Trockenheit in Berlin und Brandenburg - Auf Spurensuche nach dem "Fingerabdruck" des Wassers

So 21.08.22 | 12:54 Uhr | Von Wolfgang Albus
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Die Panke führt am 10.08.2022 kein Wasser mehr in Panketal. (Quelle: imago images/Jochen Eckel
Video: Abendschau | 19.08.2022 | Wolfgang Albus | Bild: imago images/Jochen Eckel

Vier Jahre lang müsste es die durchschnittlichen Mengen regnen, damit sich der Grundwasserspiegel in der Region wieder normalisiert. Das haben Wissenschaftler herausgefunden, die sich mit den "Fingerabdrücken" des Wassers beschäftigen. Von Wolfgang Albus

Ein Forscherteam des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei hat die Trockenjahre 2018 bis 2020 in Berlin und Brandenburg untersucht. Dabei geht es nicht nur ums Grundwasser, sondern auch um Flüsse, Seen und die Verdunstungsverluste durch Bäume. Die Forschenden können den Weg des Wassers anhand der physikalischen Eigenschaften exakt verfolgen. Sie beobachten Wasserisotope und können detaillierte Rückschlüsse ziehen auf Herkunft, Alter und den Verbleib des Wassers in der Landschaft.

Grundwasser mit "Dürre-Gedächtnis"

Diese Fingerabdrücke seien so einzigartig, dass beispielsweise Starkregenereignisse vergangener Jahre identifizierbar blieben, erklärt Projektmitarbeiter Jonas Freymüller. Am Demnitzer Mühlenfließ in Ostbrandenburg holt er regelmäßig Proben aus dem Grundwasser. Im Labor zeigen sich "Dürre-Gedächtniseffekte". Die Auswirkungen von Trockenheit sind noch Jahre später zu beobachten.

"Unsere Messungen und Modellierungen zeigen, dass wir mindestens vier Jahre an durchschnittlichen Regenmengen bräuchten, damit sich die Grundwasserspiegel auf Vor-Dürre-Niveau erholen könnten, und ein Jahr, um die Bodenwasserspeicher wieder aufzufüllen", sagt Prof. Dörthe Tetzlaff, die Leiterin des Teams. Zunehmende Extremereignisse wie Dürren erfordern daher sowohl in der Stadt als auch im Umland neue Strategien angesichts des Wassermangels und der Klimakrise.

Ausgetrocknete Panke führt in Berlin wieder Wasser

Besonders interessierten sich die Forscher für Gewässer wie die Panke. Im Panketal bei Bernau ist der Fluss seit Wochen ausgetrocknet, führt dann aber flussabwärts an der Grenze zwischen Berlin und Brandenburg erstaunlicherweise wieder Wasser. Der drittlängste Fluss im Berliner Stadtgebiet wird im oberen Teil des Einzugsgebiets zu rund 75 Prozent von Grundwasser gespeist. Insgesamt machen Niederschlägen nur zehn bis 15 Prozent des jährlichen Wasserflusses aus.

Panke fuehrt kein Wasser mehr Panketal, am 10.08.2022. (Quelle: imago images/Jochen Eckel)Die Panke in Panketal am 10. August 2022.

Bevor die Flüsse im Stadtgebiet von Berlin ankommen, ist bereits viel Wasser verdunstet, wie die Isotopenanalysen ergaben. Flussabwärts wird die Panke von verschiedenen Nebenflüssen beeinflusst. Aber die wichtigste "Quelle" war in den vergangenen Jahren eine Kläranlage. Sie lieferte im Berliner Stadtgebiet bis zu 90 Prozent des Wassers der Panke.

Die Neubildung des Grundwassers ist daher für Berlins Flüsse und Seen lebenswichtig. Das Forscherteam hat auch die Verdunstungsverluste abgeschätzt. IGB-Mitarbeiter Jonas Freymüller überwacht Messungen in Ostbrandenburg. In einem kleinen Waldstück betreut er einen Versuchsaufbau, der sich mit der Verdunstung durch Bäume beschäftigt. Mit einem Fühler wird – im Mikrometerbereich - die Veränderung des Baumumfangs gemessen. Die Veränderungen innerhalb eines Tages lassen Rückschlüsse auf den Wassertransport im Stamm zu. Und auch Trockenstress lässt sich am Baumumfang ablesen.

Welche Pflanzen stabilisieren den Grundwasserspiegel?

