Wahlsieg für Tobias Schick - Künftiger Cottbuser OB verspricht, auch AfD-Wähler einzubinden

Mo 10.10.22 | 13:54 Uhr
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Tobias Schick (SPD) (Quelle: dpa/Frank Hammerschmidt)
Audio: Radioeins | 10.10.2022 | Mischa Frinke | Bild: dpa/Frank Hammerschmidt

Bei der Stichwahl um das Oberbürgermeister-Amt in Cottbus hat sich SPD-Kandidat Tobias Schick (SPD) gegen Lars Schieske von der AfD durchgesetzt. Der Brandenburger Ministerpräsident und der Bundeskanzler gratulierten dem Gewinner.

Nach seinem Wahlsieg hat der künftige Cottbuser SPD-Oberbürgermeister Tobias Schick angekündigt, auf alle Bürgerinnen und Bürger zugehen - auch auf die AfD-Wähler. "Das sind viele Menschen, die brauche ich genauso in der Stadt", sagte Schick der Deutschen Presse-Agentur. "Entscheidend ist: Viel miteinander reden und dann auch die Dinge gut erklären."

Ähnlich hatte er sich bereits am Sonntagabend geäußert: Er wolle nun der Oberbürgermeister aller Cottbuser sein, da er alle Cottbuserinnen und Cottbuser für seine Vorhaben brauche, darunter Projekte gegen Rechtsextremismus, zur Mobilität oder zur Stärkung von Stadtteilen.

Klare Mehrheit für Schick

Der 41-jährige Schick sich bei der Stichwahl am Sonntag mit 68,6 Prozent klar gegen AfD-Bewerber Lars Schieske durchgesetzt. Schieske kam auf 31,4 Prozent. Schick wurde von mehreren Parteien sowie einem breiten gesellschaftlichen Bündnis unterstützt. So kam er auf 29.520 Stimmen nach 13.300 Stimmen bei der Wahl am 11. September, als sieben Kandidaten im Rennen waren.

AfD-Politiker Lars Schieske gratulierte Schick, noch bevor alle Stimmen ausgezählt waren. Am Sonntag zeigte er sich trotz seiner Wahlniederlage zufrieden mit dem Ergebnis. Alle Parteien hätten sich gegen die AfD gestellt, auch Teile der Gesellschaft und einige Unternehmer. Dennoch habe man den "Kampf gegen alle" hervorragend gemeistert, sagte Schieske.

Er betonte, dass wenn Schick alle Bürger mitnehmen wolle, müsse er auch die die AfD-Wähler zugehenden. "Da ist er am Zug. Da muss er unsere Wähler mitbedienen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Famile, Fachkräfte udn Finanzen - aber erstmal Urlaub

Schick zeigte sich am Sonntagabend erleichtert über das Ergebnis, es seien "harte sechs Monate" gewesen. Nun wolle er weiter auf die verschiedenen Fraktionen in der Stadt zugehen und zügig Mehrheitsentscheidungen voranbringen. "Wir haben eine Haushaltsdiskussion, die anliegt", so Schick. In den kommenden Tagen wolle er aber einen kurzen Urlaub machen und seinen Geburtstag feiern, so der neue Oberbürgermeister.

Als zentrale Themen seiner Amtszeit benannte Schick am Montag die Bereiche Familie, Fachkräfte und Finanzen. Im Dezember wolle er außerdem eine Sicherheitskonferenz in der Stadt durchführen. Um mehr Polizeipräsenz in der Stadt zu erreichen wolle er Gespräche mit der Polizei, dem Ordnungsamt, der Jugendsozialarbeit und dem Land führen, erklärte Schick weiter. auch Jugendliche sollen dabei stärker integriert werden. Zudem wolle er auch "klare Kante" gegen Hass, Ausgrenzung und Diffamierung zeigen.

