Galeries Lafayette - Ein Stück französischer Luxus in Berlin

Mo 25.09.23 | 18:43 Uhr | Von Jonas Wintermantel
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Archivbild: Kurz nach Eröffnung des neuen Kaufhauses Galeries Lafayette am Morgen des 29.02.1996 (Quelle: dpa/Peer Grimm)
Bild: dpa/Peer Grimm

Die Galeries Lafayette in der Friedrichstraße könnten der Berliner Zentral- und Landesbibliothek weichen - so stellt es sich der Kultursenator vor. Ein Rückblick auf die Berliner Geschichte des französischen Luxuskaufhauses. Von Jonas Wintermantel

Die Friedrichstraße ist weiträumig abgesperrt, vor dem Eingang scharen sich die Massen. Eisige Temperaturen um den Nullpunkt und Schneeregen halten die Berlinerinnen und Berliner am Morgen des 29. Februar 1996 nicht davon ab, zu Tausenden zur Friedrichstraße zu pilgern, um ihr neues Luxus-Kaufhaus – die Galeries Lafayette auf der Friedrichstraße – zu begutachten.

Auf 8.000 Quadratmetern und fünf Etagen wird hier künftig Luxus geboten – Dior, Chanel, Yves Saint Laurent, Pasteten und Macarons - ein Stück französisches Lebensgefühl in der neu entstehenden Mitte von Berlin. Die Galeries Lafayette sind eines der ersten Warenhäusern ihrer Art im ehemaligen Ost-Berlin.

Archivbild: Baustelle des zuküngtigen Luxuskaufhaus Galeries Lafayette am 12.07.1995 (Quelle: dpa/Hubert Link)
Bild: dpa/Hubert Link

Ein Stück Paris mitten in Mitte

Die Galeries Lafayette werden einer der ersten Leuchttürme in der wiedererwachenden Friedrichsstraße. In den 1990er Jahren ist die Straße im ehemaligen Grenzgebiet noch eine Dauerbaustelle – Dutzende Baukräne spicken die Skyline im gesamten Innenstadtgebiet.

In einem internationalen Wettbewerb setzt sich der französische Architekt Jean Nouvel mit seinem Plan für das neue Quartier 207 ("Q207") durch. Es entsteht ein prunkvoller Glasbau mit meterhohen Decken, viel Platz, einem vertikalen Garten im Eingangsbereich und dem inzwischen berühmt gewordenen gläsernen Lichtkegel im Inneren.

Das Gebäude setzt nur wenige Jahre nach der Wende ein Zeichen im ehemaligen Ostteil der Stadt: Die Zeit des Sozialismus ist vorbei, auf der Friedrichstraße weht ein neuer Wind des Konsums – und der duftet nach frischen Croissants und Baguettes.

Der lange Weg nach Berlin

Die Idee eines Luxus-Kaufhauses mit Namen Lafayette in Berlin ist zu dieser Zeit keineswegs neu. Bereits in den 1920er Jahren gab es Überlegungen, eine Filiale in Berlin zu eröffnen – am Leipziger Platz. Dort, wo heute die "Mall of Berlin" steht. Der "Schwarze Freitag" 1929 machte den Franzosen jedoch einen Strich durch die Rechnung.

In späten DDR-Zeiten beginnen Planung und Bebauung des Areals mit dem Zweck, aus der Friedrichstraße eine sozialistische Prachtstraße zu machen. Die "Passagen Friedrichstadt" sind eines der letzten großen Bauprojekte in Ost-Berlin. Mitte der 1980er Jahre beginnen die Bauarbeiten, doch nach der Wende kommt alles anders: zunächst der Baustopp, dann der Abriss des Rohbaus in den Jahren 1991 und 1992. Ende 1992 wird schließlich der Grundstein für die neuen "Friedrichstadt-Passagen" gelegt.

Die Galeries Lafayette in Berlin sind bis heute die einzige deutsche Dependance der französischen Kaufhaus-Kette und eine von wenigen Standorten jenseits des französischen Mutterlandes. Weitere Filialen stehen in Dubai, Casablanca, Jakarta und Luxemburg.

Lafayette vor dem Aus - das große Hin und Her

Nach 27 Jahren an der Friedrichstraße scheint nun endgültig Schluss zu sein mit französischem Lebensgefühl in Mitte.

Im Jahr 2022 übernimmt das New Yorker Immobilienunternehmen Tishman Speyer das Quartier 207 mit einem Plan. Denn vom großen Aufbruch der 1990er Jahre ist in den Friedrichstadt-Passagen nicht mehr viel zu spüren. Die Corona-Pandemie und die schwindende Bedeutung des Einzelhandels in den Innenstädten macht auch den Galeries Lafayette zu schaffen, zahlreiche Läden stehen leer. Über einen geplanten Auszug von Lafayette wird zu diesem Zeitpunkt schon seit einigen Jahren gemunkelt. Tishman Speyer kündigt eine grundlegende Modernisierung des Gebäudes und eine Neupositionierung an.

