Kampf um rechtliche Vaterschaft - Bundesverfassungsgericht stärkt Rechte leiblicher Väter

Di 09.04.24 | 13:02 Uhr
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Symbolbild:Ein Vater hält während eines Infant Handling Kurses die Füße seines Kindes, während die Mutter daneben sitzt.(Quelle:picture alliance/dpa/M.Murat)
Audio: rbb24 Inforadio | 09.04.2024 | Marco Buschmann | Bild: picture alliance/dpa/M.Murat)

Bisher sieht das Gesetz lediglich zwei Elternteile vor. Das könnte sich künftig ändern: Denn das Bundesverfassungsgericht will die Rechte leiblicher Väter stärken. In Zukunft wäre es dann auch möglich, Elternrechte auf drei Elternteile zu verteilen.

Das Bundesverfassungsgericht kann sich die Aufteilung der Elternrechte auf drei Elternteile vorstellen. Das geht aus einer am Dienstag in Karlsruhe veröffentlichten Entscheidung hervor.

Bislang sehen die gesetzlichen Regeln immer nur zwei Elternteile vor. Der Erste Senat des Verfassungsgerichts erläuterte nun, eine Ausweitung auf drei Personen sei mit dem Grundgesetz und insbesondere mit dem Kindeswohl vereinbar. Allerdings brauche es in diesem Fall klare und eindeutige Zuweisungen der jeweiligen Rechte und Pflichten der drei Eltern gegenüber dem Kind.

Beschränkung auf zwei Elternteile gilt weiterhin

Zugleich stellte das Verfassungsgericht klar, dass der Gesetzgeber auch bei der Beschränkung auf zwei Elternteile bleiben kann. Dann müssten allerdings die Rechte von leiblichen Vätern gestärkt werden: Leibliche Väter müssten insbesondere in Streitfällen die Chance erhalten, die rechtliche Vaterschaft zu beantragen.

Die aktuellen Regeln verletzten unter Umständen die grundgesetzlich garantierten Elternrechte, entschied das Verfassungsgericht. Beispielsweise, weil leibliche Väter keine Chance auf eine rechtliche Vaterschaft hätten, wenn diese rechtliche Vaterschaft bereits von einem neuen Partner der Mutter übernommen wurde und dieser in einer "sozial-familiären Beziehung" zum Kind stehe.

Keine Aussage zu Kindern aus künstlicher Befruchtung

Die leiblichen Eltern müssten grundsätzlich die Möglichkeit haben, Elternverantwortung für ihre Kinder zu erhalten und auszuüben, erläuterte Verfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth. Als leibliche Eltern definiert das Gericht "Mann und Frau, die das Kind durch Geschlechtsverkehr mit ihren Keimzellen gezeugt haben". Keine Aussagen trifft das Gericht also zu Kindern aus künstlicher Befruchtung.

Die Karlsruher Richter verpflichteten den Gesetzgeber zu einer Neuregelung spätestens bis zum 30. Juni 2025. Bis dahin können leibliche Väter, deren Antrag auf rechtliche Vaterschaft unter den jetzigen Regelungen scheitert, ihr Anfechtungsklage aussetzen. Nur wer rechtlicher Vater ist, hat umfassende Mitbestimmungsrechte und -pflichten: etwa im Sorgerecht, beim Unterhalt oder bei der Entscheidung über medizinische Behandlung oder Schulwahl.

Zahl der Verfahren wächst

Im Hintergrund des Verfassungsgerichtsurteils steht eine wachsende Zahl von Verfahren, in denen Männer um ihre rechtliche Vaterschaft kämpfen. Sind die Eltern eines Kindes zum Zeitpunkt der Geburt nicht verheiratet, liegt die rechtliche Elternschaft zunächst nur bei der Mutter. Die Vaterschaft muss in einem formalen Akt anerkannt und eingetragen werden. Das kann bereits vor oder auch nach der Geburt geschehen.

