Zehn-Milliarden-Euro-Investition - Wie der Energiekonzern Leag die grüne Wende schaffen will

Mo 05.12.22 | 18:25 Uhr
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Eine Bildcollage zeigt einen Tagebau, Windräder und Solarfelder auf einer Wasserfläche (Fotos: dpa/Pleul/Patrick/ABACA)
Audio: Antenne Brandenburg | 05.12.2022 | Sascha Erler | Bild: dpa

Noch laufen die Lausitzer Tagebaue auf Hochtouren, bis 2038 könnte die Kohle weiter eine wichtige Rolle spielen - doch parallel dazu arbeitet der Energiekonzern Leag bereits an seiner neuen, grünen Ausrichtung. Die Pläne gefallen nicht allen gefallen. Von Sascha Erler

Der Energiekonzern Leag will grüner werden. Auch, wenn die Braunkohleverstromung aktuell noch eine wichtige Rolle spielt, ist der Kohleausstieg bis 2038 beschlossene Sache. Deshalb soll laut dem Vorstandsvorsitzenden Thorsten Kramer ab 2023 die neue Leag entstehen. Sie werde mit Blick auf die Mitarbeiter und Vorstände so aussehen wie heute. "Wir werden uns nur nicht mehr mit Braunkohleverstromung beschäftigen, sondern Strom aus Solaranlagen und Windanlagen erzeugen", sagte Kramer am Montag dem rbb vor der Barbarafeier, bei der der Konzern traditionell zurück und nach vorn blickt.

Die Leag will zum größten Erzeuger Erneuerbarer Energien in Deutschland werden. Auf einer Fläche von 33.000 Hektar ehemaliger Tagebaue sollen die Anlagen entstehen. Rund zehn Milliarden Euro will der Konzern in den Umbau investieren. Laut Kramer soll bei der Leag bis zum Jahr 2030 der Strom aus Wind und Sonne in der gleichen Größenordnung erzeugt werden, wie er aktuell aus den Kraftwerken ans Netz gebracht wird, also mit sieben Gigawatt.

Ambitionierte Pläne für sieben Jahre

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen in den kommenden Jahren Millionen Solarplatten und hunderte Windräder aufgestellt werden. Auch die Stromspeicher sollen ausgebaut werden. Die Pläne sind ambitioniert, aber laut Kramer schaffbar. "Sie finden in keinem Bundesland die Voraussetzungen, die die Lausitz bietet, um solche PV- und Windparks ans Netz zu bringen, Strom erzeugen zu lassen in einer Größenordnung, die europaweit einmalig sein wird."

Damit meint Kramer die Tagebaufolgeflächen, auf denen die neuen Parks entstehen sollen - und das ohne große Planungsverfahren, denn der Bundestag hat dafür extra in der vergangenen Woche eine Gesetzesänderung für ein vereinfachtes Baurecht verabschiedet. Demnach soll es in Zukunft deutlich schneller gehen, erneuerbare Energien auf ehemaligen Tagebauflächen aufzubauen. Diese seien so weitläufig, dass sich wohl keine Anwohner gestört fühlen würden, so die Begründung. Der Bundesrat muss dem Vorhaben am 16. Dezember noch zustimmen.

Kritik an Gesetzänderung

Kritik kommt unter anderem vom Umweltverband Grüne Liga. Mit der ursprünglich vereinbarten Nachnutzung der Folgelandschaft habe das nicht mehr viel zu tun, sagte René Schuster von der Grünen Liga dem rbb am Montag. "Wenn man diese Ankündigung in Fläche umrechnet, bleibt von den Kippen gar nichts mehr übrig. Vielfältige Bergbaufolgelandschaft ist dann nicht mehr möglich." Die Grüne Liga ist der Ansicht, dass auch bei der Ausweisung von Wind- und Solarflächen auf Tagebaukippen die Anwohner beteiligt werden sollten. Darüber hinaus befürchtet der Verband eine Marktverzerrung zugunsten der Leag, teilte er bereits in der vergangenen Woche mit. Außerdem werde die Planungshoheit der Kommunen und der zuständigen Regionalplanung eingeschränkt.

