Forderung nach kleineren Klassen - Mehr als 4.000 Berliner Lehrkräfte sind im Warnstreik

Di 07.02.23 | 16:04 Uhr
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Archivbild: Teilnehmer einer Kundgebung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). (Quelle: dpa/S. Willnow)
Audio: Antenne Brandenburg | 07.02.2023 | Natascha Cieslak | Bild: dpa/S. Willnow

Für zahlreiche Schülerinnen und Schüler ist der Unterricht am Dienstag ausgefallen. Nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) beteiligten sich mehr als 4.000 Lehrkräfte, Sozialpädagogen und Schulpsychologen an einem Warnstreik für bessere Arbeitsbedingungen. Die Bildungsverwaltung zählte 3.150 Streikende.

Mit dem Ausstand, der am Mittwoch fortgesetzt werden soll, will die GEW ihrer schon seit 2021 vorgebrachten Forderung nach kleineren Schulklassen und einem entsprechenden Tarifvertrag Nachdruck verleihen. Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) habe es bisher nicht für nötig gehalten, mit der Gewerkschaft darüber zu reden, kritisierte GEW-Landeschef Tom Erdmann.

"Klassen werden im Handstreich vergrößert"

"In erster Linie fordern wir einen Tarifvertrag, der die Klassengröße regelt und mit dem man die Klassengrößen verkleinern kann", sagte Erdmann am Dienstagmorgen in einem rbb-Interview. Momentan würden Klassengrößen nur über Verordnungen geregelt.

Klassen würden "im Handstreich" vergrößert, wenn mehr Schüler da seien als ursprünglich angenommen. "Das führt zu mehr Belastungen bei den Lehrkräften. Das führt zu schlechteren Lernbedingungen bei den Schülerinnen und Schülern", so Erdmann im Gespräch mit rbbKultur.

Senat verweist auf Tarifgemeinschaft der Länder

Der Senat verweist hingegen darauf, dass Berlin - wie alle anderen Bundesländer außer Hessen - der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) angehört. Ohne Zustimmung der Tarifgemeinschaft könne Berlin keine Tarifverhandlungen über die Klassengröße aufnehmen. Die TdL lehne solche Verhandlungen ab.

"Alle drei Koalitionsparteien haben die Forderung nach kleineren Klassen in ihre Wahlprogramme geschrieben. Passiert ist bisher nichts", ergänzte Erdmann. "Wir erwarten konkrete politische Handlungsvorschläge und einen Tarifvertrag."

Seit 2021 organisierte die GEW für ihr Anliegen sieben jeweils eintägige Warnstreiks. Nun hat sie die Gangart verschärft und zu einem zweitägigen Ausstand aufgerufen. In Berlin gibt es rund 34.000 Lehrerinnen und Lehrer, viele davon sind Angestellte und dürfen anders als Beamte streiken.

Elternvertreter reagieren auf Streik "sehr gemischt"

Elternvertreter bewerten den Warnstreik der Lehrkräfte laut dem Vorsitzenden des Landeselternausschusses, Norman Heise, "sehr gemischt". Es gebe darüber aufgebrachte Eltern, dass der Unterricht wieder ausfalle, aber auch Eltern, die hinter den Zielen stünden, so Heise im rbb24 Inforadio.

Der Vorsitzende des Landeselternausschusses forderte, den Lehrkräfteberuf attraktiver zu machen. Er kritisierte steigende Teilzeitquoten, weniger Lehramtstudierende und -bewerbende sowie hohe Abbruchquoten. "Wir haben gerade einen Lehrberuf, der nicht wirklich attraktiv ist, weil eben wirklich volle Klassen da sind und man sich nicht wirklich um die individuelle Förderung jeder Einzelnen und jedes Einzelnen kümmern kann."

Heise plädierte unter anderem dafür, Lehrkräfte bei nicht-pädagogischer Büroarbeit zu entlasten.

Sendung: rbb24 Abendschau, 07.02.2023, 19:30 Uhr

35 Kommentare

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  1. 35.