Dahinter steht die Frage, welche Art der Vegetation den Rückhalt von Wasser im Boden fördert und somit den Grundwasserspiegel stabilisiert. Bäume spielen eine wichtige Rolle fürs Stadtklima: Sie spenden Schatten, produzieren Sauerstoff und bringen im Sommer einen Kühlungseffekt, weil Wasser über die Blattflächen verdunstet. "Große Bäume verdunsten oft mehr Wasser, daher der große Kühlungseffekt. Es steht aber weniger Wasser zur Grundwasserneubildung zur Verfügung," erklärt Dörthe Tetzlaff.

Sie rät daher der Stadt Berlin im Kampf gegen die Trockenheit zu einem 'Grünflächen-Mosaik' aus Bäumen und Sträuchern, die in Trockenzeiten das Wasser besser im Boden halten. Außerdem zeigte sich, dass Berlins Grünflächen während Trockenzeiten einen geringen Austausch mit Oberflächengewässern und dem Grundwasser haben. Da gibt es Verbesserungsbedarf. Die Fingerabdrücke des Wassers sollen also künftig auch Grünflächenämter auf die richtige Spur bringen.

Sendung: rbb kultur, 17.08.2022 , 6:30 Uhr

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Beitrag von Wolfgang Albus

9 Kommentare

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  1. 9.

    Am Beispiel der Rieselfelder in Gatow/Kladow ist die Neuaufnahme einer Klarwasserverrieselung nicht mehr genehmigungsfähig. "Gegenüber der Wasserbehörde konnte in der Vergangenheit kein Nachweis der Nichtbeeinträchtigung des Grundwassers infolge einer Klarwasseraufleitung erbracht werden." so nachlesbar unter Pkt. 5.4
    https://www.bwb.de/de/assets/downloads/Gesamtkonzept-Bericht-Nachnutzung_RF_Karolinenhoehe_1.pdf
    Dies resultiert auch aus den Schadstoffbelastungen im Boden, die durch die lange Vornutzung entstanden sind. Diese Stoffe sind auch im Bericht angegeben. Ich kann mir vorstellen, das dies bei anderen stillgelegten Altanlagen nicht unbedingt besser aussieht.

  2. 8.

    Mit dem Volk geht nicht - das hat mit dem Wahlzettel seine Stimme abgegeben. Die Grünen vertreten die Nimbys und die Regierungen sind doch für's Volk da, aber ebend für den anderen Teil, der grenzelosen Wohlstand will und für die Wirtschaft.
    Die Gemeindeverwaltung in Eggersdorf, oder wo das war, will ne 7-m-breite Straße bauen und 60 Bäume fällen lassen, die Anwohner wollen die Straßenbäume behalten und nur 4,5 m Straße, aber das interessiert die Verwaltung nicht!

  3. 7.

    Man sollte nicht die Bäume fällen, gegen die unachtsame Kraftfahrer fahren. Die Bäume können nichts dafür! So geschehen vor ein paar Tagen; eine große Eiche ist nun Geschichte, schade. Ein Auffrischungskurs in Sachen führen eines Kraftfahrzeuges wäre angebrachter.

  4. 6.

    Straßenalleen wieder anlegen,
    Meliorationsmaßnahmen der alten DDR zur Grundwasserabsenkung zurückbauen,
    Ungenutzte Felder aufforsten,
    Feldraine wieder anlegen gegen das Abtragen des Erdreiches auf den Feldern und Austrocknung durch Wind zu vermeiden,
    Ick frage mir, wo die Grünen sind. Die sind doch so für Umwelt. Wat machen denn bloß den janzen Tag.
    Es wäre alles so einfach, wenn die Bundes- und Landesregierungen endlich mal mit dem Volk für das Volk da sein würde.

  5. 5.

    Das gereinigte Abwasser bitte wieder dem Grundwasser zuführen! Bisher wird es über die Flüsse ins Meer geleitet. Besser wären Rieselfelder oder auch trocken gefallende Seen wieder mit diesem gereinigten Abwasser zu füllen.

  6. 4.

    Vor 100 Jahren waren die Folgen des Klimawandels noch nicht so spürbar wie heute und es geht um's Jetzt und die Zukunft.
    Die Beratung der Grünflächen- und Stadtentwicklungsämter sowie der Wohnungsbaugesellschaften ist absolut notwendig, damit nich alles zugepflastert und zubetoniert wird und genügend Flächen frei bleiben, wo Regenwasser versickern kann.

  7. 3.

    Na dann sollen sich die Forscher mal die wasserisotope von vor hundert Jahren und mehr vornehmen. Vielleicht entsteht dann ein ganz anderes Bild.

  8. 2.

    Sag ich auch immer und immer wieder. Aber bis die Politik das verstanden hat, vergehen leider noch sehr viele Jahre.

  9. 1.

    Dann sollten wir jedes Hochwasser in die Wälder verregnen und dort versickern lassen. Bevor es sinnlos in Ost- und Nordsee läuft.

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