Premierenkritik | Shakespeare Company im Freibad am Insulaner - Schöner, größer, wetterfest

Mi 08.06.22 | 08:28 Uhr
  1
Darsteller der Shakespeare Company Berlin stehen im Mai 2022 bei einer Pressekonferenz vor dem Sommerbad am Insulaner (Bild: dpa/Christoph Soeder)
Audio: Inforadio | 08.06.2022 | Barbara Behrendt | Bild: dpa/Christoph Soeder

Nach vielen Irrungen und Wirrungen ist die Shakespeare Company fürs Sommer Open-Air vom Schöneberger Südgelände ins Freibad am Insulaner gezogen. Ein erzwungener Glücksfall. Von Barbara Behrendt

Zu sagen, die neue Spielstätte der Shakespeare Company wäre kurz vor knapp fertig geworden, ist gewissermaßen eine Untertreibung. "Wir hatten bis zuletzt große Lieferschwierigkeiten", sagt Katharina Kwaschik am Tag der Eröffnung, "so dass sich Bauabschnitte verzögert haben und wir tatsächlich heute erst die Wasseranschlüsse aktivieren konnten. Auch die Tiefbauer konnten erst heute das Gelände planieren. Hier vorne waren heute morgen noch Sandberge und tiefe Gruben zu sehen."

Die im Bau befindliche Bühne der Shakespeare Company Berlin am Open-Air Theater im Sommerbad am Insulaner (Bild: dpa/Christoph Soeder)
Noch bis Mitte Mai war das Theater eine Baustelle. | Bild: dpa/Christoph Soeder

Holpriger Start in neuem Theater

Kwaschik ist Teil der Company und hat mit Herzblut an der Verwirklichung des neuen Open-Air-Theaters gearbeitet, nachdem die Truppe das Südgelände nach zehn Jahren wegen Sanierungsarbeiten verlassen musste. Es fehlt noch einiges am neuen Standort: Man läuft über unbefestigte, schlecht beleuchtete Wege, die Bar ist noch überfordert, Toiletten sind nicht ausreichend vorhanden doch das Wichtigste steht: Auf einer ehemaligen Liegewiese des Sommerbads am Insulaner blickt man jetzt auf ein hohes, hölzernes Amphitheater-Halbrund. Viel schöner als die Plastikstühle auf dem Südgelände. Davor beginnt die Bühne.

Shakespeare im Berliner Messina

An diesem Abend ist sie mit goldgelben Torbogen bestückt, dazu Miniatur-Zitronenbäume, um südliches Ambiente zu verbreiten – denn Shakespeares Liebes-Verwirrspiel "Viel Lärm um Nichts" ist im italienischen Messina angesiedelt. Die Company macht aus der Hochzeitskomödie um Beatrice und Benedikt, die ihre spitzen Zungen wie Florette gegeneinander führen, bis sie sich dann schließlich doch noch verlieben, einen musikalischen Theaterabend der leichten Unterhaltung, mit flinken Rollenwechseln und gutem Tempo.

Über den Himmel ziehen am Premierenabend zum Glück nur Schäfchenwolken, doch für den Fall der Fälle sind hier, anders als am alten Standort, 270 der 400 Plätze überdacht. Und die Akustik ist im Amphitheater deutlich besser. Zwar hört man die Autos über den angrenzenden Munsterdamm rauschen – dafür ratterte am Südgelände ab und an die S-Bahn vorbei.

Leicht war es nicht, das Theater zu bauen: Der zuerst angedachte Standort am Humboldthain musste wegen eines gefährdeten Mäusebussards aufgegeben werden. Dann stiegen die Holzpreise ins Unermessliche. Und als es endlich losging, buddelte man unter der Liegewiese Schutt aus dem Zweiten Weltkrieg aus. Doch der Eröffnungstermin konnte trotz allem gehalten werden. Das ging nur mit Hilfe von 260 Menschen, die den Theaterbau mit insgesamt 50 000 Euro unterstützten.

Treue Fans trotz Standortwechsel

Die Fan-Gemeinde der Shakespeare Company ist groß. Dazu gehören auch Harald Diesner, Schirmherr des Crowd-Fundings, und seine Partnerin: "In den letzten drei Sommern haben wir fast alle Stücke angeschaut. Wir sind absolute Fans. Wir haben auch einen Spatenstich gemacht am neuen Standort und so das Entstehen dieser Oase mitverfolgen können."

Voll besetzt ist der neue, größere Zuschauerraum bislang noch nicht, der Kartenverkauf könnte besser laufen. Trotzdem scheint es im Nachhinein eine glückliche Fügung, dass die Company durch den erzwungenen Umzug jetzt einen so schönen, wetterfesten Standort hat.

Nach der Premiere kommt Katharina Kwaschik sichtlich beglückt und erleichtert auf die Bühne und bedankt sich bei der großen "Ensemble-Leistung", die in diesem gemeinschaftlichen Theaterbau steckt. "Ich wünsche uns eine fulminante Saison an diesem wunderschönen Ort und in diesem unserem ersten eigenen Theater."

Sendung: Inforadio, 08.06.2022, 6.55 Uhr

1 Kommentar

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 1.

    Alles Gute dem Ensemble. Ich habe in den letzten beiden Jahren fast alle Inszenierungen gesehen, noch am Lokschuppen und werde sicher auch ins neue Theater kommen. Ich freue mich, dass die Shakespeare Company Schöneberg erhalten geblieben ist.

Nächster Artikel