Außenwerber in finanzieller Not - Wenn Corona die Litfaßsäulen leerfegt

Mi 08.07.20 | 08:16 Uhr
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ILLUSTRATION - Ein Plakatierer (Quelle: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert)
Video: Abendschau | 07.07.2020 | Tobias Schmutzler | Bild: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Noch immer sind Theater geschlossen und Veranstaltungen werden abgesagt - für sie muss momentan also nicht geworben werden. Das trifft nicht nur die Künstler hart, sondern auch die Branche, die für sie die Werbetrommel rührt: die Anbieter von Außenwerbung.

In der Lagerhalle von Ralf Gerlich und Mihai Danzke lagern gerade 5.000 Plakate - normalerweise sind es 120.000. Gerlich und Danzke leiten ein Unternehmen, das in Berlin Werbeflächen mit Plakaten bestückt. Momentan bleiben jedoch viele Litfaßsäulen, Baugerüste und Wandflächen leer. Denn für abgesagte Konzerte und Filmpremieren muss niemand werben.

"Was jetzt passiert ist, wirft uns im Unternehmen fünf Jahre zurück", sagt Mihai Danzke, Geschäftsführer der Kulturplakatierung GmbH, dem rbb. Ihre Umsätze seien von 400.000 Euro im Monat auf unter 10.000 Euro gesunken.

Eventbranche ist wichtiger Partner

Viele Unternehmen in der Außenwerbungbranche haben momentan finanzielle Schwierigkeiten. Auch die Wall GmbH, die Werbeplatz auf digitalen Bannern verkauft, spürt nach eigener Aussage die Krise. Da aber auch Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime Video zu den Kunden des Unternehmens gehören, ist es breiter aufgestellt. "Es gibt auch Produkte, die beworben werden wollen und beworben werden müssen – ob nun Coronakrise, ja oder nein. Aber die Kultur- und Eventbranche ist natürlich weiterhin ein dramatischer Einschnitt", sagt Frauke Bank von der Wall GmbH.

Jetzt wird für grüne Wiesen geworben

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft empfiehlt den Außenwerbern die gängigen Corona-Hilfsprogramme. Die haben auch Mihai Danzke und Ralf Gerlich genutzt, wie sie sagen – doch der staatliche Kredit reiche nicht mehr. Deshalb hoffen sie nun auf einen Kredit über 300.000 Euro von ihrer Hausbank. Derweil muss ihr Unternehmen die Flächen auch ohne Werbeaufträge pflegen. Bis wieder Events stattfinden können, sind auf vielen ihrer Flächen deshalb gerade grüne Wiesen zu sehen.

Sendung: Abendschau, 07.07.2020, 19.30 Uhr

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6 Kommentare

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  1. 6.

    Ich brauch keine Vor-Ort-Werbung, im Internet gibt es reichlich, wie Newsletter. Alles Scheinwirtschaft.

  2. 5.

    Das ist wohl so, allerdings fehlt mir dazu der Überblick. Einige wenige Litfaßsäulen stehen allerdings unter Denkmalschutz und werden damit dem Blick erhalten bleiben, sozusagen im Sinne einer Kulturgeschichte.

  3. 4.

    Wurden nicht schon viele Litfaßsäulen vor ein paar Jahren abgebaut und durch Neubauten ersetzt? Wenn ich mich recht erinnere, gibt es in Berlin kaum noch die "alten" Litfaßsäulen. Trotz Internet gucke ich immer gerne auf diese und möchte sie auch nicht missen.

  4. 3.

    Durch verstärkte Nutzung des Internets gibt es gewiss weniger Zettel an den Bäumen, doch es gibt sie. Der Bedarf an analoger Kommunikation abseits des rein Kommerziellen ist m. E. riesig. Die Herausforderung läge allein in der Pflege und im Unterhalt solcher Säulen und dass ein Mindestmaß an Organisation greift. Das würde ganz der Intention von Litfaß entsprechen.

  5. 2.

    Warum ist das unverzichtbar?
    Können sie einen Nutzen nennen, denn ich sehe keinen einzigen mehr, höchstens als Hundetoilette.

  6. 1.

    In Anbetracht zur ursprünglichen Idee der Liftfaßsäule, nämlich die Mitteilung von Angeboten und Informationen, die vorher "wild" an Häuserwänden prangten, ist die Säule zu einer runden Form der Plakatwand verkommen. Den geschäftlich Getriebenen mag das egal sein, ob das Ding nun rund, quadratisch oder rechteckig ist, kulturell jedoch wurden den Litfaßsäulen damit die Existenzgrundlage entzogen.

    Kein Wunder, dass mittlerw. von einem Abbau gesprochen wird. - Ich würde jedoch einen anderen Weg wählen: Auch oder gerade in Zeiten inflationär gebräulicher äußerst flüchtiger Apps ist das Fest-Stehende an den runden Säulen im Prinzip unverzichtbar.

    Dafür alles; im Zuge der weiteren Kommerzialisierung: nichts.

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