Ohne kritische Rohstoffe - Berliner Forscher entwickeln Batterien für die Zukunft

Mi 06.03.24 | 16:16 Uhr | Von Maren Schibilsky
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Originalbild: Laborsituation für neuartige Batterietechnik mit Zink Wasserstoff am 06.03.2024 in Berlin Adlershof.(Quelle: rbb/Maren Schibilsky)
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Batterien sind der Schlüssel zur Energiewende. Aber die Rohstoffe für die bisher gängigen Batterietypen sind weltweit knapp - also müssen Alternativen her. Forschende in Berlin sind gerade dabei, sie zu entwickeln. Von Maren Schibilsky

In Adlershof arbeiten sie an der Zukunft. Hier im Wissenschaftspark wird an der Natirum-Ionen-Technologie für Batterien geforscht. Die gilt international als vielversprechend, denn sie basiert auf ähnlichen Wirkprinzipien wie die gängigen Lithium-Ionen-Akkus, kommt aber ohne kritische Rohstoffe wie Lithium, Nickel oder Cobalt aus – die sind weltweit knapp und werden zum Teil unter ökologisch und menschenrechtlich fragwürdigen Bedingungen abgebaut.

Natrium ist regional verfügbar

Der Berliner Professor für Elektrochemie Philipp Adelhelm beschäftigt sich seit zehn Jahren damit. Er ist Pionier seiner Branche und leitet das Batterieforschungsteam an der Humboldt-Universität, das seinen Sitz im Wissenschaftspark in Adlershof hat. Die Natrium-Ionen-Technologie sei fast so gut wie die Lithium-Ionen-Batterien, sagt er, und sie habe einen entscheidenden Vorteil: "Sie beruht auf Elementen, die besser verfügbar sind."

Denn Natrium ist als Natriumchlorid, also Salz, preiswert und in Deutschland unbegrenzt vorhanden. Das macht künftige Natrium-Ionen-Batterien deutlich billiger als Lithium-Ionen-Akkus. Ein weiterer Vorteil: Die "Salz-Batterien" besitzen eine schnellere Ladefähigkeit und enthalten kein brennbares Material. Allerdings haben sie nicht so eine große Energiedichte – das heißt, sie können nicht so viel Energie speichern wie die Lithium-Batterien, Elektro-Fahrzeuge mit Natrium-Ionen-Batterien haben also nicht so eine große Reichweite.

In China sind sie schon weiter

Ungeachtet dieses Nachteils hat sich China bereits viele Patente in der Natrium-Ionen-Technologie gesichert und auch schon erste E-Autos damit an den Start gebracht. "Man kann diese Batterien auf denselben Produktionsanlagen produzieren wie Lithium-Ionen-Batterien", sagt Adelhelm. "Und man kommt zu ganz passablen Energiedichten. In Europa sind wir da ein bisschen langsamer."

Adelhelms Team testet gerade neue Materialien für den Plus- und Minuspol der Natrium-Ionen-Batterie, um die Ladegeschwindigkeit, Energiespeicherung und Langlebigkeit der Batterien zu verbessern. Und obwohl die Natrium-Ionen-Batterie wegen der geringeren Energiedichte nicht flächendeckend die Lithium-Ionen-Akkus ablösen kann, gilt sie doch als Hoffnungsträger für die E-Mobilität und stationären Energiespeicher.

Alternative: Zink-Wasserstoff

Und die Natrium-Ionen-Technologie ist nicht die einzige Alternative zur herkömmlichen Lithium-Batterie, an der in Berlin geforscht wird. An der TU Berlin arbeitet Prof. Peter Strasser mit einem Forschungskonsortium an einer neuartigen Zink-Wasserstoff-Batterie. Die kann regenerativ erzeugten Strom speichern und beim Entladen nicht nur elektrische Energie, sondern auch Wasserstoff freisetzen.

Dass diese Technologie funktioniert, hat Strasser im Labor an einer Miniaturzelle bereits gezeigt. "Die Erzeugung von Wasserstoff ist chemisch ein sehr komplexer Prozess. Diesen Prozess müssen wir durch neue Katalysatoren beschleunigen." Auf diesem Gebiet hat Strasser Erfahrung, er kommt aus der Katalyseforschung. Diese Expertise bringt er jetzt bei der Entwicklung dieser neuartigen Speichertechnologie mit ein.