Ende August 2023 überrascht der Berliner Kultursenator Joe Chialo (CDU) mit einem eigenen Vorstoß: Er schlägt das Quartier 207 als neuen Standort für die Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) vor und spricht von einer "Jahrhundert-Chance" für Berlin. Seit Jahren hatte die Stadt nach einem neuen Standort für die Bibliothek gesucht.

Die Idee löst zunächst Verwirrung auf mehreren Seiten aus. Die Galeries Lafayette melden sich zu Wort: Se planten derzeit nicht, das Kaufhaus aufzugeben. Man befinde sich in Verhandlungen mit dem Eigentümer, um den Mietvertrag auch über das reguläre Vertragsende Ende 2024 zu verlängern. Der Eigentümer Tishman Speyer widerspricht: Von einer Vertragsverlängerung könne keine Rede sein, sagte ein Unternehmenssprecher. Vielmehr liefen bereits Gespräche mit der Kulturverwaltung über den Einzug der ZLB.

Visualisierung zur Berliner Zentral- und Landesbibliothek in den Galeries Lafayette (Quelle: RenderVision)So könnte die ZLB im Quartier 207 aussehen.

Chialo macht Pläne im Kulturausschuss konkret

"Wir haben die Möglichkeit für eine außergewöhnliche Chance für Berlin" sagt Chialo am 25. September einleitend in der Sitzung des Kulturausschusses im Abgeordnetenhaus. Gleichzeitig stellt er ein erstes Angebot für einen Kaufpreis vor. Demnach beliefen sich die Kosten für den Kauf des Gebäudes und den Einzug der Bibliothek einem ersten Angebot zufolge auf 589 Millionen Euro.

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.09.2023, 16:20

Beitrag von Jonas Wintermantel

6 Kommentare

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  1. 6.

    Und die ZLB einfach im ICC einrichten?
    Liegt immerhin an der Ringbahn.

  2. 5.

    Es ist leider zermübend, Blackrock ruft und wir machen Ihnen den Weg dank vieler Lobbyisten und korrupter Politiker, Herr Merz ist nur ein Beispiel. Er arbeitet(e) bei eben diesem Konzern.
    Die halbe Milliarde wäre besser angelegt in Schulen, Kitas, zum Abbau der Verschuldung.
    Aber nein, wie unsere Regierung das Geld ausgibt ist unverständlich.

  3. 4.

    Ein ehrliches Resümee.
    Die Friedrichstraße nach Amerikanischen Vorbild wieder aufgebaut, ist kaputt, aber nicht nur dort, sondern auch der Tauenzien bröckelt. Viele Geschäfte stehen leer.
    Und neue sind nicht in Sicht. Denn die Kaufkraft in Berlin lässt enorm nach. Der Berlin Marathon war ein Lauf zwischen
    Baustellen. Die Kultur hat zu kämpfen.
    Das einzigste was in Berlin funktioniert ist der Görlie.
    Wir bewegen uns immer mehr zur ghettoisierten Stadt zu.

  4. 3.

    Ich finde die Idee schon sehr faszinierend: Aber, es gibt ein Aber: Das Aber stellt die Gebäudesituation dar. Sehr viel Glas (!) u. KlimaschutzMN stehen an! Ausgefallene Formen in der Höhe. Dem Wetter ausgesetzt??? Viellt sollte erst mal ein Ingenieur-Prüfteam losgeshcickt werden, das eine Vorstudie abliefert, was da eigentl. auf Berlin zukommt. Geldausgaben? Kann das eine öffentliche Nutzung, hier Mono -klar,der Traum - eine Bibliothek - bringen?
    Viellt kann man sich auf eine, wie es heute so schön heißt/"klug " klingt - Multifunktionale Bespielung einigen? Das habe ich neulich in einem Statement der Öfftl Verwalt.: 'Es soll auch mehr zum Spielen für die Kinder geben. Und Tiere soll man sich auch angucken können. Das wäre schön.' - Tja, wenn es die zahlreichen leeren Spielplätze und angeschlagenen Schulen nicht bringen, dann das hier vielleicht?

  5. 2.

    Wo heute die "Mall of Berlin" steht, erhob sich bis zur Zerstörung 1943 das Riesen-Warenhaus von Wertheim. Die Galeries Lafayettes sollten in das Gebäude von Erich Mendelsohn einziehen, das dann als Columbushaus bekannt, im Krieg beschädigt und in den fünfziger Jahren abgerissen wurde. Stand nicht am Leipziger, sondern am Potsdamer Platz, an der Ecke Bellevue- und Ebertstraße.

  6. 1.

    Es ist doch kein Wunder, dass das Quartier Galerie Lafayette vor der Pleite steht und aufgeben MUSS.

    Es waren kaum noch Menschen in diesem Geschäft zu sehen.

    Bei der Mode und vor allem der hohen PREISE für teilweise sehr schlechte Qualität war es doch nur eine Frage der Zeit, dass das Geschäft schließen muss.

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