Amtseinführung von Tobias Schick - "Es ist wichtig, dass der Oberbürgermeister sein Parteibuch zur Seite packt"
Seit Mittwoch ist Tobias Schick der neue Oberbürgermeister von Cottbus. Nach einem intensiven Wahlkampf will er Cottbus im Strukturwandel gut aufstellen und eine gespaltene Stadt einen. Dabei will Schick auch sein Parteibuch zur Seite legen. Von Florian Ludwig
Dass Tobias Schick am Mittwoch offiziell die Amtsgeschäfte des Cottbuser Oberbürgermeisters übernimmt war vor zwei Monaten noch nicht absehbar. Denkbar knapp endete der erste Wahlgang. Schick (SPD) lag nur fünf Prozent vor dem zweitbesten Bewerber um das Amt, AfD-Mann Lars Schieske.
Die Oberbürgermeisterwahl fand deutschlandweit Beachtung. Es schien denkbar und sogar durchaus wahrscheinlich, dass erstmals ein AfD-Kandidat Oberbürgermeister einer deutschen Großstadt werden könnte. Als es Anfang Oktober schließlich zur Stichwahl kam, konnte Schick überraschend eindeutig gewinnen. Fast 70 Prozent der Cottbuser Wahlberechtigten entschieden sich für ihn.
Seit Mittwoch ist Tobias Schick nun offiziell Oberbürgermeister von Cottbus. Wirklich bewusst geworden sei ihm das erst am Mittwoch, sagte Schick bei seiner ersten Pressekonferenz als neues Stadtoberhaupt. "Jetzt bin ich wirklich froh, dass ich loslegen kann", so Schick.
Cottbuser sollen im Strukturwandel mitgenommen werden
Seit seiner Wahl wiederholt Schick das, was als Mantra seines Wahlkampfs und seiner beginnenden Amtszeit gewertet werden kann. Er wolle die Cottbuser einen, gemeinsam Lösungen entwickeln und mit allen Fraktionen der Stadtverordnetenversammlung zusammenarbeiten. "Ich glaube, dass es wichtig ist, dass der Oberbürgermeister sein Parteibuch zur Seite packt", so Schick am Mittwoch im rbb24-Inforadio.
Transparenz will Schick schaffen und so zu pragmatischen Lösungen in der Stadtpolitik kommen. Insbesondere der Strukturwandel nach dem Ende der Braunkohle stellt die Stadt vor Herausforderungen - in erster Linie aber vor Chancen. Eine Medizinerausbildung ist geplant, ein hochmodernes Bahnwerk wird gerade gebaut. Zahlreiche wissenschaftliche Institute haben sich bereits niedergelassen, mit dem entstehenden Cottbuser Ostsee könnte die Stadt auch touristisch eine wichtige Rolle spielen. Bei all diesen Dingen will Schick die Cottbuser mitnehmen, wie er sagt. "Ich weiß, die Cottbuser sind neugierig, sind vielleicht manchmal skeptisch, aber sie wollen informiert werden", sagt Schick.
Verständnis, aber auch "klare Kante"
Schick will auf alle Einwohner von Cottbus zugehen und ihre Ängste ernst nehmen. Protest, wie die derzeit jeden Montag stattfindenden Demonstrationen gegen die Energie- und Coronapolitik der Bundesregierung, sei legitim, so Schick.
Doch die Demonstrationen werden auch von offen Rechtsextremen als Bühne genutzt. Ohnehin ist die Stadt laut Verfassungsschutz ein Schwerpunkt des Rechtsextremismus in Brandenburg. Für Cottbus, das auf den Zuzug insbesondere von Fachkräften angewiesen ist, ist das ein Problem.
Deshalb will Schick trotz des Zuhörens, Verstehens und Ernstnehmens "klare Kante" gegen Hass, Gewalt und Extremismus zeigen. "Wir sind eine offene Stadt, wir sind angewiesen auf Zuzug, jetzt schon." Angst, so Schick, sei kein guter Motivator.
"Ich möchte nicht, dass Menschen noch zusätzlich Angst bekommen. Hass und Aufrufe zur Gewalt sind für mich überhaupt nicht verhandelbar", sagt er. Sein Vorgänger Holger Kelch (CDU) äußerte sich in den vergangenen Jahren kaum öffentlich zu den auch von Rechtsextremen wie dem Verein "Zukunft Heimat" organisierten Demonstrationen.
Runde Tische für Austausch geplant
Im Wahlkampf musste sich Schick immer wieder mit dem Thema Sicherheit in der Stadt auseinandersetzen - ein von der AfD gesetztes Wahlkampfthema. Um das Sicherheitsgefühl in Cottbus zu verbessern, setzt Schick nun auf runde Tische. Dort sollen Pädagogen, die Polizei, die Staatsanwaltschaft, aber auch Unternehmer und Anwohner ins Gespräch kommen. Zu allen gesellschaftlich relevanten Themen will Schick solche Tische durchführen. Sie sollen informieren und zum Austausch einladen. Auch eine Sicherheitskonferenz soll im Januar stattfinden.
Die Kommunikation in der Stadtverwaltung und zu den Einwohnern will Schick verbessern, auch das für Cottbuser leidige Thema der Innenstadtbrache will er angehen.
Tobias Schick hat nun acht Jahre im Amt vor sich. Die politische Erfahrung fehlt dem ehemaligen Geschäftsführer des Stadtsportbundes zwar, doch er versucht das mit Elan wettzumachen. Gerade in Hinblick auf den Strukturwandel biete Cottbus nämlich etwas, das weder Berlin noch Potsdam haben, so Schick: Platz - und damit die Möglichkeit sich zu entwickeln.
Sendung: rbb24, 30.11.2022, 18:00 Uhr