Legnica/Polen - Bau von Atomreaktoren nahe der deutschen Grenze nimmt konkretere Formen an

Mi 10.08.22 | 16:30 Uhr
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Symbolbild: Kernkraftwerk Emsland, Druckwasserreaktor, Betreibergesellschaft: Kernkraftwerke Lippe-Ems GmbH. (Foto: Rupert Oberhäuser/picture alliance)
Audio: Antenne Brandenburg | 10.08.2022 | Magdalena Dercz | Bild: Rupert Oberhäuser/picture alliance

Das Nachbarland Polen setzt in der Energiekrise weiter auf den Bau neuer Atomkraftwerke. Nur 200 Kilometer südöstlich von Frankfurt (Oder) sollen in Legnica "Small Modular Reactors" entstehen. Ein weiteres ist bei Danzig geplant.

Energie-Krise in Europa: So schaltet Spanien die Straßenbeleuchtung in Fußgängerzonen ab, in Italien bleiben unter 25 Grad die Klimaanlagen aus und in Deutschland wird darüber nachgedacht, die Laufzeiten der letzten drei Atomkraftwerke zu verlängern.

Doch bei Atomenergie scheiden sich zumindest in Deutschland die Geister. Polen dagegen setzt auf den Reaktor-Neubau. So soll ab 2026 ein AKW in Zarnowiec bei Danzig entstehen. Auch in der Sonderwirtschaftszone Legnica – 200 Kilometer südöstlich von Frankfurt (Oder) - sollen neue Atom-Meiler als sogenannte kleine modulare Reaktoren (SMR) entstehen.

Vorvertrag bereits unterschrieben

Der Vorvertrag für eine solche Anlage mit zehn Mini-Reaktoren wurde vor ein paar Tagen unterzeichnet. Zwei Unternehmen werden sich an dem Bau der Anlage beteiligen – DB Energy und Last Energy Polska, sagt Ryszard Wawryniewicz, Vize-Vorstand des Sonderwirtschaftszone Legnica. "Wir suchen in der Sonderwirtschaftszone Legnica nach einem entsprechenden Standort für die Ansiedlung der Mini-Reaktoren, um in Anbetracht der weltweiten Energiekrise die Energielieferungen sicherzustellen", so Wawryniewicz. Das sei eine absolut saubere Energie zu einem absolut fairen, bezahlbaren Preis für die Investoren und die Bevölkerung. Bei Legnica ist ein kleines AKW mit einer Leistung von 200 Megawatt geplant.

SMR würden in Polen zum Trend

Generell würden SMR bei Energie-Investitionen in Polen eine immer größere Rolle spielen. Diese seien leistungsmäßig zwar weniger effizient, seien dafür aber sicherer, was potenzielle Gefahren wie die eines terroristischen Angriffs angeht. Zudem sollen die geplanten Mini-Reaktoren in Legnica unterirdisch errichtet werden, was einen denkbaren Luftangriff erschwere, erklärte Andrzej Strupczewski vom Nationalen Zentrum für Kernforschung in Polen. Außerdem sei ein eigenes integriertes Kühlsystem vorgesehen. Dies mache eine Attacke von außen auf das Kühlsystem fast unmöglich, ist sich Strupczewski sicher.

Polnischer Experte sieht nur Vorteile

Auch das Problem der Endlagerung der radioaktiven Reste werde gelöst. "Wir werden - ähnlich wie das die Schweden und Finnen machen- die sogenannte ewige Lagerung verwenden", erklärte er. Die radioaktiven Überreste würden mit Harz beziehungsweise Glas vergossen, dann in nicht rostenden Stahlfässern gelagert und zusätzlich mit Beton ummantelt. "So umhüllt werden die strahlenden Abfälle in Salz- oder Granitkavernen gebracht und mindestens 600 Meter tief in der Erde gelagert. In den Kavernen sind die Reste gegen tektonische Bewegungen/Erdbeben sicher." Solche geeigneten Orte seien laut Andrzej Strupczewski in Polen bereits gefunden worden. Entsprechende Expertisen für die Vorbereitung werden jetzt erstellt, hieß es weiter.

Aus Strupczewskis Sicht bleibe zwar noch das Problem der Wasserknappheit, um die Kühlsysteme betreiben zu können. Aber das sei händelbar, schließlich werde das größte polnische Atomkraftwerk in der Nähe der Ostsee gebaut, gibt sich der Kernkraftexperte auch in dieser Hinsicht optimistisch.

Sendung: Antenne Brandenburg, 10.08.2022, 14:10 Uhr

77 Kommentare

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  1. 77.

