Vereiste Wege - Warum Fußgänger und Radfahrer bei Glätte das Nachsehen haben

Di 05.12.23 | 14:46 Uhr
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Neuschnee und Glatteis behindern die Verkehrsteilnehmer auf den Straßen der Hauptstadt. (Quelle: dpa/Wolfgang Kumm)
Video: rbb24 Abendschau | 04.12.2023 | Bild: dpa/Wolfgang Kumm

Nach anderthalb eisigen Wochen sind in Berlin viele Fuß- und Radwege spiegelglatt. Mit dem Auto kommt man hingegen vielerorts eisfrei voran. Wie es zu solchen Situationen kommen kann, erklärt Julian von Bülow.

Schneeschlamm-Parade oder Schlitterpartie - Fahrradfahren macht bei diesem Wetter nur begrenzt Spaß. Nach rund zehn winterlichen Tagen in Folge scheinen viele Fahrbahnen für Autos inzwischen gut geräumt - Rad- und Fußwege sind jedoch vielerorts weiter von Schnee oder Eis bedeckt. Das sorgt für Unmut bei Zweiradfahrern. "Ich bin mir nicht sicher, ob überhaupt geräumt wurde, sondern, ob man nicht einfach darauf gewartet hat, dass Straßen freigefahren werden", sagte vor wenigen Tagen der Berliner Fahrradfahrer Thomas Wiegold dem rbb.

Auch der ADFC sieht ein Problem: "Wir bekommen von unseren Mitglieder leider immer noch vereiste oder verschneite Radwege gemeldet, die nur schlecht oder auch unbefahrbar sind", sagt Karl Grünberg, der Sprecher des Berliner ADFC. "Der Eindruck: Die Fahrbahnen für den Kfz-Verkehr sind frei, Radfahrer kommen nur unter Mühen voran."

Aber stimmt das? Werden die Autostraßen bevorzugt behandelt und Fußgänger und Radfahrer haben das Nachsehen?

Kommunen und Land für eisfreie Straßen verantwortlich

Innerorts sind immer die jeweiligen Kommunen für den Winterdienst auf den Straßen zuständig - in Berlin also die Berliner Stadtreinigung (BSR). Sie ist nach eigenen Angaben [BSR.de] in diesem Winter mit bis zu 2.400 Einsatzkräften und 540 Räumfahrzeugen im Einsatz. Laut BSR werden Hauptverkehrsstraßen, die 6.400 Bus- und Straßenbahnhaltestellen sowie 58.000 Fußgängerüberwege und Fahrradwege zuerst bearbeitet. Danach sind die Nebenstraßen dran.

Allerdings ist Räumung nicht gleich Räumung. So erklärt BSR-Sprecher Sebastian Harnisch, dass die BSR auf Nebenstraßen und auf Radwegen nur der Schnee wegschaffen dürfe. "Das Gesetz sieht dort keine Streumaßnahmen vor und der Einsatz von Auftaumittel ist sogar verboten", sagt Harnisch. Das trägt dazu bei, dass die Fahrradwege zwar schneefrei, aber eben nicht unbedingt eisfrei sind.

ADFC: Im Zweifel mit Fahrrad auf die Straße

Gewöhnliche, an die Fahrbahn angrenzende Radfahrstreifen ohne Poller werden von den Straßenräumfahrzeugen mitbearbeitet, sagt BSR-Sprecher Harnisch. Bei den anderen Radwegen müssten jedoch Spezialfahrzeuge eingesetzt werden. Und dabei werde wieder priorisiert, heißt es von der BSR. So fahren die Spezialfahrzeuge beispielsweise zuerst Kitas und Schulen an. Und so rückt der schlichte Radweg erneut nach hinten.

Der ADFC fordert jedoch, dass Radwege auch schnell geräumt werden müssten. "Schnee fällt und dann dauert es teils drei Tage bis der Radweg geräumt wird", kritisiert Sprecher Grünberg. "In der Zeit haben Radfahrer den Schnee angedrückt, es sind Rillen entstanden, die dann nicht mehr weggehen."

