Umwidmung der Friedrichstraße - "Da geht Qualität vor Schnelligkeit"

Mi 23.11.22 | 06:01 Uhr | Von Sabine Müller
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Ein Arbeiter entfernt am 22.11.2022 ein gelbes Fahrrad-Symbol von der Fahrbahn der Friedrichstraße. (Quelle: dpa/Carsten Koall)
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Video: rbb|24 | 23.11.2022 | Material: Miriam Keuter, rbb24 Abendschau | Bild: dpa/Carsten Koall

Auf der Berliner Friedrichstraße sind die Autos zurück. Allerdings soll das nicht lange so bleiben - Senatorin Jarasch will den Bereich "bis Jahresende" in eine dauerhafte Fußgängerzone umwandeln. Ist der Zeitplan überhaupt zu halten? Von Sabine Müller

Die Debatte über die Zukunft der Berliner Friedrichstraße ist bekannt dafür, dass sie sehr hitzig geführt wird. Aber der nächste Schritt in der Sache, nach der Wiederöffnung für den Straßenverkehr in der Nacht auf Mittwoch, wird die knochentrockene Nummer eines Verwaltungsakts tragen.

Das zuständige Bezirksamt Mitte arbeitet gerade mit Hochdruck an einer Verfügung, die auf "Bau 1 115 TE 636/21-Mi" vom 23. September 2022 im Amtsblatt Nummer 38 folgen soll. Damals bekräftigte der Bezirk seine Absicht einer "Teileinziehung von öffentlichem Straßenland" für "die Friedrichstraße zwischen Französische Straße und Leipziger Straße". Nun geht es darum, von der Absicht zur tatsächlichen Umsetzung zu kommen.

Basteln am Wording

Jetzt geht es um jedes Wort. Die Verantwortung dafür liegt bei Almut Neumann, der grünen Verkehrsstadträtin im Bezirk Mitte. Vordringliche Aufgabe für sie und ihre Mitarbeitenden ist es gerade, die geplante Umwidmung der Friedrichstraße so zu formulieren, dass sie juristisch möglichst unangreifbar ist. Im Interview mit rbb|24 sagt Neumann: "Es geht darum, die Begründung der Umwidmung ganz umfassend vorzunehmen und rechtssicher und gerichtsfest zu machen. Das ist das oberste Ziel.“"

Sprich: Die Gegnerinnen und Gegner der Umwidmung sollen sich die Zähne ausbeißen am Text und möglichst wenig Angriffspunkte finden, um vor Gericht gegen eine dauerhafte Fußgängerzone in der Friedrichstraße vorzugehen.

Damit keine Facette unbedacht bleibt, wurden beziehungsweise werden die bisherigen Einwände gegen die Teileinziehung von den Behörden in Mitte nochmal durchgegangen. Verkehrsstadträtin Neumann betont, man nehme die Einwände ernst und berücksichtige sie auch teilweise, so habe man etwa schon die Regeln für den Lieferverkehr gelockert.

Zeit nehmen in Wahlkampfzeiten

Der Prüf- und Formulierungsprozess ist so zeitaufwändig, wie er klingt. Trotzdem hält Almut Neumann am Zeitplan fest, den Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) vorgegeben hat: Ziel sei es weiterhin, die Umwidmung bis Ende des Jahres im Amtsblatt zu veröffentlichen. Die grüne Verkehrsstadträtin schiebt allerdings eine Einschränkung hinterher: "Da geht Qualität vor Schnelligkeit. Wenn wir merken, wir brauchen doch noch ein bisschen länger, dann würden wir uns auch die Zeit nehmen, weil das einfach wichtiger ist."

Bei aller Betonung, dass sie sich die nötige Zeit nehmen werde – ein klein wenig Druck dürfte schon da sein, sicherzustellen, dass die grüne Parteifreundin Bettina Jarasch ihr Zeitplan-Versprechen einhalten kann. Erst recht jetzt in Wahlkampfzeiten. Liefe alles nach Zeitplan, wäre die Friedrichstraße rechtzeitig zum offiziellen Auftakt des Straßenwahlkampfs wieder autofrei.

