Klage gegen Fondsgesellschaft - Eigentümer droht nach Bauträgerpleite der Wohnungsverlust

So 02.10.22 | 08:03 Uhr | Von Wolf Siebert
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Der Wohnungskomplex in der Richard-Sorge-/ Ecke Auerstraße in Friedrichshain. (Foto: Wolf Siebert/rbb)
Audio: rbb24 Inforadio | 30.09.2022 | Wolf Siebert | Bild: Wolf Siebert/rbb

In Berlin-Friedrichshain sollte ein Bauträger Eigentumswohnungen bauen, doch mittendrin stellte dieser die Arbeit ein. Die Käufer bauten in Eigenregie weiter, nun aber droht ihnen der Verlust der Wohnungen durch die finanzierende Fondsgesellschaft. Von Wolf Siebert

Symeon Yovev beschreibt den Kampf um die Wohnungen als "nervenaufreibenden Marathon". 2014 hatten die Eltern des 42-jährigen Künstlers aus Sofia bei einem Bauträger drei Ein-Zimmer-Wohnungen in Friedrichshain gekauft, in der Richard-Sorge-/ Ecke Auerstraße. Die Mieteinnahmen sollten ihren Lebensabend absichern.

Bald aber gab es Probleme: 2016 sollten die Wohnungen fertig sein. Doch 2016 hatten noch nicht einmal die Bauarbeiten begonnen, erzählt Yovev, der inzwischen in Berlin lebt. 2019 ging dann dem Bauträger das Geld aus. Warum ist bis heute ungeklärt. Er hinterließ halbfertige Wohnungen, die auch noch Baumängel hatten. Einige Käufer zogen dennoch ein, weil sie sonst auf der Straße gesessen hätten. Die Käufer beschlossen: Wir bauen in Eigenregie zu Ende - obwohl keiner entsprechende Erfahrungen hatte, viele noch einmal Geld nachschießen mussten.

Fondsgesellschaft will Käufer auszahlen und Wohnungen verkaufen

2022, acht Jahre nach Unterzeichnung des Kaufvertrags, sind auch Yovevs Wohnungen endlich fertig. Aber möglicherweise wird er sie verlieren: Das Bauträger-Projekt wurde nämlich auch durch die Einlagen eines geschlossenen Immobilienfonds finanziert, der seinen Anlegern eine üppige Rendite versprochen hatte. Um das abzusichern, hatte die Fondsverwaltung, die "Metropolitan Estates Berlin GmbH", im Grundbuch eine Grundschuld eintragen lassen. Da bei der Bauträgergesellschaft nichts zu holen ist, will der Fonds die Wohnungen nun zwangsversteigern lassen.

Haus zu dem Zeitpunkt, als auf der Baustelle nicht mehr gebaut wurde, weil der Bauträger die Arbeit eingestellt hatte. (Quelle: privat)
Bild: privat

Juristisch ist das durchaus möglich, sagt sogar Yovevs Anwalt, Alexander Kluge: "Hier ist das besondere Risiko, dass die Makler- und Bauträgerverordnung den Erwerber nur vor dem Bauträger schützt, nicht aber vor der ihn finanzierenden Bank." In der Verordnung heißt es: "Wird das Bauvorhaben nicht vollendet, kann der Kreditgeber dem Käufer die geleisteten Zahlungen zurückzahlen." Praktisch hieße das: Der Kreditgeber zahlt die Käufer aus und bekommt dafür die Wohnungen.

Die Käufer hingegen argumentieren: Sie haben die Wohnungen auf eigene Kosten zu Ende gebaut. Dadurch haben sie ihre Zahlungsverpflichtung aus dem Kaufvertrag erfüllt. Deshalb soll die Fondsverwaltung die im Grundbuch eingetragene Grundschuld löschen. Symeon Yovev und einige andere Käufer sind nun gegen die Fondsgesellschaft vor Gericht gezogen. Ende September fand ein erster Prozesstag statt.

