Berlin-Mitte - Bündnis will gegen erneute Teilsperrung der Friedrichstraße für Autos vorgehen

Mo 30.01.23 | 14:07 Uhr
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Arbeiter stellen am 30.01.2023 eine Absperrung an der Einfahrt zur Friedrichstraße, Ecke Leipziger Straße auf. (Quelle: dpa/Carsten Koall)
Audio: rbb24 Inforadio | 30.01.2023 | Nachrichten | Bild: dpa/Carsten Koall

Ein Bündnis aus Gewerbetreibenden und Anwohnern will sich gegen die erneute Sperrung der Friedrichstraße für PKW wehren. Der Abschnitt zwischen Französischer und Leipziger Straße ist seit Montagmorgen wieder für Autos geschlossen.

  • Friedrichstraße seit Montagmorgen wieder gesperrt
  • Initiative will gegen Sperrung vorgehen, Rechtsstreit droht
  • Sperrung großes Thema im Berliner Wahlkampf

Gewerbetreibende rund um die Berliner Friedrichstraße sowie Anwohner wollen massiv gegen die erneute Sperrung eines 500 Meter langen Abschnitts für Autos vorgehen. Das Bündnis "Rettet die Friedrichstraße!" kündigte an, dass Anrainer beim Bezirksamt Mitte Widerspruch gegen die Umwidmung der Straße zur Fußgängerzone einlegen. Die erneute Sperrung zwischen Französischer Straße und Leipziger Straße gilt seit Montagmorgen.

Außerdem sind demnach Klagen vor dem Verwaltungsgericht mit dem Ziel geplant, dass dieses eine aufschiebende Wirkung der Widersprüche anordnet. Sollte das Gericht dem folgen, müsste die Straße bis zum Abschluss der Widerspruchsverfahren offengehalten werden.

Initiative will notfalls bis nach Leipzig gehen

Als möglichen nächsten Schritt nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens behält sich das Bündnis eine Klage in der Hauptsache vor dem Verwaltungsgericht vor, wie Anwalt Marcel Templin ankündigte. Notfalls werde man dann durch alle Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht gehen.

Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) hatte am vergangenen Mittwoch die dauerhafte Sperrung der Straße zwischen Leipziger Straße und Französischer Straße für den motorisierten Verkehr angekündigt. Dieser Abschnitt war von August 2020 bis November 2022 schon einmal für Autos tabu, musste aber nach einer Gerichtsentscheidung, wonach es dafür nach Abschluss eines Verkehrsversuchs 2021 keine Rechtsgrundlage gab, zunächst wieder freigegeben werden.

Jarasch will die gesamte historische Mitte Berlins "fußgängerfreundlich" gestalten. Eine autofreie Friedrichstraße sei ein Baustein. Laut dem entsprechenden Amtsblatt dürfen nur noch Fußgänger, Radfahrer, kleine E-Fahrzeuge, Einsatzkräfte und Lieferwagen den Abschnitt nutzen. Dabei gelte "ein ganz klarer Vorrang für Fußgänger", sagte Jahrasch. So dürften etwa E-Scooter und Radler nur Schrittgeschwindigkeit fahren. Das Bündnis "Rettet die Friedrichstraße!" vermisst ein Konzept. Ihm gehören Gewerbetreibende und Initiativen an, unterstützt wird es vom Handelsverband Berlin-Brandenburg und dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga.

Fußgängerzone in der Friedrichstraße (Quelle: Janek Kronsteiner)Aufsteller auf der Friedrichstraße weisen auf die Sperrung hin.

Friedrichstraße als Wahlkampfthema

Verkehrssenatorin Jarasch hatte die Maßnahme mitten im Wahlkampf am vergangenen Mittwoch angekündigt. Das stieß auf heftige Kritik, auch in den Reihen der Regierungskoalition.

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sagte, diese Aktion sei nicht mit dem Senat abgestimmt, sie halte diesen Alleingang nicht für durchdacht. Es fehle ein Gesamtkonzept. Man könne nicht einfach die Straße sperren und danach überlegen, was man dann tue. Ähnlich äußerte sich Wirtschaftssenator Stephan Schwarz (parteilos). Damit stelle man die Idee einer echten Beteiligung von Anwohnern und Händlern infrage.

Linken-Vorsitzende Katina Schubert nannte die Ankündigung "Wahlkampfgeklingel". Auch Vertreter der Opposition und aus der Wirtschaft kritisierten die Sperrung. Jarasch verteidigte dagegen ihre Entscheidung. Die Friedrichstraße solle ein moderner Stadtraum werden.

