Touristenmagnete in Berlin - Justizsenatorin: Keine Rückgabe von Nofretete und Pergamonaltar geplant

Mi 11.01.23 | 16:49 Uhr
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Audio: Fritz | 11.01.2023 | Thomas Weber
Bild: imago/Miguel Ángel Muñoz

Die Büste der Nofretete ist der vielleicht wichtigste Kunstschatz in den Berliner Museen. Gefunden wurde sie vor 110 Jahren in Ägypten - eine Rückgabe plant der Berliner Senat derzeit aber nicht, wie Justizsenatorin Kreck klarstellte.

Eine Rückgabe des Berliner Pergamonaltars und der Nofretete-Büste in die Herkunftsländer ist vom Senat nicht geplant. Das sagte Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) am Mittwoch im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses. "Der Senat strebt nicht an, die Nofretete und den Pergamonaltar wieder zurückzugeben", sagte Kreck.

Kreck widersprach damit indirekt ihrer Staatssekretärin Saraya Gomis (parteilos), die sich kürzlich in einem Interview für eine Rückgabe ausgesprochen hatte. "Ich persönlich bin dafür, dass der Pergamonaltar und die Nofretete-Büste zurückgegeben werden", hatte Gomis dem "Tagesspiegel" gesagt und hinzugefügt: "Aus einer Antidiskriminierungsperspektive muss man sagen: All die Kulturgüter aus anderen Weltregionen gehören nicht uns, sie sind unrechtmäßig hier."

Kreck sieht "verschiedene Perspektiven zur Rechtmäßigkeit des Besitzes"

Kreck hingegen sagte nun, es gebe verschiedene Perspektiven auf die Rechtmäßigkeit des Besitzes des Pergamonaltars und der Nofretete-Büste sowohl im juristischen und moralischen Sinn. Sie begrüße daher die Debatte zu dem Thema.

Die Nofretete ist ein Touristenmagnet. Die um 1340 vor Christus gefertigte Büste der Hauptgemahlin von Pharao Amenophis IV. steht im Berliner Neuen Museum, das zur Stiftung Preußischer Kulturbesitz gehört. Sie wurde nach Stiftungsangaben nicht illegal außer Landes gebracht, sondern sei im Rahmen einer von der ägyptischen Antikenverwaltung genehmigten Grabung gefunden worden. Dabei sei wie damals üblich eine Fundteilung vereinbart worden.

Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Zurzeit eine Forderung Ägyptens

Der Unternehmer James Simon, der im Jahr 1912 die Grabung finanziert hatte, schenkte die Büste zusammen mit anderen Grabungsfunden 1920 den Berliner Museen. Diese Grabungs- und Fundteilungsgeschichte ist laut Stiftung dokumentiert, aufgearbeitet und publiziert. Von ägyptischer Seite gibt es immer wieder private Initiativen für eine Rückgabe der Nofretete. Eine entsprechende Forderung vonseiten des ägyptischen Staates liegt laut Stiftung nicht vor.

Der Altar von Pergamon stammt aus ersten Hälfte des zweiten Jahrhunderts vor Christus. Er stand auf dem Burgberg der kleinasiatischen Stadt Pergamon und wurde Ende des 19. Jahrhunderts bei Grabungen entdeckt. Die Präsentation im danach benannten Pergamonmuseum auf der Museumsinsel geht auf einen Vertrag zur Fundteilung zwischen der deutschen Regierung und dem damaligen Osmanischen Reich nach Verhandlungen 1878/79 zurück. Von unterschiedlich legitimierter türkischer Seite gibt es immer wieder mal Vorstöße in Richtung einer Rückgabe.

Rückgabe von Benin-Bronzen war laut Baerbock und Roth "Wendepunkt"

Im Dezember hatten Kultustaatsministerin Claudia Roth und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) 20 Benin-Bronzen an Nigeria zurückgegeben und dies als "Wendepunkt internationaler Kulturpolitik" bezeichnet. "Es war falsch, sie zu nehmen, und es war falsch, sie zu behalten", sagte Baerbock. Die Kunstschätze gehörten zuvor zu den Beständen von Museen in Berlin, Hamburg, Köln, Dresden, Leipzig und Stuttgart. Weitere Rückgaben sollen folgen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.01.23, 15:40 Uhr

17 Kommentare

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  1. 17.

    Es gibt keine Verträge. Es geht darum, dass die Sachem damals einfach mitgenommen wurden. Also im Prinzip geklaut.

  2. 16.

    Es ist alles nur gelklaut......doch das weiß ich nur ganz alleine......
    Ist in Deutschland Traditon, von nix gewusst zu haben. Und wenn man's gewusst hätte, ja dann.... wär man ein Held geworden.

  3. 15.

    Mann sollte lieber Kulturgut zum Weltkulturgut ernennen und vom Nationalen und Völkischem Erbe befreien, sprich Kultur gehört allen. Das gilt auch für Urheberrecht!

  4. 14.

    "...ob der Schutz dieses Weltkulturerbes in dem betr. Land überhaupt sicher gestellt werden kann..."
    Naja, ich erinnere nur an eine gewisse Goldmünze aus dem Bodemuseum. Oder an gewisse Gegenstände aus dem Dresdner Grünen Gewölbe. Da sah das "betr. Land" auch ganz schön alt aus...
    Davon abgesehen waren unsere Museen auch schon mal ganz schön zerbombt und ein großer Teil der Kulturschätze verloren.
    Und Länder wie Ägypten oder die Türkei sind für gewöhnlich schon in der Lage, ihre Schätze zu schützen. Es geht ja nicht um Afghanistan. Natürlich nichts gegen Afghanistan, ist auf seine Weise sicher auch irgendwie ein tolles Land... :-)

  5. 13.

