Personalmangel - Berliner Kinderstationen lehnen regelmäßig Patienten ab

Sa 29.10.22 | 13:56 Uhr
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Symbolbild: Ein Mädchen wird im Röntgenraum eines Krankenhauses untersucht (Bild: dpa/Christin Klose)
Audio: rbb24 Inforadio | 29.10.2022 | Nachrichten | Bild: dpa/Christin Klose

Ärzte warnten schon im Januar vor "dramatischen Zuständen" auf Berliner Kinderstationen, nun gibt es Zahlen, die das belegen: Hunderte Kinder werden jedes Jahr an Kliniken abgewiesen und teilweise bis nach Frankfurt (Oder) verlegt.

Mehrere hundert Kinder konnten im vergangenen und in diesem Jahr wegen Engpässen in Berliner Kliniken nicht aufgenommen werden. Das geht aus den Antworten des Senats auf eine Anfrage der SPD-Abgeordneten Bettina König hervor.

Die Kinder wurden stattdessen in andere Krankenhäuser, zum Teil auch in Brandenburg, verlegt. Ziele dort waren unter anderem Eberswalde, Frankfurt (Oder), Ludwigsfelde, Oranienburg oder Nauen.

Allein an der Charité 2021 mehr als 300 Kinder abgewiesen

Danach sind 2021 allein von der Charité 312 Kinder und Jugendliche für eine stationäre Aufnahme in andere Kliniken verlegt worden. Im ersten Halbjahr 2022 waren es 151. Zuvor hatte die "Berliner Morgenpost" [Bezahlschranke] darüber berichtet.

Das St. Joseph Krankenhaus in Berlin-Tempelhof hat den Angaben zufolge im vergangenen Jahr 209 Kinder abgelehnt, im ersten Halbjahr 2022 mit 29 deutlich weniger. Das Vivantes-Klinikum Neukölln verlegte im vergangenen Jahr 164 Kinder (erste Hälfte 2022: 92), das Vivantes-Klinikum Friedrichshain 135 (erstes Halbjahr 2022: 43).

Ein wichtiger Faktor für Engpässe auf den Kinderkliniken sei das Personal, sagte Vivantes-Sprecher Christoph Lang der "Berliner Morgenpost". "Sie können auf einer Kinderstation nicht alle Betten betreiben, wenn Sie das Personal nicht haben." Zu offenen Stellen kämen Ausfälle etwa wegen der Corona-Pandemie. "Wir haben gerade wieder deutlich erhöhte Ausfallquoten."

Ärzte machen seit längerem auf Personalnot aufmerksam

Die Probleme sind schon länger bekannt: Im Januar 2022 hatten sich Ärzte von acht Berliner Kliniken an Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gewandt.

In dem Schreiben berichteten sie von "dramatischen Versorgungsengpässen" und der Sorge, der medizinischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen nicht mehr gerecht werden zu können.

Im November 2021 sorgte ein Brief von Assistenzärzten des Virchow-Klinikums für Aufsehen: Kinder, die nicht lebensbedrohlich krank seien, müsse man bis zu sieben Stunden in der Rettungsstelle warten lassen. Drei bis fünf Überstunden seien normal, hieß es in dem Schreiben.

 

Sendung: rbb24 Inforadio, 29.10.2022, 13 Uhr

37 Kommentare

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  1. 37.

    Abgesehen davon, dass Sie gar nicht wissen können, ob ich die Zahlen hinterfrage oder nicht, halte ich auch Ihre Ausführungen für Nebendiskussionen, die nur vom Inhalt ablenken. Die eigentliche Nachricht ist, dass etwas nicht stimmt mit unserem Gesundheitssystem. Und das wird mit diesem Artikel untermauert.

  2. 36.

    Sie sind einfach zu unkritisch und hinterfragen Zahlen nicht. Sie wissen nichts. Es gibt übrigens nicht „die“ Kinderärzte. Das wären nämlich „alle“.

  3. 34.

    Das Ausweichen nach Brandenburg pauschal als unzumutbar zu bezeichnen ist falsch. Für jemanden am Stadtrand kann das sogar günstiger sein. Als Zehlendorfer werden auch nach Potsdam gebracht. Spandauer nach Nauen. Leute im Speckgürtel nach Berlin. Was für Kinder bei Schulen geht, sollte auch bei Krankenhäusern gehen.

  4. 33.