Justizminister Marco Buschmann (FDP) hatte zuletzt weitreichende, gesetzliche Änderungen beim Abstammungs- und Kindschaftsrecht angekündigt. Buschmanns Pläne sehen auch eine Stärkung von biologischen Vätern bei Streitfällen um die rechtliche Vertretung des Kindes, aber keine Ausweitung auf drei Elternteile vor. Die geplanten Reformen müssen nun das Verfassungsgerichtsurteil berücksichtigen.

Mann aus Sachsen-Anhalt hatte Verfassungsbeschwerde eingereicht

Konkret ging es in Karlsruhe um die Verfassungsbeschwerde eines Mannes aus Sachsen-Anhalt. Er erhielt am Dienstag weitgehend Recht. Der Kläger ist leiblicher Vater eines heute drei Jahre alten Kindes und sah seine Elternrechte verletzt. Denn die Mutter weigert sich, ihn als rechtlichen Vater anzuerkennen. Die Frau trennte sich unmittelbar nach der Geburt von ihm und ließ den neuen Lebenspartner als rechtlichen Vater eintragen. Der leibliche Vater durfte bislang sein Kind nur alle zwei Wochen für drei Stunden sehen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.04.2024, 10.40 Uhr

24 Kommentare

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  1. 24.

    Oooch, ein Dauerauftrag auf Unterhalt kann schon mal auslaufen und bis Mann das bemerkt, können auch mal zwei, drei Monate ins Land gehen. ;-)

  2. 23.

    Im vorliegenden Fall hatte das Kind ein gutes Vaterverhältnis. Bis dann die Frau mit einem neuen Mann weggezogen ist. Sie hat gegen die Interessen des Kindes insoweit gehandelt, dass eine intakte Beziehung durch das Auseinanderleben mittels Hintertreiben regelmäßiger Treffen zerstört wurde. Und das Schlimme ist, es ist unheilbar für das Kind und den Vater. Gerecht wäre es, für weitere Fälle, wenn die Mutter die Folgen ihres Handelns spüren müsste.

  3. 22.

    Ja, ist er und ja, gehört auch angepasst. Ist völlig aus der Zeit gefallen.

  4. 21.

    Wie ist das eigentlich bei verheirateten, aber getrennt lebenden Paaren? Da ist immer der Ehemann der rechtliche Vater, auch wenn er es vielleicht biologisch nicht ist, oder?
    Wenn ja, könnte der Gesetzgeber das gleich mal mit bearbeiten…

  5. 20.

    Nicht weiger und nicht mehr ist durch das heutige Urteil des Bundesverfassungserichtes die Klagemöglichkeit für biologische Väter eröffnet worden, ohne das weitergehende Rechztskritierien verlangt werden - oder habe ich etwas übersehen?

  6. 19.

    Väterrechte gestärkt? Wieviele Rechte Väter in der Wirklichkeit haben, zeigt sich immer wieder. Unterhalt darf der Vater zahlen. Kontakt zum Kind, nur wenn die Mutter es will, ansonsten finden sich Gründe und Wege, das zu verhindern. Nicht mal hier sind die Rechte der Väter gesichert. Da hätte der Staat erst einmal gut zu tun, das zu realisieren

  7. 18.

    Woher wissen Sie, dass der leibliche Vater bisher keinen Unterhalt gezahlt hat? Alles was Sie schreiben, lässt den "Nichtjuristen" erkennen. Im übrigen gibt es das Wort "vor"programmiert nicht. ;-)

    @Pandora: "Aber für eine Vaterschaftsanerkennung durch den neuen Partners bedarf es schon der Zustimmung des leiblichen Vaters. Das ist Ihnen schon bewusst?"
    Das ist falsch. Der leibliche Vater hatte darauf keinen Einfluss.

  8. 17.

    Nein, das war ja der Streitpunkt in diesem Fall. Die Mutter hatte sich vor der Geburt des Kindes vom leiblichen Vater getrennt und war eine neue Beziehung eingegangen. Der neue Lebensgefährte sollte/wollte dann die Vaterschaft anerkennen, obwohl er nicht der biologische Vater war und im Wissen, dass der biologische Vater (der Kläger) die Vaterschaft ebenfalls anerkennen wollte. Nach bestehendem Recht war der biologische Vater aber raus, weil das Kind bereits in einer neuen familiären Bindung lebte. Das bisherige Recht bevorzugte dieses. Es stellte die familiäre Bindung und damit die neue Familie über die Abstammung. Dies hat jetzt das BVerfG gekippt.

