Berliner Kultursenator - Einzug der ZLB ins Lafayette-Gebäude könnte 589 Millionen Euro kosten

Mo 25.09.23 | 20:52 Uhr
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Visualisierung zur Berliner Zentral- und Landesbibliothek in den Galeries Lafayette (Quelle: RenderVision)
Audio: rbb24 Abendschau | 25.09.2023 | B. Hermel & S. Schöbel, Interview mit Joe Chialo (CDU) | Bild: RenderVision

Kultursenator Chialo treibt den vorgeschlagenen Umzug der Berliner Zentral- und Landesbibliothek in die Friedrichstraße voran. Mit dem Besitzer des Quartiers 207, in dem noch die Galeries Lafayette Mieter sind, verhandelt er schon über einen Kaufpreis.

  • Eigentümer des Quartier 207 hat ersten Vorschlag für Kaufpreis vorgelegt
  • Laut Kultursenator Chialo sind darin bereits Kosten für Umbau zu Bibliothek enthalten
  • Kauf soll erst im Haushalt 2026/27 zu Buche schlagen
  • Koalitionspartner SPD kritisiert unklare Finanzierung

Der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) hat sich erstmals zu möglichen Kosten für einen Umzug der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) an die Friedrichstraße geäußert. Einem ersten Angebot zufolge beliefen sich die Kosten für den Kauf des Gebäudes Quartier 207 und den Einzug der Bibliothek auf rund 589 Millionen Euro, sagte Chialo am Montag im Kulturausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses.

In dieser Höhe habe der Gebäudeeigentümer, das US-Unternehmen Tishman Speyer, ein erstes Kaufpreisangebot unterbreitet, so Chialo. Es setze sich aus dem Grundstückswert, dem Gebäudewert und der Finanzierung zusammen.

Wohl keine Finanzierung mehr im aktuellen Doppelhaushalt

"Ich betone, dass in diesem Angebot auch die Kosten für die bauliche Herrichtung zur Umnutzung des Hauses als ZLB bereits enthalten sind", sagte der Kultursenator. Es sei ein erstes Angebot, das noch "komplett unverhandelt" sei. Die Kaufpreisermittlung des Angebotes beruhe auf der Annahme eines Verkaufs.

Kritische Nachfragen im Ausschuss kamen vor allem vom Koalitionspartner SPD - etwa zur baulichen Substanz oder zu Angeboten von anderen Akteuren. Auch bei der Finanzierung zeigte sich die SPD skeptisch. "Wenn ich mir beispielsweise die vom Finanzsenator vorgelegte Investitionsplanung anschaue, sehe ich da keinen Platz für die ZLB, die ist nicht vorgemerkt", sagte die kulturpolitische Sprecherin der Fraktion, Melanie Kühnemann-Grunow, im rbb mit Blick auf den Doppelhaushalt 2024/25.

Kultursenator Chialo will bereits im nächsten Jahr mit Tishman Speyer handelseinig werden, Haushaltsgeld soll aber erst später fließen. Erst im Doppelhaushalt 2026/27 soll der ZLB-Unmzug finanziell zu Buche schlagen, erklärte er im Kulturausschuss. Woher in der Zwischenzeit die notwendigen finanziellen Mittel kommen sollen, sagte er in der rbb24 Abendschau auch auf mehrfache Nachfrage nicht.

Experten unterstützen Umzug in Quartier 207

Für die Zentral- und Landesbibliothek wird seit Jahren ein neuer Standort gesucht. Die beiden Standorte am Blücherplatz und in der Breiten Straße sind zu klein geworden und haben zudem dringenden Sanierungsbedarf. Unter anderem war ein Neubau im Gespräch, für den zuletzt rund 500 Millionen Euro veranschlagt wurden. Auch der ehemalige Flughafen Tempelhof sowie das Internationale Congress-Centrum (ICC) wurden als neue ZLB-Standorte diskutiert.

Chialos Ansicht nach ist das Quartier 207 an der Friedrichstraße, in dem unter anderem das Kaufhaus Galeries Lafayette untergebracht ist, am besten geeignet. Der Mietvertrag für die französische Kaufhauskette endet dem Eigentümer zufolge Ende 2024.

ZLB-Direktor wirbt für Umzug ins Quartier 207

Die geladenen Experten sprachen sich im Kulturausschuss am Montag allesamt für das Projekt aus. Der Direktor der Stiftung ZLB, Volker Heller, sieht in der Gebäudeumnutzung des Quartiers 207 den Vorteil, dass es keinen Interimsstandort brauche. Sollte der Standort am Blücherplatz ausgebaut werden - so wie es zuvor diskutiert worden war - müsste der Standort der ZLB in der Zwischenzeit über Jahre schließen und ein neuer gefunden werden. Berlins Zentralbibliothek nachhaltig und schnell für die Bürgerinnen und Bürger zu realisieren, wäre auch ein Zeichen für die Zukunftsfähigkeit der Stadt, so Heller.

