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Video: rbb24 Abendschau | 29.02.2024 | Nachrichten | Quelle: dpa/Wiedl

Berliner Filialen

Rentenversicherung stellt ein Drittel der Ex-Karstadt-Beschäftigten ein

Rund 380 Angestellte waren von den Karstadt-Schließungen in Berlin betroffen. Mehr als ein Drittel von ihnen haben nun wieder gemeinsam einen Arbeitgeber: die Deutsche Rentenversicherung Bund. Sie wurden noch in den Filialen aktiv angeworben. Von Helena Daehler

Fast vierzig Jahre lang, seit 1983, hat Susanne Urbansky bei Karstadt gearbeitet, zuletzt in der Sportabteilung am Weddinger Leopoldplatz. Im vergangenen Sommer, noch vor der Schließung der Filiale, wechselte Urbansky zur Deutschen Rentenversicherung Bund. Hier arbeitet die 59-Jährige als Büroassistentin. "Ich hätte nie gedacht, dass mir ein Bürojob Spaß macht", sagt Urbansky. "Aber es ist so. Ich bin mega zufrieden."

Als Betriebsratsvorsitzende bei Galeria Karstadt Kaufhof hatte sie sich mit ihrer Belegschaft lange stark gemacht für den Erhalt der Arbeitsplätze. Vergeblich.

Susanne Urbansky war Betriebsratsvorsitzende | Quelle: rbb

"Die Bezahlung und der Arbeitsplatz sind sicher"

Auch ihre Ex-Kollegin Ruth Olbrich ist bei der Deutschen Rentenversicherung untergekommen. Sie war bis 2020 Verkäuferin bei Karstadt Sports, die Filiale in Kudamm-Nähe schloss bereits 2020. Mit 62 Jahren hat sie umgesattelt – und arbeitet nun in der Post- und Scanstelle der Rentenversicherung. Sie begeistert von den neuen Kolleg:innen und den Vorteilen, die die Festanstellung mit sich bringt: "Die Chance zu kriegen im öffentlichen Dienst anzufangen, ist wirklich ein großes Glück. Die Bezahlung und der Arbeitsplatz sind sicher."

Ruth Olbrich, ehemalige Karstadt-Mitarbeiterin | Quelle: rbb

Von den bisherigen Karstadt-Filialschließungen in Berlin waren laut rbb-Informationen rund 380 Arbeitnehmer:innen betroffen. Im Jahr 2020 hatten bereits Filialen in Lichtenberg und Neukölln und die Karstadt Sports-Filiale in der Nähe des Kudamms zugemacht. In diesem Jahr mussten die Filialen am Leopoldplatz im Wedding und in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg schließen.

Verdi-Betriebsgruppe bemüht sich aktiv um Mitarbeitende

Bei der DRV Bund sind, wie in vielen Bereichen des öffentlichen Dienstes, Stellen durch den demographischen Wandel frei geworden. Die Verdi-Betriebsgruppe der DRV Bund rund um Nicole Collier hatte sich deswegen aktiv um Alternativlösungen für die betroffenen Karstadt-Mitarbeitenden aus den Schließungsfilialen bemüht. So wurde 2020 in der Karstadt Sports-Filiale eine erste Info-Veranstaltung gemacht, bei der die DRV Bund als Arbeitgeber vorgestellt wurde, erklärt Collier: "Dann sind wir zusammen mit dem Marketingbereich dorthin, haben alles vorbereitet und den Mitarbeitern erzählt, welche Jobs und Entwicklungsmöglichkeiten es bei der DRV Bund gibt."

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Dieser Plan ging auf. Karstadt-Mitarbeitende bewarben sich als Quereinsteiger auf offene Stellen in der Post- und Scanstelle oder der Antragserfassung, wurden geschult und weitergebildet. Mittlerweile arbeiten "150 bis 170 ehemalige Galeria Karstadt Kaufhof Mitarbeitende bei uns", sagt Collier.

"Irgendeinen trifft man immer von Karstadt"

Mehr als ein Drittel aller Ex-Karstadt-Beschäftigten, die von den Schließungen betroffen waren, sind bei diesem Arbeitgeber gelandet. "Irgendeinen trifft man immer von Karstadt. Auch wenn das so ein großes Haus ist", sagt Susanne Urbansky und hat ein Lächeln im Gesicht. Man fühle sich einander auch beim neuen Arbeitgeber immer noch sehr verbunden.

Nicole Collier, Vorsitzende Verdi-Betriebsgruppe DRV Bund | Quelle: rbb

Für viele ehemalige Karstadt-Beschäftigte bietet der öffentliche Dienst bessere Arbeitsbedingungen als der Einzelhandel, wo es oftmals nur befristete Verträge und Teilzeitangebote gibt und teilweise auch unter Tarif bezahlt wird. Die meisten neuen Mitarbeiter:innen die von Karstadt zur Rentenversicherung gewechselt sind, sind über 50 Jahre alt. Sie habe befürchtet, dass ein Jobwechsel in diesem Alter nicht einfach werde, sagt Ruth Olbrich. Doch die damalige Angst sei einer großen Erleichterung gewichen: "Als ich hier angefangen hab war ich schon 62. Die letzten Jahre sicher bis zur Rente zu arbeiten, das war für mich eine ganz tolle Aussicht und es hat etwas Beruhigendes."

Neben dem festen Gehalt und der Jobgarantie freuen sich Ruth Olbrich und Susanne Urbansky nach Jahrzehnten im Einzelhandel auch auf die Wochenenden. An denen haben sie nun immer frei.

Sendung: rbb24 Abendschau, 29.02.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Helena Daehler

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