PCK unter Treuhandverwaltung - Rosneft will gegen "Zwangsenteignung" deutscher Tochterfirmen gerichtlich vorgehen

Fr 16.09.22 | 23:11 Uhr
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Schild von Rosneft an der Geschäftsstelle des Unternehmens in Berlin. (Quelle: imago-images/Steinach)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.09.2022 | Oliver Neuroth | Bild: imago-images/Steinach

Rosneft Deutschland - und damit auch die PCK-Raffinerie in Schwedt - kommen unter die Treuhandverwaltung des Bundes. Doch das russische Mutterunternehmen will das nicht einfach hinnehmen.

Der staatliche russische Ölkonzern Rosneft hat der Bundesregierung eine "Zwangsenteignung" seiner deutschen Tochterfirmen vorgeworfen. Das Unternehmen sprach in einer Mitteilung am Freitagabend in Moskau von einem "illegalen" Zugriff auf sein Vermögen und kündigte an, zum Schutz seiner Aktiva vor Gericht gegen die Aktion Berlins vorzugehen.

Die Bundesregierung hatte entschieden, die deutschen Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur zu stellen. Damit hat die Bundesnetzagentur das Sagen auch bei der PCK-Raffinerie im brandenburgischen Schwedt.

Rosneft: Haben zu jeder Zeit Verpflichtungen erfüllt

"Rosneft sieht darin eine Verletzung aller grundlegenden Prinzipien der Marktwirtschaft, der zivilisierten Grundlagen einer modernen Gesellschaft, die auf dem Prinzip der Unantastbarkeit von Privateigentum aufbaut", hieß es in der Stellungnahme. Der Konzern betonte, dass er zu jeder Zeit seine Verpflichtungen erfüllt habe. Das Unternehmen werde alles tun, um die Interessen seiner Aktionäre zu schützen, hieß es.

Zugleich machte Rosneft deutlich, durch die Entscheidung der Bundesregierung nun keine Möglichkeit mehr zu haben, "die industrielle und ökologische Sicherheit des Werkes zu gewährleisten". Der Konzern sei allerdings auch bereit, einen möglichen neuen Vertrag auszuhandeln - unter der Bedingung, dass es eine Garantie gebe für die Bezahlung der Öllieferungen, für die Investitionen und die Rechte der Beschäftigen des Unternehmens.

Öl-Embargo soll ab Januar greifen

Die Bundesregierung hatte am Freitag angekündigt, die Mehrheitseigner der PCK-Raffinerie - Rosneft Deutschland und RN Refining Marketing, beides Töchter des russischen Staatskonzerns Rosneft – unter staatliche Kontrolle zu bringen.

Scholz hatte am Nachmittag erklärt, dass am Standort Schwedt in den kommenden Jahren im Rahmen eines Zukunftspakets 825 Millionen Euro investiert würden. Der Standort und die Arbeitsplätze seien damit gesichert. Niemand in der PCK-Raffinerie müsse sich um seinen Arbeitsplatz Sorgen machen.

Hintergrund ist das Öl-Embargo der EU gegen Russland wegen des Krieges gegen die Ukraine, das ab Januar 2023 greifen soll. Deutschland hat sich auf EU-Ebene verpflichtet, auch auf russisches Pipeline-Öl zu verzichten. PCK wird über die "Druschba"-Pipeline mit russischem Öl beliefert. Rosneft hatte nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums wenig Interesse an einer Abkehr von russischem Öl.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.09.2022, 6 Uhr

33 Kommentare

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  1. 33.

    Internationale Sanktionen gegen Staatsunternehmen eines Landes welches einen völkerrechtswidrigen Angriff-/Vernichtungskrieg gegen seinen Nachbarn führt.

    Da wird nicht lang verhandelt.

    Was ist eigentlich mit den geleasten Flugzeugen von westlichen Leasinggebern im Milliardenwert. Die rückt der kriminelle Terrorstaat Russland schlicht nicht raus. Wenn man sich Putins Freunde wie Prigoschin, u. a. verurteilt wegen Prostitution von Minderjährigen, anguckt wundert einen nix.

  2. 32.

    Na da haben Sie meinen Beitrag ganz falsch ausgelegt, und legen mir Worte in den Mund, die ich noch nicht mal gedacht habe.

  3. 31.

    Aktuell dazu die Aussagen des Kanzlers:
    https://www.bmvg.de/de/aktuelles/scholz-auftrag-bundeswehr-lautet-landes-buendnisverteidigung-5498724

  4. 30.

    Was heißt keiner liefert. Die Polen und andere Länder haben im versprochenen Ringtausch aus ihren Kampfpanzerbeständen geliefert. Die modernisierten Russenpanzer sind nicht die schlechtesten.
    Und die USA, UK liefern auch wichtige Waffensysteme.
    Deutschland meint offenbar, dass man mit dem „Dingo“ wichtige Bodenoffensiven forcieren kann.
    Mir kann bis heute niemand glaubhaft erklären worin nun unsere effektive Unterstützung der ukrainischen Befreiung eigentlich besteht?
    Ganz ehrlich, dass ist wirklich schäbig.

  5. 29.

