Forschung an der BTU - Lüften hilft wirklich - und Luftfilter auch

Di 12.07.22 | 16:23 Uhr
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Die Forscher in ihrem Testraum (Bild: Schuster/BTU)
Audio: Antenne Brandenburg | 12.07.2022 | Isabelle Schilka | Bild: BTU/Schuster

Cottbuser Wissenschaftler erforschen, wie sich Aerosole im Klassenzimmer bewegen und vor allem, wie man ihre Anzahl reduzieren kann. Das Ziel ist eine klare Faktenlage - und damit Handlungsempfehlungen an die Politik für die Corona-Bekämpfung.

Seit mehreren Monaten versucht ein Team von Wissenschaftlern der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU) herauszufinden, wie sich Aerosole, also Schwebeteilchen in der Luft verhalten. Die Forscher wollen herausfinden, wie sich ihre Zahl wirksam reduzieren lässt - und damit die Wahrscheinlichkeit einer Corona-Infektion senken. Coronaviren werden nachweislich durch Aerosole übertragen.

Dafür haben die Wissenschaftler einen Klassenraum nachgebildet. Darin kann die Ausbreitung der Partikel unter verschiedenen Bedingungen untersucht werden. So kann beispielsweise die Frage beantwortet werden, wie schnell sich Coronaviren in einem Raum verteilen, sollte sich ein Infizierter darin befinden. Und die Frage, welche Mittel dagegen helfen.

Die Erkenntnisse der Forscher klingen zunächst banal. "Man konnte davon ausgehen, dass das Öffnen der Fenster natürlich die Partikelzahl reduziert. Wir wussten aber noch nicht, in welchem Maß", erklärt Sebastian Merbold vom Lehrstuhl Aerodynamik und Strömungslehre.

So habe sich beispielsweise gezeigt, dass ein dauerhaft angekipptes Fenster die Partikelzahl gut reduziere, so Merbold. Das sei im Winter aber schlecht umsetzbar. Lehrer seien beispielsweise angehalten, alle 20 Minuten für fünf Minuten bei weit offenem Fenster zu lüften. Die Foschungsergebnisse zeigen aber, dass die Partikel innerhalb der 20 Minuten wieder in großer Zahl auftraten, obwohl ihre Zahl nach dem Stoßlüften deutlich zurückgegangen war.

Das Forscherteam im Testraum (Bild: BTU/Schuster)
Das Forscherteam im Testraum | Bild: BTU/Schuster

Luftfilter sind deutlich effizienter als offene Fenster

Merbold und seine Kollegen haben den Effekt des Lüftens wissenschaftlich untersucht, um eine Faktengrundlage zu schaffen. Insbesondere vor dem Hintergrund der Diskussionen um Luftfilter in den Schulen könnte das Team wichtige Erkenntnisse liefern.

Die Wissenschaftler haben deshalb auch die Wirkung dieser Raumluftfilter untersucht - mit dem Ergebnis, dass diese deutlich effektiver waren als das bloße Öffnen der Fenster. Dass Luftfilter aber generell besser funktionieren als die Fenster halb oder ganz zu öffnen, lässt sich daraus noch nicht ableiten.

Versuche in Bussen, Bahnen, Flugzeugen

Die bisherigen Versuche wurden statisch vorgenommen, also etwa so, als ob die Klasse gerade einen Test schreiben würde. Weitere Versuche sollen Erkenntnisse darüber liefern, wie sich Aerosole verhalten, wenn Bewegung im Raum ist. "Diese dynamischen Situationen wollen wir in den nächsten Monaten ganz besonders untersuchen", sagt Merbold. Dafür sollen Probanden Helme mit Kameras erhalten. Mit diesen sollen die Partikel in der Luft gezählt werden, wenn sich beispielsweise eine Lehrkraft durch den Raum bewegt.

So soll untersucht werden, wie menschliche Bewegungen die Luftströme und damit auch die Aerosole beeinflussen. Diese dynamischen Situationen sollen nicht nur in Klassenräumen untersucht werden, sagt Institutsleiter Christoph Egbers. "Ein nächster Schritt wäre auch, dass wir einen Stadtbus nachbauen, einen Zug nachbilden oder auch eine Flugzeugkabine", so Egbers.

Diese Forschungen würden dann dann zu einem neuen deutschlandweiten Schwerpunktprogramm gehören. Dabei soll dann auch die Aerosolverbreitung durch Abgase oder Ausscheidungen untersucht werden. Die BTU befindet sich dafür allerdings noch in der Antragsphase.