    "eine Rückgabe plant der Berliner Senat derzeit aber nicht"
    Eine Rückgabe von Benin-Bronzen war vor ein paar Jahren auch noch nicht geplant...

  6. 11.

    "Die Marmorplatten aus Bergamo ( Pergamon ) wurden bevor sie nach Berlin kamen von den Einheinmischen zu Heizzwecken verwendet."

    Radio Jerewan sagt: Völlig korrekt, allerdings ist es nicht Bergamo/Italian sondern Bergama/Türkei und mit den Marmorplatten wurde nicht geheizt sondern sie wurden zerschlagen und zu Kalk gebrannt.

    Schlag' nach bei Humann.

  7. 10.

    "Der Senat strebt nicht an, die Nofretete und den Pergamonaltar wieder zurückzugeben" - ach was, wirklich nicht?
    Schön im/aus dem Beitrag: Nofretete ist ein Touristenmagnet; Stiftung Preußischer Kulturbesitz (immernoch diese Bezeichnung, Frau Roth = ?); Antidiskriminierungsperspektive; All die Kulturgüter aus anderen Weltregionen gehören nicht uns, sie sind unrechtmäßig hier; Wendepunkt internationaler Kulturpolitik
    Für mich spiegelt das auch irgendwie die gesammte Chaospolitik Berlins wieder - jeder Koch salzt noch mal nach.
    So wird es nicht besser schmecken!

  8. 9.

    Niemand hat die Absicht, die Nofretete zurückzugeben.

  9. 8.

    Danke für die Info. Können Sie eine Quelle benennen? Ich habe das auch schon mal vor längerer Zeit gelesen, konnte es aber nicht glauben.

    Entschuldigen Sie bitte, meine Zuschrift. Beim Schreiben "bricht das immer das gesamte Bild zusammen" und der Cursor springt durchs "Bild", die Ursache kenne ich nicht, aber lt. ständiger Sicherheitsscans, Fehler nicht bekannt --?)

  10. 7.

    Ihnen fehlt es offenbar auch ein wenig an Hintergrundwissen. Pergamon ist die einstige Stadt im alten Kleinasien, bei der Bruchstücke des Altars gefunden wurden. Mit der italienischen Stadt Bergamo hat der Altar insofern nicht zu tun.

  11. 6.

    Is ja auch mal gut mit der Gewissensonanie.

  12. 5.

    Wie recht Sie doch damit haben. Erst kürzlich habe ich diese Ausstellung besucht und bin immernoch überwältigt davon.
    Man muß Nofretete mal aus der Nähe gesehen haben. Beeindruckende Büste.

  13. 4.

    Mir wurde vor Jahren im Pergamonmuseum erklärt, der gesamte dort aufgebaute Altar sei bis auf 3-4 Originalsteine ein detailgetreuer Nachbau. Dann ist der Streit doch obsolet! Sollte dies nicht zunächst geklärt werden?

  14. 3.

    Wir dürfen hier auch unsere Meinung äußern. Leider haben viele Politiker wenig Hintergrundwissen zu den Dingen, die sie so verbreiten. Das ist hier in der Regel auch nicht anders, aber es hat eine ganz andere Gewichtung.
    Die Marmorplatten aus Bergamo ( Pergamon ) wurden bevor sie nach Berlin kamen von den Einheinmischen zu Heizzwecken verwendet. Sie wurden also vor weiterer Zerstörung gerettet als sie nach Berlin kamen. Alle, auch diejenigen, die vielleicht einen Anspruch anmelden sollten können dankbar sein, dass wenigstens ein Teil überlebt hat. Die Benin Bronzen sind Raubkunst, also eine ganz andere Geschichte.

  15. 2.

    Man ist irgendwie mit dem Pergamon Altar in Ost Berlin aufgewachsen und nun kommen solche Ideen! Natürlich kann man über viele Sachen diskutieren und reden aber es gibt doch auch Verträge die nun mal geschlossen wurden! Was sind den all diese Verträge wert wenn jede neue Regierung alles immer neu bewertet? Aber was will man von unserer Regierung denn noch erwarten? Wir sollten langsam was gegen den Fachkräftemangel im Bundestag was machen das sollte unser größtes Ziel sein!

  16. 1.

    ...eine Rückgabe plant der Berliner Senat derzeit aber nicht, wie Justizsenatorin Kreck klarstellte.--Derzeit???-- Sehr geehrte Frau Kreck! Ist das eine juristisch einwandfreie Antwort?- Abgesehen davon, dass ich die Forderung v. Fr.Gomes mit Entsetzen zur Kenntnis nahm, weil der erste Gedanke war, ob der Schutz dieses Weltkulturerbes in dem betr. Land überhaupt sicher gestellt werden kann, haben wir doch völlig fassungslos mit ansehen müssen, dass das Ägyptische Museum Ziel der Zerstörungwut 2011(arab. Frühling)war? Wir wurden Zeugen tumber Zerstörungswut der Weltkultur, durch die Taliban. Palmyra, die Perle in Nahost sozusagen wurde nahezu völlig zerstört.... Weiß das eine Frau Gomes nicht? Ich bin weder rechts/links noch ausländerfeindlich, sondern tough europäisch: Sie hat hier zu bleiben!

    denn wir wissen oder besser die interessierte Kunstwelt weiß, was wir in den leideer (muslimischeen) Ländern an Welterbe-Kultur zerbombt, zerstört und kaum wiederbringbar eingeßt haben???

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