Konzertkritik | Madonna in Berlin - Werkschau einer Popkönigin

Mi 29.11.23 | 08:14 Uhr | Von Magdalena Bienert
  9
Archivbild: Madonna tritt am 14.10.2023 während des Auftaktkonzerts der "The Celebration Tour" in der Londoner O2 Arena auf. (Quelle: Picture Alliance/WireImage/Kevin Mazur)
Audio: rbb24 Inforadio | 29.11.2023 | Magdalena Bienert | Bild: Picture Alliance/WireImage/Kevin Mazur

Die Queen of Pop ist zurück: Madonna ist nach acht Jahren wieder live in Berlin zu erleben. Auf ihrer "Celebration"-Tour hat sie am Dienstagabend ihr erstes von zwei Konzerten in der Mercedes-Benz-Arena gegeben - und wurde gefeiert. Von Magdalena Bienert

Um kurz nach 22 Uhr setzen in der fast ausverkauften Halle ungeduldiges Klatschen und Pfiffe ein. Der DJ hat schon vor über einer Stunde aufgehört zu spielen, eine Vorband gibt es nicht. Von den ersten Deutschlandkonzerten in Köln weiß man: Pünktlichkeit ist nicht in Madonnas Sinne (Stagetime eigentlich 20:30 Uhr).

Dann endlich kommt Bob the Drag Queen, Alleinunterhalter und Anheizer, um der Queen of Pop einen roten Teppich auszurollen. Um 22:20 Uhr ist es endlich soweit: Als Madonna auf die gigantische Bühne schwebt, beginnt eine neue Zeitrechnung. Es gibt kein Morgen mehr, höchstens noch die 80er und 90er.

"Holiday" an der Diskokugel und Fragen über Drogenkonsum

Madonna beginnt mit "Nothing really matters" von 1998. Sie trägt ein voluminöses, schwarzes, skulpturales Kleid und auf dem Kopf eine Mischung aus Heiligenschein und Dornenkranz.

Die Zeitmaschine läuft auf Hochtouren: Weiter geht's als glamouröses Punk-Girl, auf "Everybody" von 1983 folgt das poppige "Into the groove", Madonna tanzt ausgelassen mit ihren über zehn Tänzerinnen und Tänzern. Die Halle feiert, saugt jeden Hit auf, viele tragen bauchfrei, Glitzer- und Netztops. Berlins queere Community scheint komplett an diesem Abend vereint.

Klischeehaft fragt Madonna, ob es stimme, dass Berliner viele Drogen nehmen würden und wenn ja, welche, und wer hier betrunken und wer high sein würde. Merkwürdige Unterbrechung - aber so nahbar ist Madonna nicht immer gewesen. Dabei reicht an so einem Abend die Musik für den Rausch.

Werkschau mit jungem Ich

Madonna hat ihr 40 Jahre jüngeres Ich dabei. Eine Tänzerin, die ab und zu in Referenzen von alten Madonna-Outfits auftaucht, wie in der ikonischen Korsagen-Version von Jean-Paul Gaultier. Der hat auch wieder ein Kostüm beigesteuert, diesmal ein schwarzes Minikleid mit Korsage-Oberteil. Das junge Madonna-Ich räkelt sich schon mal sehr intim mit der Sängerin zu "Justify my love" auf einem Bett. Na klar, Madonna wäre nicht Madonna, wenn da nicht immer noch ziemlich viel Sex auf der Bühne zu erahnen wäre.

Überhaupt ist es unglaublich viel, was hier in den 130 Minuten passiert: Diskokugel zu "Holiday", Küsse für die barbusige Tänzerin zu "Hung up", Bondage-Geschirr, Tanz-Choreos, ein schwebender Schaukasten und Lasershow, sogar eine Michael-Jackson-Gedächtnis-Szene gepaart mit einem "Like a virgin"-Mix gibt es - Madonna fährt mit der "Celebration"-Tour durch 15 Länder ihre eigene Werkschau spazieren. Seht her, was ich geschaffen habe.