Erleichterung in der Landespolitik

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gratulierte Schick zu seinem Wahlerfolg. "Cottbus hat sich für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit entschieden", so Scholz am Montag. "Wir freuen uns sehr darüber, dass er diese Wahl gewonnen hat und dass verhindert werden konnte, dass es den ersten rechtsextremen Oberbürgermeister gibt", sagte zudem SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Montag. Dies sei ein großer Erfolg für die SPD und die demokratischen Parteien, erklärte er.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zeigte sich ebenfalls zufrieden mit dem Cottbuser Wahlergebnis. "Der mit dem Kohleausstieg verbundene Strukturwandel macht Cottbus interessant für Investoren. Die Ansiedlung von Unternehmen braucht jedoch Weltoffenheit, auch wegen der benötigten Fachkräfte", so Woidke am Montag. Schieske hatte sich im Wahlkampf mehrfach ausländerfeindlich geäußert und beispielsweise erklärt, der Wohnungsmangel in Cottbus lasse sich durch die Abschiebung illegaler Einwanderer lösen. "Vielfalt und Zusammenhalt sind die Basis für große Entwicklungschancen. Diese Basis ist stabil", so Woidke weiter.

Auch David Kolesnyk, Generalsekretär der Brandenburger SPD, äußerte sich zufrieden über das Wahlergebnis. Auch er betonte, dass nun eine parteiübergreifende Zusammenarbeit wichtig für Cottbus sei. Das Ergebnis zeige, "dass Tobias Schick einen sehr guten Wahlkampf gemacht hat und tatsächlich das gesamte demokratische Lager mobilisiert hat", so Kolesnyk.

Die Grünen-Stadtverordnete Barbara Domke sprach am Sonntag von einem "grandiosen Wahlergebnis" und von einem "unglaublich wichtigen Zeichen für Cottbus".

"Ein Ergebnis, das sich die Wirtschaft gewünscht hat"

Der Hauptgeschäftsführer der Cottbuser Industrie- und Handelskammer, Wolfgang Krüger, erklärte am Montagmorgen, dies sei das Ergebnis, das sich die Wirtschaft gewünscht habe. Die Entscheidung über das Oberbürgermeisteramt sei die Entscheidung, wie der Strukturwandel in den nächsten Jahren verlaufen werde, so Krüger. Nun müsse die Zusammenarbeit zwischen Rathaus und regionaler Wirtschaft weiter verbessert werden. Krüger forderte zudem einen Abbau der Bürokratie.

"Cottbus wird jetzt mit Zukunftsthemen beschäftigt sein. Das wird Folgen haben, was den Zuzug betrifft", so Krüger weiter. Für diese Menschen müsse ein angenehmeres Umfeld geschaffen werden, erklärte der IHK-Hauptgeschäftsführer. Cottbus brauche nun Wissenschaftler, Ingenieure, aber auch nicht akademische Fachrkäfte. Das lasse sich nur durch Zuwanderung bewerkstelligen.

Das Wahlergebnis muss nun amtlich bestätigt werden. Das gilt allerdings als Formsache. Am 30. November soll Tobias Schick dann die Amtsgeschäfte übernehmen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 10.10.2022, 11:30 Uhr

14 Kommentare

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  1. 14.

    Spannende Frage:
    Wie kann jemand eingebunden werden, der lauthals bekundet, garnicht eingebunden werden zu wollen?
    Diese Frage müssen sich jetzt die Wählenden der AfD selber stellen, ob sie sich als Anhängsel der Partei begreifen oder aber aus Not zur Partei griffen und für neue Angebote offen sind. Darin unterscheiden sich nachvollziehbarer Ärger, ggf. auch Zorn und ausgesprochen rigide Allmachtsphantasien, die Welt um sich herum entlang des eigenen Bildes auszurichten und auf alle Zeit stabil zu halten - was unmöglich ist.

  2. 13.

    ....AfD Wähler einbinden....kein Problem, wenn er so eine Politik macht, wie sie seine Sozi-Genossen in Dänemark schon jahrelang erfolgreich praktizieren.