    @Dominik, "Beitrag" 58
    ... und was halten Sie davon, dass ukrainische Armee in Wohngebiete, hinter Krankenhäuser, Schulen und Kindergärten verschanzt, um von dortaus die Russen beschießt?
    Entspricht das den internationalen Normen? Entspricht das dem Völkerrecht?

  2. 76.

    Japan sah das wohl anders mit den Schlüssen als wir hier in Deutschland.

  3. 75.

    Nun bleibt die Frage, warum die Ukrainer, trotz des Wissens, dass da russische Waffen und Munition lagert, das AKW beschießt?
    Letztlich gleicht das doch nur dessen, dass ukrainisches Milliär Stellungen in Wohngebieten, Krankenhäuser u.a. von friedlichen Bürgern benutzte Gebiete, aufbaut, von denen sie die Russen veschießen.
    Hier ein AKW, da ein menschliches Schutzschild.
    Was ist nun perverser?
    Letztlich ist auch mir egal, woher der Strom und das Fas kommt, denn frieren für den Frieden können Andere.

  4. 74.

    Mit anderen Worten ist Atomkraft ein teurer Spaß!
    Das Geld sollte man nehmen und erneuerbare ausbauen.
    Die Baukosten für Atomkraftwerke steigen enorm, der Brennstoff muss auch aus Afrika hergeschafft werden. Das mit der Endlagerung ist auch noch nicht klar.
    Sicher kann man einwenden dass Wind nicht immer weht und die Sonne auch nicht vierundzwanzig Stunden am Tag nutzbar ist. Die Technik bleibt allerdings nicht stehen und es gibt ein Verbundnetz.
    Falls jetzt jemand kommt mit Kernfusion und alle Probleme sind gelöst, das erzählt man sich schon seit Jahrzehnten.
    Genauso wie mit der Heilbarkeit von Krebs.
    Eleganter, billiger, dezentraler und nachhaltiger sind erneuerbare.

  5. 73.

    Was Reaktorsicherheit angeht kann ich jedem mal den Film "Fukushima" empfehlen....regt zumindest zum Nachdenken an.

  6. 72.

    Ihre Antwort ist zwar unausstehlich, ob sie es auch sind, weiss ich nicht, aber wenigsten sind sie ehrlich und stehen zu dem was sie sind.

  7. 71.

    In Anbetracht der möglichen Folgen eines Reaktorunfalls sind 200 km aber nun sehr nah. Da kann man nur um ein paar Jahrhunderte durchgehend Westwind betteln.

  8. 70.

    Frankreich hat hauptsächlich Probleme, weil staatlich gedeckelte Strompreise die halbstaatliche EdF finanziell runiniert haben, diese über Jahre hohe Schulden anhäufte und anschließend die Wartung ihrer modernsten Kraftwerke vernachlässigte. Und ja, einige Kraftwerke mussten die Leistung drosseln, da ihr Kühlwasser Flüsse unzulässig stark erwärmt. Im trockenen Spanien nutzt man deswegen Kühltürme und exportiert nun Kernkraftstrom nach Frankreich. Frankreich verstromt zur Zeit nicht mehr Erdgas als in früheren Sommern, sondernrettet sich durch exorbitant hohe Importe. Es ist Deutschland, dass in diesem Jahr planlos sehr große Mengen Erdgas verstromt hat, um den begonnen Ausstieg aus Kernkraft und Steinkohle zu kompensieren. siehe: Fraunhofer ISE. Und ja: Frankreich fehlt viel Photovoltaik, die in großen Teilen des Jahres die Lastspitze über den Mittag kompensieren würde.

  9. 69.

    Klar, dass Sie auf keine Energie außerhalb ihrer Wände angewiesen sind...logisch in einer Industriegesellschaft.
    Bei machen hört das Denken definitiv an der Haustür auf.

  10. 68.

    Diese bösen Vermieter aber auch.

    Ich habe selbst 2 Öko Mieter. Lange verlangten sie die energetische Sanierung.

    Gerade sind diese Arbeiten fertig geworden. Jetzt meckern diese Mieter, dass sie 400 Eur mehr Kaltmiete zahlen müssen (8% Umlage).

    Denen kann man es nicht recht machen

  11. 67.

    Die Schlagzeile ist doch schon wieder toll, nahe der deutschen Grenze. Um dann im weiteren Verlauf zu schreiben das es 200 Kilometer sind. Panikmache vom feinsten.

  12. 66.