"Unsichtbarer" Solarpark stößt auf Kritik

Dass Natur und Solarpark zusammen funktionieren, will der Energiekonzern Leag gerade in Dissen (Spree-Neiße) demonstrieren. Dort soll ein sogenannter "grüner Solarpark" entstehen, mit 200 Megawatt Leistung und viel Abstand zwischen den Modulen. Hecken und Bäume sollen den Park nach außen verdecken. Dissen habe laut Bürgermeister Fred Kaiser (parteilos) sofort Gefallen an dem Projekt gefunden.

"Wir brauchen erneuerbare Energien, schnellstens," so Kaiser. Für jeden Gemeindevertreter sei es ein gutes Gefühl, die Energiewende mitzugestalten. "Und wenn es uns jetzt noch gelingt, sowohl für die Bewohner als auch für Durchreisende, die die Landesstraße langfahren, den Park quasi unsichtbar zu machen, grün zu machen, dann haben wir doch vieles erreicht." Der Bürgermeister rechnet auch damit, dass die Artenvielfalt zunehmen wird. Darüber hinaus werde sich der Boden in 25 bis 30 Jahren erholen, so Kaiser. "Man tut also auch viel Gutes für die Tier- und Pflanzenwelt."

Bei den Gemeindevertretern stößt das Projekt auch wegen der zu erwartenden Gewerbesteuern von jährlich rund 300.000 Euro auf Zustimmung. Außerdem könne eine Beteiligung an der Einspeisevergütung ausgehandelt werden, so Kaiser. "Das wollen wir natürlich auch in Anspruch nehmen."

Allerdings gibt es gegen diesen Solarpark auch bereits eine Bürgerinitiative. Den Unterstützern ist der Park noch zu nah an Wohn- oder Erholungsgebieten. "Es war damit zu rechnen, dass das nicht alle gut finden", so der Bügermeister. "Die, die dort ein Stückchen Fläche haben, sehen das mit anderen Augen als die, die nichts haben." Er verweist aber auf den Mindestabstand von 250 Metern - und die Aussicht auf finanzielle Entlastungen bei Gebühren, zum Beispiel für Kitaplätze. Das Einfachste wäre, den Grundsteuerhebesatz zu senken, "damit jeder in der Gemeinde etwas davon hat."

Sendung: Antenne Brandenburg, 05.12.2022, 16:40 Uhr

16 Kommentare

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  1. 16.

    "Mit unter zehn Prozent, in Berlin seit 20 Jahren tragen lt. RBB die "Erneuerbaren" nur geringfügig im einstelligen Prozentbereich zum Strommix bei"
    Diese Aussage spricht einzig und allein dafür, dass Berlin dem deutschen und auch weltweiten Energietrends weit hinterher hinkt, mehr nicht.
    Deutschlandweit reden wir über nahezu 50% Anteil EE am deutschen Strommix im Jahresmittel. Beleg finden Sie an Ihrer eigenen oder den von mir benutzten Quellen.
    Ich vermute auch Sie machen den Fehler aktuell genutzte erneuerbare Energien auf Wind und PV zu begrenzen und den Blick in die Zukunft hinter einer gedanklichen Mauer zu verbergen.

  2. 15.

    https://www.smard.de
    https://www.energy-charts.info
    Energiemonitor auf zeit.de
    Wenn Ihre Datenquelle in Ihrer Erkenntnis seit Wochen Solar Null ausweist, würde ich die Quelle wechseln oder versuchen richtig zu verstehen/benutzen.
    Ich sehe zwischen 0,79% am 4.12. und 6,75% am 13.11. für Solarenergie in den letzten 30 Tagen auf Ihrer Quelle.
    Die Zahlen die ich aus unserer Anlage habe, kann ich nicht belegen, da sie nicht öffentlich sind. Glauben Sie es oder lassen Sie es bleiben.