    Erinnert mich an andere Artikel. Rettungssanitäter berichten regelmäßig, dass sie wegen jeder Kleinigkeit gerufen werden, Notaufnahmen berichten, dass Menschen zu ihnen kommen, weil sie keinen Hausarzt haben oder der am Wochenende nicht erreichbar ist. Daher die Frage, müssen diese Kinder wirklich immer in das Krankenhaus? Hinter dem Thema steckt mehr, als zu erkennen ist.

  5. 32.

    Leiden? Nein, sie werden ja versorgt, nur nicht da, wo man es will. Leiden sieht nun wirklich anders aus

  6. 31.

    Nun nicht gleich so aggro. Und es wird nicht wahrer bei Wiederholung. Was würde es Ihnen denn nützen, die Relationen hier zu kennen? Die Kinderärzte sprechen doch die Probleme an. Glauben Sie denen nicht?

    Mir reichen tatsächlich die Realzahlen um Handlungsbedarf zu sehen. Alles andere wären Nebendiskussionen und Ablenkung.

  7. 30.

    Traurig und wahr! Es sind ähnlich viele Patienten, auf immer weniger KH-Betten. Seit >20 J. wird das hiesige Gesundheitssystem kaputt gespart. Egal in welchem Alter, bei den vergangenen zwei KH-Reformen u. der jetzigen dritten, die schwer Erkrankten u. das Pflegepersonal bleiben immer auf der Strecke. Bei den letzten beiden Reformen war Herr Lauterbach an der Entwicklung u. Durchsetzung mit federführend. Die restliche Politik (egal wer regiert) nickt die Reformen mit ab und winkt sie durch. :-((

  8. 29.

    Quark. Wenn es zB nur 5% aller Fälle wären hätte es eine andere Aussage als zB bei 20% aller Fälle. Die nackten Zahlrn sagen nichts

  9. 28.

    Die Idee klingt erstmal gut, aber das würde in den Kliniken zu viel Chaos und nicht wirklich zu einer besseren Versorgung führen. Ausserdem arbeiten die niedergelassenen Kollegen oft schon an ihrer Belastungsgrenze und wer weniger arbeitet, hat dafür auch nen Grund.
    Durch das DRG System, in dem Kinderheilkunde schlecht vergütet wird, wurde diese und auch die Geburtshilfe jahrelang runtergewirtschaftet. Sie bekommen heute leichter ne neue Hüfte als ne Hebamme. Dieses Problem ist bekannt, aber es stehen Konzerne an der Börse dahinter...

  10. 27.

    Niedergelassene Kinderärzte nötigen? Was für ein provokativer Vorschlag, das kann doch nicht ernst gemeint sein.

  11. 26.

    Was hat die im Artikel beschriebene Problematik mit Corona zu tun? Längere Wartezeiten in Krankenhäusern und Patienten, die in andere Krankenhäuser verlegt werden müssen, ist ein Problem, dass es nicht erst seit 2020 gibt. Ich durfte bereits 2007 mit einem hochfiebrigen und dehydrierten Kind stundenlang in der Notaufnahme auf eine Erstuntersuchung warten. Und es gibt sicherlich Eltern, die eine ähnliche Erfahrung noch vor 2007 gemacht haben.
    Dass jetzt so viele Kinder betroffen sind, ist ganz besonders schlimm, das hat aber nichts mit Corona, Aussagen vom Stiko- Chef und dem Aussetzen der Maskenpflicht zu tun.

  12. 25.

    Klar, und wer versorgt in dieser Zeit die Patienten der Hausarztpraxis? Es ist sowieso schon viel zuwenig Zeit für den einzelnen Patienten.

  13. 24.

    Die Schwächsten leiden...was für ein Skandal in unserem reichen Land!

  14. 23.

    Wenn ich diesen Artikel hier lese stellen sich die Nackenhaare auf und ist kaum zu glauben. Für mich sind dieses die Folgen einer VERFEHLTEN GESUNDHEITSPOLITIK und Sparpolitik im Gesundheitswesen der letzten Jahr Zehnte bei Bund und Länder. Ob Jung oder Alt in diesem Staat darfst Du nicht ernsthaft krank werden außer man gehört zu den oberen Zehntausend.

  15. 22.