CDU: "Giffey hat sich von den Grünen vorführen lassen"

Die Berliner CDU forderte am Montag ein Machtwort von Giffey. Eine "unabgestimmte Zwangsentwidmung der Grünen auf dem Rücken der Betroffenen" sei nicht hinnehmbar, heißt es in einem Statement der Partei. "Teilsperrungen in der Friedrichstraße ohne Sinn und Verstand bringen niemandem etwas – im Gegenteil. Frau Giffey hat sich mal wieder von den Grünen vorführen lassen", wird Kai Wegner, der Vorsitzende der CDU-Fraktion in Berlin in der Mitteilung zitiert.

"Morgen im Senat wird sich zeigen, ob ihre Empörung hier nur gespielt war. Wir erwarten ein klares Machtwort. Es kann nicht sein, dass Grünen-Politiker Gerichtsurteile ignorieren und Teilsperrungen auf dem Rücken von Betroffenen und dem Rest der Stadt erzwingen", sagte der 50-Jährige weiter.

Sendung: rbb24 Inforadio, 30.01.2023, 06:30 Uhr

182 Kommentare

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  1. 182.

    Steffen:
    "Der Staat wird sich umsehen, wenn die diversen Steuern, Abgaben und Arbeitsplätze rund um die PKW wegfallen. Ein Großteil der Infrastruktur muss nämlich trotzdem aufrecht erhalten werden. Das wird gerne ignoriert. Ohne Frage darf man darüber diskutieren, wie groß die Rolle der PKW gerade in der Stadt sein darf, wie umweltfreundlich künftiger Verkehr aussehen soll und über eine Neuvertreilung des städtischen Raums diskutieren, aber eins ist sicher. Billiger wird es für die Gesellschaft dadurch nicht."

    Hm, weniger Verkehrstote, weniger Umweltverschmutzung, weniger Klimawende, weniger Ausgaben für Erhalt von Straßen (weil weniger Abnutzung), das woird schon gesamtgesellschaftlich deutlich billiger!

    Im übrigen sind die Ausgaben für den Autoverkehr höher als die Steuereinnahmen durch den Autoverkehr, so dass eine Verringerung des Autoverkehrs für den Staat positiv ist.

  2. 181.

    Roy:
    "Ach naja, spätestens zu der nächsten Bundestagswahl hat der Rot/Grüne Spuk wieder ein Ende, wenn nicht die FDP schon vorher einen Schlussstrich zieht :-) Und ich hoffe das in zwei Wochen Schwarz/Rot/Gelb Berlin übernimmt. Dann gibt es wieder massentaugliche Kompromisse mit denen alle leben können."

    Au ja, dann gibt es wieder eine Bankenpleite. Das wird dann wieder richtig geil!

  3. 180.

    Ach naja, spätestens zu der nächsten Bundestagswahl hat der Rot/Grüne Spuk wieder ein Ende, wenn nicht die FDP schon vorher einen Schlussstrich zieht :-) Und ich hoffe das in zwei Wochen Schwarz/Rot/Gelb Berlin übernimmt. Dann gibt es wieder massentaugliche Kompromisse mit denen alle leben können. Die grüne Blase muss platzen! Vielleicht sehen sie dann auch die anderen in der Gesellschaft. Klima hin oder her. Es gibt noch anderes auf der Welt!!!

  4. 179.

    Eine immer wieder vorgebrachte Argumentation, leider trotzdem nicht korrekt. Der Staat wird sich umsehen, wenn die diversen Steuern, Abgaben und Arbeitsplätze rund um die PKW wegfallen. Ein Großteil der Infrastruktur muss nämlich trotzdem aufrecht erhalten werden. Das wird gerne ignoriert. Ohne Frage darf man darüber diskutieren, wie groß die Rolle der PKW gerade in der Stadt sein darf, wie umweltfreundlich künftiger Verkehr aussehen soll und über eine Neuvertreilung des städtischen Raums diskutieren, aber eins ist sicher. Billiger wird es für die Gesellschaft dadurch nicht.

  5. 178.

    Die Rechnung ist aus volkswirtschaftlicher Sicht allerdings komplex und kann, je nachdem welche Faktoren man unter den Tisch fallen lässt, für die eine oder die andere Seite nach hinten losgehen. So manche Studie erwies sich schon auf den ersten Blick als so löchrig, dass die nichtmals Wattebäuschen stand hielt.