    Bei mir und vielen anderen ist die Energiewende nicht gescheitert. Brauche weder Kohlestrom noch Gas, dank Speicher auch im letzten Winter nicht.
    Wer clever genug war hat zeitig genug umgerüstet. Das bis heute Mieter nicht davon profitieren wenn der Vermieter Solar aufbaut ist ein Skandal.

  13. 65.

    Ein Artikel in der Tageszeitung, ich zitiere "Das Bundeswirtschaftsministerium will Netzanbietern bei drohender Netzüberlastung die Möglichkeit einräumen, große Verbraucher wie Elektroautos und Wärmepumpen zeitweise vom Netz zu nehmen. Das geht aus einem Gesetzentwurf des Ministeriums hervor. "Wir wollen ca 50 Mill Autos auf E umstellen und alle Heizungen auf Wärmepump die viel Strom beanspruchen und kommen jetzt schon fast an unsere Grenzen. BASF will ca 10 Milliarden Euro in China investieren die bis dato größte Einzelinvestition in der Geschichte des Unternehmens, sieht so das Vertrauen in die deutsche Energiepolitik aus? Wolfgang Grupp Chef von Tigema in einem Interview "Wenn ich warte bis die Politik das Problem gelöst hat, ist es zu spät. Das bringt nichts und dauert zu lange, da müssen wir uns schon selber helfen. "Wenn schon die Regierung und Unternehmen zweifeln, dann sind wir auf dem richtigen Weg.

  14. 64.

    Bei mir und vielen anderen ist die Energiewende nicht gescheitert. Brauche weder Kohlestrom noch Gas, dank Speicher auch im letzten Winter nicht.
    Wer clever genug war hat zeitig genug umgerüstet. Das bis heute Mieter nicht davon profitieren wenn der Vermieter Solar aufbaut ist ein Skandal.

  15. 63.

    Mit Ihrer geistlosen Einstellung zu dem dringendsten Problem unserer Zeit können Sie sich mit "John" die Hand reichen. Egoismus pur.

  16. 62.

    Das mag sein, wir bekommen jedoch im Dezember/Januar noch größere Probleme, die sich nicht auf fehlendes Kühlwasser in Atomkraftwerken usw. beschränken.
    Wenn jetzt schon selbst Leute von einem Blackout sprechen, die diesen vor einem Jahr noch als Verschwörungsmythe abgetan haben, müssen wir sehr hellhörig werden.
    Die aktuellen Warmwasser- und Lichtabschaltungen sowie der Strompreis sind doch ein klares Zeichen, dass die Ideologische Energiewende gescheitert ist.

  17. 61.

    Ja, auch Putins neues Waffenlager neben dem Atomkraftwerk ist absolut krank.
    Ebenso krank wäre es, wenn eines unserer gelieferten Waffensysteme dieses Atomkraftwerk in die Luft jagen sollte.

  18. 60.

    Und die Brennstäbe kommen dann aus, äh, Rußland?

  19. 59.

    Wir werden immer auf Energieimporte angewiesen sein. Vor allem für das Winterhalbjahr. DE kann nur rund die Hälfte des Primärenergiebedarfes aus EE Potentialen decken.

    Die zusätzliche Energie kann zb in Form von grünem Wasserstoff aus Spanien, Tunesien oder eben auch Australien kommen. (Um mal positive freundliche Länder zu nennen.)

    Der H2 ist dann auch ein Backup, gibt aber auch Wärme und Stromspeicher.

    Aber das ist erst der finale 2te Schritt, den wir in so 15 bis 20 Jahren gehen müssten für 100% EE.

    Aber schön, wenn AKW für die Lösung gehalten werden, obwohl die gerade das Problem sind. In Frankreich sind vor allem auch die 3 neusten AKW seit Monaten außer Betrieb wegen sicherheitskritischen Rissen. Die EPR Reaktoren im Bau sind unverschämt teuer und über 1 Jahrzehnt hinter dem Bauplan. Tolle Lösung.

  20. 58.

    Ein AKW "militärstrategisch" zu nutzen ist an sich schon gegen jede Internationale Norm. Klarer Bruch von Völkerecht etc und allen Sicherheitsvorschriften bezüglich AKW.

    Die Russen Lagern Munition, Artillerie und andere Militärtechnik IN den Reaktorgebäuden. Kranker geht es gar nicht mehr, vor allem wenn man die häufigen Zwischenfälle in Munitionslagern der Russen mit Rauchern bedenkt.

    Also auch ohne ukrainisches Gegenfeuer sind die russischen Militärlager IN den Reaktorgebäuden eine riesengroße Gefahr für halb Europa.

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