Vor allem Nieren und Herzen werden benötigt - Zahl der Organspender sinkt in Berlin weiter

Fr 03.06.22 | 12:42 Uhr
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Arzt oder Chirurg mit Organtransport nach Organspende für Operation vor Klinik Eingang in Schutzkleidung (Quelle: dpa/Robert Kneschke)
Bild: dpa/Robert Kneschke

Die Zahl der Organspender ist in Berlin auch im zweiten Pandemiejahr gesunken. 2021 wurden 49 Spendern nach ihrem Tod Organe entnommen, 2020 waren es 52 Spender und 2019, dem Jahr vor der Pandemie, 55 Spender, wie die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) mitteilte.

Auch die Zahl der gespendete Organe sank: Von 165 im Jahr 2019 auf 135 im Jahr 2021.

Ende April standen in Berlin 427 Menschen auf der Warteliste für ein Spenderorgan, sagte eine DSO-Sprecherin mit Verweis auf Daten der Vermittlungsstelle Eurotransplant. Am häufigsten benötigen sie neue Nieren und Herzen.

Steigende Zahlen in Brandenburg

In Brandenburg ist die Zahl der Organspender dagegen erstmals seit mehreren Jahren wieder gestiegen. Es wurden 2021 von 21 Spenderinnen und Spendern 60 Organe entnommen. 2020 waren es 13 Spenderinnen und Spender sowie 35 Organe.

Deutschlandweit blieb die Spender-Bilanz 2021 - anders als in anderen europäischen Ländern - stabil und auf dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019. Insgesamt spendeten 933 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe.

Einbruch in den ersten Monaten des Jahres 2022

Für 2022 hat die Stiftung bundesweit bereits im April von einem dramatischen Einbruch bei der Organspende berichtet. In deutschen Transplantationszentren konnten demnach im ersten Quartal 600 Organe übertragen werden - 194 Transplantationen weniger als im Vorjahreszeitraum, was einem Rückgang von 24 Prozent entspricht.

Die DSO vermutet, dass für den Einbruch der Zahlen die Arbeitsüberlastung in den Kliniken ein Grund sein könnte. "Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass hierdurch weniger Organspenden realisiert werden konnten, als unter normalen Umständen möglich gewesen wären." Auch die Zahl der Nein-Voten nach den Beratungsgesprächen nahm zu. Ein weiterer Grund ist, dass Verstorbene mit einer Corona-Infektion von der Organspende ausgeschlossen waren.

Lauterbach für Widerspruchslösung

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat derweil angekündigt, einen neuen Anlauf zu unternehmen, um die Organspende anders zu regeln. Er wolle einen neuen Anlauf für die Widerspruchslösung starten, die vor rund zwei Jahren im Bundestag gescheitert war, sagte der SPD-Politiker dem ARD-Hauptstadtstudio am Freitag. Er sieht für seinen Vorschlag inzwischen eine Mehrheit im Bundestag.

"Es hat sich keine Verbesserung für die Menschen ergeben, die ein Organ benötigen", begründete Lauterbach seinen Vorstoß. Es brauche die Widerspruchslösung. "Wir bekommen das Problem sonst nicht gelöst", so der Gesundheitsminister. Mit einer Widerspruchslösung würden alle Menschen automatisch zu Organspendern, sofern sie dem nicht ausdrücklich widersprechen. Bisher muss man selbst zustimmen - oder im Todesfall müssen das die Angehörigen tun.

Sendung: Fritz, 03.06.2022, 11:30 Uhr

2 Kommentare

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  1. 2.

    Ich hab einen Organspendeausweis und bin der Meinung, dass die Widerspruchslösung wichtig und richtig ist. So wird der Mensch "gezwungen", sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Wenn im Bekannten-/Freundeskreis das Thema aufkommt, haben nicht wenige falsche Vorstellung vom Ablauf des Organspendeverfahrens.

  2. 1.

    Vor der Entwicklung der technischen Möglichkeit, Organe zu entnehmen und zu verpflanzen, hat sich in der Tat kein Mensch Gedanken darüber gemacht, dass es irgenein Recht oder irgendeine Verpflichtung gäbe, Organe vom einen zum anderen zu transferieren. Eine Möglichkeit sollte eine Möglichkeit bleiben und eine Spende eine Spende. Jegliche Art der Verpflichtung - und eine Widerspruchslösung ist eine solche - verdirbt das Anliegen, zu dem einzelne Menschen bereit sind, andere nicht.

    Organe sind etwas anderes als technische Bauteile und Ersatzteile, die ausgetauscht werden können. Ansonsten würde der Körper rein technisch gesehen. Das kann auch nicht im Sinne von Karl Lauterbach sein.

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