"Es gibt keinen Plan, kein Konzept"

Mit Veröffentlichung der Umwidmung im Amtsblatt beginnt die Widerspruchsfrist zu laufen. Einen Monat lang haben Gegnerinnen und Gegner Zeit, ihre Bedenken einzureichen. Anja Schröder vom Aktionsbündnis "Rettet die Friedrichstraße" kündigte schon an, dass ihr Verein handeln werde - wie genau, werde aktuell noch beraten.

"Wir sind noch nicht ganz fertig mit der Prüfung der Rechtsmittel, aber behalten uns vor, den Schritt einer Klage zu gehen", so Schröder. “Wir werden nicht einfach zuschauen, wie die Friedrichstraße wieder geschlossen wird.

"Verkehrsstadträtin Almut Neumann stellt klar, dass die Verwaltung während der einmonatigen Widerspruchszeit nicht die Füße stillhalten müsse: "Wir werden die Umwidmung sofort vollziehbar machen, so dass ein Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hätte. Sprich: Die Fußgängerzone kann trotzdem kommen, ohne dass ein langes Widerspruchsverfahren oder ein jahrelanges Klageverfahren abgewartet werden muss."

Ob der Bezirk mit dieser Rechtsauslegung durchkommt, wird sich zeigen. Das Aktionsbündnis will die Zeit der offenen Friedrichstraße nutzen, um auszuwerten, wie sich die Kunden-Frequentierung nicht nur in diesem einen Abschnitt ändert, sondern auch in angrenzenden Straßen. Ob die Geschäfte in den Läden besser laufen, wenn der Autoverkehr wieder rollt. Das soll neue Argumente für eine gerichtliche Auseinandersetzung liefern.

Anja Schröder sieht den Schwachpunkt der Umwidmung zur Fußgängerzone anderswo, wie sie erläutert:"Man kann Straßen zwar entwidmen, aber nicht ohne Sinn und Verstand. Man braucht ein Konzept für die Umgebung, aber es gibt ja noch gar keinen Plan und kein Konzept."Solche Kritik will Almut Neumann mit ihrem Umwidmungstext entkräften, sie verspricht ein „gutes Gesamtkonzept“.

Unabhängig davon, ob die Umwidmung der Friedrichstraße nun noch im Dezember oder irgendwann im Januar vollzogen sein wird, ist eins klar: Besonders ansprechend wird die Fußgängerzone erstmal nicht aussehen, denn mitten im Winter wird die Gestaltung mit Bäumen und Co. noch warten müssen.

Sendung: rbb24 Abendschau, 22.11.2022, 19:30 Uhr

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Beitrag von Sabine Müller

103 Kommentare

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  1. 103.

    "Wo sind denn in Berlin zB die ganzen Backwaren und Altberliner Gerichte geblieben ?"

    So wie Teltower Rübchen und Königsberger Klopse? Selbst die Bouletten sind keine Berliner Erfindung und über die Currywurst streitet man noch.

    "Wo ist unsere Berliner Schnauze geblieben, wo ist der Ehrgeiz und das Zusammenhalten in Kiezen geblieben?"

    Weggentrifiziert.

    "Die Zugezogenen haben die Stadt "meiner" Vorfahren mit Geld verändert - ganz klar." Und das von Anbeginn!

    Rheinische Kaufleute haben Berlin und Cölln (!) gegründet, Hugenotten brachten feine Waren und Umgangsformen mit, Niederländer (Flamen) die Wasserbaukunst. Um 1700 waren 20 Prozent der Berliner Einwohner Franzosen, und ihr kultureller Einfluss war groß. Viele Einwanderer kamen außerdem aus Böhmen, Polen und dem Land Salzburg.

    "Pissoir ... Trottoir ... Portemonnaie ... "

    "Originale Berliner mögen keine Veränderer." Blödsinn! Berlin war immer im Wandel, wirklich immer!

  2. 102.