Der AFDC rät Radfahrern, bei vereisten Fahrradwegen auf die Fahrbahn der Autos auszuweichen. "Insgesamt ist es eine Zeit, in der alle Verkehrsteilnehmer noch einmal mehr Rücksicht auf einander nehmen sollten", betont der Berliner ADFC-Sprecher Grünberg.

Gehweg-Sicherheit ist Privatsache

Für schlitterfreie Gehwege sind die jeweiligen Anlieger zuständig, also Eigentümer oder Mieter. Sie können aber auch einen Winterdienst mit der Aufgabe beauftragen. Das kostet zwar, macht das Leben aber auch leichter. Denn: "Wenn Schnee und Eis da sind, muss man morgens bis 7 Uhr geräumt oder gestreut haben. Diese Pflicht geht bis 20 Uhr", sagt Alexander Wiech vom Eigentümerverband "Haus & Grund".

Wird der Gehweg nicht schlitterfrei gemacht, kann das dem Ordnungsamt gemeldet werden, welches dann eine Räumung veranlasst. Die Kosten dafür werden dem Eigentümer in Rechnung gestellt - ebenso wie ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro in Berlin und bis zu 2.500 Euro in Brandenburg. Kommt es zu Stürzen, kann es zu Straf- und Schadenersatzverfahren kommen.

Für eis- und schneefreie Gehwege in Parks gibt es keine Verpflichtungen, wie das Bezirksamt Tempelhof-Schönefeld in einer Mitteilung [berlin.de] bekanntgab.

Sendung: rbb24 Inforadio am 04.12.2023 um 13:45 Uhr

98 Kommentare

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  1. 98.

    So so. Also ich habe 45 Jahre in Vollzeit gearbeitet - davon 20 mit 43 3/4 Stundenwoche. Aus meinen beiden Kindern hab ich vernünftige Menschen gemacht, die voll im Leben stehen, selbst auf sich achten und auch ihren Kindern Regeln beibringen - z.B. Bei Schnee und Eis bleibt das Rad im Keller.

  2. 97.

    Allein schon die Berücksichtigung von nicht Autofahrern scheint ja schon "Blutdruck" zu generieren.

  3. 95.

    Wie sieht es bei oberirdischen Bahnhöfen aus?
    Vorgestern auf dem Bahnsteig yorckstraße beinahe hingeflogen, weil der unbedachte Teil weder geräumt noch gestreut war. Nur an den Bahnsteigkanten ein paar Krümel. Dort sollte man sich aber - Durchsage! - nicht aufhalten.
    Finde den Fehler.
    Wer ist hier eigentlich haftpflichtig?

  4. 94.

    Leider wurde meine Antwort an Ines nicht gepostet aber danke an dorftrulla und Marzahnerin sie deckt sich mit meinen Erfahrungen 2 Kinder mehr als 40 h Arbeit im Job die Woche und morgens noch Heizen etc. Mann auf Montage keine Spülmaschine Waschmaschine zum selber befüllen und leeren nix Automatik... Auch im Westteil gab es eben sehr viele arbeitende Frauen das war eben auch die reale Muße für Viele....

  5. 93.

    Ich dachte Sie haben einen Dienstwagen und sich sogar einen Eigenen zugelegt, aus Protest gegen die Klimakleber, oder so.

  6. 91.

    Habe mich auch gewundert, vor gut 10 Jahren, bei den 2 Schneewintern, war das noch anders. Jetzt eigentlich Tiptop. Kann man nicht meckern. Na ja Wowereit ist ja Gott sei Dank schon lange weg.

  7. 90.

    Also da ich keine besondere Bereifung fürs Fahrrad habe benutze ich meine Füsse,ÖPNV und Taxi im Winter.
    Ist mir sicherer.
    Aber allen anderen gute Fahrt und Imner Vorsicht geboten.

  8. 89.