    Für eine echte und auch dringend gebotene Verkehrswende bedarf es seitens der verantwortlichen Senatorin eines echten Willens, den Nahverkehrsplan und das Mobilitätsgesetz mit Leben erfüllen zu wollen. Darein scheitert aber Jarasch wie schon vor ihr Günther immer wieder. Jarasch hat hier kein Konzept, wie die gesamte historische Mitte Berlins "fußgängerfreundlich" gestalten werden kann, "Pleiten, Pech und Pannen regieren sogar laut RBB beim ÖPNV und ganz frisch hagelt es auch wieder Kritik von der Radlobby, dass kaum etwas bei den Radwegen voran geht.

  6. 177.

    Genau so ist es!
    Wir leben in einem freien Land. Jeder kann für seine individuellen Transportbedürfnisse nutzen, was auch immer zur Verfügung steht. Und jeder muss eben dafür zahlen, was er gerne nutzen möchte. Jetzt wird es dann eben Zeit, eine Vollkostenrechnung aufzustellen und ich glaube, auch Sie werden dann nachdenken, ob Sie Ihr Auto weiterhin nutzen können und/oder wollen ;-)

  7. 176.

    "Und Sie meinen allen Ernstes, Berlin wäre eine Stadt der Autofahrer?" Ja offensichtlich ist da so. Was gibt es daran nicht zu verstehen. Die Mehrzahl der Berliner nutzt unverändert regelmäßig einen PKW zum Fortkommen. Was glauben Sie denn, warum die Straßen voll mit den Dingern stehen? Ich habe nicht behauptet, dass diese Fahrzeuge täglich genutzt werden, aber doch offensichtlich so oft, dass die Mehrheit der Haushalte sich diesen Luxus unverändert gönnt und die Karre eben nicht abmeldet und verkauft.

  8. 175.

    "Sie schrieben von 3,6 Millionen Haushalten (16.49 Uhr). Macht bei 3,6 Millionen Einwohnern ebenso keinen Sinn." Haben Sie korrekt erkannt, dass dies ein Schreibfehler war. Natürlich sind es 3,6 Mio Einwohner in knapp 2 Mio Haushalten. Die Anzahl an Einwohnern in Single-Haushalten, Zwei-Personen-Haushalten und Mehr-Personen-Haushalten ist in etwa jeweils gleich hoch. Und ja, auch Kinder haben "Zugriff" auf den Familienwagen, wenn sie von den Eltern durch die Gegend kutschiert werden. Ist ja für viele Familien durchaus der springende Punkt, warum man sich einen eigenen Wagen leistet. Die Masse will auf diese Freiheit offensichtlich nicht verzichten und wenn es nur für Ausflüge am Wochenende ist oder die Kinder zum Sportverein zu kutschieren. Es ist sinnlos, dagegen einen Krieg zu führen. Ziel sollte vor allem die bewusste Nutzung oder eben Nichtnutzung des PKW sein, nicht die gänzliche Abschaffung.

  9. 174.

    SCHÖN AUF DEM TEPPICH BLEIBEN,

    die Friedrichstraße ist Sache der RGR-KOALITION und die

    A100 IST SACHE DES BUNDES

    und Gott sei Dank haben weder SIE noch die RGR-KOALITION darüber zu bestimmen wo sie gebaut wird. Weitergebaut wird sie da, wo schon der Anfang gemacht wurde und hoffentlich geht's auch bald zügig weiter.

  10. 172.

    Ich fahre Auto weil ich es kann und will.
    Das ganze Gelaber geht einem schon seit Ewigkeiten auf den Nerv. Mir ist es vollkommen egal ob jemand Rad fährt, Bus, Bahn oder sich mit der Schubkarre durch die Gegend kutschieren lässt!
    Wir sind ein freies Land, jeder soll sich so bewegen wie er/sie/es will.
    Basta.

  11. 171.

    @"Bernd"
    " . . . . . . . nur weil diese Minderheit hier am lautesten brüllt, wird sie nicht zur Mehrheit!!!"
    Da haben Sie vollkommen recht!
    Gilt übrigens auch für die Fr. JARASCH und ihre Anhänger!!!

  12. 170.

    Wo ist dieses "woanders", wo man Innenstädte ohne Konzept gesperrt hatte?

  13. 169.

    Mittelalter ist, wenn man an altertümliche Fortbewegungsmittel kleben bleibt und nicht irgendwann mit dem Finger schnipst und ein selbstfahrendes Transportmittel angedüst kommt.

    Am besten noch den Alex vorm Kaufhof zum Parkplatz machen.

    Woanders gibt es schon quasi autofreie Innenstädte, durch wenige teure Parkplätze, draußen sind dann die großen Parkhäuser.

