Personalmangel bei der BVG - "Schichtdienste sind eine besondere Herausforderung"

So 10.12.23 | 07:57 Uhr
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Symbolbild: Eine Strassenbahn der Berliner Verkehrsbetriebe fährt bei Nacht durch Berlin Mitte. (Quelle: dpa/Lang)
Bild: dpa/Lang

Mit einer Kampagne wird gerade nach Fahrern für Bus, Tram und Bahn gesucht. Mehr als 300 Stellen sind unbesetzt. Eine spürbare Folge: Kürzungen bei der Bus-Taktung in diesem Winter. Die harten Arbeitszeiten erschweren die Suche nach Nachwuchs.

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) stehen unter Druck. Ihr Streckennetz in der Hauptstadt soll ausgebaut werden - und das in einer Zeit, in der mehr Menschen als zuvor ihre Jobs wechseln, in Rente gehen und Auszubildende rar geworden sind. Die Auswirkungen werden Fahrgäste in Berlin bereits in diesem Winter spüren: Ab Sonntag dünnt sie die Fahrpläne wegen Personalmangels für 44 Berliner Buslinien deutlich aus.

Konkret streicht das Unternehmen sechs Prozent seines Busangebots. Es sollen dann weniger Busse in größeren Abständen fahren, betroffen ist etwa auch die von Touristen viel genutzte Linie 100.

BVG will 10.000 neue Mitarbeiter einstellen

Damit sich so etwas nicht wiederholt, will die BVG in den nächsten Jahren 10.000 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einstellen - die Hälfte davon als Fahrerinnen und Fahrer. Es ist kein Geheimnis, dass wer Bus, Bahn und Tram fahren will, auch bereit sein muss, im Schichtdienst zu arbeiten. Dass das bei der jungen Generation Z nicht besonders gut ankommen mag, ahnt die BVG offenbar.

"Man muss hier ganz ehrlich sein: Gerade der Beruf unserer Fahrerinnen und Fahrer ist ein 24/7-Job. Schichtdienste sind eine besondere Herausforderung für Menschen", sagt Jenny Zeller, Personalvorständin der BVG im Gespräch mit rbb|24. "Das kommunizieren wir auch im Rahmen der Bewerbungsprozesse von Anfang an." Künftig wolle die BVG deshalb flexiblere Schichtdienste anbieten, sodass etwa bei der Anzahl an Schichtantritten hintereinander ausgewählt werden könne.

Luft nach oben beim Grundgehalt

Aktuell schreibt die BVG Stellen als Busfahrerinnen und Busfahrer mit einem Grundgehalt von 2.770 Euro brutto aus. Wer an Wochenenden oder nachts arbeitet, kriegt jedoch Zuschläge. "Mit den Zuschlägen kriegt man schon eine schöne Summe raus", sagt Jonny Nestorovic, der selbst Bus fährt und in einer BVG-Werbekampagne mitmacht.

Er habe sich an die Frühschichten gewöhnt. Er müsse um 3 Uhr nachts aufstehen, "damit ich um 4 Uhr den Dienst beginnen kann", sagt er.

Weniger Angriffe auf BVG-Fahrer

In den vergangenen zehn Jahren hatte die BVG nach eigenene Angaben im Schnitt 409 Auszubildende pro Jahr. Nur ein Bruchteil davon habe die Ausbildung vorzeitig abgebrochen. Allerdings käme es vor, dass die Fahrerinnen und Fahrer den Job erst später hinschmeissen würden. "Sie sagen dann, dass Schichtdienste 'doch anders sind, als ich es mir vorgestellt habe'", sagt Personalvorständin Zeller. Aktuell fehlen der BVG rund 350 Busfahrerinnen und Busfahrer.

Wer so große Fahrzeuge wie eine Tram oder einen Bus bewegen möchte, hat auch einige Verantwortung beim Fahren - und eine wichtige Funktion für viele Menschen, die er oder sie befördert. Doch wie Rettungskräfte während ihrer Einsätze von Leuten angegriffen werden, werden auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BVG mitunter attackiert. In den vergangenen Jahren sind es aber weniger Fälle geworden. Im Jahr 2014 wurden 661 Fälle registriert, 2018 waren es 497 Fälle, im vergangenen Jahr waren es noch 338 Angriffe.

Sendung: rbb24, 09.12.2023, 18:00 Uhr

114 Kommentare

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  1. 114.