Preiswerte Technologie

Robert Hahn vom Fraunhofer Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) in Berlin koordiniert das Projekt der Zink-Ionen-Technik. Mit seinem Team hat er eine erste Apparatur gebaut, die jetzt testweise betrieben wird.

Anders als herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus verwende die Zink-Wasserstoff-Batterie leicht verfügbare Stoffe und Materialien wie Stahl, Zink und Kaliumhydroxid, die recyclebar seien – außerdem sei sie wesentlich kostengünstiger, sagt Hahn: "Die Materialkosten betragen weniger als ein Zehntel der Lithium-Ionen-Akkus", so der Forscher. "Das eröffnet ganz neue wirtschaftliche Perspektiven, um grüne Energie zu speichern."

Gelder für neue Batterienforschung werden gestrichen

Auch die Natrium-Ionen-Technologie ist deutlich preiswerter als die Lithium-Ionen-Akkus. Umso geschockter ist jetzt die Forschungsbranche, dass die Bundesregierung beschlossen hat, die Gelder für die Batterieforschung ab 2025 drastisch zu kürzen – eine Folge des Milliardenlochs im Klima- und Transformationsfond.

Laufende Forschungsprojekte sind zwar nicht betroffen, aber neue Projekte in der Batterieforschung haben es ab 2025 schwer, gefördert zu werden. Professor Adelhelm befürchtet strategische Nachteile für die Batterieproduktion in Deutschland und Europa. Die weltweite Batteriefabrikation werde gerade abgesteckt: "Wir haben jetzt die Chance, dabei zu sein, damit auch in Europa und in Deutschland diese Fabriken stehen." Ohne Forschung werde es letztendlich an Fachkräften und wissenschaftlichem Nachwuchs dafür fehlen.

Zink-Wasserstoff wird weiter gefördert

Die Entwicklung der Zink-Wasserstoff-Batterie ist von den Kürzungen in der Batterieforschung nicht betroffen. "Die wird über die Wasserstoff-Strategie gefördert. Und die soll bleiben", sagt Peter Strasser. Er sei zuversichtlich, dass die Zink-Wasserstoff-Technologie in wenigen Jahren zur Marktreife gelange.

Deshalb arbeitet das Forschungskonsortium seit langem mit der Start-up-Firma Zn2H2 zusammen, die sich bereits Patente in der Technologie gesichert hat und mithilfe von Investoren die Kommerzialisierung vorantreiben will.

Welche Batterien wo am Ende das Rennen machen, wird die Zukunft zeigen.

Sendung: Abendschau, 06.03.2024, 19:30 Uhr

Beitrag von Maren Schibilsky

23 Kommentare

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  1. 23.

    Nicht nur die "Salz-Batterie", es gibt noch weitere Entwicklungen (z.Bsp. zu den wiederaufladbaren Zink-Luft-Batterien, die auch konstante Spannung haben etc pp). Alles im worst case ungefählicher als Li-Zellen. Die "Salz-Batterien" sind nur gerade ein heißes Eisen, da dort China mit Anwendungen im Auto vorgeprescht ist und wir hier mal wieder hinterher sind - und jetzt auch noch der Geldhahn in der Forschung zugedreht werden soll. Auch im stationären Bereich bleibt die Forschung nicht stehen bei Li-Zellen. Weiter interessant sind im stationären Bereich z.Bsp. auch Redox-Flow-Zellen, an denen auch sehr aktiv in Deutschland geforscht wird und die auch schon im Einsatz sind. Der Artikel bildet nicht einmal ein kleinen Teil davon ab, was momentan auf dem Gebiet los ist.

  2. 22.

    Ergo ist die "Salz-Batterie" doch sinnvoller und sicherer.
    Und mal etwas übertrieben: Wieviele "Wasserbäder" brauchen wir dann bald an den Autobahnen?

    Wie schon geschrieben - Überlegunges eines Laien!

  3. 21.