Von der Wertsteigerung haben die Käufer nur wenig

Käufer Symeon Yovev fragt sich, warum die Fondsverwaltung ihre Forderung nicht schon viel früher angemeldet hat. Seine Vermutung: "Sie haben gewartet, bis wir das Gebäude für sie zu Ende gebaut haben. Nun wollen sie uns unsere Wohnungen wegnehmen und sie für das Dreifache verkaufen. Uns aber wollen sie nur einen Bruchteil dessen zurückzahlen, was die Wohnungen heute wert sind."

Von der Wertsteigerung hat Käufer Yovev wenig. Er bekommt lediglich das Geld zurück, das er an den Bauträger gezahlt hat - plus vier Prozent Zinsen. Von diesem Geld muss er - falls er den Prozess verliert - auch noch Anwalts- und Gerichtskosten zahlen.

"Es verstößt evident gegen die Grundsätze von Treu und Glauben", so die Einschätzung von Rechtsanwalt Kluge, "wenn man die Menschen sehenden Auges fertig bauen lässt und sie noch einmal eigenes Geld investieren lässt, das sie nicht an den Bauträger zahlen und das deswegen nicht erstattet werden muss."

Haus zu dem Zeitpunkt, als auf der Baustelle nicht mehr gebaut wurde, weil der Bauträger die Arbeit eingestellt hatte. (Quelle: privat)

Mangelhafter Schutz von Wohnungskäufern

Symeon Yovev ist kein Einzelfall. Mit den Einlagen des geschlossenen Immobilienfonds wurden in Berlin vier Projekte mit Eigentumswohnungen finanziert. Auch bei ihnen gab es ähnliche Probleme wie in der Richard Sorge-Straße: viel zu lange Bauzeiten, Baumängel, Rechtsstreitigkeiten. Ein Projekt ist noch heute ein Rohbau. "Es ist schon auffallend", so Rechtsanwalt Kluge, "wenn in mehreren ähnlich gelagerten Projekten mit den immergleichen Beteiligten, die zumindest dahinterstehen, die immergleichen Sachverhalte sich ereignen. Dass also Bauprojekte in einer Art und Weise zum Erliegen kommen, dass das nicht recht nachvollziehbar ist."

Kluge kritisiert, dass der Schutz von Wohnungskäufern durch die Makler- und Bauträgerverordnung nicht ausreichend sei. Hier müsse dringend nachgebessert werden. Über einen besseren Käufer-Schutz wird auch in der Politik schon seit Jahren diskutiert, verbessert wurde aber zuletzt nur die Situation von Menschen, die per Bauvertrag ein Eigenheim bauen lassen, kritisieren Verbraucherschützer wie der Bauherren-Schutzbund.

Gerichtsurteil erst im November

Am ersten Tag der Verhandlung am Berliner Landgericht machte der Richter deutlich, dass er die Position von Symeon Yovev durchaus für nachvollziehbar hält. Die Fondsverwaltung hätte ihre Forderung möglicherweise "unverzüglich" anmelden müssen. Die Fondsverwaltung sieht sich hingegen selbst als Geschädigte, weil der Bauträger das Darlehen nicht zurückgezahlt hat.

Der Richter will seine Entscheidung Mitte November verkünden, legte den Parteien aber auch nahe, über einen Vergleich nachzudenken. Der könnte so aussehen, dass Käufer Yovev erneut eine bestimmte Summe nachschießt, die Fondsverwaltung sich damit zufriedengibt und die Löschung der Grundschuld veranlasst. Yovev würde dann die Wohnungen behalten.

Die Eltern von Symeon Yovev bekommen das alles nicht mehr mit. Sie sind inzwischen verstorben.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.09.2022, 06:00 Uhr

Beitrag von Wolf Siebert

83 Kommentare

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  1. 83.

    Also ist Ihrer Meinung nach vorausschauendes planen Ihrer Finanzen "ekelhaft". Das tut mir sehr leid für Sie. Einige denken drei oder vier Schritte weiter und packen ihr Geld nicht einfach auf die Bank wo es stetig an Wert verliert. Es gibt tatsächlich Menschen die ihre finanzielle Zukunft vorbereiten und ihr Vermögen aufbauen. Daher ist die Schuld allein bei der Dame. Man kann Ihnen nur dazu raten Ihre Finanzen besser zu planen.

