Berlin-Spandau - Mann stirbt drei Wochen nach Polizeieinsatz - Rassismusvorwurf gegen Beamte

Fr 07.10.22 | 12:17 Uhr
Ein Polizist in Uniform.(Quelle:dpa/C.Gateau)
Audio: rbb 88.8 | 07.10.22 | David Donschen | Bild: dpa/C.Gateau

Vor drei Wochen kam es zu einem Einsatz der Berliner Polizei, bei dem ein Mann kollabierte. Nun starb er im Krankenhaus. Die Opferberatungsstelle erhebt schwere Vorwürfe: Beamte sollen "massive Gewalt" gegen den schwarzen Mann ausgeübt haben.

Ein 64 Jahre alter Mann mit schwarzer Hautfarbe, der am 14. September bei einem Polizeieinsatz in Berlin zusammengebrochen ist, ist am Donnerstag im Krankenhaus gestorben. Eine Polizeisprecherin bestätigte am Freitagmorgen den Tod des psychisch kranken Mannes in der Charité.

Reachout: Polizisten für Tod verantwortlich

Die Berliner Opferberatungsstelle Reachout wirft der Polizei in einer Pressemitteilung von Donnerstagabend vor, bei dem Einsatz "massive brutale Gewalt" angewendet zu haben und für den Tod verantwortlich zu sein. Zudem spricht sie von Rassismus.

Laut Polizei sollte der Mann am 14. September aus einem betreuten Wohnheim für seelisch und psychisch Kranke in Berlin-Spandau in ein psychiatrisches Krankenhaus verlegt werden. Ein Gericht hatte das angeordnet. "Da der Mann zunehmend aufgebrachter wurde, wurden die im Vorfeld informierten Polizeikräfte um Unterstützung gebeten", hieß es im September von der Polizei.

Polizei: Mann hat "massiven Widerstand" geleistet

Der Mann hätte während der Maßnahme "massiv Widerstand" geleistet. Die Rede war von Tritten, Schlägen und Bissversuchen. Ihm seien daher Handschellen angelegt worden, so die Polizei. Der Mann sei schließlich im Beisein eines Rettungsdienstes und seines Betreuers kollabiert und in ein Krankenhaus gebracht worden. Nach Informationen der Polizei war der Mann zuerst auf die Intensivstation eines Krankenhauses in Spandau gebracht und später in die Charité verlegt worden.

Die Opferberatungsstelle Reachout schreibt, der Bruder des Mannes habe sie auf den Fall
aufmerksam gemacht. Unter Berufung auf den Betreuer des 64-Jährigen, der bei dem Einsatz dabei war, heißt es von Reachout, Polizisten hätten den Mann am Boden fixiert, ein Polizist habe ihm dabei ein Knie in den Nacken gedrückt. Er habe geblutet und schließlich aufgehört zu atmen. Seine Wiederbelebung habe mehr als 20 Minuten gedauert. Später sei der Mann ins Koma gefallen. Nach Angaben von Reachout wurde der Bruder des 64-Jährigen erst sieben Tage nach dem Vorfall vom Krankenhaus benachrichtigt.

Reachout: Mann hat sich laut Zeugen nicht gewehrt

Warum Reachout das Vorgehen der Polizei als "rassistisch" bezeichnet, begründete Sprecher Biplab Basu so: "Wenn die Polizei auf diese Art mit schwarzen Menschen umgeht, bewerten wir das als rassistisch." Das sei eine Einordnung und Interpretation, die auf Erfahrungen beruhe.

Zudem habe Reachout von Zeugen gehört, dass der Mann sich nicht gewehrt habe. "Er hat nur die Zimmertür geschlossen, weil er in Panik geriet, als er die Polizeiuniformen sah."

Vorfall eine Woche später gemeldet - Ermittlungen in eigenen Reihen

Die Staatsanwaltschaft leitete Untersuchungen zur Todesursache ein, wie sie am Freitag mitteilte. Die Leiche des Mannes soll obduziert werden.

Die Polizei ermittelt gegen die beteiligten Beamten wegen Körperverletzung im Amt. Mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen wollte sich die Polizei am Freitag nicht ausführlicher äußern. Geführt würden diese vom Fachkommissariat für Beamtendelikte, hieß es. Geklärt werden müsse der Ablauf des Einsatzes und die Frage, ob die Polizisten richtig und verhältnismäßig gehandelt hätten, sagte die Sprecherin. "Es geht um die Frage: Ist er an den Folgen des Polizeieinsatzes gestorben oder nicht?

Der Vorfall war von der Berliner Polizei erst eine Woche später gemeldet worden. Auf Nachfrage von rbb|24 hieß es im September, es habe sich dabei um ein "Büroversehen" gehandelt, für das man sich entschuldige. Es sei intern sei bei der Übermittlung etwas schief gegangen, hieß es.

Sendung: rbb24, 07.10.2022, 13 Uhr

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