Konzertkritik | Steiner & Madlaina im Columbia-Theater - "Ihr seid so anständig"

Fr 17.11.23 | 11:55 Uhr | Von Hendrik Schröder
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Archiv: Madlaina Pollina und Nora Steiner von Steiner & Madlaina live. (Bild: dpa/ Geisler-Fotopress/ Clemens Niehaus)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.11.2023 | Hendrik Schröder | Bild: dpa/ Geisler-Fotopress/ Clemens Niehaus

Kennengelernt haben sich Steiner & Madlaina als Kids auf dem Gymnasium und dort die erste Band gegründet. Seitdem haben sie einen ganzen eigenen Stil von Popmusik entwickelt. Live sind sie Rampensau und sehr ernst zugleich. Von Hendrik Schröder

Ganz in Schwarz und wortlos kommen Nora Steiner und Madlaina Pollina, kurz Steiner & Madlaina, auf die Bühne des Berliner Columbia-Theaters. Die ersten Stücke spielen sie fast nahtlos aneinander. Das ist jetzt so offenbar Trend, das machen gerade viele, erst mal die Musik sprechen lassen, labern kann man auch hinterher noch genug.

Pollina setzt sich also ans E-Piano, Steiner hängt sich eine schöne, alte E-Gitarre um. Ihre Band huscht fast schon auf die Bühne. Drei Jungs in Jeans und T-Shirt, die offenbar überhaupt keine Neigung haben, im Rampenlicht stehen zu müssen und sehr bescheiden, aber wahnsinnig gut im Halbdunkel ihren Job machen. (Natürlich werden sie später noch einzeln vorgestellt und bekommen ihren Applaus.)

Ein guter Abend zum Tanzen

Das Publikum ist ganz und gar verzaubert von den beiden namens-gebenden Musikerinnen und ihren Liedern. Ganz aufmerksam hört es zu. Auch bei den Songs vom Soundtrack zum Film "Sophia, der Tod und ich, den Steiner & Madlaina mit komponiert haben und den offenbar noch nicht so viele an diesem Abend kennen. Bewegung ist allerdings nicht so sehr viel drin in der Menge, so dass Madlaina an einer Stelle ein verwundert-verschmitzes "Ihr seid so anständig" in das Mikrofon sagt, woraufhin alle grinsen müssen.

Es sei doch Donnerstag, fast Freitag, das wäre doch ein guter Abend zum Tanzen. Und es stimmt ja auch, Lippen bewegen sich beim Mitsingen, Pärchen schlingen die Arme umeinander, hier und da wackelt mal ein Kopf, aber im Großen und Ganzen ist das Berliner Publikum ganz gut bedient damit, den beiden und ihrer Band einfach nur zuzuhören.

"Wir spielen angeblich viele Trinklieder"

Das ändert sich dann allerdings im letzten Drittel des Konzerts, als Steiner & Madlaina mit ihrem Hit "Das schöne Leben" von ihrem Debütalbum "Cheers" dann doch die Menge soweit haben, dass sie zappelnd und schwofend vor der Bühne steht. Das Columbia-Theater ist mit geschätzt 650 Leuten gut voll, aber hinten ist noch genug Platz für die, die sich etwas ausufernder bewegen wollen.

"Wir sind berüchtigt dafür, dass wir so viele Trinklieder spielen, deswegen ist bei unseren Konzerten der Barumsatz immer ganz gut", sagen die beiden Musikerinnen, "habt ihr alle was zu trinken?" Jaaa, brüllt es zurück. Ein bisschen wie 'Malle ist nur ein Mal im Jahr' sei das, sagt das Duo noch, aber das ist nun wirklich ein bisschen weit hergeholt.

Altersmäßig ist das Konzert übrigens divers wie nur sehr, sehr selten. Vorne stehen noch aufgeregte 20-Jährige, die sich mit der Lebensphase der Musikerinnen (beide sind Ende 20) gerade ganz gut identifizieren können. Weiter hinten die etwas Abgebrühteren mittleren Alters, die das Duo eventuell im Vorprogramm von Element of Crime gesehen haben. Und zwischendrin wirklich viele graue Häupter und ein paar Rentner auch, die sich zwischendurch mal hinsetzen müssen. Das ist wirklich toll, wie Menschen aus mehreren Generationen diese kleine, feine, mal berührende, mal rockende Popmusik feiern, die Steiner & Madlaina da anbieten.

"Keine Lust auf unerwünschte Tipps"

Ihr Sound ist mit dem aktuellen, dritten Album "Risiko" ein bisschen grober und wilder geworden, steht ihnen gut. Und die beiden Frauen da vorne im Licht finden zu jeder Zeit genau die richtige Balance zwischen Nahbarkeit und Professionalität, Witz und Rampensau-Qualitäten, Selbstironie und Ernsthaftigkeit. Grundsympathisch ist das und am Ende auch sehr mitreißend.

Die Texte bewegen sich zwischen Herzschmerz und "Hoch die Tassen" und mit Zeilen wie "Ich will nicht lächeln bei 'nem Frauen-am-Steuer-Witz, hab keine Lust mehr auf all die unerwünschten Tipps" auch mal schnoddrig gesellschaftspolitisch. Ach, wäre doch Popmusik immer so klug, uncheesy sentimental und witzig wie die von Steiner & Madlaina.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.11.2023, 8:54 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

1 Kommentar

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  1. 1.

    Tolle Band - toller Bericht. Die Schweiz bringt aktuell einiges an brillanter Musik hervor. Steiner&Madlaina, Sophie Hunger, Faber, Black Sea Dahu, Dino Brandão usw..

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