Luftfahrt - Mit dem E-Flugzeug über Brandenburg unterwegs

Di 05.12.23 | 17:24 Uhr | Von Sandra Fritsch
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Seit wenigen Tagen ist am Strausberger Flugplatz ein Elektroflugzeug stationiert. Die zweisitzige Velis Electro des slovenischen Herstellers Pipistrel kam aus der Schweiz und wird nunmehr von Strausberg aus unter anderem für besondere Interviews mit Prominenten abheben. (Foto: Sandra Fritsch/rbb)
Bild: Sandra Fritsch/rbb

Das Land von oben erleben: Das geht nun auch elektrisch. Das erste E-Flugzeug seiner Art steht in Strausberg. Geleast von Daniel Moeck, der selbst eine Filmfirma betreibt. Für ihn führt an der Elektrofliegerei kein Weg vorbei. Von Sandra Fritsch

Auf dem Flugplatz Strausberg - östlich der Berliner Stadtgrenze - ist das erste Elektroflugzeug Brandenburgs stationiert. Es verspricht fast lautloses Fliegen. Die Maschine kann mit einer Akkuladung knapp eine Stunde in der Luft bleiben. Aber wo wird dann geladen? Im ganzen Land Brandenburg gibt es dafür bislang überhaupt keine Infrastruktur.

Die Maschine des slowenischen Herstellers Pipstrel wirkt auf den ersten Blick klein. Die Tragflächen sind ungefähr in Kopfhöhe, dazu zwei Sitze und Türen, die sich nach oben aufklappen lassen. Das Cockpit selbst ist klassisch aufgebaut: Höhenmesser, künstlicher Horizont, Fahrtenmesser und ganz zentral und nicht zu übersehen: die Batterieanzeige.

"Es ist ein ganz klassisches Flugzeug. Nur der Antrieb ist eben ein anderer – komplett elektrisch", sagt Morell Westermann. Er hat die Maschine nach Strausberg gebracht. Der Schweizer arbeitet bereits länger mit diesen Flugzeugtyp und hat damit im Sommer vor einem Jahr einen Weltrekord aufgestellt. Er ist von der Schweiz an die Nordsee geflogen – und das in insgesamt drei Tagen. Diese Strecke wurde vorher noch nicht von einem Elektro-Flugzeug geschafft.

E-Flugzeuge sind flüster-leise

Der größte Unterschied zu Flugzeugen mit herkömmlichen Verbrennermotoren ist, dass die Maschine extrem leise arbeitet. "Jetzt im Winter hört man beim Rollen zur Startbahn maximal den Schnee knirschen. Vom Triebwerk dagegen so gut wie nichts", sagt Westermann. Daniel Moeck – der neue Besitzer der Maschine – legt sogar noch eins drauf: "Du kannst im Cockpit quasi eine Fliege summen hören."

Lärm- und CO2-Emissionen gehen damit gegen Null. Das war ein wesentlicher Punkt für Daniel Moeck, sich diese Maschine für ein Jahr zu leasen. "Ich liebe es, zu fliegen. Ich liebe es, in der Luft zu sein, weil es einfach eine ganz andere Welt ist. Aber ist mir wichtig, das so nachhaltig wie möglich zu machen. Noch dazu will ich auch die Anwohner nicht stören", so Moeck.

Keine Lademöglichkeiten für E-Flugzeuge im Land

Die Maschine kann knapp eine Stunde in der Luft bleiben und muss dann wieder eine Stunde ans Ladegerät. Und genau da liegt die größte Herausforderung. In Brandenburg gibt es dafür im Moment überhaupt keine Infrastruktur.

Daniel Moeck löst es für seine Maschine mit mobilen Ladegeräten. Die haben ungefähr Koffergröße, sind auf Rollen und damit gut beweglich. Sein eigenes Ladegerät steht in Strausberg. Aber auch vom Flugplatz Schönhagen bei Trebbin gibt es inzwischen die Zusage, hier die entsprechende Infrastruktur zu schaffen. Unter anderem auch deshalb, weil eine erste Flugschule am Platz Interesse an einem E-Flugzeug für die Ausbildung angemeldet hat. Parallel läuft noch eine Anfrage in Richtung BER – bisher allerdings ohne Rückmeldung.

Mehr Infrastruktur für alternative Antriebe

Das Land braucht aber dringend die Infrastruktur für alternative Antriebsarten – auch im Bereich der Fliegerei. Die Ladegeräte für die Pipstrel-Maschine sind am Ende auch nur eine Einzellösung. Darauf weist Klaus-Jürgen Schwahn hin. Er ist der Geschäftsführer des Flugplatzes Trebbin, aber gleichzeitig auch der Vorsitzende der Interessengemeinschaft der regionalen Flugplätze. "Es wäre ungefähr so, als würde man für jedes E-Auto einen extra Stecker brauchen. Man müsste sich vorab eigentlich auch auf Standards festlegen, bevor man als Flugplatz im großen Stil investiert"“, sagt Schwahn. Er empfiehlt deshalb den Plätzen, solche Ladesäulen erst einmal zu leasen.