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Sendung: Antenne Brandenburg, 12.07.2022, 15:40 Uhr

9 Kommentare

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  1. 9.

    Im Prinzip richtig, da sich viele äquivalente Fälle aus dem Arbeitsleben und dem Arbeitsschutz bereits ableiten lassen. Aber ich beobachte seit Pandemiebeginn viele Kommentare zu eigentlich sofort einsichtigen Maßnahmen, die trotzdem immer aufs Neue in Frage gestellt werden. Es waren nicht zuletzt die Virologen und Epidemiologen selbst, die die Wirksamkeit von Masken ernsthaft in Frage gestellt haben.
    Seit zwei Jahren käuen nun Physiker, Ingenieure und Mathematiker mit variierenden Methoden und Verfahren, dass bereits bekannte Basiswissen rund um das Thema Aerosole, wieder. Und trotzdem werden wir noch in 10 Jahren "Experten" für den Bundestag "gruppieren", die uns weiterhin sagen werden: "Es kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass der Apfel vom Baum in den Himmel fällt."

  2. 8.

    Der Link führt zu interessanten Abhandlungen:
    https://www.umweltbundesamt.de/themen/gesundheit/umwelteinfluesse-auf-den-menschen/innenraumluft/infektioese-aerosole-in-innenraeumen#wird-durch-das-tragen-einer-maske-vermehrt-kohlendioxid-eingeatmet-was-zu-gesundheitlichen-problemen-fuhrt
    Und: "Kann ich im Selbstversuch die Kohlendioxid-Konzentration hinter meiner Maske mit einem Innenraumluftmessgerät messen?"

  3. 7.

    Liebe Redaktion, das ist alles schon bekannt, z.Bsp.:
    https://www.umweltbundesamt.de/themen/lueftung-lueftungsanlagen-mobile-luftreiniger-an
    die BTU betreibt hier repetitive research.

  4. 6.

    Ja, vom Umweltbundesamt z.Bsp.; ansonsten kontinuierlich über die Pandemie in der internationalen Fachpresse mehrmals nachzulesen inkl. detailierter Untersuchungen zur genauen Ausbreitungsdynamik in Klasssenräumen anhand wikrlich stattgefundener Cluster mit und ohne Lüftung.

  5. 5.

    Brandenburg hat rund 900 Schulen verschiedener Größe.
    Bei durchschnittlich etwa 25-30 Klassenräumen sowie diversen Fach - und Funktionsräumen (Lehrerzimmer) kommen wir - berechnet auf 16 Bundesländer - auf eine gigantische Zahl.
    Lüfter kosten, je nach Raumgröße zwischen 3500 - 7000,-€!!
    Das wird ein Milliardending - gemessen an der Effektivität (volle Klassen!) und Lautstärke!!! der Geräte - unverantwortlich!
    Also: Lüfter in die GS - und Wechselunterricht (halbe Klassen=effektiv!) ab Sek.I !

  6. 4.

    Gab es nicht schon vor einem Jahr Untersuchungen zur Aerosol-Bewegung in Räumen und der Wirksamkeit von Luftfiltern?
    Wie oft, zu welchem Preis und wie lange sollen solche Versuche noch durchgeführt werden?

  7. 3.

    Wetten das die Bildungsverwaltungen nicht wissen, dass Erwachsene vor lauter Ungeimpften, in einer virusfreundlichen, sehr kalten Umgebung, stehen müssen? Wetten das die Forschungsergebnisse nicht zu Voraussetzungen für digitalen Wechselunterricht u.a. Maßnahmen führen? Wetten das "Fenster und Masken auf" (ist vom Schreibtisch aus anzuordnen) als tolle kämpferische Leistung verkauft wird?

  8. 2.

    Es ist schön das man am Ende der forschun& weiß, wie sich was verhält und was am besten dagegen wirkt… aber glaubt wirklich jemand das Ergebnis wird umgesetzt ?
    Sind die Kosten zu hoch passiert nix. Das gilt nicht nur für Schulen sondern allgemein.

  9. 1.

    Wir hatten im letzten Winter dauerhaft mindestens ein Fenster offen - war also durchaus machbar mit entsprechender Kleidung und warmer Heizung. Letztere wird natürlich im kommenden Winter schwierig ...

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