    Was ist Ihnen über die Leber gelaufen. Sachliche Diskussionen führen haben Sie nicht gelernt, überfordert Sie?

    Fällt Ihnen nicht selbst auf, dass ihre 240.000 Menschen zu 446.8 Millionen nicht dramatisch sind? Egal ob nun 2020 oder 2022.

    Warum erwähnen Sie das Zitat überhaupt?

    Wollen wir jetzt die Krebstoten, Herztoten, ... der EU alle hier aufzählen. Krebs und Herzkrankheiten werden auch durch Luft-Partikel ausgelöst. In der EU gibt es zig verschiebene Lebensumstände. Bleiben Sie doch bitte einfach bei Deutschland. Hier haben wir annähernd gleiche Lebensumstände. Egal ob in der Unterschicht, Mittelschicht oder Oberschicht.

  3. 101.

    Ach Wossi/Alfred E. Neumann, ich kann im Gegensatz zu ihnen meine Behauptungen mit Fakten belegen. Und im Gegensatz zu ihren wirren Unterstellungen und Diffamierungen auf alleruntersten Niveau mit Quellenangabe versehen.

  4. 100.

    Wo sind denn in Berlin zB die ganzen Backwaren und Altberliner Gerichte geblieben ? Wo ist unsere Berliner Schnauze geblieben, wo ist der Ehrgeiz und das Zusammenhalten in Kiezen geblieben? Die Zugezogenen haben die Stadt "meiner" Vorfahren mit Geld verändert - ganz klar. Und mir schmeckt das alles nicht was die Zugezogenen kochen. Ich finde sie einfach nur arrogant Berlin verändern zu wollen. Originale Berliner mögen keine Veränderer. Es ist schon dreist, hier traditionelle Pfannkuchen anzubieten, die überhaupt nicht schmecken... soviel was wir denken...

  5. 99.

    "Sind Abgasgestank-, Autolärm- und Megeastaufans in der Mehrzahl oder diejenigen, die wie ich auf Lärmfreiheit und saubere Atemluft setzen?"

    Die Mehrheit der Berliner ist für die Mobilitätswende und eine laute Minderheit dagegen. Hier wird der Eindruck noch dadurch verstärkt, dass hier Vierfachnicks (Sockenpuppen) unterwegs sind und für einige die Regeln der Nettiquette nicht gelten.

  6. 98.

    Ach Wossi/Alfred E. Neumann, ich kann im Gegensatz zu ihnen meine Behauptungen mit Fakten belegen. Und im Gegensatz zu ihren wirren Unterstellungen und Diffamierungen auf alleruntersten Niveau mit Quellenangabe versehen.

  7. 97.

    wie sich das wohl prozentual auswirkt: Sind Abgasgestank-, Autolärm- und Megeastaufans in der Mehrzahl oder diejenigen, die wie ich auf Lärmfreiheit und saubere Atemluft setzen?

  8. 96.

    Was soll immer der Quatsch mit den zugezogenen. Ich bin 1955 in Berlin Schmargendorf geboren. Habe immer in der City West gewohnt. Ich wähle grün. Mir liegt etwas an einer lebenswerten Stadt. Eine Stadt sind für mich in erster Linie Menschen. Dazu Handel, Kultur, Arbeitsplätze und natürlich auch Vekehr. Aber das sollte schon ausgewogen sein. Und das ist es eben nicht mehr. Die Autos nehmen mittlerweile den größten Raum ein. Die Zeiten, in denen man nur aus Bequemlichkeit Auto fährt müssen vorbei sein. Davon haben dann auch die etwas, die das Auto wirklich brauchen. Würde Ihnen Recht geben, wenn es darum geht in den Aussenbezirken den ÖPNV auszubauen. Aber seien wir doch mal ehrlich, die meisten fahren aus Bequemlichkeit und haben einer lebenswerten Stadt gar kein Interesse.

  9. 95.

    "Von diesen 446,8 Millionen sind 240.000 Menschen laut ihrer Aussage an erhöhter Feinstaubbelastung gestorben. "

    Meiner Aussage? Zitate richtig zu lesen (mit Quelle) überfordert sie?