  3. 14.

    Wenn es so einfach wäre mit der "Entsorgung"- Je nach Typus der Solaranlage ist die Anlage bei Betriebseinstellung hochgiftiger Sondermüll.

    https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/entsorgung-die-schmutzigen-seiten-der-solarenergie-1579062.html

  4. 13.

    Mit unter zehn Prozent, in Berlin seit 20 Jahren tragen lt. RBB die "Erneuerbaren" nur geringfügig im einstelligen Prozentbereich zum Strommix bei. Ich habe nochmal nachgesehen, bundesweit ist bei https://app.electricitymaps.com/zone/DE noch immer Solarenergie Null. Die "Daten" vom Poster "Matthias" sind bestenfalls nicht repräsentative Einzelfälle, die statisch keine Aussage haben.
    Da man auch bei guten Zeiten bei den Erneuerbaren immer mindestens grundlastfähige Energieversorgung parallel daneben stellen muss, sind Erneuerbare eigentlich nicht notwendig und sie existieren nur durch aberwitzige Subventionierung aus politischen Gründen. In Jänschwalde werden die Rentner reaktiviert, um die konventionellen Kraftwerke wieder hochfahren zu können. Nur die kann man nicht ständig an- und abschalten, die sind technisch nur im kontinuierlichen Betrieb arbeitsfähig und können sich nicht nach dem stochastischen Verhalten des EE Zappelstroms richten.

  5. 12.

    Was mir auffällt, Ihre Zahlen, falls Sie überhaupt welche angeben, sind in der Regel unbelegt. Trotzdem mache ich mir die Mühe, https://app.electricitymaps.com/zone/DE weist seit Wochen aus, Solarenergie Null
    für Deutschland.

  6. 11.

    Korrekt, die letzten Tage waren dunkel. Etwas über 2% hat uns die Sonne geholfen die Energiekosten zu dämpfen.
    Keine Ahnung wo Sie Ihre Zahlen herhaben aber letzte Woche waren die EE mit >23% an der Gesamtstromerzeugung beteiligt. Dabei zu berücksichtigen, dass im Saldo >6% des deutschen Stroms exportiert wurde, um z.B. die französischen Lücken zu stopfen. Wobei Import vorrangig aus EE aus dem Norden Europas erfolgt.
    Der Anteil EE an der Last ist also um einiges höher.
    Ich vermute sie begrenzen immer noch EE auf Wind und PV. Lesen Sie nochmal im EEG was alles dazu gehört.
    Im Sommer sind es locker 50% und mehr die hinreichend sauber und günstig produziert werden. Inzwischen immer öfter tageweise über 100% der Last.
    Deshalb müssen ja dringend und schnell mehr Anlagen gebaut werden.
    Steht doch außer Frage dass wir zu wenig davon haben, wenn sogar die LEAG nun mitmachen möchte.
    Mal mit Ganglinien der Residuallast beschäftigen, um abzuschätzen wie groß die Lücken noch sind.

  7. 10.

    Wieviel Leistung hat Ihre Anlage in den vergangenen sieben Tagen zu Ihrem (privaten) Strombedarf beigetragen?
    Die EEs schaffen aktuell <10%.

  8. 9.

    Woher kommt Ihre solare Null im November?
    Unsere PV-Anlage hat im November ca. 12% des eigenen Strombedarfs abgedeckt bei einer Anlage die 365/24 Stunden mit mehr oder weniger Leistung durchläuft.
    Eine Null habe ich bislang an keinem Tag auf dem Zähler selbst der Schnee vom Samstag hat die Anlage nicht auf Null gebracht.
    Am bislang schlechtesten Tag hatte ich 0,03kWh pro installiertem kW Modulleistung.
    Bei 200MW macht das immer noch knapp 6000kWh/Tag. Ja ist vergleichsweise wenig aber keine Null.

  9. 8.