Das reine Elektroflugzeug ist ein Schritt auf dem Weg zum emissionsarmen Fliegen. Aber allein auf E-Mobilität kann man nicht setzen, gerade wenn es um die Mittel- oder Langstrecke geht. "Dafür brauchen wir Akkus mit deutlich mehr Leistung, die dann aber auch deutlich schwerer sind. Und diese Batterien und das damit verbundene Gewicht muss in die Luft gebracht werden. Das allein kostet schon viel Energie", so Schwahn.

So wird derzeit nicht nur über die Elektromobilität diskutiert. Es geht auch um hybride Antriebe, um synthetische Kraftstoffe – aber auch um Wasserstoff. Klaus-Jürgen Schwahn sagt deutlich, es dürfen nicht nur die Flugzeuge und die Motoren entwickelt werden – die Infrastruktur muss von Beginn an mit überlegt werden.

Flugplätze werden immer mehr zum Energielieferanten

"In den nächsten Jahren werden wir eine große Vielfalt an Antriebskonzepten in der Fliegerei haben. Die Entwicklungen laufen auf Hochtouren und es gibt zahlreiche Kooperationen mit Hochschulen. Die Flugplätze müssen aber jetzt schon anfangen, da mitzuziehen. Aber natürlich ist es schwierig, da die Flieger fehlen, die das jetzt kostendeckend abnehmen. Aber wenn wir uns erst einen Kopf machen, wenn die Maschinen schon auf dem Vorfeld stehen, ist es auch zu spät", so Schwahn.

Damit die kleinen regionalen Flugplätze für die Zukunft gut aufgestellt sind, brauchen sie grünen Strom, grünen Wasserstoff und grünen Kraftstoff – und genau daran muss in Zukunft weiter intensiv geforscht und entwickelt werden.

Sendung: Antenne Brandenburg, 04.12.2023, 14:40 Uhr

 

Beitrag von Sandra Fritsch

31 Kommentare

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  1. 31.

    Danke an Sie und Pilot für die Antworten.
    Ich bin dafür, daß es weiter Hobbypiloten geben darf, die diesem Hobby aus Freude am Fliegen nachkommen.
    Ist den solche eine moderne Maschine mit E-Antrieb wesentlich teurer als die hergebrachten Verbrenner (Anschaffung, Unterhalt, Wartungskosten)?

  2. 30.

    "Wenn die Maschine auf Reiseflughöhe ist, ist das Klappern meiner Tastatur am Boden lauter wahrzunehmen. Flugzeuge starten aber am Boden und fliegen im Steigflug noch in geringerer Höhe." Wie dicht steht der erste Zuhörer an einer Runway z.Bsp. am BER und was ist der geringste Abstand von Zuhörern im Abflugkorridor? Ein üblicher Jet hat irgendwas von 85 dB aufwärts beim Start zum Vergleich (ist aber natürlich mehrstrahlig). Eine Cessna 172 kommt so auf knapp 80 dB.

  3. 29.

    naja, grundsätzlich ist ja die Frage, ob privates Fliegen überhaupt vonnöten ist ;-)
    Wir beide würden dies sicher mit Ja beantworten... und dann ist halt die Frage, wie kann man dies mit möglichst wenig Auswirkungen auf Mitmenschen und Umwelt durchführen und dabei auch noch Spaß am eigenen Hobby haben.

    Ich denke, dafür sind alternative Antriebe, z.B. elektrische, ev. auf wasserstoff basierende Brennstoffzellen-Antriebe, wie sie auch in Strausberg entwickelt werden, schon mal ein erster Schritt.

  4. 28.

    Noch viel besser eine Metapher: Eine Hummel fliegt auch nur, ... weil sie es will. Theoretisch kann sie es nicht.

  5. 27.

    Naja - kommt ja drauf an, ob das Fliegen an der Minimumgrenze vonnöten ist, wenn es sich nicht um Behörde, Rettung oder Militär handelt. Der übliche Überlandflug wird ja von den meisten Sichtfliegern in einer Höhe von 600 Metern über Grund (2000Ft AGL) durchgeführt, um sich an die Vorgaben von §1 LuftVO zu halten.

  6. 26.

    Aber nicht im Idle beim Sinkflug, wenn man Turbinen mal außer Acht lässt.

  7. 25.

    "Macht das, außer für die Insassen, auf Reiseflughöhe für die Umwelt einen Unterschied?"
    Wenn der Pilot an Hotspots auf Sektor-MSA runter geht (MSA= Minimum Safety Altitude), wie ich dies regelmäßig z.B. im Elbtal südlich von Dresden tue, macht es für die Umwelt einen erheblichen Unterschied, ob ein Verbrenner oder ein E-Antrieb den Quirl bewegt.