  14. 168.

    Ich bin dafür die Verlängerung der A100 durch die Friedrichstraße zu führen. Denn dort wünschen sich die Anwohner und Gewerbetreibenden offenbar mehr Autos, ganz im Gegensatz zu den Autofeinden am Treptower Park. Durch die Verlegung der A100 in die Friedrichstraße würde die Stadt zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Autofreunde in der Friedrichstraße bekommen endlich genügend Verkehr, damit die Geschäfte gut laufen und die Autofeinden am Treptower Park können weiter ohne Autolärm das Ehrenmal der Sowjetunion besuchen.

  15. 167.

    M29, der Bus des Grauens. ;-) Gerne treten dort Eindecker im Rudel auf, obwohl der M29 eigentlich eine DD-Linie ist. Schauen Sie auch mal in den Nahverkehrsplan. Dort gibt es auch Karten mit überlasteten Busstrecken z.B in Spandau bei Berlin wo auch Frau Jarasch ihren Wahlkreis hat. Das sind noch Daten aus der Zeit vor dem Fahrzeugmangel bei der BVG und dem ausgedünnten Fahrplan. Dazu werfe ich noch aus regelmäßiger Erfahrung M48/M85, den ausgedünnten 101 und den 106 in den Raum.

    Offensichtlich gibt es gerade im Immobilitässenat viele, die Probleme bei Verkehrswende sehen oder die gar erst schaffen, indem die bei Brückeneubauten die Straßenbahn vergessen. Lösungen werden dort eher langsam gesucht, s. Tram zum Ostkreuz Zudem kennt man dort eigentlich auch die Wetterfühligkeit vieler Radfahrer, s. auch dazu der NVP. Selbst Grüne in Moabit und Linke in Kreuzberg als angeblich glühende Verfechter der Tram sehen nach jahrelanger Diskussion immer noch ungelöste Probleme bei deren Ausbau.

  16. 166.

    Die Jarasch tickt doch nicht mehr richtig.
    Wenn das so weiter geht, landen wir im Mittelalter. Sie sollte abgesetzt werden.

  17. 165.

    M29, der Bus des Grauens. ;-) Gerne treten dort Eindecker im Rudel auf, obwohl der M29 eigentlich eine DD-Linie ist. Schauen Sie auch mal in den Nahverkehrsplan. Dort gibt es auch Karten mit überlasteten Busstrecken z.B in Spandau bei Berlin wo auch Frau Jarasch ihren Wahlkreis hat. Das sind noch Daten aus der Zeit vor dem Fahrzeugmangel bei der BVG und dem ausgedünnten Fahrplan. Dazu werfe ich noch aus regelmäßiger Erfahrung M48/M85, den ausgedünnten 101 und den 106 in den Raum.

    Offensichtlich gibt es gerade im Immobilitässenat viele, die Probleme bei Verkehrswende sehen oder die gar erst schaffen, indem die bei Brückeneubauten die Straßenbahn vergessen. Lösungen werden dort eher langsam gesucht, s. Tram zum Ostkreuz Zudem kennt man dort eigentlich auch die Wetterfühligkeit vieler Radfahrer, s. auch dazu der NVP. Selbst Grüne in Moabit und Linke in Kreuzberg als angeblich glühende Verfechter der Tram sehen nach jahrelanger Diskussion immer noch ungelöste Probleme bei deren Ausbau.

  18. 164.

    Mal schauen ob und wer sich gegen den WAHNWITZ der Verkehrssenatorin durchsetzt.
    Langsam wird es Zeit, denn wer aus einer Gerichtsentscheidung nichts gelernt hat, der ist im Berliner Verkehrssenat an der falschen Stelle.

    Denn Berlin sollte eine GROßSTADT bleiben, in der ALLE Verkehrsteilnehmer auf den Straßen die gleichen Rechte haben.

  19. 163.

    Mitte Januar, um Ihre Frage zu beantworten. Davor sehr regelmäßig von Pankow zum Anhalter Bahnhof und weiter, X54-S2-M29. Wenn das Wetter das Radfahren nicht so angenehm erscheinen lässt. Ich empfand dabei weder S-Bahn noch die Busse als übervoll oder unerträglich oder was auch immer.

    Wie ich schon schrieb, bin ich bei Ihnen im Bezug auf Ihre Kritik am Ausbau des ÖPNV. Hier muss in der Tat mehr getan und schneller umgesetzt werden. Nur gehe ich eben anders heran. Wer verhindern will, findet Probleme. Wer lösen will, findet Wege. manchmal eben unbequeme.

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