    Sorry, aber auch ich habe null Verständnis für einen Lehrer Streik. der auf den Rücken der Kinder und Eltern ausgetragen wird. Wir Eltern sind nich die Verhandlungspartner und wir haben auch null Möglichkeiten, auf die Vertragsverhandlungen Einfluss zu nehmen. Woher sollen denn die Lehrer kommen, die jetzt noch mehr eingestellt werden müssen wenn es sowieso schon zu wenig Lehrer gibt?

  2. 34.

    Und nun stellen Sie sich mal vor, dass die Generation Z auf Grund geringerer Belastbarkeit „Quiet Quitting“ (Dienst nach Vorschrift als US-Trend)) macht...und auf Politiker trifft, die auch der Generation Z entspringen. Die Älteren sollen mehr arbeiten, damit das aufgeht? So gesehen ist der Streik fast schon zu spät.

  3. 33.

    Sollten die nicht eigentlich unterrichten? Oder werden die Stunden zu. Wohle der Kinder freiwillig von den Lehrern nachgeholt?

  4. 32.

    Alles, was jetzt Probleme bereit, wurde jahrelang von uns an der Basis vorhergesagt... Nur weil die Menschen in den Schulen usw. NICHT so agieren wie politisch Verantwortliche, läuft das System überhaupt noch. JETZT aber sind die Kräftr aufgebraucht. Und wenn dann wissentlich weg gesehen wird bei Auabildungsproblemen, ist alles folgerichtig!
    Literaturtipp:H.Heine: Deutschland

  5. 31.

    Platz!!! Räume!! Wo sollen die herkommen?
    Wenn das so einfach wäre wie die Beschaffung der Lehrer..... da hätte ich auch so einige Ideen.

  6. 30.

    Wichtige und richtige Streikdemo! Wenn der Senat so weitermacht, wird es bald garniemand mehr geben, der/die diesen Job machen will. Und dann noch diese aktuell völlig absurden Ideen der KMK von Reduzierung der Teilzeitmodelle und längere Arbeitszeiten +größere Klassen. Man könnte sich totlachen, wenn es nicht so traurig wäre. Während die freie Wirtschaft um qualifiziertes Personal kämpft, glauben manche, dass man im öffentlichen Dienst sogar Jobs immer unattrakiver machen kann und trotzdem noch Leute findet. Das wird ein böses Erwachen geben - leider auf dem Rücken der Schüler*innen und und Lehrer*innen.

  7. 29.

    Zudem darf jeder die Ideologien von Lehrern auf deren Transparente mitlesen."
    Und das "jeder" das kann, verdankt er zumeist auch diesen Lehrern.
    Allerdings sollten die nicht beim reinen lesen stehenbleiben sondern ab und an auch noch Wert auf Textverständnis und son Zeug legen.
    Damit die Fähigkeit sich zu artikulieren nicht auf ein ominöses Kopfschütteln beschränkt (!) bleibt.

  8. 28.

    Sie sollten trotzdem "geradeaus" schreiben können ...
    oder ein Korrekturprogramm nutzen, ansonsten wird's peinlich.

    P.S. Wollte nicht so antworten, aber es scheint bei diesen "Ausreden" nicht anders zu gehen.

    Noch einen schönen Tag

  9. 27.

    Alle Personen an Schulen verbeamten, SOFORT!
    Dann dürfen sie (eigentlich) nicht mehr streiken.
    Aus der Geschichte weiß man, es waren damals Lehrer, die es trotzdem taten.
    Und weil diese Personen zu denen zählen, die am Hungertuche nagen, wollen sie, dass alle Beschäftigten des Landes Berlin aus der TdL fliegen.
    Zudem darf jeder die Ideologien von Lehrern auf deren Transparente mitlesen.
    Kopfschütteln sollte vereinzelt erlaubt sein.

  10. 26.