    Viele junge Fahrer beim BUS hören nach 2 Jahren auf und nehmen nehmen die "gratis" Klasse D mit, um woanders zu fahren. Die BVG ist für viele Mittel zum Zweck.
    Die BVG interessiert sich nur für soziale Quoten. Viele knüppeln 45-50 Jahre Schicht durch (Fahrer, Werkstätten, Entstörungsdienste, Leistellen), bekommen nichts an Sozialem. Es sei denn man hat Vitamin B (=Beziehungen). Anders die Bürokräfte... Die BVG wurde von 5 auf 15 Direktionsbereiche wieder aufgebläht. LinkedIn-Trainees werden mit null Wissen eingestellt mit der 10, Sie kommen und gehen, schmücken ihren Lebenslauf.
    Fahrpersonal jedoch nur mit der 3 - Schichtzulage wird als Benefit angepriesen.. sie ist ein Witz ggü dem tatsächlichen Opfer sein Leben buchstäblich wegzuwerfen. Es wird nicht begriffen dass es Zulagen keine "Gehaltsverbesserung" sind, sondern eine Entschädigungen. Selbst nach 35-40 Jahren muss man sich wegen der Chancengleichheit mit Berufseinsteigern veralbern lassen...

  2. 113.

    Sie haben den Nerv getroffen. Das ist die Wahrheit, die keiner hören oder lesen möchte.

    Ich kann Ähnliches bestätigen. Mitarbeiter berichteten sogar davon, dass die/der Bewerber nur den Stempel von uns als Nachweis haben wollte...
    Da diese Wahrheit bei dem größeren Teil der Bevölkerung ungehört verborgen bleibt, darf man sich nicht wundern, wenn
    urplötzliche eine beobachtete gesichert rechtsextreme Partei einen derartigen Zulauf erfährt.

    Ach so - Schichtarbeit ist keine Herausforderung, sie bieten im Gegenteil auch Vorteile. Nur mal so zum Gebrauch von Wörtern....

  3. 112.

    Schichtarbeit, nicht im Kiez arbeiten können, zu viel Verantwortung, Wochenendarbeit. Das sind die häufigsten Begründungen meiner Bürgergeldbezieher um sich nicht bei der BVG oder Bahn vorstellen zu müssen.

    Wir Jobcentermitarbeiter müssen das hinnehmen da wir, anders als in den skandinavischen Ländern oder NL, keine Sanktionsmöglichkeiten haben. So liegen ungenutzte Potentiale von erwerbsfähigen Menschen brach, die zwar Geld verdienen wollen, aber dafür keine nennenswerte Gegenleistung zu erbringen bereit sind. Das Problem ist seit Jahren, auch im Ministerium, bekannt, wird aber geflissentlich negiert.

    Und wie 2015 wird dem Bürger aufgetischt, wird benötigen dringend Zuwanderung aus dem Ausland. Wird das dann genauso erfolgreich wie die bisherige Zuwanderung?

  4. 111.

    Beim Einstellungsgespräch bei der BVG wird zu wenig darüber aufgeklärt, wie es mit den Arbeitszeiten als Fahrer so aussieht.
    Das böse Erwachen kommt dann nach der Ausbildung.
    Und für diese mickrige Bezahlung sind dann viele junge Fahrer auch ganz schnell wieder weg.
    An den eingestaubten Arbeitszeiten und auch an der Bezahlung sollte sich schnellstens etwas ändern sonst kann die BVG ihre Taktfolge bald noch weiter ausdünnen.

  5. 110.

    Was Berlin gut tut, sind weniger Hipster welche ein digitales Normadenleben führen und denken die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben.

  6. 109.

    Deutschland enschleunigt sich in Sachen Bildung, Wirtschaft, Technologien usw., warum nicht auch im Verkehr?
    Wenn dieser Rückschritt zum Fortschritt erklärt wird, dann gilt "Zeit ist Geld" auch nicht mehr.

  7. 108.

    Das ist ein Wunsch von mir und nichts weiter. Ich möchte dabei weder die Menschen enteignen noch die demokratischen Regeln abschaffen. Ehrlich gesagt verstehe ich auch nicht so ganz, wie Sie nach meinem Kommentar auf so etwas kommen können.

  8. 107.

    Ich habe geschrieben:
    "Ich bin übrigens auch der Meinung, dass weniger privater Autoverkehr Berlin sehr gut tun würde, aber damit tun sich anscheinend die Autofahrer schwer."
    Und darauf antworten Sie:
    "Wollen Sie die Menschen enteignen? Grundlage unserer Gesellschaft ist gemeinschaftliches Handeln nach demokratischen Regeln. Sie wollen es wohl abschaffen?"
    Was hat das eine bitte schön mit dem anderen zu tun? Wie können Sie aus meiner Aussage so etwas folgern? Natürlich geht es dabei um demokratische Regeln. Aus "weniger privater Autoverkehr Berlin sehr gut tun würde", stellen Sie mir die Fragen: Enteigen? und demokratische Regeln abschaffen? Das ist ein Wunsch von mir und nichts weiter. Anscheinend gefällt Ihnen dieser Wunsch aber mal so gar nicht.

  9. 106.

