Woche der Wiederbelebung - Reanimation: "Drücken, bis der Arzt kommt"

Mo 18.09.23 | 06:20 Uhr
  5
Ein junger Mann zeigt am 14.06.2023 im Sommerbad Humboldthain beim Vorschwimmen von potenziellen Rettungsschwimmern an einer Puppe die Methoden zur Wiederbelebung eines Verunglückten. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Bild: dpa/Soeren Stache

Wer als erster an einer Unfallstelle ist, muss Erste Hilfe leisten. Da hilft es zu wissen, was zu tun ist. Das wichtigste zu Herzdruckmassage, Beatmung und der Rechtslage - und was das alles mit den Bee Gees zu tun hat.

In der Ersten Hilfe und besonders beim Thema Wiederbelebung (Reanimation) gibt es laut Deutschem Rat für Wiederbelebung (GRC) einen Dreiklang, den sich auch Laien leicht merken können: "Prüfen - rufen - drücken".

Infos im netz

Wie man eine Reanimation richtig angeht

Gemeint ist, dass Menschen, die zu einem Unfall oder einer unklaren Situation kommen, in der andere Menschen lebensbedrohlich verletzt sein könnten, wie folgt vorgehen sollten:

1) Prüfen

Erst gilt es, die Unfallstelle abzusichern und sich und - sofern möglich - Verletzte aus der Gefahrenzone zu bringen. Danach sollten die verunfallten Menschen überprüft werden: auf Reaktionen und Lebenszeichen (ansprechen, schütteln, nach Atmung, Herzschlag oder Puls suchen). Helfer sollten sich auch umschauen, ob es weitere Verletzte gibt.

2) Rufen

Im nächsten Schritt sollte, insbesondere wenn jemand kein Lebenszeichen mehr gibt, mithilfe der 112 der Rettungsdienst hinzugerufen werden - durch den Ersthelfer oder andere Personen. Wichtig sind diese Informationen: Wo ist was mit wie vielen Betroffenen passiert? Welche Verletzungen liegen vor? Der Anrufer sollte Rückfragen abwarten.

Dann sollte zügig, oft mit telefonischer Unterstützung des Rettungsdienstes (Telefon-Reanimation) mit der Wiederbelebung bewusstloser und dabei nicht regelmäßig atmender Personen (Kreislaufstillstand) begonnen werden.

3) Drücken

Atmet ein Mensch nicht mehr, hat mit großer Wahrscheinlichkeit das Herz aufgehört zu schlagen (Herzstillstand) und es ist somit auch kein Puls spürbar. Wenn das Herz stehen bleibt, zählt jede Minute. Hier kommt zu Reanimationszwecken die Herzdruckmassage zum Einsatz.

Wie man richtig reanimiert

Für eine Reanimation mit einer Herzdruckmassage drückt der oder die Helfende mit übereinandergelegten Händen schnell fest und schnell in der Mitte des Brustkorbs fünf bis sechs Zentimeter nach unten. Schnell heißt: Mindestens 100 Mal pro Minute. Besonders wichtig: Nicht damit aufhören, bis der Notarzt oder andere Ersthelfer den Patienten übernehmen.

Diese Songs helfen bei einer Herzdruckmassage

Um eine Herzdruckmassage und damit die Wiederbelebung eines Menschen im richtigen Rhythmus durchzuführen, kann es helfen, ein Lied mitzusingen oder zu summen. Dieses muss etwa im Tempo und Rhythmus wie der menschliche Herzschlag sein. Ideal sind also Songs mit 100 bis 120 "beats per minute" (Schlägen pro Minute).

Dazu zählen Lieder wie:

    "Stayin' Alive" von den Bee Gees
    "I Will Survive" von Gloria Gaynor
    "Atemlos" von Helene Fischer
    "Highway to Hell" von AC/DC

Zusätzlich sollte beatmet werden

Nach Möglichkeit sollte die verletzte Person zusätzlich über eine Atemspende mit Sauerstoff versorgt werden. Standard ist hier die Mund-zu-Mund-Beatmung , alternativ ist aber auch eine Mund-zu-Nase-Beatmung möglich. Auf 30 Kompressionen (Druckbewegungen) sollten dabei immer zwei Atemstöße folgen.

Für Laien ist eine Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung nicht zwingend erforderlich. Da Kinder aber sehr oft einen Kreislaufstillstand aufgrund eines Atemproblems haben, müssen Kinder bei Bewusstlosigkeit während der Reanimation immer auch beatmet werden.

Andere lebensrettende Sofortmaßnahmen in Notfall-Situationen

Blutungen stillen

Atmet das Unfallopfer regelmäßig, blutet aber stark, sollten die Blutungen gestellt werden. Dazu sollten Helfer Einmalhandschuhe aus dem Verbandskoffer verwenden - sie schützen vor eventuellen Infektionen. Ist die verletzte Person bei Bewusstsein, diese bitten, sich hinzulegen. So wird ein möglicher Kreislaufkollaps vermieden. Dann wird die verletzte Stelle mit einem Druckverband versehen. Verbundene Körperteile sollten hoch gelagert werden.