  8. 24.

    @ Björn:
    Nachtrag: Laut Kennblatt für die Pipistrel Virus SW600 mit Rotax UL912iS Motor (100PS) beträgt die Lärmmessung im Start 69 dB mit einer Propellerdrehzahl von 2355 U/min , ergo im Horizontalflug bei Reiseflugsetting wird die Maschine am Boden vom Verkehrlärm mehr als übertönt. Da ist die e-Pipistrel um Längen leiser, danach kommt Segelflug.

  9. 23.

    >"30000 Kilometer langes Kabel an die Steckdose am Flugzeug anbringen und dann losfliegen.
    Erspart einem das leidige aufladen."
    ;-))) Noch viel besser: Flugzeuge mit Stromabnehmer an einer Oberleitung! ;-))

  10. 22.

    Wenn die Maschine auf Reiseflughöhe ist, ist das Klappern meiner Tastatur am Boden lauter wahrzunehmen. Flugzeuge starten aber am Boden und fliegen im Steigflug noch in geringerer Höhe.

  11. 21.

    Jeder Laubbläser, Benzinrasenmäher und viele motorisierte Zweiräder wie auch Prollautos sind deutlich lauter und nerviger, da braucht man nicht wegen 70dB im Flug Schnappatmung zu bekommen. Mir ist jedes kleine Flugzeug lieber als die eingangs erwähnten Krachmacher.

  12. 20.

    Ja. Denn Lärm wird nicht nur subjektiv wahrgenommen. Die Abnahme des Lärms um 10 dB entspricht in der Höhe zum Boden um die Verringerung fast um die Hälfte der Wahrnehmung.
    Außerdem dürfte dieser Flieger die 60dB im Start bringen und um das als unangenehm zu empfinden, muss man schon sehr nahe sein....
    Aber die technischen Daten zu Alllem findet man ja im Kennblatt für dieses Modell.

  13. 19.

    Alle Flugzeuge können im Gleitflug bei Motorausfall zur Erde zurückkehren und stürzen nicht gleich ab. Die Pipistrel (die Red. hat im Text in "i" vergessen") hat eine Gleitzahl von ca. 18-25. Heisst: bei Idealbedingungen kommt dieser Flieger aus einer Höhe von 1000 Metern über Grund noch über eine Strecke von 18-25km.
    Und dieses Modell wird wohl auch mit einem Gesamtrettungssystem ausgestattet sein, heißt soviel, dass hionter dem Cockpit ein Fallschirm nebst Rakete zum Herausziehen des Schirms installiert sein wird. Sowas ist in Deutschland für UL vorgeschrieben, denn dieses Modell ist hierzlande (mit Verbrenner) als UL klassifiziert. Da die hier erwähnte Maschine eine Schweizer Zulassung hat, wo keine UL zugelassen werden, kann es sein, dass es ohne Rettung daherkommt, was manb aber erfragen kann. Und Gleiten kann, nochmal, jedes Flugzeug, siehe die Heldentat des Piloten, der seine Maschine nach Triebwerksauswfall auf dem Hudsonriver wassern konnte.

  14. 17.

    "70 dB(A) für Verbrennerversion vs. 60 dB(A) für E-Antrieb-Variante gibt der Hersteller an. Der Unterschied ist doch deutlich. " Macht das, außer für die Insassen, auf Reiseflughöhe für die Umwelt einen Unterschied?

  15. 16.

    warum sollte ein kleinst E-Flugzeug nicht fliegen können ? es besteht aber dasselbe Problem wie bei den E-Autos : die Reichweite.
    das e-Auto bleibt stehen , das E-Flugzeug , sollte es Warteschleifen fliegen müssen, droht dann abzustürzen . Beiden gemeinsam ist der enorm schwere Akku

  16. 15.

    " der Lärm kommt bei einem Propellerflugzeug großteils vom Propeller. "

    das E-Flugzeug hat auch einen Propeller

  17. 14.

    Auf das Abkommen scheißen Politik und Wirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes - ausbaden und sich ändern soll sich der Mob - die Reichen und Unschönen machen weiter wie bisher; das ist denen doch egal.

  18. 13.

    Der globale Flugverkehr wir sich bis 2050 mindestens verdoppeln. In den nächsten 20 Jahren werden zehntausende neue Jets gebaut werden, nach Corona werden nun Piloten und Pilotenazubis händeringend gesucht.
    Von Degrowth keine Spur.

  19. 12.

    Das mag für das Halbjahr stimmen, die Zahlen für einzelne Tage sehen im Moment ganz anders aus, Stromproduktion am 30.11.:
    Kohle 49%
    Erdgas 27%
    Biomasse 10%
    Wind 6%
    Solar 1%
    Sonstige 8%

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