65 soll sie sein? Nun gut, an den etwas hüftsteifen Tanzeinlagen kann man es erahnen, aber auch nur daran. Haben in den großen Hallen dieses Landes jemals schon Tänzerinnen so lässig oben ohne performt? Dabei wirkt alles organisch, nie gewollt oder als bloße Effekthascherei.

Na klar, schließlich ist das die Queen of Pop da vorne und sie setzt immer noch Maßstäbe. Für die ganze Inszenierung, für diesen diversen Cast, für bewusste Parolen gegen Homofeindlichkeit, und mit der Größe einer Bühne: drei Stege und ein Rondell fährt sie auf. Das brennt auch mal.

Gleichzeitig wirkt Madonna sehr bei sich, entspannt und in Plauderlaune, das war auch schon mal anders. Was Madonna, allen bösen Zungen zum Trotz, hier schafft, ist wirklich beeindruckend und vor allem bietet sie 15.000 Menschen an diesem Abend einen safe space.

Aber ob sie nach ihrer eigenen Lebenswerk-Tour je wiederkommt? Zweifelhaft.

Sendung: rbb24 Inforadio, 29.11.2023, 6:55 Uhr

Beitrag von Magdalena Bienert

9 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 9.

    90 Minuten zu spät gestartet, Künstlerin entweder betrunken oder auf Drogen? (Bei der Ansprache ans Publikum und dem Versuch mit „Jägermeister“ zu punkten), Bass hat alles übertönt (auch die mittlerweile nicht mehr so große stimmliche Bandbreite) und schepperte, Bühnenshow fantastisch (absolutes Highlight, wirklich grandios)
    Unsere Eindrücke vom Mittwoch
    Leider für fast 300€ eine Frechheit, ein Konzert unter der Woche nach 22 Uhr zu beginnen (Start lt Ticket 20.30 Uhr) und solch üblen Sound zu liefern. Zehrt von ihren zweifelsohne historischen Erfolgen

    Preis / Leistung steht null im Verhältnis.

    Vergleiche dazu Elton John, der eine großartige Performance an gleicher Stelle abgeliefert hat mit tollem Sound, pünktlichem Start und einem Drittel des Preises.

  2. 8.

    Es war eine unglaubliche Show, unvergesslich. An- und Abreise waren erstaunlich entspannt, keine überfüllte S-Bahn. Einlass gegen 21 Uhr nur mit kurzer Wartezeit. Das Publikum war auf späten Beginn nach 22 Uhr eingestellt und es herrschte positive erwartungsvolle Stimmung. Ab der ersten Minute hielt es niemanden auf dem Sitzplatz, was auch das ganze Konzert über so blieb. Beim letzten Konzert 2015 war die Stimmung deutlich reservierter - so typisch deutsch - erstmal abwarten. Madonna hat 2023 eine unbeschreibliche aufwändige Show gezeigt, mehr geht nicht. Die vielen Eindrücke müssen erstmal verarbeitet werden...

  3. 7.

    Der informierte Konzertbesucher wusste von den früheren Shows, dass es erst nach 22 Uhr losgeht und konnte sich entsprechend einrichten.

  4. 6.

    Sie hat uns schon soo lange mit ihrer Musik beglückt, schön dass sie noch da ist und uns sogar in ihren Live-Bann zieht.
    Hung up oder Ray of light - Nummern für die Ewigkeit!

  5. 5.

    Wer war der Gastjuror am 1. Abend in Berlin während des Vogue-Songs? Früher gab es Donatella Versace oder Jean Paul Gaultier, aber die aus Berlin kannte ich nicht

  6. 4.

    Mit welchem Recht die Dame fast 2 h später anfängt verstehe ich nicht. Ihre Zuschauer haben gutes Geld bezahlt und sollten ein wenig Respekt erwarten dürfen.

  7. 3.

    Also die Konzerte haben bisher überall um 22Uhr angefangen. Das war schon die Tournen davor schon.

  8. 2.

    Ein grandioses Konzert. Die Queen of Pop is back

  9. 1.

    Es war eine großartige Show mit einer großartigen Madonna......das Warten hatte sich gelohnt. Zwei Stunden im Rausch. Danke Madonna.:-)

Nächster Artikel