Aufklärungsquote gering - Spritdiebstahl an Tankstellen in der Region hat zugenommen

Do 06.10.22 | 11:54 Uhr | Von Philipp Rother
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Eine Person tankt an einer Tankstelle.(Quelle:imago/S.Simo)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 05.10.2022 | Carsten Krippahl | Bild: imago/S.Simo

Die gestiegenen Spritpreise rufen in Brandenburg und Berlin an den Tankstellen zunehmend Diebe auf den Plan. Diese agieren professionell und entkommen daher oft unerkannt. Die Aufklärungsquote ist auch deshalb gering.

Der Diebstahl von Benzin und Diesel hat in Berlin und Brandenburg nach Einschätzung von Tankstellenbetreibern und der Polizei in diesem Jahr zugenommen. "Es ist deutlich mehr geworden", sagte der Vorsitzende des Verbands des Garagen- und Tankstellengewerbes Nord-Ost e.V. (VGT), Hans-Joachim Rühlemann, dem rbb auf Nachfrage.

Seit dem Ende des Tankrabatts Ende August gebe es deutlich mehr Fälle von Tankbetrug, konkretisierte Rühlemann. Das Problem sei insbesondere an Autobahntankstellen groß.

"Wir hatten früher in guten Monaten nur einen Diebstahl - bis maximal drei", erklärte auch Corina Engel, Pächterin einer Tankstelle in Beelitz (Potsdam-Mittelmark), im Rahmen von rbb-Recherchen. Die Zahl liege mittlerweile deutlich höher. Seit einem Jahr verzeichne sie an ihrer Tankstelle teils zehn bis 15 Fälle pro Monat, so Engel weiter. "Sie fahren einfach weg, ohne zu zahlen."

Rühlemann räumt allerdings ein, dass seine Angaben für Brandenburg bislang auf Schätzungen der Tankstellenpächter beruhen. Aktuelle und vollständige Zahlen liegen hier noch nicht vor.

Laut Brandenburger Polizeipräsidium zeichnete sich allerdings schon Anfang des Jahres eine deutliche Zunahme beim Tankbetrug ab. "Im ersten Quartal des letzten Jahres lagen die Fallzahlen ungefähr bei 630 und in diesem Jahr im ersten Quartal bei 1.300 Fällen", sagte Sprecherin Beate Kardels dem rbb.

Der Sprecher der Polizeidirektion West, Benjamin Hajek, bestätigt dem rbb diesen Trend für Potsdam: Hier wurden im Jahr 2020 74 Fälle gezählt, 2021 waren es 78. "Für die erste Jahreshälfte 2022 wiederum wurde bereits annähernd das Niveau des gesamten Vorjahres erreicht", so Polizeisprecher Hajek.

772 Fälle von Tankbetrug im März

Auch in Berlin spricht die Polizei davon, dass "in diesem Deliktsbereich schon ein deutlicher Anstieg zum Vorjahr insgesamt festgestellt wurde".

Am 11. März kostete ein Liter Diesel 2,321 Euro - der seitdem gültige Rekord. Bei E10 wurde der bisherige Höchstwert mit 2,203 weniger Tage später am 14. März erreicht. In dem Monat verzeichnete die Berliner Polizei 772 Fälle von sogenanntem Tankbetrug, im Februar waren es noch 623 und im Januar 587 Fälle gewesen. In den entsprechenden drei Monaten der Vorjahres waren jeweils zwischen 300 und 400 derartige Kraftstoff-Diebstähle angezeigt worden. Im April wurden in Berlin sogar 820 Fälle von Sprit-Klau festgestellt.

Für die Sommermonate verharren die Zahlen auf hohem Niveau, jedoch ohne dass sich ein weiterer Anstieg abzeichnet. 623 Diebstähle registrierte die Polizei im September, nach 684 im August und 668 im Juli. "Ein Anstieg im Zuge des Auslaufens des Tankrabatts lässt sich aus diesen Daten nicht ableiten", teilte die Polizei Berlin entsprechend mit.

Täter trotz Kameraüberwachung nur schwer identifizierbar

Laut Rühlemann handelt es sich bei den Spritdieben oft um professionelle Tankbetrüger. Diese seien häufig mit gestohlenen Autokennzeichen unterwegs. Meist würden sogar die Kennzeichen baugleicher Fahrzeuge gestohlen. "Das fällt praktisch nicht auf", sagte Rühlemann. Daher nutze auch die Videoüberwachung der Tankstellen nichts.

