Konzertkritik | Yamato im Admiralspalast - Freude am Schlag

Mi 18.01.23 | 08:13 Uhr | Von Hans Ackermann
"Yamato" im Admiralspalast (Quelle: rbb/Hans Ackermann)
Audio: rbb24 Inforadio | 18.01.2023 | Hans Ackermann | Bild: rbb/Hans Ackermann

Mit traditionellen Trommeln, Bambusflöten und Saiteninstrumenten bringt das Ensemble Yamato im Berliner Admiralspalast Elemente der japanischen Musikkultur auf die Bühne. Hans Ackermann spürte Donnerschläge am eigenen Leib.

Eine traditionelle japanische Taiko-Trommel entsteht, wenn ein ausgehöhlter Baumstamm mit Kuhhaut bespannt wird. Genauso archaisch ist am Anfang auch die Bühne im Berliner Admiralspalast beleuchtet. Mit einigen Lampions, die beim Konzert später allerdings durch eine ausgeklügelte Licht-Show ergänzt werden. Das Ensemble Yamato versteht sich als Botschafter des alten Japans, ist aber über seine jungen Musikerinnen und Musiker auch in der Gegenwart verankert.

Bis zum Sonntag kann man die zehn Musikerinnen und Musiker auf japanischen Instrumenten erleben, neben Taiko-Trommeln in verschiedenen Größen auch traditionelle Saiteninstrumente wie Koto und Shamisen, dazu Bambusflöten und feingestimmte Zimbeln aus Bronze. Im Mittelpunkt aber steht die Taiko, insgesamt mehr als 40 verschiedene dieser Trommeln kommen über den Abend verteilt zum Einsatz.

Trommeln als Wettkampf

Und den Donnerschlag der großen Taiko zu Beginn spürt man am ganzen Körper. Das größte Exemplar auf der Bühne mißt einen Meter siebzig im Durchmesser und ist 500 Kilogramm schwer, wird mit riesigen Schlägeln in Schwingungen versetzt.

Nach der recht rituell anmutenden Eröffnung kommt schon bald Heiterkeit auf - ein Humor, der sich wohltuend durch den gesamten Abend zieht. Denn zwei Taiko-Trommler bauen sich bedrohlich mit ihren Instrumenten gegenüber auf, zu einem "Battle", einem Wettkampf, bei dem man sich natürlich, wie im asiatischen "Kampfsport" üblich, erst einmal höflich voreinander verbeugt - um dann mit größter Leidenschaft trommelnd aufeinander loszugehen. Jeder will den anderen überflügeln, noch virtuoser und schneller die Schlägel aufprallen lassen. Zwei weitere Trommler kommen hinzu, bringen noch größere Instrumente ins Spiel. Aus dem Zweikampf wird ein Wettkampf zu viert. Am Ende gewinnt natürlich keiner, aber alle haben Spaß.

Trommeln "bis zu zehn Stunden am Tag"

Auf den Spaß folgt dann auch weiterhin kein Ernst - sondern eine Show-Komponente, die bei einem herkömmlichen Konzert keine große Rolle spielen würde. Doch wenn die durchtrainierten Trommler nun ihre bunten Westen ablegen, dann mit freiem Oberkörper auf senkrecht stehende Taikos eindreschen, dabei dem Publikum den Rücken zukehren, so dass es sich am Spiel der Muskeln erfreuen kann, Bizeps und Trizeps im grellen Scheinwerfellicht tanzen - dann darf, soll und muss auch über athletische Körper gestaunt werden.

Ein Programmheft gibt es an diesem Abend nicht, doch auf der Webseite von Yamato - die im nächsten Jahr ihr 30. Jubiläum feiern werden - bekommt man Auskünfte, die das äußerst sportliche Erscheinungsbild dieses Ensembles erklären: Die japanischen Trommler beginnen das Training in ihrer Heimatstadt Asuka "jeden Tag um 6:30 Uhr mit einem Zehn-Kilometer-Lauf", verbringen "bis zu 10 Stunden" am Tag mit Trommeln und "pro Show", heißt es dann noch, "verliert ein Trommler zwischen 2 und 3 Kilogramm Körpergewicht" - das erklärt doch einiges.

Pure Schall-Energie

Ihre Trommelstöcke fertigen die Musikerinnen und Musiker auch noch selbst an, einige Hundert davon gehen pro Jahr zu Bruch, wie man liest, an diesem Abend aber kein einziger. Obwohl die Trommeln wirklich mit aller Kraft bearbeitet werden und große Mengen purer Schall-Energie in den bebenden Saal ausstrahlen. Und dort immer wieder den Wunsch auslösen, mitmachen zu wollen.

Besonders schön gelingt das Zusammenspiel zwischen Publikum und Ensemble dann interessanterweise an jener Stelle, an der keine donnernden Taikos zum Einsatz kommen, sondern die kleinen "Chappas" -Zimbeln aus Bronze, die eine feinen Klang abstrahlen, der sich wunderbar mit dem hellen, rhythmischen Händeklatschen der Zuschauerinnen und Zuschauer mischt.

Freude am Schlag

Beim letzten Stück zeigen Yamato dann noch einmal ihre geballte Trommelkunst. Sämtliche Mitglieder - 4 Frauen, 6 Männer - spielen auf verschiedenen Taikos, die Hälfte auf den Bierfass-großen Miya-Taikos, die anderen auf den kleineren "Okedo-Taikos". Letztere sind auf beiden Seiten mit Fell bespannt sind, so dass mit den Schlägeln rasend schnelle Wechsel möglich sind. Dieses letzte, höchst-virtuose Stück wird mit stehendem Applaus belohnt. Es heißt "Rakuda", was sich ganz einfach mit "Freude am Schlag" übersetzen lässt.

Sendung: rbb24 Infoadio, 18.01.2023, 7:55 Uhr

Beitrag von Hans Ackermann

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