    "Zu diesem Ergebnis kommt die EU-Umweltagentur EEA in einem nun veröffentlichten Bericht."

  10. 94.

    An Feinstaub "vorzeitig verstorben"...
    Schreiben Sie mal hier auf, was Sie unter "vorzeitig" verstehen... Dann merkt man schnell, wozu solche Zahlen dienen (und nicht nur von "Anton" moralisierend verwendet werden).

  11. 93.

    Sie wollen jetzt mit Zahlen hier spielen? Dann bitte das Verhältnis richtig setzen.

    Nachdem Großbritannien die Europäische Union zum 01. Februar 2020 verlassen hat (Brexit), zählt die EU-27 insgesamt noch rund 446,8 Millionen Einwohner:innen im Jahr 2022. Quelle statista.com

    Von diesen 446,8 Millionen sind 240.000 Menschen laut ihrer Aussage an erhöhter Feinstaubbelastung gestorben.

    Wollen Sie uns jetzt noch andere Zahlen präsentieren? Schon ein bisschen fragwürdig, was Sie betreiben.

  12. 92.

    In Anbetracht des aktuellen Wahltrends darf sich Frau Jarasch sicher sein, dass die Berliner eine "grüne Friedrichstraße" mit zusätzlichen "grünen Wahl-Prozenten" belohnen. Ich fürchte, dass die Berliner auch die Umwidmung des Adlergestells, der Heerstraße, Prenzlauer Allee, Unter den Eichen usw. usf. zu Fußgängerzonen wollen.

  13. 91.

    "Außerdem die ganzen 30er-Kurzstrecken, die so viel Aufmerksamkeit erfordern, dass sie das Unfallrisiko erhöhen"
    Ist wie auf der Autobahn: Ab 120 steigen die Unfallzahlen wieder an. Das bedeutet: Diejenigen die mehr Unfälle wollen handeln gefährlich intolerant.

  14. 90.

    "Alle Fragen ja beantwortet. Was genau stört sie? "

    DAS: "Trotz einer insgesamt verbesserten Luftqualität sind im Jahr 2020 schätzungsweise 240.000 Menschen in der EU infolge der Feinstaubbelastung vorzeitig gestorben. "

    https://www.tagesschau.de/ausland/europa/tote-luftverschmutzung-101.html

  15. 89.

    "62 Prozent der Berliner Haushalte haben ein Auto." Die Zahl haben sie gerade eben efunden oder woher soll sie stammen?

    Aus der gleichen Quelle wie ihr frei erfundener Unfall auf der Schönhauser Allee?

    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/11/privatstrasse-berlin-reinickendorf-metallzaun-radschnellweg.html

  16. 88.

    Anfänglich habe ich gesagt, ich gehe nicht nochmal zur Wahl, aber jetzt erst recht gehe ich hin und zwar nur aus einem Grund, die Wahl von der Jarasch zur Regierenden Bürgermeisterin zu verhindern. Wir brauchen nicht noch mehr chaotische Straßenentwicklung.. Wenn es nach mir ginge, dürften nur die in Berlin wählen, die hier geboren wurden oder mindestens seit 30 Jahren hier leben. Berlin wird zuviel von Zuwanderen regiert.

  17. 87.

    Höchststrafe für den Bürger, wenn er sich gegen die Grünen Kümmerer wehrt; du bist nicht für eine Fahrradstraße auf der Friedrichstraße?-Dann bekommst Du sie auf der Charlottenstraße und noch eine Fussgängerzone dazu!

  18. 85.

    Die Kosten interessieren wieder mal niemanden. Von diesem Geld könnte man Obdachlose unterbringen, man könnte den Park aufräumen, man könnte so viel besseres tun als ständig die straßenbemalung zu ändern

  19. 84.

    Ab heute gilt wieder freie Fahrt für freie Bürger. Mein Onkel erzählte mir mal, dass es früher mal eine Autofahrerpartei gab.
    Wäre es nicht mal Zeit für ein Revival?

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