    Das ist völliger Schwachsinn! Photovoltaikmodule bringen mittlerweile auch nach >30 Jahren mindestens 90% ihrer Leistung. Es sind großteils 20 Jahre alte Anlagen in Betrieb dessen Module ebenfalls noch mindestens diesen Wert erreichen. Ich weiß ja nicht auf welche Quellen Ihr wissen basiert, aber an Ihrer Stelle würde ich mal genauer nachforschen. Neuerdings können die Module auch instandgesetzt werden und müssen nicht immer gleich entsorgt werden. Die Technikwelt verändert sich immer weiter und wenn man so wie Sie alles verteufeln würde, säßen wir immernoch in Höhlen.

  10. 7.

    Das Problem ist halt bei den Erneuerbaren, mal ist Energie da und mal nicht. Wenn man sowieso parallel wegen Grundlastfähigkeit dieselbe Energieproduktion vorhalten muss, 2028 will man in Jänschwalde mit Erdgas anfangen, was macht man dann mit der überschüssigen Solarenergie? Dann kann man doch gleich solar streichen, weil es nicht benötigt wird.

  11. 6.

    Dann kauft halt Deutschland etwas teurer Atom- und Kohlestrom aus dem Ausland ein. Ist ja seit der Energiewende mit den Erneuerbaren ohnehin erforderlich.

  12. 5.

    Aus Kraftwerken wie diesem, über die auch schon der RBB berichtet hatte:
    https://www.rbb24.de/studiocottbus/wirtschaft/2022/07/brandenburg-jaenschwalde-leag-kraftwerk-wasserstoff.html

  13. 4.

    Photovoltaikmodule sind explizit in der Anlage 1 des "Gesetz über das Inverkehrbringen, die Rücknahme und die umweltverträgliche Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten" aufgeführt.
    https://www.gesetze-im-internet.de/elektrog_2015/anlage_1.html

    Es gibt sogar Firmen, die bei privaten Betreibern ausgediente PV-Module kostenlos abholen und dem Recycling zuführen.

  14. 3.

    Mal wieder eine kleine Nebelkerze der Anti-EE Lobby?
    Some facts:
    - Cadmium wird nur in Dünnschichtmodulen verwandt. Bei dem Park in Dissen werden jedoch Mono- oder Polykristalline Module verbaut.
    - Die Non Toxic Solar Alliance ist ein recht dubioses Konstrukt und sollte wohl kaum an dieser Stelle als Referenz genannt werden:
    https://www.lobbycontrol.de/lobbyregister/die-non-toxic-solar-alliance-fragwurdige-schopfung-einer-lobbyagentur-5266/
    - Eine PV-Anlage läuft locker >30 Jahre, die Degration der Zellen spielt kaum eine Rolle. Selbst bei Rückbau der Anlage können die Module im Sekundärmarkt noch bestens verkauft/verwandt werden. Beispiele hierfür gibt massig.

  15. 2.

    Bei Dunkelflaute,, wie im vergangenen Monat, liefert Solar Null, woher kommen dann die 200 Megawatt Leistung, die in Dissen bei Cottbus von der LEAG geplant sind?

  16. 1.

    "Solarpark" ist m.E. ein irreführender Euphemismus. In 20 bis 30 Jahren sind die meisten Module nämlich veraltet und müssen entsorgt werden. Bis jetzt weiß aber niemand, wo die Massen an giftigem Elektroschrott dann landen sollen. Das Problem wurde bei der EU, deren Richtlinie 2002/95/EG die Verwendung von Giftstoffen in Elektrogeräten regelt, auf die lange Bank geschoben. Während für jede kleine 1,5- Volt-Batterie genaue Vorschriften gelten, kann eine giftige Solarplatte auf Cadmium-Basis theoretisch in den Hausmüll geworfen werden. Die Non Toxic Solar Alliance (NTSA), ein Initiative von Forschern und Branchenvertretern, warnt vor giftigen Stoffen in Solarmodulen. Vor allem das enthaltene Cadmium gilt als gesundheitsschädigend, Laut NTSA kann Cadmium Nieren und Knochen schädigen sowie Krebs fördern.

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