    Das ist nicht korrekt - bitte lesen sie hier einmal im AZG nach:
    Pausen sind zwar ab einer Arbeitszeit von 6 Stunden vorgeschrieben aber gehören nicht bezahlten Arbeitszeit!
    Das ist die gesetzliche Regelung, selbstverständlich kann hier im Tarifvertrag mehr festgelegt werden. (In unseren IGM-Betrieb sind diese z.B. für Arbeiter Bestandteil der bezahlten Arbeitszeit, für Angestellte nicht!) Desweiteren gelten Unterbrechungen bis 15 min gesetzlich wohl nicht als vorgeschriebene Pause.

  10. 105.

    Das sagt uns jetzt - ja, was eigentlich?
    Und die "geldgeilen" Fahrer*innen tun nur, was eh zum Job gehört. So, wie auch all die "Geldgeilen" in Krankenhäusern, in der Gastronomie, in Theatern und Kinos, bei der Bahn, der Wasser- und Ekektroversorgung, bei der Polizei, der Feuerwehr etc. Welch ein Glück für alle anderen!

  11. 104.

    Auch mit mehr Gehalt wird man die offenen Stellen nicht dauerhaft besetzen können. Die unregelmäßigen Dienstzeiten und die Arbeitsbedingungen sind einfach auf Dauer zu unattraktiv. Je nach gefahrener Linie braucht man schonmal mehr oder weniger Rennfahrerqualitäten um den Fahrplan so einigermaßen einhalten zu können. Die meisten Fahrer bekommen ihr wo anders Geld auch einfacher für weniger Stress. Da macht man dann auch beim Geld gerne Abstriche.

  12. 103.

    Gen Z in aller Munde und nicht nur bei der BVG wollen Sie die Arbeitswelt bestimmen. Dann in Zukunft nur noch Montag bis donnerstags von zehn bis 16:00 Uhr und dann werden die Bürgersteig hochgeklappt mal schauen wie sie dann, wenn wir im Club kommen. Ach ja, da gibt’s ja die BVG Alternativen…

  13. 102.

    Ich kann mich erinnern, dass die ganzen "teureren" BVG Fahrer mit hohen Abfindungen Ende der 90er Anfang 2000er Jahre in den Ruhestand geschickt wurden und danach hieß es immer BVG Fahrer zu werden lohnt sich nicht mehr. Die Löhne sind jetzt anders und niedriger als früher. Ist das immer noch so? Oder sind das Geschichten von gestern?

  14. 101.

    Und jetzt stellt euch mal Lokführer der DB vor die nicht so bequem Nachts um 3 in ihrer Wohnstadt Feierabend haben.

  15. 100.

    Wenn man in eine Diskussion eintritt, ist auch mit Gegenwind zu rechnen.
    Solche gravierenden gesellschaftlichen Veränderungen erwarten die Zustimmung der Bürger. Es muss erst mal in die Köpfe. Wollen Sie die Menschen enteignen? Grundlage unserer Gesellschaft ist gemeinschaftliches Handeln nach demokratischen Regeln. Sie wollen es wohl abschaffen? Seit mehr als 2 Jahren habe ich kein Auto mehr. Entweder Taxi oder Sonderfahrdienst.
    Dann muss ich meine Fahrt wohl genehmigen lassen? Ob privat oder?

  16. 98.

    "Aber Menschen die gegen ein Limit sind,...........sie können auch gute Menschen sein."
    Das ist wohl war und etwas anderes hat auch niemand behauptet. Warum sollte es auch nicht so sein?

  17. 97.

    Tja - aber warum werden diese "Schichtdienste" nicht besser bezahlt?

  18. 96.

    "Alles was heute gefordert wird bedeutet eher Diktatur."
    ......empfinden Sie das wirklich so? Natürlich soll es um Freiwilligkeit gehen. Die Frage ist doch nur, wie man das am besten hinbekommt, das diverse Menschen auch "mitziehen" möchten. Ich glaube, verbieten bringt hier gar nichts, sondern nur überzeugen. Es geht doch nur darum, mal zu überlegen, ob man immer das Auto benutzen muss. Natürlich immer auf freiwilliger Basis, davon gehe ich jedenfalls aus. Ich verstehe nicht, warum viele Menschen das immer nur als ganz oder gar nicht betrachten. Das Menschen mit körperlicher Einschränkung sowieso fahren müssen, wenn es überhaupt noch geht, ist doch völlig ohne Frage. Aber danke, dass Sie nochmal geschrieben haben, dann verstehe ich Sie jetzt schon besser.

  19. 95.

    „Dieser Wossi betont ständig, wie gerne und oft er Auto fährt und dabei möglichst noch 200 kmh und schneller. “
    Da gibt es nicht einen einzigen Kommentar. Wirklich nicht. Aber Menschen die gegen ein Limit sind, haben nicht nur starke Argumente, sie können auch gute Menschen sein.
    Ihre Wahrnehmung kollidiert mit den wirklichen richtig guten Argumenten ...

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