Rekordfund in Brandenburg - 1,2 Tonnen Kokain bei Obsthändler in Groß Kreutz sichergestellt

Mi 29.03.23 | 22:26 Uhr
Kokain-Pakete in den Bananenkisten. (Quelle: Polizei Brandenburg)
Video: rbb24 | 29.03.2023 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: Polizei Brandenburg

Die Polizei hat bei einem Obsthändler in Potsdam-Mittelmark eine so große Menge an Drogen sichergestellt wie noch nie zuvor in Brandenburg. Es ist nicht der erste große Fund bei dem Händler in Groß Kreutz.

  • Die Polizei hat rund 1.200 Kilogramm Kokain bei einem Obsthändler in Groß Kreutz in Bananenkisten entdeckt.
  • Der Tipp kam von einem Mitarbeiter des Großhandels.
  • Bereits im letzten Jahr wurden 660 Kilo Kokain bei dem gleichen Händler entdeckt.
  • Ermittler gehen erneut von einer Panne der Schmuggler aus.

Bei einer Großrazzia auf dem Gelände eines Fruchthändlers in Groß Kreutz (Potsdam-Mittelmark) hat die Polizei insgesamt 1.200 Kilogramm Kokain gefunden. Das gab die Polizei am Mittwochmittag bekannt. Es ist der mit Abstand größte Drogenfund in Brandenburg bisher.

Der Leiter des Brandenburger Landeskriminalamtes Dirk Volkland sagte zu dem Fund, er zeige "dass auch unsere Region von internationalem Drogenhandel betroffen" sei. Im vergangenen Sommer waren beim gleichen Obsthändler rund 660 Kilo Kokain sichergestellt worden.

Ein Zeuge hatte am Dienstagnachmittag die Polizei informiert, dass bei dem Großhändler nach der Anlieferung von Bananenkisten verdächtig aussehende Päckchen aufgefunden worden waren. Nach dem Hinweis des Mitarbeiters hatte die Polizei in einem Großeinsatz das Gelände des Obst-Großhandels umstellt, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums sagte. Dabei sei neben Bereitschaftspolizei, Spezialkräften und dem Zoll auch ein Hubschrauber im Einsatz gewesen.

Verkaufswert: etwa 96 Millionen Euro

Bei der Durchsuchung der Hallen sei in Bananenkisten unter den Früchten dann das Kokain entdeckt worden - ein Zufallsfund. Es war in Plastikfolie eingewickelt zu Päckchen in verschiedenen Größen - die größten fassten nach Polizeiangaben bis zu 17 Kilogramm. Das Vorgehen ähnelt dem Fund im Vorjahr. Laut der Sprecherin des Polizeipräsidiums Potsdam, Beate Kardels, stammte die Bananenlieferung dieses Mal aus Ecuador. Die beschlagnahmte Lieferung im vergangenen Jahr war aus Kolumbien gekommen. Beide waren auf Containerschiffen transportiert worden - der übliche Weg, auf dem Kokain aus Südamerika nach Europa gebracht wird. In welchem EU-Hafen die Ware an Land gebracht und in Lkw umgeladen wurde, war am Mittwoch noch nicht bekannt.

Der Wert des Kokains bewege sich im oberen zweistelligen Millionenbereich, hieß es zunächst von der Polizei. Eine Suchtexpertin bestätigte diese Einschätzung. "Man geht von einem Straßenwert von ungefähr 70 bis 80 Euro je Gramm aus, ein Gramm sind dabei mehrere Konsumeinheiten", sagte Andrea Hardeling von der Brandenburger Landesstelle für Suchtfragen in Potsdam am Mittwoch dem rbb. Macht hochgerechnet für die beschlagnahmte Lieferung Kokain einen Verkaufswert von knapp 96 Millionen Euro.

Sicherlich mag es sich so anhören, als wenn das irgendwie gezielt ist - davon gehen wir aber gar nicht aus.

Beate Kardels, Polizeipräsidium Potsdam

"1,2 Tonnen werden Sie nicht an einen Händler los"

Es gehe nun darum zu klären, warum das Rauschgift ausgerechnet auf dem Fruchthof Werder gelandet sei, sagte die Polizeisprecherin Kardels dem rbb. "Wir reden von zwei Funden. Sicherlich mag es sich so anhören, als wenn das irgendwie gezielt ist - davon gehen wir aber gar nicht aus", sagte Kardels am Mittwochabend. Kardels warnte davor, den Betrieb in Groß Kreutz als Drogenumschlagsplatz zu bezeichnen. "Sie können davon ausgehen, dass das nicht nur Brandenburg betrifft, sondern dass hier eine Weiterverteilung ins gesamte Bundesgebiet erfolgt. 1,2 Tonnen werden Sie nicht an einen Händler los", sagte Kardels.

Eine Sprecherin des Obst-Großhandels wollte sich zu dem Drogenfund in ihrem Unternehmen zunächst nicht äußern. Auch andere Mitarbeiter wollten, wie sie sagten aus Angst vor der Drogenmafia, nicht mit dem rbb über den Fund sprechen.