Überwachungsvideos seien dennoch als Beweis notwendig, um Ausgleichszahlungen zu bekommen. "Jeder Fall muss mit der Kamera aufgezeichnet werden", erklärte der VGT-Chef. "Das Video geben die Pächter dann an die Polizei weiter, und erstatten Anzeige." Die Bestätigung der Polizei schicken die Pächter an die Mineralölgesellschaften, die dann den Betrag üblicherweise ersetzen.

Schutz laut Rühlemann fast unmöglich

"Es ist de facto kein Schutz möglich", fasste Rühlemann zusammen. Auch Schranken seien keine wirkliche Alternative. "Sie schrecken normale Kunden ab – sie meiden dann die Tankstelle". An verschiedenen Tankstellen werden auch einzelne Zapfsäulen abgeschaltet. Sie werden nur auf Nachfrage aktiviert. Dies sei aber nur an nicht so stark frequentierten Tankstellen bzw. in Randzeiten wirklich praktikabel, so Rühlemann.

Täter werden in vielen Fällen nicht gefasst

Auch die Polizei teilte mit, dass die Suche nach den Tätern schwierig sei, auch weil die Filme der Überwachungskameras teils schlechte Qualität hätten. Zudem seien die Gesichter häufig verdeckt. Oftmals gebe es auch keinerlei Zeugenhinweise. "Zu 70 Prozent werden die Fälle eingestellt", berichtete auch Tankstellen-Pächterin Engel aus Beelitz.

Laut Brandenburger Polizei lag die Aufklärungsquote in den vergangenen Jahren zwischen 20 und 25 Prozent. Werden jedoch Wiederholungstäter gefasst, drohen ihnen bis zu fünf Jahren Haft.

Ein weiterer Verband - der Tankstellen-Interessenverband e.V. (TIV) - sieht trotz allem "kein wirkliches Problem." Gemessen an der Zahl der Tankstellen und Tankenden seien es "nur wenige Fälle", sagte ein Sprecher. Und nicht immer seien Betrüger am Werk - manchmal würden Bürger auch einfach vergessen zu zahlen und später zurückkommen.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 05.10.2022, 19:45 Uhr

Beitrag von Philipp Rother

27 Kommentare

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  1. 27.

    @ Herr Rohrstock, der Name kommt hoffentlich nicht aus Ihrer Schulzeit?
    Warum scheuen Sie derartige Veränderungen wie der Teufel das Weihwasser? In die Sicherheit wird in vielen Unternehmen aufgerüstet. Warum nicht auch an Tankstellen?

  2. 26.

    Ich frage mich hier gerade, warum hier so ein Aufriß gemacht wird wegen Benzinklau. Es ist schlimm und eine Straftat, aber Im Einzelhandel werden jedes Jahr 2 Milliarden an Euro durch Diebstahl vernichtet lt einem Bericht vom Retail Institute aus 2021. Hier beim Benzinklau wird das Benzin sogar noch ersetzt durch die Mineralölgesellschaft und war 2018 gerade mal 20 Millionen im Jahr lt. einem Bericht im Fokus aus 2018. Also über was wird sich denn hier von den Tankstellenbetreiber aufgeregt oder gibt es im Einzelhandel Klamotten nur gegen Vorkasse, Fingerabdruck, Blutgruppenabgabe, etc. .... ;-) Ich möchte hier nichts beschönigen, aber im Einzelhandel kräht kein Hahn, aber wenn einer mal an der Tanke ohne bezahlen abhaut ist das gleich ein Artikel wert.

  3. 25.

    In der Schweiz ging das früher schon ganz ohne Digitalisierung mit Tanksäulen, die Scheine als Vorkasse nahmen und dann genau die entsprechende Menge Sprit ausgaben.

  4. 24.

    Aus der Schweiz kenne ich von früher auch Tanksäulen, an denen man einen Frankenschein einschieben könnte und genau dafür dann Sprit bekommen hat - gibt es sicher jetzt auch für eine Geld-/Kreditkarte. Würde nebenbei auch manche Raubüberfälle auf die Kasse verhindern.

  5. 22.

    Die Tankstellen sollten auf Kartenzahlung mit vorheriger PIN-Eingabe umstellen so wie an vielen SB-Tankstellen schon jetzt üblich. Oder alternativ muss man sich vor dem Tankprozess an der Zapfsäule mit EC/Kreditkarte legitimieren und zahlt dann drinnen.

  6. 21.

    Auch das ist falsch. Sie können Beispielsweise 100 Euro im Pending auswählen, dass Geld fließt dann noch nicht. Tanken Sie für 80 Euro werden diese erst abgezogen und nicht die 100 im Pending

  7. 20.