    Der Personalmangel war schon vor "Corona" da. Als dann die Plandemie los ging und das Pflegepersonal zur Impfung gezwungen wurde gingen viele raus. Dann wurden auch noch Krankenhäuser geschlossen. Jetzt ist das geimpfte Pflegepersonal oft positiv.
    Mehr gibt es nicht zu sagen.

  16. 20.

    Es braucht keine Bezugsgröße hier. Die Realzahlen reichen aus, um festzustellen, dass die Kapazitäten nicht ausreichen.

  17. 19.

    Vielleicht sollte mann jeden niedergelassen Arzt dazu nötigen 25% seiner ihrer Arbeitszeit und Zeit in Krankenhäusern, Pflegeheimen zu arbeiten. damit die Versorgung sichergestellt ist!

  18. 18.

    Die Gesundheitspolitik bzw. die höhere Gewichtung der Ökonomie im Gesundheits- und Krankenhauswesen seit der Einführung der Fallpauschale wird von den Wählerinnen und Wählern in den Ländern und im Bund immer wieder gewünscht. Genau so wie der Altenpflegebereich. Es wird geliefert was geählt wird: Behandlungen die mehr Profit bringen werden ausgeführt. Bereiche die keinen Gewinn bringen werden minimalisiert.

  19. 17.

    Stimmt, guter Kommentar

    @ rbb. Gibt es eine Bezugsgröße zu den behandelten Kindern? Die genannten Zahlen zeigen kein Verhältnis. Wie viel Prozent werden nicht aufgenommen?

  20. 16.

    Danke, die Bettenzahl im Sana hatte ich vorhin gesucht und natürlich nicht gefunden. Nach Lichtenberg fahren ja nicht nur Lichtenberger Kinder, von Pankow, dem kinderreichsten Bezirk wird die Kinderstation auch genutzt.

  21. 15.

    "Brandbrief an Geschäftsleitung
    Kinderärzte des Virchow-Klinikums warnen vor kritischer Lage in Rettungsstelle Do 18.11.21 | 20:07 Uhr"
    Es hat sich also in einem Jahr nichts getan und die Lage hat sich weiter zugespitzt. Und nächstes Jahr werden wieder Betten und Personal reduziert mit Lauterbachs neuem Gesetz. Prima

  22. 14.

    Welch eine Ignoranz legen Sie hier an den Tag.
    Ich bin selbst Intensivpfleger und weiß wie wichtig für die Genesung der soziale Kontakt ist. Gerade Kindern kann man das Fehlen dieses Kontakts nicht erklären.
    Mein Junge hat 2 Jahre mit der Leukämie Kämpfen müssen. Immer wieder mit langen Klinikaufenthalten.
    Zum Glück hatten wir nur eine halbe Stunde bis zur Klinik.
    Nach 12 h Dienst auf der eigenen Station ist es ein Segen nicht noch 2h fahren zu müssen um dem eigenen Kind beizustehen.

  23. 13.

    Ich verstehe Ihren Fastwiderspruch nicht! Wenn Sie den Verlauf gelesen haben, werden Sie erkennen, daß ich genau das gesagt habe.

  24. 12.

    Ich wurde in der ehemaligen Kinderklinik Lindenhof in Lichtenberg ausgebildet, 2000-2006 Damals hatte die Kinderklinik 110 Betten
    Jetzt hat die Kinderklinik im SANA ca 60-65 Betten, die aber bei Personalmangel auch nicht voll genutzt werden können.
    2009 lebten In Lichtenberg ca 32000 Kinder von Null bis 18.
    2021 lebten in Lichtenberg ca 51000 Kinder von Null bis 18.
    In den den Praxen Lichtenbergs sind auch 3 Kinderärzte/innen weniger als 2009

  25. 11.

    ... mir RRG hat das nichts zu tun.
    Kinderkliniken sind mit dem FAllpauschalensystem extrem benachteiligt.
    Kinderkrankenpflege ist sehr personalaufwendig. Und dies wird durch die PAuschalen nicht abgedeckt.
    Zudem kommt es durch die (Absoulut korrekte) Personalbemessungsgrenze zur Bettensperrungen, wenn nicht genug Pflegepersonal zur Verfügung steht, und halt die letzten Mohikaner/innen nicht zu verschleißen.
    DAnn können evt auf der 25 Bettenstation nur 15 Betten belegt werden.
    Helios oder SANA una auch das landeseigene Vivantes agieren kapitalistisch, was sich nicht rechnet wird zuerst reduziert, was sich rechnet wird ausgebaut. Blöd wenn man etwas hat, was sich nicht rechnet

  26. 10.