    Nicht alle Berliner Lehrer sind deutscher Sprachherkunft oder unterrichten Deutsch…Mit freundlichen Grüßen.

  11. 25.

    Und echte Lehrer verwenden immer die richtige Lehrmeinung, weil sie nicht durch unnötige Biologisierung ausschließen wollen. Sie gendern also nicht, schon um unschöne Bilder in Kinderköpfen zu vermeiden.

  12. 24.

    Ich möchte Ihnen nicht zu Nahe treten, aber sind Sie wirklich ein "Berliner Lehrer"?
    Wenn ja, bitte noch einmal Korrektur lesen, bevor Sie diesen absenden.

  13. 23.

    "Lehrergatte" hat gute Gründe für seine Annahme. Er wird wissen was so alles ab geht zu Hause...und ihn beeinflusst. Er wird nicht alles sagen. Nicht mal die Spitze des Eisberges.

  14. 22.

    "erstaunlich" finde ich eher diesen Starrsinn: es gibt durch den Streik nicht mehr Lehrkräfte, die für kleinere Klassen gebraucht werden! Was würde denn bisher erreicht? Alle riefen nach Verbeamtung, wurde beschlossen, dann motzten alle dagegen, so what??
    Diffamierend und unverschämt finde ich diese Aussage von Ihnen: "Statt dieses Problem zu unterstützen denken einige nur daran, daß ihr Tagesablauf mal nicht wie geplant vorsieht, die Kinder in die "Verwahranstalt" zu geben und dann im Szenecafe den Latte macchiato in Ruhe zu trinken."

  15. 21.

    Mir wundert immer wieder, dass in der ganze Bildungsdiskussionen niemals die Stimme der Schülerinnen zu vernehmen ist. Ich bin der feste Überzeugung das mit dem vorhandenen Personal und der vorhandenen Mittel, eine für alle wesentlich befriedigendere Situation zu erreichen ist…wenn die Schule sich entschlackt und sich auf ihre Basiskompetenzen beschränkt. Die Freizeitangebote sollen von denjenigen übernommen werden die das auch besser können, nämlich von den (außerschulischen) Sport- ,Theater-,Musik- und Jugendworkshops. Ggf. auch in den Räumlichkeiten der Schule…Gelangweilte Schülerinnen immer länger und in immer größeren Mengen den ganzen Tag lang von überforderten Lehrkräften betreuen zu lassen sorgt nur für Frust auf allen Seiten!

  16. 20.

    Es gibt Ideen und Konzepte. Da müssen keine Lehrer vom Himmel fallen!
    https://www.gew.de/15-punkte-gegen-lehrkraeftemangel

  17. 19.

    "Löwendompteur" und "Noten für Schülerselbsteinschätzung" reichen nicht für gute Chancen...
    Bildung, gute Bildung ist nicht jeder politischen Richtung gleich wichtig. Selbstbewusstsein aus Haltung und Cleverness reichen nicht aus um Scharlatanerie zu verdecken. Um bestehen zu können muss man wissen...

  18. 18.

    Ca. 2000-2010 hat sich der Senat schon einmal aus den Tariferhöhungen der TdL ausgeklinkt. Warum sollte das andersherum nicht auch gehen?

  19. 17.

    Es ist erstaunlich mit welch Egoismus hier ein Streik FÜR die SuS diffamiert wird. Denn letztendlich kommen kleinere Klassen (und um mehr wird nicht gestreikt) in erster Linie der Qualität der Betreuung und Bildung zugute. Statt dieses Problem zu unterstützen denken einige nur daran, daß ihr Tagesablauf mal nicht wie geplant vorsieht, die Kinder in die "Verwahranstalt" zu geben und dann im Szenecafe den Latte macchiato in Ruhe zu trinken.

  20. 16.

    Ob das langfristig die richtige Strategie ist"
    Andererseits könnte man auch fragen, ob Duldungsstarre, kombiniert mit sonntäglichen Bittgebeten, die Sache der Arbeitnehmer wirklich weiterbringen würde.

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