Auch der Wissenschaftler im Bereich Bibliotheksmanagement an der Humboldt-Universität, Jonas Fansa, zeigte sich vom Quartier 207 als neuen ZLB-Standort überzeugt. Das Gebäude sei sehr gut geeignet für eine Bibliothek. Positiv sieht er auch die Anbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Begeistert von der Idee des Umzugs der ZLB ins Quartier 207 schien die Linke. Auch von den Grünen sowie von Chialos eigener Partei gab es Unterstützung für den Vorschlag.

Kaufhaus Lafayette will nicht ausziehen

Die Galeries Lafayette planen allerdings nicht, das Kaufhaus in der Friedrichstraße in Berlin aufzugeben. Man verhandele mit Eigentümer Speyer über die Weiterführung des Mietvertrages, der Ende 2024 ausläuft, teilte das Unternehmen Anfang September auf rbb-Anfrage mit. Zum Stand der Verhandlungen könne man derzeit keine näheren Angaben machen.

Eigentümer Tishman Speyer hatte hingegen erklärt, dass der Vertrag mit dem Lafayette eine feste Laufzeit bis Dezember 2024 habe. "In unserem laufenden Austausch mit Galeries Lafayette war nie die Rede von einer Verlängerung oder einem Verlängerungswunsch von Galeries Lafayette über das Jahr 2024 hinaus und unsere Pläne für das Objekt basierten immer auf diesem klaren Verhältnis." Der US-Investor hatte das Quartier 207 Anfang 2022 gekauft, der damalige Kaufpreis betrug laut dem Branchenverband Zentraler Immobilien-Ausschuss rund 300 Millionen Euro.

"Der Beschluss, dass Galeries Lafayette auszieht, das wurde uns konkret vermittelt", sagte Chialo am Montag im Ausschuss. "Wir haben mit unserem Handeln nicht dazu beigetragen, dass die Galeries Lafayette auszieht. Das war bereits beschlossene Sache." Wohin das Kaufhaus umziehen würde, sei Chialo nicht bekannt. Galeries Lafayette und die US-Firma äußerten sich dazu auf Anfrage am Montag zunächst nicht.

Sendung: rbb24 Abendschau, 25.09.2023, 19:30 Uhr

46 Kommentare

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  1. 46.

    Transparenz werden sie bei diesem Senat nicht erwarten können, da wird gemauschelt wie zu Landowskys Zeiten.

    Apropos, was ist eigentlich aus der eidesstattlichen Erklärung Gröners und den 820.000 € geworden? Evt. ist hier ja auch wieder Geld geflossen?

  2. 45.

    36.000qm für 519 Millionen bedeuten 14.416€/qm das ist wucher! - Da könnte man 118.000qm Wohnungen für 4000€/qm bauen also 1573 75qm Wohnungen bauen, Da hat wohl einer das Maß verloren.

  3. 44.

    Der Kultursenator soll die Kalkulation offenlegen. Die Berliner haben Anspruch auf Transparenz, wofür und wie ihr Steuergeld eingesetzt wird.

  4. 43.

    Die ZLB ins ICC.
    Zwei fliegen mit einer Klappe.

  5. 42.

    Na was ich weiss: 2016 konnte die SPD auf dem Tempelhofer Feld keine überzeugende Planung für eine Randbebauung mit bezahlbarerem Wohnraum und die Planung für die ZLB war auch nicht überzeugend.
    Also musste man mit dem Volksbegehren erst einmal verhindern, dass ein Filetgrundstück der Stadt , Denkmal, riesengross zumal, im internationalen Immobilien-Börsencasino verzockt wird.
    Dann kam die Idee, die ZLB auf das Rathausforum am Alex zu setzen. Also da wo es schon dicht ist und zudem der Plattenbau-Nachbau vom Hohenzollernschloss in einer Steinwüste steht.
    Also auch kein guter Vorschlag.

    Welche guten Standorte kennen Sie, die verhindert wurden?

  6. 41.

    Mit Mitte meine ich den alten Stadtteil Mitte und hier ist nur die ZLB im der Breitestraße. Wenn alle Standorte der ZLB zusammengeführt würden, wäre es ein großer Vorteil, zumal das Quartier 207 verkehrsgünstig liegt und gut mit ÖPNV zu erreichen ist, was man vom Standort Breitestraße nicht sagen kann.

  7. 40.

    "Oder sind Sie der Ansicht, dass in Mitte keine Familien mit Kindern wohnen?"
    Nein, warum sollte ich? Sie schrieben aber "womit sollen die Kinder lesen lernen" und bezogen das auf den beabsichtigten Kauf des Quartiers 207, der dafür ihrer Meinung nach offenbar dringend nötig ist.
    Daraufhin mein Argument mit den Stadtteilbibliotheken, in denen Kinder sehr gut versorgt sind.
    Ich habe aber nicht weiter recherchiert - vielleicht ist ja Mitte der einzige Stadtteil, der so etwas bisher nicht hat. Dann nehme ich natürlich alles zurück und gebe sofort die 589 Millionen frei... :-)

  8. 39.

    Vielleicht sollte man die 500.000.000 erst mal nehmen und die Tunhallen der Schulen sanieren.

  9. 38.