    Sie denken wahrscheinlich erstmal nur 1941. Man könnte aber auch weiter zurückgehen und an den Boxeraufstand denken, wo es auch schon mal hieß "Germans to the front". Aber wer sagt, daß diese Entwicklung zwangsläufig ist? Es muß nicht so kommen, daß man wieder in einen großen Krieg als Schlafwandler eintritt. Das zu verhindern, ist doch gerade die Aufgabe von guter Politik und Diplomatie.

  6. 28.

    Ich habe eine Tante, die gerade 101 Jahre alt geworden ist und sich an ihre Jugend erinnert fühlt. Leider stirbt die Generation mit geschichtlicher Erfahrung aus. Auch Politiker vom Kaliber und Geschichtsbewußtsein wie z.Bsp. Egon Bahr sind heute leider selten geworden - das betrifft aber wohl beide Seiten im Konflikt.

  7. 27.

    Das sich nach den Wahlen viel durch den Ukrainekrieg geändert hat ignorieren Sie einfach mal?

  8. 26.

    Spüren Sie auch, was die anderen Staaten von uns wollen und uns „vorschicken“, a la „Führungsrolle“ die sonst nicht gewünscht ist? Wenn Scholz ähnlich standhaft bleibt wie seinerzeit Schröder/Fischer werden wir ihm dies nie vergessen. Dafür hat Herr Schröder für immer Respekt verdient.

  9. 25.

    Ich glaube dass es weiterhin Vertragsbruch heißen wird und Rosneft keine Chance haben wird. Schließlich sind wir ja leider im Krieg mit den Russen. Als Beispiel:
    In den Medien heißt es schließlich auch, dass Nord Stream 2 nicht in Betrieb genommen wurde, wegen des Überfalls auf die Ukraine, welcher aber erst nach dieser Entscheidung eingetroffen ist... Ich frage mich hier immer noch was war Ursache, was war Wirkung....

  10. 24.

    Damit würde Polen bestimmen, wer Inhaber einer Firma in Deutschland sein darf, wenn auch Handel mit Polen beabsichtigt ist. Wenn Sie das so meinen, klingt das eher wie ein "Nachbarschaftsproblem" zwischen Deutschland und Polen, das eigentlich schon mindestens 83-104 Jahre endgültig Geschichte sein sollte in Europa.

  11. 23.

    Die erste Runde des Handelskrieges begann Putin spätestens mit dem Leerlaufen lassen der Speicher der Gazprom.

    Welcher Konzern hat due Zusammenarbeit mit den Kremlins nicht schon lange beendet?

  12. 22.

    Sanktionen sind kein Novum, und sind durch die Gesetzgebung gedeckt.

  13. 21.

    Ich dachte eigentlich immer, Zwangsineignungen gab es nur, in der DDR.
    Kann man aber wieder mal wieder sehen, wie man sich täuschen kann. Und dieser Staat letztendlich nicht viel besser ist.
    Was mir nicht passt, wird passend gemacht, oder man macht, passenden Gesetze dazu.
    Ich bin auch kein Putin Fan, aber man war doch, der Meinung, wir brauchen sein Gas nicht.
    So kann man sich halt täuschen.
    Und der arbeitende Bürger, darf es wieder alles bezahlen. Prost Mahlzeit.

  14. 20.

    "keiner liefert aber Deutschland soll....... geopfert werden?" Klingt wie: Wir haben da Erfahrungen im Feld auf der Krim oder im Kursker Bogen?

  15. 19.

    Wirtschaftskrieg als Grund dafür ist aber ein Novum und noch nie gerichtlich geklärt. Das wird in jedem Falle ein spannender juristischer Streit.

  16. 18.

    letztendlich war die Forderung der polen für die treuhandvariante entscheidend. Denn polen hat es abgelehnt öl durch Pipeline von Danzig nach schwedt zu liefern, solange rosneft die Mehrheit an schwedt hält. Nur von Rostock aus bekommt schwedt nur rund 50% der notwendigen Menge.

  17. 17.

    Das stimmt wohl, aber der Boykott von russischen Erdöl per Pipeline gilt erst ab 2026 . Das hat Deutschland nicht in Anspruch genommen und von sich erklärt, dass es von 2023 kein russisches Erdöl mehr importieren will. Warum auch immer, denn die Probleme, die daraus resultieren, waren zum Zeitpunkt dieser Entscheidung schon absehbar.

  18. 16.

    Haben ich seit dem erneuten Aufflammen des Krieges gegen die Ukraine Wahlen verpasst? Bei der Umsetzung haben nur die Kremlins in Brandenburg Probleme, bei der Leuna hat mal längst Lösungen gefunden.

  19. 15.

    Da stimme ich Ihnen ausnahmsweise zu: "Zum Wohle der Allgemeinheit kann Privateigentum vergesellschaftet werden". Na dann, los geht's!

  20. 14.

    Mit Rechtsstaat hat das natürlich nichts zu tun. Der Staat kann nicht einfach Gesetze brechen - hier das Eigentumsrecht - mit dem Argument "Wir haben aber die Moral auf unserer Seite". Wie das Gericht damit umgeht könnte ein Lackmustest für den Stand der Rechtsstaatlichkeit hierzulande. Ansonsten ist @Blümel zuzustimmen.

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