    Weshalb muss Personal zwischen den Säulen laufen? Es bleibt, wie auch bisher, bei dem Kassierer in der Tankstelle. Es ändert sich auch nichts, er muss eh kassieren. Er hat sogar noch mehr Kapazit@t wenn der Großteil per Karte an der Säule zahlt. Und was Sie Angst haben das Sie das zahlen verstehen Sie nicht wie Unternehmen mit Investitionen umgehen. Aber typisch richtig deutsch, alles schlecht reden ohne selber Ideen zur Lösung beitragen.

  8. 19.

    "Eventuell, weil die Tankstelle dann weniger frequentiert ist ? ;)" Quatsch, das geht viel schneller, als noch ne Tour durch den Shop oder n Schnack mit dem Kassierer

  9. 18.

    Äußerst bedauerlich, dass Sie den Beitrag UND mein Posting nicht verstehen konnten.
    Ich empfehle Ihnen Fragen zu stellen, sehr viele Fragen , immerundimmerwieder - Antworten zumindest sollten Sie nicht geben wollen. Gute Besserung, Kleene!

  10. 17.

    Ja, sicher.
    Aber warum geht "das auch nachts" ?
    Eventuell, weil die Tankstelle dann weniger frequentiert ist ? ;)

  11. 16.

    Von wegen keine Ahnung haben, davon scheinen sie ja auch jede Menge zu haben. Auch der Schaden sprich die Kosten für den entwendeten Kraftstoff werden auf die Preise umgelegt. Aber vermutlich wird hier noch nicht soviel entwendet, um auf dass in den USA bewährte System umzustellen

  12. 15.

    "Und die Mehrkosten für das zusätzliche Personal, das zwischen den Säulen umherläuft ( inkl. Mehraufwand an Zeit für Kunden und Pächter) und Bargeld einsammelt oder die Investitionen in neue Zapfsäulen mit Kartenslot und entsprechender Elektronik, werden dann auf den Spritpreis aufgeschlagen ?!" Wer das eine will muss das andere mögen....einmalige Investition gg. ständigen Sprit-Klau!
    Im Nachtbetrieb geht des doch auch, erst zahlen, dann tanken.
    Aber dann kommen die Kunden nicht mehr rein; das Zusatzgeschäft mit Süsskram, Getränken usw. könnte leiden.

  13. 14.

    Ich habe als Student einige Zeit an einer Tankstelle gejobbt. Es gab 2 Kameras, beide auf mich gerichtet, damit ich nicht unbemerkt in die Kasse greifen kann, aber draußen konnten die Spritdiebe ungefilmt abhauen.
    Und natürlich war das dann immer meine Schuld. Neben Kassieren, Regale auffüllen, darauf achten, dass im Laden niemand klaut hätte ich natürlich auch immer darauf achten müssen, wer gerade tankt und alle Kennzeichen notieren...

  14. 13.

    "Unpersönlich"
    Naja, wer es braucht, findet bestimmt auch weiterhin eine Tankstelle mit Betreuung.

    "Aufwendig"
    Wie das? Karte rein, Pin rein, Tanken, fertig. Gibt es auch in Deutschland schon.

  15. 12.

    Das ist eine gute Idee,Erst irgendwie zahlen und dann tanken.Dsd muss doch möglich sein im Zeitalter der guten Ideen.

  16. 11.

    Ja das ist schade aber dank der ganzen Deppen in dem Land muss man es eben so machen wie bei den Amis, vorher zahlen oder Karte reinstecken in die Säule. Unpersönlich, aufwendig aber wir haben vermutlich das Level in dem Land erreicht, wo wir sowas auch brauchen. Mittlerweile steht ja auch auf vielen Kaffeebechern "Vorsicht Heiß"... Die Zeiten haben sich eben geändert...

  17. 10.

    Hätten wir ein System wie in Dänemark könnte das nicht passieren:

    Zuerst autorisiert man sich (via Karte oder im Laden).
    DANN kann man Treibstoff zapfen.
    DANN kriegt man evtl. zuviel gezahltes Geld zurück (bei Kartenzahlung automagisch).

    Aber mit der Digitalisierung haben wir hierzulande ja noch unsere Probleme.

  18. 9.

    Ist es nicht möglich das die Kunden eine Tankkarte erhalten wo diese eine bestimmte Summe rauf zahlen und diese dann mit dieser Karte an die Zapfsäule gehen diese irgendwo hineinstecken und dann die Säule nur so viel heraus gibt wie maximal Guthaben auf der Karte ist .

  19. 8.

    Das reine Erfassen der Geldkarte reicht nicht aus. Erst wenn das Geld geflossen ist kann für diesen Betrag getankt werden.

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