Gesetzesänderung - Windparkbetreiber wollen Gemeinden häufig nicht an Gewinnen beteiligen

Mo 15.04.24 | 15:13 Uhr | Von Daniel Friedrich
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Symbolbild: Windräder bei Nauen am 03.03.2021.(Quelle: picture alliance/Jochen Eckel)
Bild: picture alliance/Jochen Eckel

Seit über einem Jahr können Windparkbetreiber die angrenzenden Gemeinden an ihren Gewinnen beteiligen. Diese Abgabe ist aber keine Pflicht, sondern freiwillig. Die Windparkbetreiber sind deshalb sehr zurückhaltend. Von Daniel Friedrich

Einer der größten Windparks in Brandenburg befindet sich zwischen Dahme (Teltow-Fläming) und Luckau (Dahme-Spreewald). Er ist so groß, dass vor rund 20 Jahren sogar das kleine Dörfchen Schlagsdorf weichen musste - die etwa 15 Einwohner mussten umziehen. Heute stehen 200 Windräder in dem Windpark. Und die umliegenden Gemeinden hätten gern etwas von den Gewinnen, die der Park abwirft.

Die Möglichkeit, als Gemeinde an den Gewinnen beteiligt zu werden gibt es seit Anfang 2023. Damals war das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) auf Bundesebene geändert worden. Die Änderung gab den Betreibern von Windparks die Möglichkeit, 0,2 Cent pro produzierter Kilowattstunde Strom an die Gemeinden zu zahlen. So, das war die Idee, sollte die Akzeptanz von Windkraftanlagen erhöht werden. Das Problem: Die Gewinnbeteiligung ist freiwillig - und wird deshalb von vielen Windparkbetreibern einfach ignoriert. So, wie im Windpark zwischen Dahme und Luckau.

Nach einem Jahr nur 25 Prozent mit Verträgen

Betreiber neuer Windparks müssen den angrenzenden Gemeinden in Brandenburg seit 2019 jährlich 10.000 Euro zahlen. Bereits bestehende Windparks sind davon aber ausgenommen - die Neufassung des EEG sollte die Lücke schließen. Durch die Freiwilligkeit in der Regelung passiert das nach rbb-Recherchen aber offenbar bislang kaum.

Der Amtsdirektor von Dahme/Mark, David Kaluza (parteilos) wollte im vergangenen Jahr Nägel mit Köpfen machen und schrieb die Betreiber von Windkraftanlagen in seinem Verantwortungsbereich an. "Das erste Ergebnis war absolut ernüchternd, da gab es gar keine Rückläufer", sagt Kaluza. Mittlerweile, nach mehrfachem Nachfragen, haben etwa 25 Prozent der Betreiber Verträge mit den jeweiligen Gemeinden. Einige Betreiber wollen allerdings nicht die im Gesetz vorgesehenen 0,2 Cent pro Kilowattstunde, sondern nur die Hälfte zahlen.

Windparkbetreiber: Gewinne nicht hoch genug

Auch die Nachbarstadt Calau (Oberspreewald-Lausitz) kennt diese Probleme. Würden hier alle Windparkbetreiber zahlen, kämen jährlich über 300.000 Euro mehr in die Stadtkasse. Dieses Geld könnten sich die Anlagenbetreiber sogar teilweise vom Netzbetreiber erstatten lassen.

Dennoch sind die Unternehmen häufig zurückhaltend und verweisen trotz möglicher teilweiser Erstattung darauf, dass sie nicht genug Gewinn machen würden, um Gemeinden zu beteiligen. "Bei gestiegenen Kosten für Wartung und Betrieb unserer Anlagen bewegen sich die erwirtschafteten Erträge lediglich im Rahmen der kalkulierten Wirtschaftlichkeit", erklärte einer der angefragten Windkraftanlagenbetreiber schriftlich dem rbb.