  3. 12.

    "Cottbus ist ja nicht der Nabel Deutschlands."

    Und das ist auch gut so.

  4. 11.

    >"Wir sollten endlich eine Nichtwählerpartei (NWP) gründen."
    Diese Idee liegt erstmal nahe. Hat nur den Nachteil, dass die Nichtwähler dann als Partei ja am politischen Leben irgendwie teilnehmen. So würde die vorsätzliche Handlungsinaktivität der Nichtwähler wieder als ad absurdum geführt. ;-)

  5. 10.

    Dann muss ja Niemand mehr wählen gehen, wenn alle in Cottbus so zufrieden sind und der AfD Kandidat wählt sich beim nächsten Mal eben selbst zum OB ? Und die 31,4 Prozent sind nur Kreative und Mitgestalter, oder haben aus Versehen, eine falsche Partei gewählt.

  6. 9.

    Also der SPD-Kandidat spricht von "erleichtert", nicht von "zufrieden". Wie auch immer, ab wieviel Prozent Wahlbeteiligung darf denn ein Wahlsieger zufrieden sein?

  7. 8.

    Knapp die Hälfte der Menschen in Cottbus könnte ja auch zufrieden sein und deshalb nicht wählen. Die andere Hälfte möchte mitgestalten. Vielleicht fehlt den BrandenburgerInnen Selbtbewußtsein und Kreativität?

  8. 7.

    Auch wenn die AfD, 49,9 Prozent bei Wahlen in Südbrandenburg bekommt, wird es noch schöngerechnet - dürfen nur nicht 50,1 Prozent werden ?? Und alle anderen Parteien zusammengenommen (SPD, CDU, GRÜNE, Linke, FDP,.... etc, pp) müssen nur die 50 Prozent Hürde erreichen, dann bleibt Alles beim Alten ?? Rechte Gesinnung darf nur nicht, die absolute Mehrheit erreichen, aber 30 - 40 Prozent in der Südbrandenburger Bevölkerung sind gerade noch OK ?

  9. 6.

    Wir sollten endlich eine Nichtwählerpartei (NWP)
    gründen.
    Derjenig der sich nachweislich noch nie an irgendwelchen politischen Entscheidungen beteiligt hatte wird dann zum
    Kaiser von Deutschland gekrönt.
    (König geht auch)

  10. 5.

    Wie Adenauer, der sich auch mal mit einer einzigen Stimme Mehrheitlich selbst wählte, nämlich seiner eigenen. Für einen Afd-Hasser (der bin ich) zählt, dass der afd-Kandidat nicht zum OB gewählt wurde.

  11. 4.

    Was die Überschrift jetzt soll verstehe ich nicht so ganz.
    Von Sieg kann man ja nun nicht gerade bei der SPD und Grünen sprechen.
    Cottbus ist ja nicht der Nabel Deutschlands.

  12. 3.

    Das ist für die SPD doch der Erfolg! Und die Genossen geben ALLES damit es 60% 70% oder gar 80% werden! :)

  13. 2.

    Damit kann keine Partei zufrieden sein. Wobei für eine nur Bürgermeisterwahl war die Wahlbeteiligung von rund 55% schon ziemlich hoch. Leider sind die Nichtwähler auch die, die immer am Meisten meckern - an allem und überhaupt ohne Einsicht, dass Kommunalpolitik immer ein Kompromiss ist und kein Bankett für nur eine persönliche Meinung. Die Nichtwähler sind rein rechnisch (noch) in der Minderheit. Von da aus...
    Jedenfalls hat der neue Bürgermeister nun erstmal richtig was zu tun. Schauen wir mal... so aus der Entfernung vom ganz anderen Ende unseres Landes Brandenburgs.

  14. 1.

    Wie kann die SPD mit dem Ergebnis zufrieden sein? Knapp die Hälfte der wahlberechtigten Cottbuser haben sich gegen die Teilnahme an demokratischen Wahlen entschieden...

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