Dass die Polizei im Kampf gegen diese internationalen Drogenhändler auf Zufallsfunde angewiesen ist, bestätigte auch die Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Brandenburg, Anita Kirsten, dem rbb. Für Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung sei aber mehr Personal im Bereich der strukturellen Ermittlung und Organisierten Kriminalität erforderlich, sagte Kirsten dem rbb.

Kokain-Paket aus einer Bananenkiste auf der Wage. (Quelle: Polizei Brandenburg)XL-Lieferung: Ein großes, mehr als 17 Kilogramm schweres Koks-Paket auf der Waage. Bild: Polizei Brandenburg

Verluste schon eingepreist

Die Zufallsfunde, die die Sicherheitsbehörden meist nur durch Glück in die Hände bekommen, sind von den Drogenkartellen bereits als Verluste eingepreist. Es ist ein ungleicher Kampf: Die Verfügbarkeit der Droge in Europa war noch nie so groß - stellt die Polizei mehr Kokain sicher, spricht das vor allem dafür, dass schlichtweg mehr im Umlauf ist. In Berlin beispielsweise ist der Kokainkonsum in den vergangenen fünf Jahren um 58 Prozent gestiegen. Das besagt eine Studie der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht [emcdda.europa.eu], für die Drogenrückstände im Abwasser analysiert wurden.

Welche fatalen Folgen die Gewalt durch die Kartelle und umgekehrt der sogenannte Krieg gegen die Drogen für die Bevölkerung in den betroffenen Regionen Süd- und Mittelamerikas hat, ist für die Konsumenten am Ende der Lieferkette weit weg. In Mexiko haben die Folgen des Kokainhandels seit 2006 mehr als 300.000 Menschen das Leben gekostet, mehr als 100.000 werden bis heute vermisst. In Kolumbien waren es mehr als 100.000 Tote, nicht zu sprechen von der Korruption durch das Drogengeld, die ganze Staaten zersetzt hat. Die Kartelle finanzieren mit dem Geld aus dem Drogenhandel auch den Aufbau und Betrieb anderer illegaler Geschäfte wie Waffenhandel, Menschenhandel und Prostitution [tagesschau.de].

Polizei geht auch diesmal von Panne aus

Bereits im Sommer vergangenen Jahres waren auf dem Fruchthof Werder rund 660 Kilogramm Kokain in Bananenkisten entdeckt worden. Es war der bis dahin größte Drogenfund in der Geschichte des Bundeslandes.

Ermittler gingen damals von einer möglichen Panne der Schmuggler aus. Das Zollfahndungsamt Berlin-Brandenburg hatte erklärt, solche Lieferungen kämen häufig per Schiff, getarnt mit legaler Ware aus den Anbaugebieten der Kokapflanze. In großem Umfang sind das wegen günstiger klimatischer Bedingungen nur drei Länder: Kolumbien, Peru und Bolivien. Die Kokain-Pakete würden dann in den großen Häfen Rotterdam, Amsterdam oder Hamburg an Land gebracht [tagesschau.de]. Laut eines Berichts der UN-Anti-Drogen-Behörde werden jährlich 400 bis 500 Tonnen Kokain alleine durch die Häfen Rotterdam und Antwerpen geschmuggelt. Das ist ein Viertel der weltweiten Produktion.

Ein Polizist steht am 28.03.2023 auf dem Gelände eines Obsthändlers vor einer Lagerhalle in Groß Kreutz (Quelle: dpa/Cevin Dettlaff)
So schnell wie möglich wurden die 1,2 Tonnen Kokain am Mittwoch vom Fundort weggebracht - an einen geheimen Ort. | Bild: dpa/Cevin Dettlaff

Fund wird vernichtet

Nachdem die Schiffe ihre Container in den Häfen abgeladen haben, kommen häufig bestochene Mitarbeiter ins Spiel, die Zugang zu den Warencontainern haben. Sie sollen die Drogen heimlich vom Hafengelände schaffen, bevor die legale Ware, wie hier die Bananenkisten, abtransportiert wird. Dieses klassische Vorgehen sei möglicherweise in beiden Lieferungen schiefgegangen, die schließlich in Groß Kreutz landeten, sagt die Polizei. Eine andere Variante: Die Abnehmer warten, bis die Fruchtlieferungen bei den Händlern gelandet sind und versuchen dann, dort einzubrechen und das Kokain herauszuholen.

"Wir gehen auf jeden Fall davon aus dass es hier wieder Lieferschwierigkeiten oder unabgestimmte Dinge der Hintermänner gab", so Beate Kardels. Zu möglichen Tatverdächtigen äußerten sich LKA und Zoll auf Nachfrage von rbb|24 nicht, mit dem Verweis auf die Ermittlungen. Wie im letzten Jahr werde auch dieser Drogenfund vernichtet. Bis dahin werde er an einem geheimen Ort strengstens bewacht.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 29.03.2023, 19:30 Uhr

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