Pro-palästinensische Versammlungen - Welche Organisationen mit Antisemitismus bei Demos auffallen

Di 10.10.23 | 19:41 Uhr
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Symbolbild: Samidoun-Protest wird von der Polizei beobachtet. (Quelle: dpa/Y. Tang)
Bild: dpa/J. Tang

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel gibt es erneut vielfach pro-palästinensische Demonstrationen in Berlin. Einige Organisationen fielen dabei in der Vergangenheit bereits durch verfassungswidrige Taten auf, sie werden auch jetzt wieder beobachtet.

Für Mittwoch waren in Berlin erneut pro-palästinensischen Demonstrationen angemeldet. In Neukölln und am Pariser Platz sollten am Nachmittag "Solidaritätskundgebungen" mit Palästina stattfinden. Die Versammlungsbehörde entschloss sich am Dienstagabend allerdings dazu, diese Veranstaltungen zu verbieten. Zu groß waren die Befürchtungen, es könne zu Antisemitismus und Volksverhetzung kommen.

Bereits am Samstagnachmittag hatte die Polizei eine Demonstration in Neukölln aufgelöst, nachdem es dort anti-israelische Parolen gegeben haben soll. Kurz zuvor hatte es ebenfalls in Neukölln einen Vorfall gegeben, bei dem Männer süßes Gebäck verteilten, um die Terror-Angriffe auf Israel, bei dem aktuellen Angaben zufolge hunderte Zivilisten ums Leben kamen, zu feiern.

"Samidoun": Verfassungsschutz beobachtet Gruppe in Berlin

Mitverantwortlich gemacht für diese Aktion wird die Gruppe "Samidoun". Ihr deutscher Ableger teilte in Sozialen Netzwerken ein Foto der Aktion, das die eigene Teilnahme suggeriert. Die Berliner Polizei teilte auf Anfrage mit, es werde noch ermittelt, inwieweit die Organisation tatsächlich für die Aktion verantwortlich sei. Infolgedessen rückte die schon länger aktive Gruppe erneut in den öffentlichen Fokus.

"Samidoun" wurde 2011 in den USA gegründet. Nach eigenen Angaben geht es der Organisation darum, sich für palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen einzusetzen. Damidoun hat Ableger in vielen Ländern der Welt – unter anderem in Schweden, Frankreich, Kanada, Belgien, den Niederlanden und eben auch in Deutschland. Hierzulande wird die Organisation bereits seit einer Weile Verfassungsschutz beobachtet, auch in Berlin.

Behördenchef Michael Fischer sagte der rbb24 Abendschau am Montag, dass man das Netzwerk als antisemitisch und israelfeindlich einschätze und daher als verfassungsfeindliche Bestrebung beobachte. Die Aktivitäten von "Samidoun" hätten in den vergangenen zwei Jahren in Berlin deutlich zugenommen. Derzeit gehe der Verfassungsschutz in Berlin von einem "Personenpotenzial im unteren zweistelligen Bereich" aus, so Fischer.

Welche Organisationen noch hinter israelfeindlichen Demonstrationen stehen

"Samidoun" gilt als Unterstützerorganisation der "Volksfront für die Befreiung Palästinas" (PFLP), die die EU bereits seit 2002 als Terrororganisation einstuft. Sie bestreitet das Existenzrecht Israels und fordert offen zum bewaffneten Kampf gegen Israel auf. Der PFLP rechnet der Verfassungsschutz in Berlin ein Personenpotenzial von etwa 50 Menschen zu, Tendenz steigend: Im Jahr 2021 waren es noch 40 Personen.

Auch den Verein "Demokratisches Komitee Palästina" sehen die Behörden als Ableger der Volksfront für die Befreiung Palästinas. Er sei bereits häufiger für die Organisation israelfeindlicher Demonstrationen in Berlin verantwortlich gewesen, heißt es. Im vergangenen Jahr kam es bei den vom Verein initiierten Versammlungen unter anderem zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei und antisemitischen Parolen - so beispielsweise bei einer nicht angemeldeten und später aufgelösten Demo im April.

Diese Vorfälle seien auch der Grund gewesen, weshalb die Versammlungsbehörde dann im Mai dieses Jahres jegliche Demonstrationen im Zusammenhang mit dem "Al-Nakba-Tag" untersagt habe, so der Verfassungsschutz. Die Absage-Entscheidung war damals vielfach kritisiert worden, weil der palästinensische Gedenktag Nakba ein wichtiger, jährlicher Gedenktag an Flucht und Vertreibung Hunderttausender Palästinenser im ersten Nahostkrieg 1948 nach der Staatsgründung Israels ist.

Neben diesem Netzwerk der PFLP mobiliert laut den Behörden auch der Verein "Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland" (PGD) häufig für die Teilnahme an Demonstrationen gegen Israel. Dessen Mitglieder sollen überwiegend der "Hamas" angehören oder zumindest mit ihr sympathisieren.

Die Terrororganisation Hamas war für den Angriff auf Israel aus Gaza am Samstag verantwortlich. In Berlin werden ihr rund 100 Personen zugerechnet. Diese würden vorrangig in Vereinsstrukturen agieren, die keinen Rückschluss auf die Hamas zulassen und verschiedene Moscheen und islamische Zentren nutzen, heißt es im Bericht des Verfassungsschutzes. Deutschland sei für die Organisation in erster Linie ein Ort an dem Spenden gesammelt werden.

Hamas und die mutmaßlich hinter Samidoun stehende PFLP agieren im Nahen Osten eigentlich üblicherweise getrennt. Hierzulande, in Berlin, sei das allerdings anders, wie der Verfassungsschutz beobachtet haben will. Die Feindschaft gegen Israel verbinde in Berlin die Interessen und die Anhänger beider Organisationen, bei öffentlichen Veranstaltungen treten sie deshalb gemeinsam auf, heißt es.

Privatperson meldete Demo am Mittwoch an

Wer für die Organisation der beiden Demonstrationen am Mittwoch - die durch die Versammlungsbehörde im Vorfeld untersagt wurden - ursprünglich verantwortlich war, war zunächst nicht bekannt. Die Polizei teilte lediglich mit, dass es sich beim Anmelder einer der Demonstrationen um eine Privatperson handeln solle, die nicht zum ersten Mal eine Veranstaltung anmelde. Genaueres sei aus Datenschutzgründen nicht mitzuteilen, da es sich beim Anmelder um eine Privatperson und nicht um einen Verein handele.

Die Versammlungsbehörde entscheidet aufgrund mehrere Faktoren, ob die Demonstration genehmigt oder verboten wird. Unter anderem fließen die Gefährdungslage, Erkenntnisse zum Anmelder und Gespräche mit dem Organisator in die Entscheidung ein.

Sendung: rbb24 Inforadio, 10.10.2023, 21:40 Uhr

3 Kommentare

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  1. 3.

    Obwohl ich 2021 nicht CDU gewählt hatte - Wegner zieht die Demoverbote knallhart duch - SEHR GUT!

  2. 2.

    Genau So!

  3. 1.

    Ausländer, die ihren Hass auf Juden bei uns ausleben, müssen ausgewiesen werden. Das ist das einzige, was wirkt.

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