb.

Wird nicht um Asyl gebeten, folgt eine Einzelfallprüfung, ob derjenige aus anderen Gründen in Deutschland bleiben darf, so die Sprecherin. Ist das nicht der Fall, werde die Person nach Polen zurückgewiesen, also in das EU-Land, über das sie gekommen sind. Das ist laut der Sprecherin nur möglich, weil es seit Mitte Oktober die festen Kontrollen an der Grenze gibt und die Migranten dadurch direkt an der Grenze aufgegriffen werden. Würden sie beispielsweise in einem Wald entdeckt werden, wäre nicht klar, ob sie tatsächlich über Polen gekommen sind.

In der neuen Registrierungstelle an der A15 ist an diesem Donnerstag auch noch eine zweite Zelle belegt. Hinter Gittern liegt ein Mann und verdeckt sein Gesicht. "Die Person ist der Schleuser von heute Nacht", sagt Frank Malack. Er wird getrennt von den Migranten untergebracht und "durch qualifizierteres Personal, was das Thema Ermittlungen angeht, bearbeitet", so der Polizeihauptkommissar. Im Regelfall würden Schleuser "konsequent zurückgeschoben".

Weniger Migranten aufgegriffen

Seit dem 23. Oktober ist die "Bearbeitungsstraße" in Betrieb. Wieviele Geflüchtete bisher hier registriert worden sind, gab die Polizei am Donnerstag nicht bekannt. Die Zahl sei aber deutlich rückläufig, heißt es.

Die Zeiten, in denen wie im September zum Teil über 100 Flüchtlinge pro Tag im Spree-Neiße-Kreis aufgegriffen werden, sind laut Frank Malack aktuell vorbei. "Wir stellen fest, dass sich die Personengruppen deutlich verkleinern, dass wir auch weniger Aufgriffe in der dritten Woche der Grenzkontrollen haben. Es scheint also irgendwo ein Effekt aufzutreten."

Hilfe aus Niedersachsen

Nach wie vor kommen viele junge Männer, aber zunehmend auch Familien. Der Polizeibeamte Sven Heidmann aus Hannover ist einer ihrer ersten Kontrakte in Deutschland. Für ihn war es keine Frage, in der Lausitz auszuhelfen. Denn auch, wenn es im Augenblick bei Forst ruhiger ist als noch vor ein paar Wochen, sei die Situation nicht planbar.

"Es ist in der Hinsicht eine Herausforderung, diese Massen zu bewältigen", so Heidmann. Wenn vereinzelt Migranten aufgegriffen würden, könne man das im Regeldienst gut abarbeiten, sagt er. "Aber wenn sie zu 20, 25 aufschlagen, steht man mit einer normalen Dienstgruppe da und sagt 'Um Gottes Willen'. Weil das in der Vergangenheit öfter passiert sei, sagt man sich: Alle Kräfte her, die können."

Sendung: Antenne Brandenburg, 02.11.2023, 16:40 Uhr

Beitrag von Anja Kabisch

2 Kommentare

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  1. 2.

    "Oder ist gesichert das in Polen entsprechende Verfahren eingeleitet werden?" Bei der Bezeichnung zurückgeschoben denke ich das nicht, dann müßte dort stehen: "werden den polnischen Behörden übergeben".
    Das: "wurden 2.500 unerlaubte Einreisen bei Forst gezählt. Nun hat die Bundespolizei die erste Registrierungsstelle in Südbrandenburg eingerichtet." Ist sowieso unlogisch. Wenn es unerlaubte Einreisen sind, dann ist es eine Grenzverletzung und Grenzverletzer setzt man entweder fest oder läßt die Grenzverletzung gar nicht erst zu und verhindert den Grenzübertritt. Es ist wieder das Problem der Worte: Ist es nun illegal und darf dann auch unterbunden werden oder ist es nicht illegal? Unerlaubt würde ja auch illegal hinweisen.

  2. 1.

    "Im Regelfall würden Schleuser "konsequent zurückgeschoben"."
    Damit löst man doch kein Problem. Wenn dieses Schleusen juristisch als Menschenhandel oder zumindest als Straftat angesehen wird, ist zurückschieben doch keine Lösung.
    Gibt es da keine juristischen Mittel um diese Leute hinreichend lange aus dem Verkehr zu ziehen oder zumindest so weit zu bestrafen, dass Ihnen die Basis für ihr Geschäft entzogen wird?
    Oder ist gesichert das in Polen entsprechende Verfahren eingeleitet werden?

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