    Nun dann schauen Sie sich doch einmal in Mitte um. Das Quartier 207 liegt zentral zur Uni aber auch zu anderen Bildungseinrichtungen. Oder sind Sie der Ansicht, dass in Mitte keine Familien mit Kindern wohnen?

  10. 37.

    Luxus im Sinne des Objekts. Ansonsten, hier https://www.rbb24.de/sport/beitrag/2023/09/sporthalle-marode-anna-lindh-schule-berlin-kritik-politik.html

    noch Fagen?

  11. 36.

    Was mir bisher völlig fehlt, ist die Zusage, dass für das viele Geld das dann auch der einzige Standort wird.
    Bisher sehe ich ja kommen, dass man das bescheidene Sümmchen für die Friedrichstraße ausgibt - und dann aber die anderen Gebäude trotzdem behalten werden und dann natürlich trotzdem für weitere hunderte Millionen saniert werden müssen.
    Vielleicht mal was zur Nachfrage: Würde dieser Kauf konkret den Verzicht auf die beiden Altstandorte bedeuten, möglicherweise sogar deren Verkauf? Oder eine Neunutzung für etwas anderes, und wenn ja, wofür?
    Ein paar Antworten darf man doch erwarten, wenn das Land knapp 600 Millionen Euro ausgeben will, weil es einem Senator spontan so günstig erscheint...

  12. 35.

    "Dann hätte ich noch eine Frage an Sie, womit sollen die Kinder lesen lernen..."
    Alles völlig richtig, aber dafür brauchen die Kinder keine Zentralbibliothek in MItte.
    Jeder Bezirk hat gut ausgestattete Büchereien, wo Kinder und Erwachsenen alles geboten wird. Allein bei uns in der Nähe die im Steglitzer Schloss und die in Zehlendorf. Ich glaube, Lankwitz hat auch noch eine.
    Damit ist alles da, damit Kinder nach Herzenslust lesen können.
    Der geplante Palast in der Friedrichstraße ist dagegen was für den Herrn Senator...

  13. 34.

    "...es gibt genügend leestehende Gebäude, die Berlin gehören und für ein Bruchteil des Geldes ließe sich hier bestimmt auch ein Quartier umbauen..."
    Das verschafft Herrn Chialo aber nicht den Glanz und die Aufmerksamkeit, die er offenbar schätzt...

  14. 33.

    Zu viel Bildung ist lästig. Deshalb wird der dringend benötigte Neubau der ZLB durch gewisse Kreise seit Jahren zu verhindern versucht.

  15. 32.

    Was nützen uns Touristen die dort hingehen? Das Geld ist für andere Dinge dringend notwendig.

  16. 31.

    Klausbrause, recht hast du!
    Da hilft nur Ironie und Satire.
    Da ist der Flughafen mehr oder weniger fertig, da kommt die nächste Groteske in Berlin. Aber ich befürchte dass auch da die Realität keinen Platz für Satire lässt. Ist unschlagbar. Aber warum guckt der Senat nicht mal bei eBay mal nach schönen Gebäuden? Und überhaupt, ich finde 596 Millionen klingt irgendwie nach 5,99 mit ein paar Nullen dran. Schnell zugreifen, bevor das Schnäppchen weg ist!

  17. 30.

    ...lass mich kurz nachdenken. Stimmt, wir haben ja gar keine ZLB, ergo muss erst einmal eine her, und das für 600 Mio. Minimum und das dann mal bitte schön in der Friedrichstraße.

    Maß halten und Prioritäten setzten!

  18. 29.

    Offensichtlich haben Sie nicht registriert, das mein Einzeiler eine ironische Antwort auf einen vorherigen Beitrag war.

  19. 28.

    Sachlicher, seriöser Diskurs:
    Zweifellos in jeder Hinsicht höher zu budgetierenden Schulen sind nicht gegen die Einrichtungen zur Erhaltung des Kulturerbes, der Wissensakkumulation, eines anderen Teils unser Bildung, Bildungsgrundlagen und Bildungssysteme auszuspielen.
    Ob fast 300 Mio Spekulationsgewinn eines US-Investors für ein Gebrauchtgebäude ohne Ertüchtigung für einen Zentralbibliothek, im Zentrum des Gemeinwesens zu akzeptieren sind, steht auf einem anderen Blatt. Sollte selbstverständlich Gegenstand der sachlich-seriösen parlamentarischen und ausserparlamentarischen Debatte in der Stadtgesellschaft sein.
    Wäre auch hilfreich um zu begreifen, worauf eine Regierung egal welcher Partei stösst, ist die Stadt, oder grosse Teile der Stadt, ihr nicht vermehrbarer Grund und Boden an internationale Börsencasinos, ihre Betreiber und Kunden verscherbelt. Und das nach immer noch allgemeiner Ansicht völlig legal, unumkehrbar und nun Mal die sozusagen naturgesetzliche Wirklichkeit.

  20. 27.

    ...glaubt doch kein Mensch, dass die 600 Mio das Ende der Fahnenstange sind, und das schon gar nicht in Berlin.

    Das Geld ist in die Schulen zu stecken.

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