    Wenn sie 150 m^3 H2O noch als Wasserbad bezeichnen würden?
    Soviel Wasser wird bei vollen Li-Akkus im worst case zum löschen benötigt.

  4. 20.

    Danke für die Infos! Sie haben evtl. gestern abend auch ARD geschaut, zum Thema Importe.

    Mir ging es jedoch auch, um die Brände im Zusammenhang mit den Lithium-Batterien.
    Müssen nicht z.B. brennende Autos in ein "Wasserbad" oder ist dies schon wieder überholt?

  5. 19.

    Nio hat die erste 1000 km Reichweite Semi-Solid-State-Batterien (SSB) vorgestellt.
    So schnell wird uns also Li nicht verlassen. Energie-Masse-Dichte ist eben schon wichtig. Sonst hätte man längst auf LiFePO4 umgeschwenkt.

  6. 18.

    "Müsste nicht 'nen Haufen Geld für die Forschung bereitgestellt werden, wenn die schwer-löschbaren Lithium-Batterien ersetzt werden könnten?" Ich hatte hier schon auf mehrere Entwicklungen hingewiesen, leider kommt alles mit Links dazu gestern und heute nicht durch. Es gibt mehrere Entwicklungen, teils schon weit fortgeschritten.
    Lithium haben wir selbst große Vorkommen im Erzgebirge (Zinnwaldit) - ist eher ein Problem der Förderkosten hier gegenüber im Ausland, als bei der Menge (Erze als Vergleichsbasis, die eingerockneten Salzseen sind damit nicht zu übertreffen).

  7. 17.

    Wieviel Lithium importieren wir aus Aserbaidschan bzw. Berg Karabach?

    Und als - vollkommener Laie - stellt sich mir auch die wichtigste Frage:
    Müsste nicht 'nen Haufen Geld für die Forschung bereitgestellt werden, wenn die schwer-löschbaren Lithium-Batterien ersetzt werden könnten?

  8. 16.

    Warum kann die dezentrale Forschung in den den Forschungseinrichtungen nicht mehr gebündelt werden?
    Das fällt mir beim Lesen der Kommentare als Laie auf. Kann das einmal erläutert werden? Hier melden sich etliche Fachleute zu diesem wichtigen Komplex.

  9. 15.

    Zink-Luft ist durch den stetigen Spannungsabfall ab der Aktivierung sich keine echte Alternative. Reichweite erzielt man damit nicht wirklich.

  10. 14.

    Kenn ich nicht, vielleicht noch nicht. Bin ja eher Anwender.
    Freue mich aber, dass wir noch immer am Anfang stehen und für die Zukunft noch vieles an Entwicklung zu erwarten ist. Ganz so doof scheint Deutschland als ganzes ja doch nicht zu sein.
    Deutschland muss sich nur besser vermarkten aber auch dran bleiben und die notwendigen Mittel bereits stellen. Unsere schöne Landschaft allein reicht nicht aus um Spitzenkräfte zu binden.
    Leider ist der Allgemeinheit zu wenig bekannt, dass es in Deutschland durchaus noch Spitzenforschung gibt, nicht nur im medizinischen Bereich.
    Vielleicht auch ein ostdeutsches Phänomen, Schulbildung?

  11. 13.

    Wieder einmal beweist eine Regierung unseres Landes die Unfähigkeit, Potentiale zu fördern, mit dem Ergebnis, dass Forschende sicher mit ihren Entwicklungen abwandern werden. Ich ziehe keinen Hut vor soviel Ignoranz und Dummheit von Berufspolitikern.

  12. 12.

    "Im kleinen ja aber Knopfzellen ..." Ich meine schon die Forschungen an richtig großen Zink-Luft-Batterien und nicht als Primär- sondern als Sekundärzellen. Läuft u.a. an der TU Berlin ein Forschungsprogramm.. Ich finde, daß die mehr Charme haben als die Zink-Wasserstoff-Zelle im mobilen Einsatz.

  13. 11.

    Nö es braucht keine Winderbatterien, s es braucht bezahlbare Autos. Das sind Natriumbatterien sehr willkommen.

  14. 10.