    Ich bin nicht der Meinung das Alter vor Wohnungslosigkeit schützen sollte. Man sollte viel mehr die Reife mitbringen wirtschaftliche Prozesse verstehen zu können und das man gelernt hat mit Konsequenzen umzugehen.

  2. 82.

    "Hätte die Dame ihr bescheidenes erspartes in Eigentum gesteckt wäre sie jetzt nicht vor diesem Problem." "Die Dame hat nicht vorausschauend gewirtschaftet und ist nun zu unflexibel sich etwas neues zu suchen. Das fällt bei mir in die Schublade: "Selber Schuld"." Was Sie hier - in Unkenntnis der Lebenssituation der Dame - von sich geben, ist einfach nur beschämend und spiegelt genau die Denke dieser Investoren, die immer wieder angeprangert werden, wieder, e k e l h a f t!

  3. 81.

    Wohnung kaufen und Eigenbedarf anmelden. So würde ich das machen. Charlottenburg ist schon ein schönes Pflaster und man muss sich diese Chance nicht entgehen lassen. Außerdem kommt jetzt die beste Zeit zu kaufen. Wenn die Preise endlich etwas runter gehen muss man echt mal schauen was man an Immobilien mitnehmen kann. Das lohnt sich als Zukunftsinvestition. Optimal allerdings ist es für alle deren Kinder in Berlin studieren wollen. Einerseits hat das Kind dann eine Wohnung und später kann man vermieten. Da lässt sich Eigenbedarf auch gut durchsetzen.

  4. 80.

    Leute müssen lernen das Mieten nicht dem Besitz gleich zu setzen sind. Hätte die Dame ihr bescheidenes erspartes in Eigentum gesteckt wäre sie jetzt nicht vor diesem Problem. Außerdem muss man das alles nicht so melodramatisch sehen. Es gibt in Deutschland genügend günstige Mieten. Die Dame hat nicht vorausschauend gewirtschaftet und ist nun zu unflexibel sich etwas neues zu suchen. Das fällt bei mir in die Schublade: "Selber Schuld".

    Hier sollte man sich auch entscheiden was einem wichtiger ist. Das Dach über dem Kopf oder das Ersparte in der Bank. Dank der Inflation schrumpft das. Hätte die Dame es in Betongold gesteckt hätte sie das Problem nicht mehr.

  5. 79.

    Ich sprach von Kosten der Finanzierung und Nebenkosten. Das hat nichts mit Reparaturen oder Steuern zutun.

    Mieteinnahmen muss ich im Rahmen meiner Steuererklärung aus nichtselbständiger Tätigkeit versteuern.

    Carsten, erst Ahnung haben und dann mitreden. Niemand vermietet mit Verlusten. Auch große Vermieter wie wbm ect nicht

  6. 78.

    Antwort auf Claudia
    Danke das habe ich natürlich per Telefon auch gemacht.
    Dauert bloss alles bis sich was bewegt.
    Aber danke nochmal.
    Schicke auch viele Bewerbungen ab und einige sagen unverblümt ab das ich zu alt sei und eine Einarbeitung nicht mehr lohnen würde.
    Werde versuchen erstmal solange ich krank bin weitere Firmen anzuschreiben aber selbst bei der BSR scheitere ich schon an dem sehr schweren Einstellungstest dachte da ich LKW Schein habe könnten Fahrer gebrauchen .

  7. 77.

    "Ich vermiete kostendeckend. Finanzierung+ Nebenkosten=Miete "

    Also finanzieren die Mieter die Finanzierung, Reparaturen und die Wertsteigerung plus Gewinn und die Steuervorteile wollen wir auch nicht vergessen.

  8. 76.

    Bitte lassen Sie sich nicht von den "schlauen" Kommentaren verunsichern; Sie haben Rechte und es gibt Hilfe; der neue Eigentümer wird Sie kontaktieren, warten Sie das ab. Ich wünsche Ihnen Kraft und Glück!

  9. 75.