Von fehlender Wirtschaftlichkeit spricht wiederum der Landesverband Windendergie nicht. Der Verband bittet lediglich um Geduld, weil das Gesetz noch nicht lange in Kraft sei. "Deswegen möchte ich darauf hinweisen, dass man sich ein bisschen Zeit nimmt und gemeinsam überlegt, wie man die Ansprache so macht, dass auch Bestandsanlagen diese Abgaben zahlen", so Jan Hinrich Glahr vom Landesverband.

Nicht nur Grundstücksbesitzer beteiligen, sondern ganze Region

Laut Glahr gibt es sogar Windparkbetreiber, die den Gemeinden derzeit "hinterherlaufen", um die Abgabe zahlen zu dürfen. Davon merkt Gerald Lehmann, der Bürgermeister von Luckau, hingegen nichts. Er hat die gleichen Erfahrungen gemacht, wie sein Kollege Kaluza. Auch auf seine Nachfragen bei den Betreibern gab es kaum Rückmeldungen.

Lehmann, der auch im Präsidium des Brandenburger Städte- und Gemeindebundes sitzt, erwartet mehr Engagement von den Anlagenbetreibern. "Es ist ja keine Schande, Geld zu verdienen", betont Lehmann. "Aber dass wir Geld verdienen können, haben wir auch der Region zu verdanken und nicht nur dem einzelnen Grundstückseigentümer", so der Bürgermeister weiter.

Bis es also verpflichtende Regelungen für die Betreiber auch alter Windparks in Brandenburg gibt, müssen die Gemeinden weiter auf den guten Willen der Betreiber hoffen, die möglicherweise freiwillig zahlen. Auch sie dürften schließlich ein Interesse an größerer Akzeptanz der Windkraft haben.

Sendung: Antenne Brandenburg, 15.04.2024, 16:10 Uhr

Beitrag von Daniel Friedrich

47 Kommentare

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  1. 46.

    Wollen uns aber Verbrenner mit E-Fuels leisten können, deren Wirkungsgrad um Faktoren schlechter ist? Die weit mehr Primärenergie benötigen? Oder träumen davon, noch 100 Jahre günstig die unendlich vorhandenen Fossilbrennstoffe zu nutzen? Auf welche "Alternative" wollen Sie hinaus?

  2. 45.

    Was beschwert Ihr Euch? Das ist Marktwirtschaft. So What?

  3. 44.

    Stromsparaufrufe- noch nie etwas davon gehört ? Man findet seriöse Berechnungen über die Entwicklung des Energiebedarfes und in einer exakt: Wir können uns die Elektroautos für den individuellen Verkehr nicht leisten. Es wären genau angegebene Investitionen erforderlich bis ...genauer Zeitraum angegeben und Kraftwerksleistung in Petajoule. Utopisch. Lesen Sie selbst.

  4. 42.

    Wer bezahlt denn diese 300.000 ? Wir Verbraucher ! Wegen (auch) solcher Übergriffe wird alles teurer. Man sollte endlich mal die Gewerbesteuern reformieren. Dort zahlen, wo der Gewinn entsteht nicht dort wo die Firma sitzt.

  5. 41.

    Warum sollten sie auch?? Wenn bei mir um die Ecke ein Aldi auf macht, beteiligen die ihre Nachbarschaft auch nicht an den Gewinnen? Ok, ok nicht Aldi. Sagen wie Fahrradladen oder Unverpacktladen.
    So entstehen hohe Strompreise, weil jeder die Hand aufhält. Ich krieg das einfach nicht auf die Reihe, wo so ein Anspruchsdenken herkommt.
    ABER: ich fänd mindestens 1 Windrad mitten in Berlin, etwa Tempelhofer Feld (vielleicht da an der Autobahn) als ehrlich und Vorbild.

  6. 40.

    Du hast Natur um Windkraft.

    Du kannst Natur um PV oder unter PV haben.

    Dein Kommentar basiert nicht in der Realität.

  7. 39.

    Wieso erfindest du Pflichten die niemand vorschlägt?

    Auf welcher Basis siehst du einen Energiemangel? Der einzige Mangel der existiert ist im Netz.