    Im kleinen ja aber Knopfzellen sind so dermaßen billig und halten vergleichsweise lange weil die häufigste Anwendung auch immer weniger Strom benötigt. Sensorik, Spielzeug und mobile Puffer. Wie gut läuft da das Recycling?
    Was die Zukunft bringt?
    Wir stehen ja offensichtlich noch am Anfang der Forschung für die praktikable Umsetzung aller möglicher Prozesse.
    Selbst die Supercaps sind technologisch noch nicht ausgeforscht. Die quasi unbegrenzten Ladezyklen und hohen Leistungen sind schon ein Argument. Nahezu 100% Rekuperation mit kurzzeitig hoher Leistung z.B. als elektrische Bremse für Bandantriebe aber auch Pumpen und Lüfter. Einfacher als Netzrückspeisung und besser als die ohmsche Bremse.
    Kürzlich bei einer 24VDC UGV Lösung wieder drüber gestolpert und über die Preisentwicklung überrascht gewesen aber am Ende doch den Bleiakku genommen. Ein paar Minuten mehr Stützzeit bei etwas weniger Anschaffung und bewährte Technik für die Elektriker.

  15. 9.

    Wir müssen uns mal wegen des Nicks einigen. Wir doppeln uns schon wieder.

  16. 8.

    Eigentlich und gewissermaßen wissenschaftlich fundiert ist diese Erkenntnis eine feine Sache. Bloß müßten die Wirkmechanismen aller beteiligten Forschergremien nochmals gründlich eruiert werden, also einer genauen und aktuellen Überprüfung unterzogen werden. Dann wird dies eine zukunftsweisende Technik mit hervorragenden Ergebnissen sein!
    Es ist auch im Rahmen der Finanzierung davon auszugehen, daß Joghurt ohne Zucker viel gesünder ist. Das gehört also zum Grundwissen.

  17. 7.

    Der Zug ist lange abgefahren. Daran ist weder die Ampel noch die Grünen schuld.
    Ob Autoindustrie, Bildung, Rente, EE Ausbau, Bahn, Brücken usw.usf.....
    Hätte man diese Dinge nicht sträflich vernachlässigt wären auch die Rechtspopulisten nicht so stark.
    16 Jahre Merkel werden noch lange nachhallen.

  18. 6.

    Was halten Sie von der Zink-Luft-Batterie? Findet hier leider überhaupt keine Erwähnung, ich finde aber die Zieldaten aus den bisherigen Veröffentlichungen sehr vielversprechend.

  19. 5.

    Momentan wäre aus meiner Sicht die Alternative Na-Ionen Batterie im fest installierten Bereich wesentlich interessanter. Da spielt Masse und Volumen eine untergeordnete Rolle nur der Preis/kWh und Betriebskosten sind entscheidend und da ist Na dem Li doch jetzt schon ziemlich überlegen. Wenn die industrielle Produktion läuft wird das eher nochmal günstiger.
    Ist aber auch etwas subjektive Ansicht, weil ich auf günstige Speichertechnologie warte um den Überschuss der PV-Anlagen nicht mehr zu verramschen sondern lieber selbst zu nutzen. Netz- und Energieparkbetreiber denken diesbezüglich nochmal ein paar Zehnerpotenzen größer.
    Im Automobil könnte es dort wo es auf den Preis ankommt, ebenfalls eine Lösung werden. Also vorerst nicht bei Porsche oder Daimler aber der billige Stadtflitzer der auch mit 200km Reichweite also 20-30kWh gut hinkommt aber bis heute kaum verfügbar ist. Elektrische Kommunalfahrzeuge sind auch noch zu teuer und brauchen keine riesige Reichweite.

  20. 4.

    "Wie wäre es mit entwickeln statt nörgeln....?" Ich komme aus der chemisch-technischen Forschung. Danke für den Tip. Aber nicht jeder Forscher kann sich wie der Bastler vom Weißen Hirsch aus priaten Mitteln mal eben ein eigenes Institut bauen - die meisten Forscher sind weiterhin auf Projektgelder angewiesen, die aber knapp sind und immer weniger werden (siehe Artikel).

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