    Ist ist ein großes Problem Kinder einzuweisen, wenn sich die Infektsaison und der Ausfall von Personal überschneidet. Letzten Herbst hatten wir eine sehr frühe, sehr schwere RSV-Saison (schwere Bronchitiden von Säuglingen und Kleinkindern) die häufig auch beatmet werden müssen .
    Wenn diese Kinder im schlechten Zustand in die Praxis kommen und die naheliegenden Kidnerkliniken voll sind, sind längere Transorte eine Gefahr.
    Und wenn berliner Kinder nach Rüdersdorf oder Neuruppin gehen, ist der Besuch der Eltern erstmal egal.

  27. 9.

    Da haben Sie vollkommen recht. Das ist kein neues Problem und hat mit Corona nichts zu tun. Vor einigen Jahren war gar zu lesen, das Kinder mit dem Hubschrauber in Mecklenburgische Krankenhäuser gebracht werden mussten, weil in Berlin kein Platz zu finden war...

  28. 8.

    Sie beide haben absolut recht. Ein Krankenhaus ist kein Hotelzimmer. Nicht nur Kinder warten auf familiärer Zuwendung. Inakzeptabel ist natürlich ein Ausweichen nach BBG. Wieder ein Versagen von RRG.

  29. 7.

    Das Problem sind die Bleistifte der sogenannten Gesundheitsökonomen, wie z. B. Herr Lauterbach. Er hatte schon Frau Ulla Schmidt falsch beraten. Und seit letzter Woche hat er sein neues Sparpaket durchwinken lassen. Es wird für die Patienten in der ambulanten Praxis und dem Kh. deutlich enger und gravierende Spuren hinterlassen.

  30. 6.

    Haben Sie schon mal ein Kind im Krankenhaus gehabt? Scheinbar nein. Wenn dann Eltern arbeiten gehen und weite Wege ins Krankenhaus haben ist das nicht einfach. Vor allem Kinder warten auf Besuch. Egal wie alt sie sind. Abgehetzte und gestresste Eltern wirken sich nicht gerade positiv auf das kranke Kind aus.
    Ich weiß wovon ich rede. Ich musste von Köpenick nach Buch fahren.

  31. 5.

    Ihre fehlende Empathie ist genau das was man in Deutschland als kinderfeindlich bezeichnet. Wie soll man denn ein bis zwei Stunden zusätzlich eine Strecke noch pendeln im eng getakteten Familienalltag? Viele Eltern haben auch mehr als ein Kind… bitte denken sie mal nach bevor Sie hier kommentieren. Es ist nicht ok, dass Kleinkinder nicht wohnortnah versorgt werden können.

  32. 4.

    So lange es nur um eine Verlegung in eine andere Berliner Klinik geht sehe ich das Problem nicht.
    Wenn ein Patient nirgendwo aufgenommen werden kann, obwohl eine stationäre Aufnahme aus medizinischer Sicht sinnvoll wäre, dann wäre das ein Problem.
    Hier geht es aber darum dass das Kind einfach woanders aufgenommen wird.
    Na klar haben die Eltern dann vielleicht etwas längere Fahrtwege bei Ihren täglichen Besuchen, das sollte aber in so einem Fall das kleinste Problem sein.

  33. 3.

    Der Fokus auf völlig falsche Berufsfelder läuft doch seit 40 Jahren.
    Die Folgen kommen bei den Menschen schon seit Jahren an.

  34. 2.

    Die Kinder trifft wohl die falsche Gesundheitspolitik der letzten Jahrzehnte besonders hart. Die Schließung von Kinderkrankenhäusern (Lindenhof in 2012 und Jahre davor Weißensee) und der Bettenabbau aus Profitgründen wirkt sich halt aus. Die Politik hat halt andere Prioritäten. Zum Beispiel Bau von Einfamilienhäusern und Luxuswohnungen auf dem Lindenhof-Gelände.

  35. 1.

    Verstehe ich nicht, laut stiko gibt's keine Corona Pandemie mehr, dann können doch auch alle arbeiten gehen. Regelmäßiges Impfen ist auch nicht mehr nötig. Einige Bundesländer heben die Masken Pflicht auf. Also hopp hopp zur Arbeit!

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