    Und die CDU ist ja eh unwählbar.

  8. 38.

    Wenn nicht, dann würden die Firmen nicht weiter Investieren.

    Es gibt unzählige beispiele z. B.

    Windpark Groß Welle
    Windpark Wahlsdorf-Schlenzer-Petkus
    Windpark Auras
    Windpark Prötzel-Reichenow-Mögelin
    Windpark Rehfeld-Kölsa
    Windpark Mertens­dorf-Silmers­dorf
    Windpark Biegen
    Windpark Pinnow-Mark Landin-Frauenhagen

    und viele weitere, die mittlerweile schon Jahrzehnte operieren und ihre Kapazität expandieren.

    > Mit über 8.273 MW installierter Gesamtleistung nimmt Brandenburg heute nach Niedersachsen den zweiten Platz ein.

    > So wird gut ein Drittel des Strombedarfs aus Wind gewonnen

    > Mit geschätzten mehr als 20 Terrawattstunden (TWh) Strom aus erneuerbaren Quellen im Jahr 2021 deckt Brandenburg auch 2022 seinen Endenergieverbrauch an Strom bilanziell einhundertprozentig aus erneuerbarer Energie und kann dabei auch noch exportieren.

  9. 37.

    Gierhälse sag ich nur zu den Betreibern

  10. 36.

    Weil es keine Investoren gibt denen man einen Teil abgeben muss.

    Und was sie aufzählen sind die Organe die die Bürger gewählt haben um sie zu vertreten. Keine magischen Entitäten die aus dem nichts kamen.

  11. 35.

    Der Braunkohletagebau ist nicht weniger problematisch, aber WK- und PV-Anlagen zerstören das, was Tagebau, Industrie, Gewerbe, Wohnbebauung, Verkehrsflächen etc. an Natur und Landschaft übrig gelassen haben.

  12. 34.

    >"Kann man denn mit so einem Windpark auch einen Gewinn erzielen?"
    Mit Wind wohl eher als mit Sonne. Wind weht ja irgendwie immer. Brandenburg ist keine so Flaute-Gegend. Gefühlt hat der Wind sogar über die Jahrzehnte zugenommen.

  13. 33.

    Speicher baut man nicht weil noch zu selten Überkapazitäten vorhanden sind. Speicher lohnen sich wirtschaftlich noch nicht, wir müssen erst mehr Windräder bauen.

  14. 32.

    "Wenn Strom, Wasser, Müllentsorgung etc. in öffentlicher Hand sind, ist der Strom meist günstiger, die Infrastruktur besser gewartet und die Gewinne und Entscheidungen liegen in der Hand der Bürger:innen bzw. Gemeinden. "
    Vorher haben Sie diese Erkenntnisse? Günstiger eher nur durch weitere Quersubventionen der öffentlichen Hand (Umverlagerung), Entscheidungen bleiben bei Gremien (Verwaltungsrat, Aufsichtsrat) bei dem ev. Mandatsträger stimmberechtigt sind, aber weniger die Bürger.

  15. 31.

    Kann man denn mit so einem Windpark auch einen Gewinn erzielen? Bei dem Berlin-Brandenburg Wetter erscheint mir das eher unrealistisch. :)

  16. 30.

    Schauen Sie sich allein die Anzahl und Kosten der Entwicklung der Netzeingriffe der ÜNBs und VNBs an, um Blackouts zu verhindern.

  17. 29.

    "Windenergieanlagen können Momentanreserve bereitstellen"
    Haha, der ist lustig, haben Sie eine ungefähre Ahnung über die bereitstehende Energiemenge und deren Wirkung?

  18. 28.

    "wird ihnen so eine beispiellose Zerstörung von Natur und Landschaft ermöglicht"

    Klar, beispiellos. Wenn man sich das anguckt; sieht wie ein Mondlandschaft aus. Und die Kohlelöcher dagegen - gelebter Naturschutz und reinste Landschaftspflege....

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