Landgericht Frankfurt (Oder) - Ex-Stadtwerkeleiter Werneuchen wegen Betrugs und Bestechlichkeit vor Gericht
Der ehemalige Geschäftsführer soll unter anderem private Bauarbeiten über die Stadtwerke Werneuchen abgerechnet und Aufträge vergeben haben. Jetzt hat der Prozess begonnen. Den Einwohnern drohen hohe Trinkwasser-Preise.
Am Landgericht Frankfurt (Oder) hat am Montag der Prozess gegen drei Angeklagte begonnen. Einer von ihnen ist der ehemalige Geschäftsführer der Stadtwerke Werneuchen im Kreis Barnim. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Mann vor, diverse Wirtschaftsstraftaten begangen zu haben.
Vetternwirtschafts in den Stadtwerken?
Allein für die Verlesung der Anklage benötigt die Staatsanwältin der Staatsanwaltschaft Neuruppin fast 30 Minuten, berichten Reporter des rbb. Darin geht es unter anderem um Untreue, Bestechlichkeit im Amt und Betrug in den Jahren zwischen 2015 bis 2018. Der ehemalige Geschäftsführer der Stadtwerke habe beispielsweise eine Terrasse und Carport auf seinem Privatgrundstück bauen lassen. Diese soll er über fingierte Rechnungen über die Stadtwerke beglichen haben. Außerdem habe er regelmäßig Aufträge der Stadtwerke an den zweiten Angeklagten vergeben - gegen Bargeld und Anteile an überhöhten Rechnungen.
Misswirtschaft hebt Trinkwasserpreise
Werneuchens Bürgermeister Frank Kulicke (Unabhängige Wählergruppe Werneuchen) zeigt sich am ersten Verhandlungstag erstaunt über die Menge der Vorwürfe. "Ich fand es ernüchternd, wie raffiniert manche Leute mit öffentlichen Mitteln umgehen." Dem Prozess wolle Kulicke beiwohnen, geht es doch um eine Klageforderung der Stadtwerke von insgesamt etwa 180.000 Euro. Als Bürgermeister müsse er die Konsequenzen der Korruption teilweise ausgleichen. Denn wegen jahrelangen Missmanagements und verschleppten Investitionen bei den Stadtwerken - allerdings auch schon vor der Verantwortung des Ex-Geschäftsführers - drohen den Werneuchenern enorme Kostensteigerungen: beim Trinkwasser mehr als 60, beim Abwasser sogar mehr als 70 Prozent.
Prozess wird wohl im Vergleich enden
Der nun laufende Strafprozess kann die Defizite in den Kassen des kommunalen Betriebs wohl kaum ausgleichen. Dort geben die Angeklagten am Montag alle Geständnisse ab, die zum Teil kurz und allgemein ausfallen. "Ich erkenne die Vorwürfe vollumfänglich an", lässt einer der Angeklagten etwa über seinen Anwalt verlauten.
Dennoch zeigt sich Kerstin Kühn am ersten Prozesstag ernüchtert. Sie vertritt als Rechtsanwältin die Stadtwerke Werneuchen und sagte: "Hier wird eigentlich nicht mehr um das eigentliche Strafmaß gerungen, sondern nur noch um das Eingeständnis der Angeklagten."
Der erste Prozesstag zeigt, dass die Verhandlung auf einen Vergleich und damit auf Freiheitsstrafen auf Bewährung sowie Geldstrafen für den Ex-Geschäftsführer und seine Mitangeklagten hinausläuft. Darüber soll am kommenden Verhandlungstag am 15. Juni verhandelt werden. Eine Entschädigung für die Stadtwerke bedeute dies aber noch nicht, so Kühn. Darum werde sie wohl nach Abschluss des Strafprozesses in einem Zivilverfahren streiten müssen.
Stadtverordnete suchen nach Lösung für Wasser-Preise
Dennoch bleibt in Werneuchen damit eines nicht aus: Eine Erhöhung der Gebühren bei der Wasserversorgung. Über eine Lösung diese abzufedern, wird beim nächsten Hauptausschuss der Stadtverordnetenversammlung abgestimmt. Bürgermeister Kulicke wolle Steuermehreinnahmen von etwa einer Million Euro aus dem Jahr 2022 als Zuschuss verwenden. Die SPD-Fraktion hat einen eigenen Vorschlag. Dieser sieht vor, die Kostensteigerungen bei einem Drittel zu deckeln und im Haushalt sowie bei den Stadtwerken Kosten zu sparen.
Sendung: Antenne Brandenburg, 05.06.2023, 16:10 Uhr