    Vielleicht im ehemaligen westlichen Teil unserer Stadt. Im anderen Teil waren die meisten Frauen vollzeit beschäftigt. Die konnten Arbeit, Haushalt und Kinder managen. Zu Fuß, mit den Öffis, aber selten mit Auto. Das Wetter war kein Grund, zu jammern.

  9. 88.

    Zeitmanagement, ganz einfach. Was für mich früher war: Arbeitszeit 43,75 Wochenstunden, Kinder in Kita, Schule, alle Läden um 18:00 Uhr zu und abends ab auf die Baustelle und Handwerker bekochen, damit die bei Laune bleiben und das Haus fertig werden kann. Die Waschmaschine läuft allein, da muss man nicht zugucken. Ich gebe zu, es war hart, aber möglich - auch allein, mein Mann war im Grundwehrdienst, 18 Monate lang. Heute bin ich froh, dass ich das durchgezogen habe.

  10. 87.

    Mit Dreirad und in Ruhe komm ich auch auf ungeräumten Radwegen recht sicher langsam voran. Nur extrem vereiste Stellen versuche ich zu umfahren oder wechsel dann auf die Fahrbahn.

  11. 86.

    Aslo ich habe Mitleid mit den Seniorinnen und Senioren in Haus und will nicht daß die mit einer gebrochenen Hüfte ins Krankenhaus müssen. Da gehen Menschen bei mir vor - und ich streue sparsam Speisesalz auf die Treppe zum Haus und den Weg zum Müllplatz wenn es vereist ist und Eisbuckel und Rillen den ohnehin schon unsicheren Gang der Älteren noch gefährlicher machen. Alle Blümchen und Bäume wachsen seit Jahren unbeschadet fröhlich weiter. Und Hunden reinigt man doch sowieso die Füße wenn sie von draußen kommen, hoffe ich doch?

  12. 85.

    Als auch Motorradfahrer auch im Winter kann ich Ihre Frage beantworten: im Winter sieht man so wenige Motorradfahrer, weil einem da verflixt kalt wird, Radfahren aber erzeugt Wärme!

  13. 84.

    Über 'Ordnungsamt-online' können mit Straße und Hausnummer das jeweilige Problem melden, es gibt ein Textfenster in welchem Sie genau beschreiben können worum es geht.
    Klappt z.B. bei Sperrmüll gut.

  14. 83.

    "Zum anderen: Wieso eigentlich besteht der Anspruch nicht?"

    Weil laut Gesetzeslage nur/zuerst Radwege von "verkehrswichtiger" Lage geräumt (allerdings nur Schnee; Eis und Matsch nicht) werden müssen. Bei Straßen ist das ja ähnlich/genauso.
    Was nun "verkehrswichtig" ist, gewichtet jeder Bezirk/Landkreis etc. natürlich anders. Das ist schon ein Dilemma.

  15. 82.

    Früher waren die meisten Frauen nicht vollzeit berufstätig und hatten Muße die Kinder zu Fuß zum Kindergarten zu bringen und sich dann um Einkäufe und den Haushalt zu kümmern. Heute arbeiten beide Eltern 40h+, da bleibt für solche Späße keine Zeit.

  16. 81.

    Bravo. Genauso ist es. Wie habe ich bloß überlebt. Arbeiten gehen, einkaufen. Kinder zur und von Kita. Schulpflichtige sind selbst gelaufen und nicht chauffiert worden. Bei jedem Wetter. Im Winter mit Fahrrad? Nie im Leben.

  17. 80.

    "ist lebensgefährlich für mich als Radfahrer"

    Warum riskieren sie dann jeden Tag ihr Leben? Fahren sie doch mit dem Bus.

  18. 79.

    "Auch Radfahrer müssen der Witterung entsprechend vorsichtig fahren ohne extra Wurst,so wie Autofahrer. "

    Welche Extrawurst? Achso, die nicht oder schlecht geräumten Radwege sind ein besonderer Bonuns, ich verstehe.

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