    Da fragen Sie mal Leute, die sich auskennen, den Arbeitgeber, den Insolvenzverwalter, die Berufsgenossenschaft, das geht auch im Liegen, telefonisch, per Mail. Ev. müssen Sie Ansprüche anmelden und die sind fristgebunden.

  10. 74.

    "gehässige Floristen."
    ... das sind die Schlimmsten. Binden nur lila Disteln und weißes Schleierkraut.
    SCNR

  11. 73.

    Gut ist, wenn Sie sich darüber Gedanken machen und Gewinn als etwas Gutes sehen können. Sie sind auf einen guten Weg.

    P.S. In Ihrer Rechnung fehlen noch die zurückzuverdienenden Herstellkosten. Eine Unbekannte, die aber da ist.

  12. 72.

    "Um ganz ehrlich zu sein geschieht Ihnen das sehr recht"... was stimmt denn mit Ihnen nicht? Niemandem geschieht es recht, im Alter vor dem Verlust seiner Bleibe zu stehen! Aber noch bestimmen Gesetze, was recht und unrecht ist, nicht gehässige Floristen.

  13. 71.

    Antwort auf Sententia
    Also bisher meist absagen vielleicht bleibt mir jetzt nur das Bürger Geld keine Ahnung.
    Ich würde lieber arbeiten als solchen Weg zu gehen.
    Aber wie gesagt ich weiß noch nicht mal wie das mit ausstehenden Lohn usw aussieht.

  14. 70.

    Antwort auf Sentinia
    Ich habe seit 40 Jahren hintereinander gearbeitet ,hatte vor kurzem Arbeitsunfall und erfuhr im Krankenhaus das mein Betrieb Insolvenz angemeldet hat.
    So das sind die Fakten.
    Aber ich habe viele Menschen kennengelernt durch die letzte Tätigkeit die ich ausgeführt hatte.
    Was jetzt mit mir passiert weiß ich leider nicht da ich 6 Wochen liegen muss und dann etwa 4 Wochen Reha oder Physio im Anschluss.
    Ich bewerbe mich mit 58 Jahren auf das was der Arbeitsmarkt hergibt.

  15. 69.

    Antwort auf Wossi
    Ich gebe Beispiel
    Also 800€ Miete dann sollten für die Rücklage 250€ entfallen bleiben 550€ für laufende Kosten und der übrigbleibende Teil Gewinn.
    Ich kenne ja nicht die genauen Zahlen, aber ist ja auch nur ein Beispiel.

  16. 67.

    Um ganz ehrlich zu sein geschieht Ihnen das sehr recht. Willkommen in der freien Marktwirtschaft wo Mieten und besitzen zwei unterschiedliche Dinge sind. Bei 72 Jahren sollte man meinen das Sie Vernunft gelernt haben.

  17. 66.

    ...sehe ich ähnlich, warum haben die Leute kein Vertrauen mehr, nicht nur in diese dubiose Immobilienwelt?! Kohle, Kohle scheint der Antrieb des menschlichen Handels immer mehr zu werden. Gibt es denn nix anderes mehr auf dieser Welt!!! Entschuldigt bitte, aber ich muß soweit und trivial ausholen. Die Menschheit steht gerade jetzt vor existenztiellen Problemen. Mädels, Jungs oder wie ihr euch angesprochen fühlt, WIR müssen uns jetzt einschränken, unsere Ansprüche runterschrauben und (ja auch) drastisch sparen. Haben jahrzehntelang über unsere Verhältnisse gelebt. Und Leute, das gilt natürlich in erster Linie für die Superreichen !!!
    Macht euch lustig über mich oder verteufelt mich, ich sehe ...

  18. 65.

    Ich habe geschrieben, dass ich 72 Jahre alt bin und keine Erben habe. Warum sollte ich meine bescheidenen Ersparnisse für eine Eigentumswohnung ausgeben?

  19. 64.

    ... warum sollte meine Geschichte nicht stimmen? Was könnte ich davon haben, einen nicht wahrheitsgemäßen Kommentar abzusetzen? Alles Gute für Sie.

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