  9. 16.

    Ja, da bin ich bei Ihnen, mit der kleinen Einschränkung: Wenn beide leibliche Elternteile das jeweils auch wollen. Es gibt durchaus Väter, die vom Kind rein gar nichts wissen wollen und denen der eigene Nachwuchs vollkommen egal ist, Hauptsache Spaß gehabt. Dann kann es für das Kind durchaus besser sein, einen neuen Lebensgefährten/Ehepartner als seinen rechtlichen Vater zu haben und nicht damit verwirrt zu werden, dass irgendwo da draußen noch einer herumläuft, dem man egal ist.
    Im jetzt strittigen Fall ging es tatsächlich darum, dass nicht alleine die Mutter das Recht hat, wer der rechtliche Vater des Kindes werden darf, weil das den Rechten des Kindes entgegensteht.

  10. 15.

    Aber für eine Vaterschaftsanerkennung durch den neuen Partners bedarf es schon der Zustimmung des leiblichen Vaters. Das ist Ihnen schon bewusst?

  11. 14.

    Was stört Sie daran, dass es zum Glück auch Paare gibt, die es nach einer Trennung im Sinne des Kindeswohls schaffen, ihren Kindern eigentlich die ihnen zustehenden Rechte an beiden Elternteilen genießen lassen zu können? Warum also so ironisch? Selbst Probleme?

  12. 13.

    Der Nächste Rechtsstreit ist vorprogrammiert, dann wird wohl der Biologische Vater vom Ersatz Vater ( Kind angenommen)auf Rückerstattung der Aufwendungen verklagt werden. Dann geht es hier um Geld Forderungen / Aufwandsentschädigungen durch den Biologischen Vater.

  13. 12.

    Richtig, Petra.

    Mütter, die ihre Kinder vom leiblichen Vater fernhalten, haben ein charakterliches Defizit.Sie handeln im eigenen Interesse und nicht in dem ihres Kindes.

  14. 10.

    Aha, verstanden. Ich näher mich diesem Thema immer von der Seite der Kinder. Weil diese beide Elternteile wollen und brauchen. Es ist immer so, wenn sie nicht beeinflusst werden.

  15. 8.

    Eine Leihmutterschaft hat Null mit diesem Urteil zu tun. Bei einer Leihmutterschaft sind zuvor alle Rechte und Pflichten festgehalten worden.

  16. 7.

    In dem speziellen Fall war es sogar so, dass die leibliche Mutter dem leiblichen Vater die Pflicht auf Unterhalt vorenthalten wollte, weil sie den neuen Lebensgefährden als Vater hatte anerkennen lassen. Damit wären sämtliche Rechte und Pflichten auf diesen übergegangen. Das BVerfG hat jetzt aber festgestellt, dass ein Kind das Anrecht auf seinen leiblichen Vater hat, sofern dieser das will. Verzichtet er explizit darauf, besteht weiterhin die Möglichkeit zur Vaterschaftsanerkennung durch einen Dritten, zum Beispiel den neuen Lebensgefährten. Bislang war aber die gesetzliche Regelung so, dass die Anerkennung der Vaterschaft durch den leiblichen Vater nicht mehr möglich war, wenn zum entscheidenden Gerichtstermin das Kind bereits in einer neuen Vater-Bindung lebte. Im Fall der Fälle hatte also der leibliche Vater gar keine Chance auf Anerkennung.

  17. 6.

    Das ist die Frage. Er spendet den Samen, sie spendet die Eizellen, die Leihmutter trägt das Kind aus. Bei wem liegen nun Ihrer Auffassung nach die "weitergehenden" Rechte?

  18. 5.

    was ist denn mit leihmüttern (zb im ausland) ? …Leihmutterschaft ist ja nunmal deutlich weitergehend als eine samenspende.

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