Stabile Seitenlage anwenden

Ist ein Unfallopfer bewusstlos, atmet aber noch normal, kommt die stabile Seitenlage zur Anwendung, denn in dieser Position bleiben die Atemwege frei. Anschließend dafür Sorgen, dass der Körper der verletzten Person warm bleibt. Hierfür ist die Erste-Hilfe-Decke aus dem Verbandskasten geeignet.

Weitere Lagerungsmöglichkeiten und Maßnahmen

Schocklagerung (Körper flach liegend, Füße und Knöchel hoch lagern) bei Unruhe, Blässe, Kaltschweißigkeit und Herzrasen.

Oberkörper aufrecht in sitzender Haltung bei Problemen in der Brust und mit der Atmung.

Angewinkelte Beine in Rückenlage bei Problemen im Bauch.

Oberkörper (Kopf und Brustkorb) erhöht bei Problemen im Kopf.

Unveränderte Haltung belassen bei Verletzungen von Wirbelsäule oder Becken.

Wichtig ist es, beruhigend mit der verletzten Person, selbst wenn sie bewusstlos sein sollte, zu sprechen und ihr zu versichern, dass mit dem Notarzt Hilfe unterwegs ist.

Die Rechtslage

Unterlassene Hilfeleistung

Wer zu einem Unfallort bzw. Unglücksort kommt, bei dem Verletzte in hilfloser Lage sind, muss Erste Hilfe leisten. Wer dieser Pflicht nicht nachkommt, obwohl Hilfe erforderlich und zumutbar ist, begeht eine Straftat wegen unterlassener Hilfeleistung. Nach § 323 c Strafgesetzbuch (StGB) droht Geld- oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Niemand ist jedoch dazu verpflichtet, sich bei einer Hilfeleistung selbst in Gefahr zu bringen. Jeder kann zumindest einen Notruf absetzen.

Haftung bei Erster Hilfe

Es gibt nur einen Fehler, den man als Ersthelfer an einem Unglücksfall machen kann: nichts tun. Wer bei der Ersten Hilfe versehentlich oder fahrlässig Fehler macht und den Gesundheitszustand des Unfallopfers verschlechtert, muss keine Bestrafung oder Schadensersatzansprüche befürchten. Auch muss ein Ersthelfer nicht für Sachschäden haften, die im Rahmen der Hilfeleistung entstehen, beispielsweise für eine eingeschlagene Scheibe, eine eingetretene Tür oder zerrissene Kleidung.

Gaffen statt zu helfen

Wer an einem Unfallort Personen behindert, die anderen helfen oder helfen wollen, macht sich strafbar. Gaffer, die im Weg stehen und lieber Fotos machen, als zu helfen oder Platz zu machen, begehen eine Straftat. Diese kann eine Geld- oder Freiheitsstrafe zur Folge haben.

Sendung: rbb24 Inforadio, 18.09.2023, 16:10 Uhr

5 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 5.

    1.Hilfe-Kurse sollten für jeden Bürger (gleich welcher Nation) ab 14 Jahren Pflicht werden - und dann alle 2 Jahre.

  2. 4.

    Das sollte Standard werden und gefördert werden, auch in Schulen, Migrantenheimen, in Firmen: "Auf Arbeit machen wir jedes Jahr einen 1. Hilfe-Kurs, das lohnt sich. Man wird kompetent."

  3. 3.

    Danke für diesen Beitrag !

  4. 2.

    „ Es gibt in den Apotheken kleine Folien mit Ventil für die Mund-zu-Mund Beatmung.“
    Man kann auch ganz einfach ein Papiertaschentuch nehmen, Hauptsache, man hilft!

  5. 1.

    Es gibt in den Apotheken kleine Folien mit Ventil für die Mund-zu-Mund Beatmung. Die legt man den Patienten über den Mund und beatmet durch dieses Ventil hindurch. Kostet 1 oder 2 Euro, ist zusammengepackt groß wie ein 2 Euro-Stück. Ich habe es im Portemonnaie immer dabei.

    Mir ist vor Jahren eine fremde Frau vor die Füße gekippt, wo ich kurz davor stand, zu reanimieren und ich hatte die Folie damals noch nicht dabei. Ein fürchterliches Gefühl! Der Ekel und aber gleichzeitig die gesundheitliche Not der Frau. Gott sei Dank waren die Retter damals schnell und ich musste nicht beatmen, aber das war haarscharf.

    Auf Arbeit machen wir jedes Jahr einen 1. Hilfe-Kurs, das lohnt sich. Man wird kompetent. Ich könnte heute ganz ok helfen.

Nächster Artikel